Der gesetzliche Mindestlohn

Seit dem 01. Januar 2024 ist der in Deutschland flächendeckend eingeführte Mindestlohn auf 12,41 Euro brutto je Zeitstunde angehoben. Der Mindestlohn ist im Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie geregelt, das in Art. 1 das "Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns" (MiLoG) beinhaltet.

Für wen gilt der gesetzliche Mindestlohn?

Grundsätzlich erhält jeder Arbeitnehmer ab 18 Jahren den gesetzlichen Mindestlohn. Dies unabhängig davon, ob er in Voll- oder Teilzeit angestellt ist oder welche Position er bekleidet. Die Ausnahmen regelt § 22 MiLoG.
Minijobber
Auch Minijobber sind Arbeitnehmer und fallen daher unter den Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes. Sie erhalten wie andere Arbeitnehmer daher seit 2015 den gesetzlichen Mindestlohn. Dies unabhängig von ihrem sozialversicherungsrechtlichen Status. Daher muss hier der Arbeitgeber zusätzlich zu dem Mindestlohn noch die Arbeitgeberbeiträge an die Minijob-Zentrale abführen.
Ausländische Arbeitnehmer
Ausländische Arbeitnehmer erhalten den neuen Mindestlohn, wenn Sie innerhalb Deutschlands tätig sind. Dies gilt sowohl bei deutschen als auch bei ausländischen Arbeitgebern. Relevant ist nur das jeweilige Einsatzgebiet des Arbeitnehmers im Bundesgebiet.
Auszubildende
Auszubildende befinden sich in einer Berufsausbildung und nicht in einem Arbeitsverhältnis. Für sie gilt das Berufsbildungsgesetz, das seit dem 1. Januar 2020 einen Mindest-Azubilohn für das erste Lehrjahr vorsieht: in 2024 – 649 €.
Praktikanten
Auch Praktikanten erhalten grundsätzlich den gesetzlichen Mindestlohn. Dies allerdings nur, wenn sie ein freiwilliges Praktikum während des Studiums oder der Ausbildung absolvieren, das über einen längeren Zeitraum als drei Monate geht. Auch Praktikanten, die ihr Praktikum im Anschluss an eine Berufsausbildung oder im Anschluss an ein Studium absolvieren, erhalten den Mindestlohn.
Keinen Mindestlohn erhalten:
  • Praktikanten im Rahmen eines Pflichtpraktikums, das sie aufgrund ihrer Schul-, Ausbildungs- oder Studienordnung leisten;
  • Praktikanten, die freiwillige ausbildungs-oder studienbegleitende Praktika von maximal drei Monaten absolvieren, wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat;
  • Praktikanten, die zur beruflichen Orientierung vor Aufnahme einer Ausbildung oder eines Studiums ein Praktikum von maximal drei Monaten absolvieren;
  • Praktikanten im Rahmen einer Einstiegsqualifizierung nach § 54 a SGB III oder einer Berufsausbildungsvorbereitung nach §§ 68 bis 70 des BBiG.
Praktikant ist unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, wer sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt.“
Achtung: Im Gesetz offen gelassen ist die Frage, ab wann der gesetzliche Mindestlohn gilt. Unklar ist, ob der Mindestlohn bei einem Überschreiten des Dreimonatszeitraums direkt ab dem ersten Praktikumstag oder erst ab dem ersten Tag des vierten Praktikumsmonats zu zahlen ist. Die Einbeziehung der Praktikanten hat nach der Gesetzesbegründung zum Ziel, den Missbrauch des sinnvollen Instruments des Praktikums einzuschränken. Unbezahlte Langzeitpraktika sollen unterbunden werden. Unter dem Gesichtspunkt ist vermutlich der Mindestlohn ab dem vierten Praktikumsmonat zu zahlen. Wie das rechtlich künftig entschieden wird, bleibt jedoch abzuwarten.
Ehrenamtlich Tätige
Bei ehrenamtlich Tätigen gilt der gesetzliche Mindestlohn nicht.
Kinder und Jugendliche ohne Berufsabschluss
Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ohne Berufsabschluss muss der Mindestlohn nicht gezahlt werden. Hintergrund ist, dass Kinder und Jugendliche nicht aufgrund des Mindestlohns von der Aufnahme einer Berufsausbildung abgehalten werden sollen.
Langzeitarbeitslose
Bei Langzeitarbeitslosen kann in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses vom Mindestlohn nach unten abgewichen werden. Als Langzeitarbeitslose gelten nach § 18 SGB III Personen, die ein Jahr und länger arbeitslos sind. Durch diese Ausnahme soll Langzeitarbeitslosen der Berufseinstieg erleichtert werden.
Sonderregelungen für bestimmte Branchen
Grundsätzlich ist seit 2015 ein branchenübergreifender Mindestlohn in ganz Deutschland eingeführt. Ausnahmen galten nur bis zum 31.12.2016.
Saisonarbeiter
Auch für Saisonarbeiter in der Landwirtschaft gilt grundsätzlich der gesetzliche Mindestlohn.
Aber im Zuge des neuen flächendeckenden Mindestlohns wird auch die geringfügige sozialversicherungsfreie Beschäftigung neu geregelt. Demnach liegt diese künftig vor, wenn die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 538 Euro im Monat übersteigt. Die bisherige Regelung sah nur zwei Monate bzw. 50 Arbeitstage vor. Kost und Logis sollen auf den Mindestlohn angerechnet werden können.

