Rechtliche Grundlagen für ukrainische Flüchtlinge

Für Flüchtende aus der Ukraine hat der Europäische Rat beschlossen, dass diese Vertriebenen kein Asylverfahren durchlaufen müssen. Ukrainischen Schutzsuchenden in Ausbildung oder Erwerbstätigkeit wird dringend empfohlen, bereits jetzt die aufenthaltsrechtliche Perspektive in den Blick zu nehmen und ggf. den Aufenthaltstitel zu wechseln.

Einreise ohne Visum

Ukrainische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger mit einem biometrischen Pass können für einen Kurzaufenthalt maximal 90 Tage visumfrei nach Deutschland einreisen. Für darüber hinausgehende Aufenthalte sind Betroffene bis zum 04. März 2025 per Verordnung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit worden, so dass sie bis dahin für einen rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland keinen Aufenthaltstitel benötigen („Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung“ vom 07.03.2022).

Diese Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels betrifft Personen, die sich bereits in Deutschland aufhalten ebenso wie Personen, die erst künftig einreisen. Ebenso erfasst sind nicht-ukrainische Staatsangehörige, die nach dem Kriegsausbruch aus der Ukraine nach Deutschland eingereist sind.

Aufenthaltserlaubnis

Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz nach § 24 Aufenthaltsgesetz: Die Europäische Union hat sich am 3. März 2022 auf ein erleichtertes Verfahren zur Schutzgewährung für Ukrainerinnen und Ukrainer in Ländern der EU verständigt. In der Folge ist eine Aufenthaltserlaubnis zum vorübergehenden Schutz nach § 24 des Aufenthaltsgesetztes möglich, die durch die zuständigen Ausländerbehörden gewährt werden kann. Diese Aufenthaltserlaubnis gilt zunächst bis zum 4. März 2025 und kann durch einen EU-Ratsbeschluss noch einmal um ein weiteres Jahr verlängert werden, sodass sie maximal drei Jahre umfassen kann.
Schon mit Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Aufenthaltsgesetz wird bescheinigt, dass der Aufenthalt der den Antrag stellenden Person als erlaubt gilt (sog. Fiktionsbescheinigung, § 81 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz).
Hinweis zum Anwendungsbereich der EU-Schutzgewährungs-Richtlinie in Verbindung mit § 24 Aufenthaltsgesetz:
Nach EU-Ratsbeschluss vom 04.03.2022 umfasst der vorübergehende Schutz folgende Personengruppen, die am oder nach dem 24.02.2022 aus der Ukraine vertrieben wurden:
  • Ukrainische Staatsangehörige sowie deren Familienangehörige, die vor dem 24.02.2022 ihren Aufenthalt in der Ukraine hatten,
  • Staatenlose und Staatsangehörige anderer Drittländer als der Ukraine sowie deren Familienangehörige, die vor dem 24.02.2022 in der Ukraine internationalen Schutz oder einen gleichwertigen nationalen Schutz genossen haben sowie
  • Staatenlose und Staatsangehörige anderer Drittländer als der Ukraine, die sich vor dem 24.02.2022 auf der Grundlage eines nach ukrainischem Recht erteilten gültigen unbefristeten Aufenthaltstitels rechtmäßig in der Ukraine aufgehalten haben.
Bezüglich der Umsetzung der EU-Schutzgewährungs-Richtlinie hat das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) am 14.03.2022 die Anwendung des § 24 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) im Weiteren für folgende Personengruppen erklärt:
  • Der vorübergehende Schutz wird auf Personen ausgedehnt, die nicht lange vor dem 24.02.2022, als die Spannungen zunahmen, aus der Ukraine geflohen sind oder die sich kurz vor diesem Zeitpunkt (z. B. im Urlaub oder zur Arbeit) im Gebiet der EU befunden haben und die infolge des bewaffneten Konflikts nicht in die Ukraine zurückkehren können.
  • Vorübergehenden Schutz nach § 24 AufenthG erhalten nicht-ukrainische Drittstaatsangehörige, wenn diese sich am 24.02.2022 nachweislich rechtmäßig, und nicht nur zu einem vorübergehenden Kurzaufenthalt, in der Ukraine aufgehalten haben und die nicht sicher und dauerhaft in ihr Herkunftsland oder ihre Herkunftsregion zurückkehren können. Vorübergehender Kurzaufenthalt ist jeder von vornherein 90 Tage nicht überschreitende Aufenthalt in der Ukraine zu einem dementsprechend vorübergehenden Zweck. Umfasst sind insbesondere Studierende und Personen mit Aufenthalten in der Ukraine zu nicht nur besuchsartigen oder kurzfristigen Erwerbszwecken.

