Machbares umsetzen
Produktentwicklung
Eigen- oder Fremdherstellung
Die Entscheidung, ob die Innovation zum Teil oder vollumfänglich selbst hergestellt wird, ist eine Grundsatzentscheidung in der Produktentwicklung. Existenzgründer haben für gewöhnlich nicht die Ressourcen eine Produktion inklusive Logistik aufzubauen. Hier werden meist Kooperationen eingegangen. Dagegen sind Softwareprodukte einfacher umzusetzen. Haben Betriebe bereits das notwendige Wissen sowie passende Maschinen und Anlagen, müssen indessen nur gewisse Einzelteile oder Rohstoffe des Produkts dazugekauft werden. Die Entscheidung Bauteile fremd zu beziehen, ist eine Frage der Kosten (Herstellung, Transport etc.), des eigenen Know-hows im Betrieb und auch der Qualität. Darüber hinaus bedeutet eine Fremdvergabe immer eine gewisse Abhängigkeit.
Die Innovation wird durchgeplant
Zur Produktentwicklung müssen erst alle wichtigen Details zu einzelnen Bauteilen oder der Montage geplant werden. Grundlage bildet das Entwicklungskonzept.
Ziel des Entwicklungskonzepts ist es, die Vorgehensweise festzulegen wie die Innovation unter den Rahmenbedingungen der Planung von Zeit, Budget, Ressourcen und auch der Qualität entstehen kann. Das Entwicklungskonzept ist die Gesamtschau verschiedener Einzelplanungen und umfasst das Konstruktions-, das Herstellungs-, das Verifikations- und das Logistikkonzept:
- Das Konstruktionskonzept beinhaltet Informationen zu den Bauteilen inkl. Software und den Fertigungsunterlagen wie Konstruktionszeichnungen, Stücklisten und Vorschriften (z.B. Montage oder Lagervorschriften). Auch hier werden Kosten, Personal und Zeit eigens geschätzt. Ein Lastenheft ist Vorrausetzung.
- Das Herstellkonzept beschäftigt sich mit den erforderlichen Hilfsvorrichtungen und den dazugehörigen Detailfragen (Hobeln oder Fräsen? Kleben oder nieten?). Auch wird dargelegt, was selbst herstellbar ist und was von anderen Firmen dazugekauft wird. Im Herstellungskonzept werden die einzelnen Fertigungsschritte mit Personal, Budget und Zeitplanung festgelegt.
- Das Verifikationskonzept beinhaltet den Nachweis, dass alle technischen Anforderungen erfüllt sind. Dabei werden alle notwendigen Testungen und Berechnungen gemacht, um ein sicheres und qualitatives Produkt zu erhalten. So wird beispielsweise die Belastung, Verformung oder die Entflammbarkeit überprüft. Das Verifikationskonzept beinhaltet gesetzliche Vorschriften zu den Sicherheitsfaktoren. Hier ist unbedingt juristischer Rat einzuholen. Normen und Richtlinien müssen recherchiert und überprüft werden.
- Das Logistikkonzept inklusive Lagerkonzept und Transportkonzept behandelt die Lagerung der Teile sowie deren Beschaffung.
Die Produktanforderung im Detail
Überdies soll ein Lastenheft erstellt werden mit den wesentlichen Kundenanforderungen und Leistungsdaten des Produkts. Das Lastenheft soll im Auftragswesen vom Kunden ausgefüllt werden.
- Marktsegmentierung
- Anforderungen an den Kunden
- Wesentliche Leistungsdaten
- Zeitschiene Markteinführung und Produktlebensdauer
- Berücksichtigung von Normen und anderen externen Vorgaben
- Schätzung der Produkt- und Projektkosten
Neben dem Lastenheft muss auch ein Pflichtheft erstellt werden. Dies ist sozusagen die Antwort auf das Lastenheft, sprich wie die Umsetzung erfolgen kann:
- Anforderung an Funktionen und Aufbau
- Detaillierte Leistungsdaten
- Toleranzbereiche für Produktion und Qualitätssicherung
- Terminziele, Meilensteine sowie konkrete Arbeitsvorgaben
- Anforderungen hinsichtlich der zu beschaffenden Teile
- Vergabe von Normen und Prüfvorschriften
- Gliederung des Produkts in Baugruppen und Einzelteile
- Detaillierte Daten über Konkurrenzprodukte, Preispositionierung mögliche Absatzmenge, Zielkosten, Serviceangebote und weitere Daten
Sicherheit und Qualität
Die Qualitätssicherung und ihre Aufgaben dienen dazu die vorgegebenen Anforderungen an die Produkte zu erfüllen. Dadurch wird gewährleistet, dass bereits während der Produktion vorher festgelegte qualitative Vorgaben auf Einhaltung kontrolliert werden. Es soll kein Produkt auf den Markt gelangen das fehlerhaft ist oder eine geringere Produktlebenserwartung aufweist.