Welche Vergütungsbestandteile gehören zum gesetzlichen Mindestlohn?

Im Mindestlohngesetz selbst sind keine Regelungen enthalten, welche Zahlungen zum Mindestlohn zählen und welche nicht. Rückschlüsse lassen sich hier lediglich aus den Ausführungen der Koalitionsfraktionen im Gesetzgebungsverfahren ziehen.
Danach soll wohl nicht zum Mindestlohn gehören:
  • Zahlungen, die ein Arbeitnehmer als Ausgleich für zusätzliche Leistungen erhält, wenn er auf Verlangen ein Mehr an Arbeit oder Arbeitsstunden unter besonderen Bedingungen leistet (Sonntags-, Feiertags-, Nachtarbeits-, Schichtarbeits-, Überstundenzuschläge);
  • Weihnachts- und Urlaubsgeld, es sei denn der Arbeitnehmer erhält die Zahlung jeweils zu dem für den Mindestlohn maßgeblichen Fälligkeitsdatum tatsächlich und unwiderruflich ausbezahlt. Jährliche Einmalzahlungen von Weihnachts-oder Urlaubsgeld werden hingegen nicht beim Mindestlohn berücksichtigt;
  • Wegegeld, wenn es als Aufwandsentschädigung für den besonderen Fahrtaufwand des Arbeitnehmers gezahlt wird. Berücksichtigt würde dagegen ein Wegegeld, das als echter Entgeltbestandteil gezahlt wird;
  • Trinkgeld ist kein allgemeiner Lohnbestandteil, ein Anspruch auf Trinkgeld besteht nicht. Es handelt sich vielmehr um eine freiwillige Leistung, die nicht auf den Mindestlohn anrechenbar ist.

Ist der Mindestlohn abdingbar?

Durch individuelle vertragliche Vereinbarungen kann der gesetzliche Mindestlohn nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden. Lediglich in einem gerichtlichen Vergleich kann der Arbeitnehmer wirksam auf die Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns verzichten.

Weitergehende Pflichten für Arbeitgeber?

Der Arbeitgeber muss künftig bei Minijobbern, Zeitarbeitnehmern oder Arbeitnehmern aus den Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen von § 2 a Schwarzarbeiterbekämpfungsgesetz (bei denen Sofortmeldepflicht besteht) gesonderte Aufzeichnungen über die Arbeitszeit führen.
Von § 2 a Schwarzarbeiterbekämpfungsgesetz erfasst sind:
  • das Baugewerbe,
  • das Gaststätten-und Beherbergungsgewerbe,
  • das Personenbeförderungsgewerbe,
  • das Speditions-, Transport-und damit verbundenen Logistikgewerbe,
  • das Schaustellergewerbe,
  • Unternehmen der Forstwirtschaft,
  • das Gebäudereinigungsgewerbe,
  • Unternehmen, die sich am Auf-und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen,
  • die Fleischwirtschaft,
  • das Prostitutionsgewerbe und
  • das Wach- und Sicherheitsgewerbe.
Arbeitgeber haben die Unterlagen, mit denen die Zahlung des Mindestlohns kontrolliert werden kann, aufzubewahren. Diese Aufbewahrungspflicht umfasst den gesamten Zeitraum der Beschäftigung des jeweiligen Arbeitnehmers, insgesamt jedoch nicht mehr als zwei Jahre.

