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Verjährungsfristen
Kein Anspruch kann unbegrenzt geltend gemacht werden. Mit der Verjährung soll eine zeitliche Grenze gesetzt werden, bis zu der die Geltendmachung eines Rechts noch verlangt werden kann.
Stand: Dezember 2023
Die Verjährung ändert die rechtliche Durchsetzbarkeit eines an sich bestehenden Anspruchs. Daher bleibt der Anspruch gegen den Schuldner bestehen, auch wenn er verjährt ist. Der Schuldner muss ihn jedoch nicht erfüllen, sondern kann sich auf das Vorliegen der Verjährung berufen. Die Aufrechnung mit einer verjährten Forderung sowie die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts bleiben aber möglich, wenn der Anspruch zu dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, zu dem erstmals aufgerechnet oder verweigert werden konnte. Das Gesetz sieht eine Regelverjährung vor, zu der es zahlreiche Ausnahmen gibt. Die Verjährung kann unter bestimmten Umständen gehemmt oder sogar zum Neubeginn gebracht werden.
1. Regelverjährung
Die Regelverjährungsfrist beträgt drei Jahre (§ 195 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB). Sie gilt für alle ab dem 1. Januar 2002 entstandenen Ansprüche, sofern keine Sonderverjährungsregeln anzuwenden sind. Sonderverjährungsfristen finden sich – falls vorhanden – in speziellen, den jeweiligen Anspruch regelnden Normen, wie Handelsgesetzbuch, Aktiengesetz oder auch Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB). Die regelmäßige Verjährung kann durch vertragliche Vereinbarung auf bis zu 30 Jahre ab Verjährungsbeginn verlängert werden.
Beispiele für die Regelverjährung: Lieferansprüche aus Kauf- oder Werkverträgen, Ansprüche auf Erfüllung aus Aufträgen oder Dienstleistungsverträgen, Zahlungsansprüche aus sämtlichen Verträgen, Ansprüche aus Handelsvertreterverträgen, sofern diese nach dem Dezember 2004 entstanden sind.
Die regelmäßige Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres,
- in dem der Anspruch entstanden ist
- und der Gläubiger Kenntnis von den Umständen der Anspruchsbegründung und der Person erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
Unabhängig davon, ob Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vorliegt, verjähren diese Ansprüche spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Anspruchs.
Beispiel:
B liefert am 12. September 2021 an A bestellte Ware. Am 18. September 2021 stellt B der A diese Lieferung in Rechnung. A zahlt trotz mehrfacher Mahnschreiben vom 28. Oktober 2021, 15. Dezember 2021 und 22. Februar 2022 nicht. Die Verjährung des Zahlungsanspruchs von B beginnt am 31. Dezember 2021 zu laufen und würde am 31. Dezember 2024 enden. Mahnschreiben hemmen oder unterbrechen die Verjährung nicht.
B liefert am 12. September 2021 an A bestellte Ware. Am 18. September 2021 stellt B der A diese Lieferung in Rechnung. A zahlt trotz mehrfacher Mahnschreiben vom 28. Oktober 2021, 15. Dezember 2021 und 22. Februar 2022 nicht. Die Verjährung des Zahlungsanspruchs von B beginnt am 31. Dezember 2021 zu laufen und würde am 31. Dezember 2024 enden. Mahnschreiben hemmen oder unterbrechen die Verjährung nicht.
