Standort Ostbrandenburg: Entwicklungstrends und Handlungsempfehlungen
In unserer jüngsten Konjunkturumfrage haben wir Unternehmen befragt, welche Anliegen sie an die künftige Landesregierung richten möchten. Es zeigt sich, dass die Zufriedenheit abnimmt und viele Wirtschaftsfaktoren einer dringenden Bearbeitung bedürfen. Besonders deutlich wird dies in den Bereichen Digitalisierung, Bildung und der kurz- und mittelfristigen Planbarkeit von Standortkosten.
Schlechtere Noten und drängende Aufgaben für die Landespolitik
Die Unternehmen hatten die Möglichkeit, verschiedene Aspekte ihres wirtschaftlichen Standortes zu bewerten und die Priorität bestimmter Faktoren für die zukünftige Entwicklung anzugeben. Diese Faktoren umfassten Bereiche wie Infrastruktur, Fachkräftesicherung, öffentliche Verwaltung, wirtschaftliches Umfeld und Lebensqualität am Standort.
Die befragten Unternehmen bleiben den 2019 identifizierten Stärken des Wirtschaftsstandorts Ostbrandenburg treu, insbesondere der Verkehrsanbindung und der Verfügbarkeit von Gewerbeflächen . Mit ihnen bleiben sie „eher zufrieden“. Sogar etwas verbessern konnte sich die Zufriedenheit mit der Kinderbetreuung, die ebenfalls als sehr wichtig erachtet wird. Die größten Herausforderungen liegen derzeit im Bereich der Digitalisierung der Verwaltung: die Zufriedenheit geht hier um 0,6 Notenpunkte zurück, während die Dringlichkeit einer kundenfreundlichen Digitalisierung von Verwaltungsprozessen zunimmt. Große Sorgen bereitet den Unternehmen auch die Qualität der Berufsausbildung, die stark abgenommen zu haben scheint, aber für den Einsatz von Arbeits- und Fachkräften essenziell ist. Zudem drängt die Aufgabe einer plan- und bezahlbaren Energieversorgung, da hohe Energiepreise die Unternehmen weiterhin belasten.
Die Stärken in Ostbrandenburg liegen vor allem in der Infrastruktur: zum einen in der Anbindung an Straßennetze und zum anderen in der flächendeckenden Möglichkeit von Arbeitnehmern, Bildung und Betreuung wahrnehmen zu können. Blickt man allerdings auf die Faktoren mit dem dringlichsten Handlungsbedarf – also den Faktoren bei denen die Zufriedenheit zugleich am geringsten, während die Dringlichkeit am höchsten ist –, dann zeigt sich, dass vor allem an der Qualität derselben Faktoren gearbeitet werden muss. So sind Berufsschulen zwar verfügbar, allerdings ist die Qualität und Ausstattung dieser teilweise mangelhaft. Die Unternehmen sind zwar an das lokale oder Fernstraßennetz angebunden, aber es ist in einem schlechten Zustand. Auch erscheint die Verfügbarkeit medizinischer Versorgung im Flächenland unsicher.
Aufsteigende Wirtschaftsfaktoren zeigen sich eher weniger: Die Zufriedenheit mit der Breitbandversorgung und der Kinderbetreuungslage legt leicht zu. Das Voranschreiten eines Ausbaus des Internetzugangs wird jedoch in der Uckermark sogar als noch dringender erachtet als vor fünf Jahren. Die Verfügbarkeit von Industrie- und Gewerbeflächen ist auch 2024 für die Mehrheit der befragten Unternehmen kein Problem. Sie konnten ihren Wert zumindest halten. Die größten Absteiger gibt es auch hier im Bereich der Schul- und Berufsausbildung, die in der Qualität stark abzunehmen scheint, da hier die Zufriedenheit am stärksten zurückgeht. Auch die Zufriedenheit mit den Digitalisierungsverfahren in der Verwaltung geht deutlich zurück: Hier besteht aus Unternehmenssicht dringlicher Handlungsbedarf seitens der Politik.
Robuste Infrastruktur mit Handlungsbedarf bei Breitbandausbau und Straßennetz
Die Zufriedenheit mit der Anbindung an das lokale und Fernstraßennetz und auch an den Schienenverkehr ist im Ostbrandenburger Durchschnitt zurückgegangen. Besonders betroffen sind Unternehmen aus der Uckermark, die die größte Unzufriedenheit in allen drei Sparten aufweisen. Auch der Landkreis Märkisch-Oderland sieht besonderen Handlungsbedarf, während der Barnim sich eine bessere Verfügbarmachung von Industrie- und Gewerbegebieten wünscht. Mit Sicht auf die Landesregierung hat die Breitbandversorgung höchste Priorität, um hier zukunftsfähig bleiben zu können, gefolgt von Notwendigkeiten im Ausbau des Straßennetzes und eines erhöhten Handlungsbedarfs beim ÖPNV.