Zur Qualitätssicherung werden Vorschriften (z.B. Klebevorschriften), die einzelnen Verfahren (z.B. Montageprozess), verschiedene Formblätter (z.B. Störbericht) sowie Verantwortlichkeiten und Entscheidungsbefugnisse festgelegt. Während der Realisierung werden alle Prozesse und Aktivitäten immer wieder kontrolliert (z.B. Fehlerquellen, Einhaltung der Vorschriften). Gibt es Änderungen in der Produktentwicklung müssen diese dokumentiert und überprüft werden.
Mittels einer Ereignisablauf- oder einer Fehlerbaumanalyse können Mängel in der Produktentwicklung entgegengewirkt werden. Insgesamt muss am Ende ein sicheres Produkt auf den Markt gelangen. Dabei ist es wichtig an die „Mindestsicherheit“ zu denken. Am Marktgeschehen gib es immer wieder Rückrufaktionen, da die Sicherheit nicht mehr gewährleistet werden kann. Dies sollte stets vermieden werden. Die notwendige Sicherheit eines Produkts ergibt sich aus den öffentlichen Anforderungen, festgehalten in Gesetzen und Verordnungen. Diese Punkte finden also schon sehr früh Anwendung im Produktentwicklungsprozess. Dies kann eine besondere Herausforderung darstellen, da in einer frühen Phase der Großteil der Qualitätseigenschaften, wie z.B. aufgrund des Materials, mehr oder weniger bereits festgelegt wird. Die Qualität dagegen zeigt sich erst später in der Nutzungsphase, wenn das Produkt bei den Kunden in der tatsächlichen Anwendung ist. Daher muss das Produkt auch über seinen Lebenszyklus betrachtet werden.
Produktionsvorbereitung
Um das Produkt termin- und sachgerecht auf den Markt zu bringen, muss die Produktion vorab fest und detailreich geplant werden. Analog zum Abschnitt „Projektplan“ müssen hier die Maschinen, Anlagen, das Personal und alle weiteren Details geplant werden. Dies geschieht in Abstimmung mit der Markteinführung und deren Strategie. Schließich muss auch die Stückzahl und die Terminierung festgelegt werden.
Die wichtigsten Anforderungen an die Produktionseinführung sind:
- Die Produktherstellung muss effizient und mit einer hohen Produktivität sichergestellt sein, damit die Zielkosten sich entsprechend der Kalkulation entwickeln können.
- Die im Pflichtenheft definierte Qualität muss sichergestellt werden.
- Die Fertigungskapazität muss sich mit den geplanten Absatzahlen decken ohne Leer- oder Überkapazitäten.
Die Produktionseinführung erfolgt in den meisten Betrieben mit digitaler Unterstützung. Dadurch können auch die Teilschritte der Ideenumsetzung bis zur Markteinführung optimal aufeinander abgestimmt werden.
Drei Tipps zur Umsetzung
- Sicherheit geht vor! Das Verifikationskonzept ist ein sehr wichtiger Baustein in der Planung. Informieren Sie sich umfangreich über die aktuelle Gesetzeslage bezüglich Ihrer Innovation.
- Ein gut organisiertes Pflichtenheft ist das A und O der Produktionsplanung. Diesem Punkt soll ausreichend Zeit geschenkt werden. Hierfür gibt es zahlreiche Vorlagen.
- Sofern Sie Fördermittel in Anspruch nehmen möchten, beginnen Sie nicht vor Beantragung bzw. Bewilligung (je nach Programm individuell zu prüfen) mit der Entwicklung. Der Start der Entwicklung sollte auf jeden Fall mit dem Projektträger des Fördermittels abgesprochen werden. Informationen dazu finden Sie hier.
Quellen
- Felkai/Beiderwieden, Projektmanagement für technische Projekte, 2015
- Kirchner, Werkzeuge und Methoden der Produktentwicklung, 2020
- Vahs/Brem, Innovationsmanagement, 2013