2. Wichtige Sonderverjährungsregeln
2.1 30-jährige Verjährung
Statt der dreijährigen Regelverjährung gilt für die nachfolgenden Anspruchsarten eine 30-jährige Verjährungsfrist (§§ 197, 199 Abs. 2 BGB) mit unterschiedlichem Beginn der Fristenläufe:
- Herausgabeansprüche aus Eigentum und anderen dinglichen Rechten; Fristbeginn mit Entstehung,
- familien- und erbrechtliche Ansprüche; Fristbeginn mit Entstehung,
- rechtskräftig festgestellte Ansprüche; Fristbeginn mit der Rechtskraft der Entscheidung,
- Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden, Fristbeginn mit der Errichtung des vollstreckbaren Titels,
- Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, Fristbeginn mit der Feststellung,
- Schadensersatzansprüche, die auf einer Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit (§ 199 Abs. 2 BGB) beruhen; Fristbeginn ist dabei das schadensauslösende Ereignis (bspw. die Begehung der Handlung oder die Pflichtverletzung) ohne Rücksicht darauf, wann der Schaden tatsächlich eintritt. Dies kann bei längerem Kausalverlauf dazu führen, dass die Verjährung einritt, bevor der Schaden überhaupt entstanden ist (bspw. schleichende Vergiftung).
2.2 Kaufverträge
Sonderregeln gelten für die Verjährung der Ansprüche bei Vorliegen einer mangelhaften Kaufsache:
- Grundsätzlich zwei Jahre für Mängelansprüche. Weitere Informationen dazu finden Sie im IHK-Merkblatt “Gewährleistungsansprüche im Kaufrecht”.
- Fünf Jahre für Baustoffe, die die Mangelhaftigkeit eines Bauwerkes hervorgerufen haben.
- 30 Jahre für die Fälle, in denen die Kaufsache aufgrund eines dinglichen Rechts, wie z. B. Eigentum, eines Dritten von diesem herausverlangt werden kann.
- bei arglistig verschwiegenen Mängeln gilt die Regelverjährungsfrist von drei Jahren, Fristbeginn ist erst mit Schluss des Jahres nach Kenntnis von Anspruch und Schuldner (Regelverjährung).
Außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs (also echte Unternehmensgeschäfte, B2B) kann die Verjährung im Kaufrecht auf ein Jahr verkürzt werden. Für gebrauchte Waren kann die Verjährung auch beim Verbrauchsgüterkauf (Verkauf an Privatpersonen) auf ein Jahr verkürzt werden. Allerdings ist dies seit Januar 2022 nur dann noch möglich, wenn der Verbraucher über die Verjährungsverkürzung eigens informiert und diese ausdrücklich und gesondert vereinbart wird.
Im Rahmen der fünfjährigen Verjährungsfrist bei Bauwerken und mangelhaften Baumaterialien ist eine Verkürzung nicht möglich. Eine Ausnahme gilt nur, wenn die VOB als Ganzes in den Vertrag einbezogen ist.
Darüber hinaus gibt es besondere Verjährungsregeln bei Waren mit digitalen Elementen, sofern diese ab Januar 2022 erworben wurden.
2.3 Werkverträge
Sonderverjährungsregeln gelten für Ansprüche im Rahmen der Haftung für Werkmängel (§ 634a BGB):
- Grundsätzlich zwei Jahre ab Abnahme des Werkes.
- Bei arglistig verschwiegenen Mängeln gilt die Regelverjährungsfrist von drei Jahren, Fristbeginn ist erst mit dem Schluss des Jahres nach Kenntnis von Anspruch und Schuldner (Regelverjährung).
- Fünf Jahre bei Bauwerken ab Abnahme des Bauwerks, wenn durch die Mangelhaftigkeit des Baumaterials die Mangelhaftigkeit des Bauwerks hervorgerufen wurde und die Sachen für ein Bauwerk verwendet wurden, also z. B. Baumaterial für Neuerrichtung, Erneuerungs- oder Umbauarbeiten an einem bereits errichteten Bauwerk. Ist die Sache mit dem Gebäude nicht fest verbunden, gilt aber die zweijährige Verjährungsfrist. Diese gilt auch, wenn der Mangel lediglich im Einbau liegt und nicht in der Mangelhaftigkeit des Materials.
- Drei Jahre bei unkörperlichen Arbeitsergebnissen, z. B. Baupläne oder Gutachten, Fristbeginn ist erst mit dem Schluss des Jahres nach Kenntnis von Anspruch und Schuldner (Regelverjährung).