Haftet ein Unternehmer auch für Verstöße anderer Unternehmer?

Im MiLoG ist eine Durchgriffshaftung für Mindestlohnverstöße bei vom Unternehmer beauftragten (Sub-)Unternehmen und deren Nachunternehmen geregelt. Diese Durchgriffshaftung betrifft also nicht nur das unmittelbar vertraglich verpflichtete Unternehmen, sondern auch diejenigen Unternehmen, die der eigene Vertragspartner wiederum vertraglich verpflichtet.
Bei einer Beauftragung von Drittfirmen haftet der Auftraggeber bei deren Mindestlohnverstößen wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausrede verzichtet hat. Das bedeutet, dass auch der Auftraggeber einstehen muss, wenn ein vom ihm beauftragtes Unternehmen den gesetzlichen Mindestlohn nicht zahlt. Ein Arbeitnehmer eines Nachunternehmens, der den gesetzlichen Mindestlohn nicht erhält, muss sich also im Wege der Zwangsvollstreckung nicht auf seinen Arbeitgeber verweisen lassen, sondern kann direkt beim Auftraggeber vollstrecken.
Tipp: Es empfiehlt sich bei der vertraglichen Gestaltung der Dienst-und Werkverträge mit Drittfirmen die Aufnahme einer Klausel, mit der der Auftragnehmer bestätigt, selber den Mindestlohn zu zahlen und auch bei der Auswahl seiner Unternehmer seinerseits eine solche Bestätigung einzuholen. Dabei ist darauf zu achten, dass der Mindestlohn kalkulatorisch zahlbar ist d.h. die Auftragserfüllung muss rein rechnerisch die Zahlung von einem Bruttostundenlohn in Höhe des gültigen Mindestlohns zulassen. Zudem sollte eine Bestätigung eingeholt werden, dass das Unternehmen nicht nach § 19 MiLoG von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen ist. Ein Ausschluss von Ansprüchen Dritter kann dadurch allerdings nicht gesichert werden! Problematisch an einer vertraglichen Gestaltung sind in diesem Zusammenhang auch die erschwerte Überprüfbarkeit und die fehlende Weisungsbefugnis des Auftraggebers.

Wer kontrolliert die Einhaltung des Mindestlohns?

Für die Überprüfung, ob Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland ihren im Inland beschäftigten Arbeitnehmern den gesetzlichen Mindestlohn zahlen, sind die Behörden der Zollverwaltung zuständig. Diese haben zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben die Berechtigung, Geschäftsräume und Grundstücke des Arbeitgebers zu betreten und Einsicht in Arbeitsverträge und Geschäftsunterlagen zu nehmen sowie Auskünfte zu verlangen.
Es können Geldbußen bis zu 500.000 Euro drohen, wenn ein Arbeitgeber den gesetzlichen Mindestlohn nicht oder nicht rechtzeitig zahlt.
Daneben werden Unternehmen, gegen die wegen einer Ordnungswidrigkeit nach dem Mindestlohngesetz eine Geldbuße von wenigstens 2.500 Euro verhängt wurde von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen. Dieser Ausschluss soll für einen angemessenen Zeitraum erfolgen, bis die betroffenen Unternehmen die Wiederherstellung ihrer Zuverlässigkeit nachgewiesen haben.

Weitere Informationen:

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) informiert auf seiner Internetseite über den Mindestlohn. Das BMAS hat daneben auch eine Hotline für Fragen zum Mindestlohn eingerichtet. Die Hotline erreichen Sie unter Telefon 030 60280028.
Weitergehende Informationen zum gesetzlichen Mindestlohn erhalten Sie auch auf der Internetseite des Zolls.