Meldepflicht bei der Meldebehörde

Für Ukrainerinnen und Ukrainer, die aufgrund der Situation bei Verwandten, Freunden oder anderen Unterstützenden wohnen und in einer Erstaufnahmeeinrichtung keinen Asylantrag gestellt oder eine sonstige zugewiesene Unterkunft bezogen haben, gilt eine Meldepflicht bei der Meldebehörde erst nach Ablauf einer Frist von drei Monaten. Die betroffene Person hat sich dann mit ihrer aktuellen Anschrift bei der für sie zuständigen Meldebehörde (Gemeinde oder Stadt) anzumelden.
Unabhängig hiervon wird allen aus der Ukraine Geflüchteten empfohlen, sich so schnell wie möglich bei ihrer Ausländerbehörde registrieren zu lassen, um Leistungen sowie einen Aufenthaltstitel und in der Folge eine Arbeitserlaubnis erhalten zu können.

Familiennachzug

Da eine visumfreie Einreise möglich ist, können Angehörige auf diesem Wege nach Deutschland einreisen.

Asylantrag

Aufgrund des Beschlusses des Europäischen Rates hat vom 4. März 2022 zur Aufnahme von Vertriebenen nach Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes müssen Vertriebene aus der Ukraine kein Asylverfahren durchlaufen. Ein Asylantrag ist nicht mehr erforderlich. Ukrainischen Staatsangehörigen wird deshalb empfohlen, derzeit von der Stellung eines Asylantrages abzusehen. Asylbewerber erhalten die gleichen finanziellen Leistungen wie Vertriebene, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG erhalten. Das Recht, einen Asylantrag zu stellen, besteht jedoch unabhängig davon fort.

Arbeit - Anerkennung ausländischer Berufe

Während des visumfreien Aufenthalts darf keine Arbeit aufgenommen werden. Sobald eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Aufenthaltsgesetz (siehe oben zum Punkt „Aufenthaltserlaubnis“) erteilt wird, ist eine Beschäftigung erlaubt. Um in Deutschland eine Arbeit aufzunehmen, ist die Gewährung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Aufenthaltsgesetz erforderlich. Aufgrund des EU-Ratsbeschlusses vom 04.03.2022 wird diese in der Regel von der Ausländerbehörde in den Landkreisen oder kreisfreien Städten erteilt.
Für die Arbeitsaufnahme in besonders reglementierten Berufen, wie zum Beispiel dem Pflegeberuf, ist allerdings, soweit nicht eine deutsche Berufsqualifikation vorliegt, die Anerkennung des ausländischen Berufsabschlusses notwendig.
Für nicht reglementierte Berufsgruppen ist kein Anerkennungsverfahren notwendig. Zudem sind keine Voraussetzungen, wie z.B. die Vorlage eines Sprachzertifikates, nachzuweisen. Das Haftungsrisiko für den Einsatz der Personen liegt in diesen Fällen beim jeweiligen Arbeitgeber. So können beispielsweise ukrainische Pflegekräfte bis zum Abschluss eines Anerkennungsverfahren bereits als ungelernte Hilfskräfte in Einrichtungen eingesetzt werden.

Dürfen ukrainische Geflüchtete eine Ausbildung absolvieren?

Mit dem vorübergehenden Schutz (§24 AufenthG; Massenzustromrichtlinie) haben ukrainische Geflüchtete einen uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt. Sie dürfen somit auch eine Ausbildung absolvieren. Die Massenzustromrichtlinie ermöglicht einen Aufenthalt bis zu drei Jahren. Der Aufenthaltsgrund wird jährlich geprüft.
Um das Abschließen einer Ausbildung zu ermöglichen, kann der Aufenthaltstitel auch gewechselt werden. Das Ministerium des Innern, für Bau und Heimat weist auf eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der betrieblichen Aus- und Weiterbildung (§ 16a AufenthG) hin.
Bitte beachten Sie als Ausbildungsbetrieb, dass die Ausbildung von Seiten der ukrainischen Jugendlichen womöglich nicht beendet wird, wenn sie in ihre Heimat zurückkehren wollen.

Vorzeitiger Wechsel des Aufenthaltstitels für ukrainische Schutzsuchende in Ausbildung oder Erwerbstätigkeit

Mit Auslaufen des zwischenzeitlich zweifach verlängerten vorübergehenden Schutzes wird die Frage des weiteren aufenthaltsrechtlichen Status der hier lebenden Ukrainer spätestens mit Ablauf des 4. März 2025 virulent werden. Es ist daher dringend geboten, die weitere aufenthaltsrechtliche Perspektive der ukrainischen Schutzsuchenden bereits jetzt in den Blick zu nehmen.
Das Bundesministerium des Inneren empfiehlt betroffenen Personen und Arbeitgebern daher nachdrücklich, einen Wechsel des Aufenthaltstitels zum Zwecke der Ausbildung oder zum Zwecke der Erwerbstätigkeit des Aufenthaltsgesetzes zu prüfen und bei Vorliegen der jeweils benannten Voraussetzungen die konkret in Frage kommende Aufenthaltserlaubnis auch bereits vor dem 4. März 2025 zu beantragen. Damit kann Rechtssicherheit für die betroffenen Personen einschließlich der Arbeitgeber hergestellt werden. Zugleich dient diese Vorgehensweise der Entlastung der Ausländerbehörden, da so eine Entzerrung der Bearbeitung ermöglicht wird.