Drängende Probleme bei Ausbildungsqualität und in der Fachkräftegewinnung
Die Arbeits- und Fachkräftesicherung stellt sich ebenfalls als dringlicher Appell in Richtung Politik dar: Alle Landkreise sehen verbesserungswürdige Zustände im Bereich der Mobilisierung bestehender und zusätzlicher Arbeits- und Fachkräfte. Hier ist die Uckermark im Vergleich am unzufriedensten, während MOL und LOS den größten Handlungsbedarf anmelden. Die Zufriedenheit mit der Qualität der Schul- und Berufsausbildung hat in den letzten fünf Jahren stark abgenommen. Im Schnitt ist kein Landkreis hier zufrieden mit der Situation. Besonders der Barnim schätzt die Lage hier als besonders schlecht ein.
“Nachsitzen” bei Verwaltungsprozessen: Antragsbearbeitung, Kundenorientierung und Digitalisierung
Nicht viel besser bewerten die Unternehmen die Leistungsfähigkeiten im öffentlichen Dienst: Digitale Verwaltungsfahren bekommen hier die größte Unzufriedenheit bescheinigt. Im Vergleich zu 2019 erscheinen die Probleme im Bereich unternehmensnaher Anträge und ihrer schnellen und effektiven, digitalen Bearbeitung dringender denn je. Die Sitzbank drücken müssen hier alle Landkreise, aber besonders gering ist die Zufriedenheit in den Landkreisen LOS im Bereich des Angebots digitaler Antragsstellung und im Landkreis MOL bei der Bearbeitungsdauer und Unternehmensfreundlichkeit der Verwaltungen.
Gutes Image, aber schwierige Voraussetzungen bei Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft des Standorts
Das Image der Region Ostbrandenburg wurde 2019 mit gut bewertet. Auch Brandenburg bekommt im Jahr 2024 noch immer eine eher gute Bilanz ausgestellt. Schauen wir allerdings auf die einzelnen Faktoren, zeigt sich, dass vereinfachte und unternehmensfreundliche Förderangebote fehlen und gestiegene Energiepreise sowie eine zunehmende bürokratische Belastung durch Nachhaltigkeitsauflagen ein großes Problem darstellen. Besonderen Handlungsbedarf melden die Unternehmen im Landkreis MOL an, die dringend anmahnen, bezahl- und planbare Energiepreise zu erreichen, um damit auch Innovationen strukturell wieder zu ermöglichen.
Flächendeckende Gesundheitsversorgung, Kinderbetreuung und attraktive Wohnraumangebote könnten die Standortattraktivität steigern
Die Investition und Organisation von Kindergärten und Hortbetreuungen sehen viele Unternehmen als wichtige Voraussetzung für den Arbeits- und Lebensmittelpunkt ihres Standorts. Schul- und Ausbildungsstandorte sollen gestärkt und die gesundheitliche Versorgung im Flächenland sichergestellt werden. Die größte Priorisierung sollte nach Angaben der Unternehmen in den Bereichen Gesundheitswesen, Kinderbetreuung und beim Wohnangebot betrieben werden. In LOS, MOL und der kreisfreien Stadt Frankfurt (Oder) wird der dringendste Handlungsbedarf gesehen. Die Kinderbetreuungslage konnte sich hier im Vergleich zu 2019 leicht verbessern. Eher unzufrieden zeigen sich die Unternehmen jedoch, was die Weltoffenheit und Toleranz am Standort betrifft. Diese erscheint gerade in Bezug zur Mobilisierung von und auch für die Attraktivität des Standortes Ostbrandenburgs für gut ausgebildete ausländische Fachkräfte relevant.
Informationen zur Umfrage
Im Rahmen der Konjunkturumfrage der IHK Ostbrandenburg wurden im Frühsommer 2024 2.022 Mitgliedsunternehmen von der IHK Ostbrandenburg gebeten, sich an der Befragung zu beteiligen. Die Umfrageergebnisse stammen von 296 Unternehmen, die an der Befragung teilgenommen haben. Die meisten Antworten kamen aus den Landkreisen Oder-Spree, Märkisch-Oderland und Barnim, gefolgt von der Uckermark und der kreisfreien Stadt Frankfurt (Oder).
Auf einer Skala von 1 bis 4 konnten die Unternehmen bewerten, wie zufrieden (1= sehr zufrieden, 4= sehr unzufrieden) sie mit verschiedenen Aspekten ihres wirtschaftlichen Standortes aktuell sind. Zusätzlich konnten sie bestimmte Faktoren priorisieren, indem sie bewerten, wie wichtig (1=sehr wichtig, 4=sehr unwichtig) es Ihnen ist, dass eine zukünftige Landesregierung bestimmte Standortfaktoren im Blick behält, ausbaut oder verbessert.
Auf einer Skala von 1 bis 4 konnten die Unternehmen bewerten, wie zufrieden (1= sehr zufrieden, 4= sehr unzufrieden) sie mit verschiedenen Aspekten ihres wirtschaftlichen Standortes aktuell sind. Zusätzlich konnten sie bestimmte Faktoren priorisieren, indem sie bewerten, wie wichtig (1=sehr wichtig, 4=sehr unwichtig) es Ihnen ist, dass eine zukünftige Landesregierung bestimmte Standortfaktoren im Blick behält, ausbaut oder verbessert.