Warenursprung & Präferenzen

Gemäß im Amtsblatt der EU L444 vom 31. Dezember 2020 veröffentlichten Handels- und Kooperationsabkommen (Trade and Cooperation Agreement - TCA) genießen Waren mit präferenziellem Ursprung EU vollständige Zollfreiheit bei der Einfuhr ins Vereinigte Königreich und umgekehrt.
Die Ursprungs- und Verfahrensregeln für den präferenziellen Warenverkehr mit Ursprungserzeugnissen zwischen dem VK und der EU-27 ergeben sich aus Teil Zwei, Teilbereich Eins, Titel I, Kapitel 2 des Abkommens (ab Seite 29) und werden als Artikel ORIG.1ff bezeichnet. Die Liste mit den produktspezifischen Regeln, einleitende Bemerkungen dazu sowie die Texte insbesondere der Erklärung zum Ursprung finden sich auf den Seiten 467ff mit den Bezeichnungen ANHANG ORIG-1 bis ANHANG ORIG-6. In Kürze werden die vorgegebenen Bedingungen auch unter WuP online verfügbar sein.
Die Generalzolldirektion hat ein umfassendes Merkblatt zum Ursprungskapitel des TCA EU-UK veröffentlicht.

Zollfreiheit für Ursprungswaren

Anders als bei bisherigen Abkommen findet kein stufenweiser Abbau der Zölle statt. Es wurde sich statt dessen auf eine sofortige und vollständige Zollfreiheit für Präferenzwaren geeinigt. Das heißt:
Die Einfuhr von Waren aus der Europäischen Union in das Vereinigte Königreich und umgekehrt ist zollfrei, wenn es sich nachweislich um Waren handelt, die die Ursprungsregeln des Abkommmens (TCA) erfüllen.

Ursprungsregeln

Die Ursprungssystematik und -regeln folgen denen bisheriger Freihandelsabkommen. Voraussetzung zur Gewährung der Zollfreiheit ist, dass die Ware entweder vollständig im Wirtschaftsraum der EU oder des VK gewonnen oder hergestellt wurde oder die produktspezifischen Ursprungsregeln erfüllt. Diese sind häufig der Positionswechsel (Change of Tariff Heading CTH) oder/und Wertschöpfungsregeln (häufig 50 Prozent).
Die produktspezifischen Ursprungsregeln finden Sie im Abkommen unter ANNEX ORIG2 ab Seite 489 (bzw. 476 PDF). Die Ursprungsregelungen orientieren sich inhaltlich stark am Abkommen der EU mit Japan, sie sind insgesamt recht großzügig.

Ursprungsnachweise

Wie bei allen jüngeren Freihandelsabkommen gilt als einzig möglicher Präferenznachweis die Erklärung zum Ursprung auf einem Handelspapier. Diese folgt einem festgelegten Wortlaut und ist auch als Langzeiterklärung für mehrere (identische) Sendungen innerhalb eines Jahres möglich. Den Wortlaut der Erklärung zum Ursprung finden Sie im Abkommen unter ANNEX ORIG4 ab Seite 551 (bzw. 538 pdf). Es handelt sich um den üblichen Wortlaut, wie er auch in anderen Handelsabkommen der EU vorgesehen ist.
“Der Ausführer der Waren, auf die sich dieses Handelspapier bezieht (Ausführer-Referenznummer ... *) erklärt, dass diese Waren, sofern nicht ausdrücklich anders angegeben, präferenzbegünstigte Ursprungserzeugnisse ... sind. (Ort, Datum, Unterschrift)”

“The exporter of the products covered by this document (Exporter Reference No ... *) declares that, except where otherwise clearly indicated, these products are of ... preferential origin.“
Der Exporteur muss in jedem Fall für die Richtigkeit der Erklärung Nachweise bereithalten. Erklärungen zum Ursprung können auch nachträglich ausgestellt werden.

Ursprungsnachweise ausgestellt in der EU

Bis zu einem Wert von 6.000 Euro kann die Ursprungserklärung von jedermann erstellt werden. Ab einem Warenwert von 6.000 Euro dürfen nur Registrierte Ausführer (REX) eine Ursprungserklärung abgeben. Die REX-Nummer ist anzugeben. Der Ermächtigte Ausführer gilt nicht. Warenverkehrbescheinigungen EUR.1 sind nicht zulässig!

