Juni 2024 | Regional verankert

Vom Weltmarkt in die Mikrorösterei

Ein Bargeshagener hat die ehemalige Brack Kaffeemanufaktur übernommen.
Ein Mann mit Bart hält einen Eimer mit Kaffeebohnen in der Hand und lächelt.
Martin Leonhardt beim Rösten des Kaffees. © Franziska Henkel
Es duftet nach frisch gebrühtem Kaffee, nebenan hat Martin Leonhardt gerade 15 Kilo Rohkaffee im Trommelröster geröstet. Der 43-Jährige ist begeistert von Kaffee. Eine Faszination, die sich rasch überträgt auf diejenigen, die ihm zuhören. Schließlich ist die Kaffeegeschichte mit vielen Ländern verbunden. Ausgehend vom Jemen über Mekka und Kairo, die Türkei und Persien, wo Kaffeerituale entstanden, etablierten sich ab dem 17. Jahrhundert auch in Europa Kaffeehäuser. Der Anbau und Handel von Kaffee entwickelte sich zu einem globalen Phänomen, das seither die Weltwirtschaft beeinflusst.
Gerade wegen ihrer weiten Wege ist die Kaffeebohne in die Mühlen der europäischen Bürokratie geraten: Ab Ende 2024 soll eine EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten gelten. Die EU-Handelsregeln sollen die Umwelt schützen. Kaffee-produzierende Länder kritisieren diese EU-Vorgaben, der Deutsche Kaffeeverband prognostiziert eine Verteuerung von Kaffee und fürchtet gar um die Sicherheit der Kaffeeversorgung in Deutschland.

Kaffeepreise schwanken stark

Auch Martin Leonhardt beobachtet die Entwicklung: „Kaffee wird an der Börse gehandelt und war zuletzt sehr teuer, Robusta kürzlich vier US-Dollar pro Kilo Rohkaffee.“ Das sind fast 75 Prozent mehr als 2019. Noch habe das weniger mit den Vorgaben aus Brüssel und einer möglichen Bevorratung vieler Händler als vielmehr mit Unwettern wie Überschwemmungen oder Kälteperioden in den Anbaugebieten sowie mit Logistikproblemen und Spekulationsgeschäften an den Kaffeebörsen zu tun.
Leonhardt hat die Brack Kaffeemanufaktur in seinem Heimatort Bargeshagen im Landkreis Rostock 2020 vom vorherigen Inhaber übernommen. Damals informierte er sich bei der IHK, was es beim Start in die Selbstständigkeit zu beachten gilt. Unwägbarkeiten auf dem Weltmarkt spürt auch er. Doch da er allein in der Rösterei arbeitet, nur in Teilzeit von seiner Partnerin unterstützt wird, sind die Fixkosten weniger hoch, Preisschwankungen konnte er bisher abfedern.

Kaffee aus Arabica- und Robusta-Bohnen

Leonhardt ist durch einen Studentenjob ins Kaffeegeschäft gekommen. Damals arbeitete er für die Brack Kaffeerösterei und organisierte Promotion-Veranstaltungen. In den Kaffeesäcken im Lager von Martin Leonhardt befinden sich Arabica- und Robusta-Bohnen: 56 Prozent der weltweiten Kaffeeproduktion entfallen auf die Sorte Arabica, 44 Prozent auf die Sorte Robusta. Wichtigste Kaffeeanbauländer sind Brasilien, Vietnam, Kolumbien, Indonesien und Äthiopien.
„Am liebsten trinken die Kunden einen Americano, der aus 70 Prozent Arabica und 30 Prozent Robusta-Bohnen besteht und mit Wasser verlängert wird“, berichtet Leonhardt. Er führt Besuchergruppen durch die Rösterei und erklärt, wie der Röstprozess sich auf die Geschmacksvielfalt des Kaffees auswirkt. „Je länger man röstet, desto mehr Säure röstet man raus“, so der Unternehmer, der auch  entkoffeinierten Kaffee im Angebot hat. 

Weitere Vertriebswege in Arbeit

In der Rösterei kommen immer wieder Kunden vorbei, die ein Paket Kaffee kaufen. Neben dem Verkauf beliefert Martin Leonhardt auch Gastronomie und Hotellerie mit Kaffee – und Gewerbekunden. Ihnen bietet er auch an, zu erklären, wie aus der gerösteten Bohne eine gute Tasse Kaffee wird. Denn der Härtegrad des Wassers, Menge und Mahlgrad des Röstkaffees, die Art der Zubereitung und das Equipment sind alles Faktoren, die den Geschmack beeinflussen. Die Mission des Kaffeerösters: „Das Optimum aus dem Kaffee herausholen!“
Der Chef der Mikrorösterei prüft derzeit weitere Vertriebswege, auch den Einsatz künstlicher Intelligenz kann er sich langfristig vorstellen. Was erschwert ihm das Leben? Zuviel Bürokratie und „ein noch zu geringer digitaler Datenaustausch, wenn es um Zoll oder Steuern geht“. 
Text: Sabine Zinzgraf
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