2.4 Mietverträge
Das Mietvertragsrecht sieht u. a. eine 6-monatige Verjährung für folgende Ansprüche vor (§ 548 BGB):
- Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache,
- Anspruch des Vermieters auf Vornahme von Schönheitsreparaturen bzw. auf Zahlung einer Quote der Schönheitsreparaturkosten bei Quotenhaftungsklausel,
- Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Aufwendungen.
Außerhalb dieser Sonderverjährung unterliegen Ansprüche aus Mietverträgen grundsätzlich der dreijährigen Regelverjährung.
Beispiele:
Ansprüche des Vermieters
Ansprüche des Vermieters
- auf Mietzinszahlung und laufende Nebenkosten,
- auf Schadensersatz wegen Kündigungsschadens sowie wegen verspäteter Rückgabe der Mietsache,
- auf Unterlassung des vertragswidrigen Gebrauchs,
- auf Nebenkostennachzahlungen bzw. Auszahlungen aus einem Guthaben aus der Betriebs-/Nebenkostenabrechnung und der vertragliche Anspruch auf Rückgabe der Mietsache einschließlich Zubehör etc.
Ansprüche des Mieters
- auf Gebrauchsgewährung,
- auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung bei Überlassungspflicht,
- auf Schadenersatz wegen nicht rechtzeitiger Überlassung,
- auf Rückerstattung zu viel bezahlter Miete oder Mietnebenkosten,
- auf Auskehrung der Kaution etc.
2.5 Handelsvertreterverträge
Für alle Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis zwischen Handelsvertreter und Unternehmer gilt die allgemeine 3-jährige Regelverjährung nach § 195 BGB.
3. Hemmung der Verjährung
Hemmung der Verjährung bedeutet, dass mit Eintritt des Hemmungsgrundes die Verjährung zum Stillstand kommt und nach dessen Wegfall weiterläuft. Der Zeitraum, währenddessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.
Die Verjährung ist gehemmt bei
- vereinbartem Leistungsverweigerungsrecht,
- Schweben der Verhandlungen bis zur Verweigerung der Fortsetzung der Verhandlungen; die Verjährung tritt frühestens zwei Monate nach Ende der Hemmung ein,
- höherer Gewalt, zu der nunmehr auch der Stillstand der Rechtspflege zählt,
- Rechtsverfolgungsmaßnahmen (die wichtigsten sind: Klageerhebung, Mahnverfahren, Güteantrag gem. § 15a ZPO, aber auch sonstige Gütestellenverfahren, Antrag auf Prozesskostenhilfe, Aufrechnung, Streitverkündung, Insolvenzverfahren; siehe umfassend § 204 Abs. 1 Nr. 1 - 14 BGB).
Eine Ausnahme hiervon bilden die Vollstreckungsmaßnahmen, die auch weiterhin den Neubeginn der Verjährung auslösen.
Die Hemmung endet sechs Monate nach rechtskräftiger Entscheidung oder anderweitiger Erledigung des eingeleiteten Verfahrens. Bei Nichtbetreiben des Verfahrens gilt die letzte Verfahrenshandlung als entscheidendes Datum für die sechsmonatige Frist.
4. Neubeginn der Verjährung
Neubeginn der Verjährung (früher: Unterbrechung) bedeutet, dass nach dem Ereignis, welches zu einer Unterbrechung der Verjährungsfrist führt, die volle Verjährungsfrist neu zu laufen beginnt.
Unterbrechende Ereignisse sind
- Anerkennung des Anspruchs durch den Schuldner gegenüber dem Gläubiger durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise,
- eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung, die vorgenommen oder beantragt wird. Wird die Vollstreckungshandlung aufgehoben oder dem Antrag auf Vollstreckung nicht stattgegeben oder vorher zurückgenommen, so gilt der erneute Beginn der Verjährung als nicht erfolgt.
Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer IHK – nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.