Ursprungsnachweise ausgestellt im Vereinigten Königreich

Die Erklärung zum Ursprung muss wertunabhängig die GB-EORI-Nummer des Ausstellers enthalten. Bei der Einfuhr in die EU sind folgende Unterlagencodierungen anzugeben:
U116 Erklärung zum Ursprung
U118 Erklärung zum Ursprung für Mehrfachsendungen identischer Ursprungserzeugnisse
U117 Gewissheit des Einführers

Gewissheit des Einführers

Falls keine Erklärung zum Ursprung des Exporteurs vorhanden ist, kann der Importeur auf Basis seiner Kenntnis der Ware auf eigene Verantwortung die Präferenz und damit eine zollfreie Abfertigung beantragen (Gewissheit des Einführers/Importer’s Knowledge). Dieser Ursprung muss bewiesen werden können, daher dürfte diese Regelung, die es auch im Abkommen EU-Japan gibt, eher zwischen verbundenen Unternehmen angewendet werden.

Lieferantenerklärungen

Mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU verliert britische Ware ihren präferenziellen EU-Ursprung, auch wenn sich diese schon vor dem 01.01.21 in der EU27 befunden hat. Das bedeutet:
  • für britische Ware kann keine Lieferantenerklärung mehr ausgestellt werden
  • Lieferantenerklärungen, die von britischen Unternehmen ausgestellt wurden und werden, sind ungültig
  • für Präferenzkalkulationen: britische Ware fließt als Vormaterial ohne Ursprung in die Berechnung ein. Eine diagonale Kumulierung mit anderen Abkommensländern ist nicht vorgesehen.
aber
  • das Vereinigte Königreich kann in Lieferantenerklärungen in Feld 5 genannt werden, wenn die Ursprungsregeln erfüllt sind. Aktuell ist die Prüfung nur über die Tabellen im Handelsabkommen (ANHANG ORIG-1 ff.) möglich. Sie werden unter WuP online nachgetragen.
  • es ist eine bilaterale Kumulierung möglich für Vormaterialien aus dem jeweils anderen Abkommensgebiet oder solche, die dort bearbeitet wurden, ohne den Ursprung zu erlangen. Hier sieht das Abkommen eine spezielle Supplier’s Declaration als Nachweis vor (siehe ANHANG ORIG-3)
Bzgl. der Ausstellung von Lieferantenerklärungen hat die Generalzolldirektion folgende Wortlaute für die Ursprungsbezeichnung bestätigt:
  • „GB“
  • „Großbritannien“
  • „Vereinigtes Königreich“
  • Übersetzungen, wie „United Kingdom“

Fristen und Übergangsregelungen

Erklärung zum Ursprung ohne EU-Lieferantenerklärungen

Normalerweise sind für die Feststellung des präferenziellen Ursprungs Lieferantenerklärungen für Vormaterialien oder Handelswaren erforderlich. Erst wenn diese vorliegen, darf üblicherweise eine Erklärung zum Ursprung ausgefertigt werden.
Wegen der kurzen Frist gilt für das Abkommen EU-UK eine Ausnahme:
Erklärungen zum Ursprung dürfen auch ohne vorliegende Lieferantenerklärungen für Waren mit Präferenzursprungseigenschaft ausgestellt werden. Voraussetzung ist, dass die fehlenden Lieferantenerklärungen beim Exporteur bis spätestens 1. Januar 2022 eingehen werden.
Inhaltlich wird der Exporteur das Risiko meist eingehen können, wenn für die Vormaterialien oder Handelswaren bereits in der Vergangenheit eine Lieferantenerklärung mit Ursprung Europäische Union abgegeben worden ist. Die Ausnahme wurde im Amtsblatt der EU veröffentlicht.

Nachträgliche Präferenz

Einen Antrag auf Präferenz können Einführer bis zu drei Jahre nach dem Import stellen.

Handelsabkommen VK ab 1. Januar 2021

Die britische Regierung hat eine Übersicht über die Handelsabkommen veröffentlicht, die das Vereinigte Königreich verhandelt hat und die ab 1. Januar 2021 gelten. Insbesondere für deutsche Unternehmen mit Produktionsstätten im Vereinigten Königreich ist es wichtig zu wissen, ob und welche Zollvorteile aus Handelsabkommen auch nach Vollzug des Brexit am 1. Januar 2021 genutzt werden können.