Tagespendler kommen aus der unmittelbaren Grenzregion, mehr als zehn Prozent aus Słubice
Da die Tagespendler insgesamt einen größeren Anteil ausmachen und täglich zu ihren Arbeitsorten fahren, ist ihre Analyse in dieser Studie von besonderer Relevanz. Ihre Betrachtung bei der Bewertung des Einflusses auf die vorhandene Verkehrsinfrastruktur und die regionale Wirtschaft ist bedeutender als die der Wochenpendler. Deshalb enthält der folgende Abschnitt eine kleinräumigere Darstellung und eine umfassendere Analyse als zuvor.
Anhand von Abb. 9 zeigt sich, dass sehr große Unterschiede bei der räumlichen Verteilung der Tagespendler bestanden. Erklären lässt sich dies in erster Linie damit, dass die Tagespendler die Strecke zwischen ihrem Wohn- und Einsatzort mindestens zweimal pro Arbeitstag zurücklegen mussten. Daher wohnten sie in der überwiegenden Zahl in den unmittelbaren polnischen Grenzregionen zu Brandenburg. Die meisten Arbeitgeber befanden sich dagegen im direkten Umland von Berlin und in den Oberzentren in unmittelbarer Grenznähe, die sich durch die blauen Einfärbungen auf der Karte absetzen.
Dies deckt sich mit den Ergebnissen der IAB-Studie aus dem Frühjahr 2020. Danach lagen gleich fünf der zehn Kreise, in die die meisten polnischen Arbeitnehmer nach Deutschland pendeln, in Brandenburg. Der Kreis Teltow-Fläming befand sich nach Aussage der IAB-Studie deutschlandweit auf dem zweiten und in Brandenburg auf dem ersten Rang (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 2020). Dies bestätigte auch der Datenausschnitt, der durch die Grenzpendleranträge erhoben wurde. So waren in diesem Kreis auch im hier analysierten Datensatz die meisten Tagespendler zu verzeichnen.
Bei den Herkunftsorten kamen die meisten polnischen Tagespendler aus den Städten Słubice (296), Kostrzyn nad Odrą (132), Cybinka (91), Szczecin (74) und Krosno Odrzańskie (71). Unabhängig davon wiesen die Tagespendler aber eine insgesamt starke Streuung entlang der Grenze auf. Bei der Betrachtung der Einsatzorte in Brandenburg war hingegen eine etwas stärkere Ballung zu erkennen. Die Städte mit den meisten polnischen Grenzpendlern bildeten demnach Großbeeren (235), Ludwigsfelde (163), Storkow (Mark) (155), Frankfurt (Oder) (126) und Schwedt/Oder (106).
Abb. 9: Verteilung und Intensität von Tagespendlern zwischen Polen und Brandenburg
Die Bedeutung der einzelnen Wohn- und Arbeitsorte kommt noch einmal besonders in der Hotspotanalyse in Abb. 10 zum Ausdruck. Die Herkunfts- und Einsatzorte der Tagespendler werden darin kleinräumig in Form von unterschiedlich großen und je nach Intensität eingefärbten Kreisen, sogenannten Hotspots, dargestellt. Je größer ein solcher Kreis ausfällt, desto mehr polnische Grenzpendler wohnten bzw. arbeiteten in der jeweiligen Region.
In Kombination mit den insgesamt elf Grenzübergängen zwischen Polen und Brandenburg ergibt sich so ein interessantes und aussagekräftiges Bild. So wohnte eine Vielzahl der polnischen Arbeitnehmer in Brandenburg in unmittelbarer Nähe zu einem Grenzübergang oder an einer Schnellstraße, die die deutsch-polnische Grenze passiert. Darüber hinaus ist die Konzentration der Arbeitgeber entlang der Strecke Frankfurt (Oder) und Berlin auffällig. Dies ist sicher hauptsächlich auf die direkte Erreichbarkeit über die Autobahn A12 und zum Teil auf die Schienenverbindung des RE1 zurückzuführen, hier ist das grenzüberschreitende Angebot im öffentlichen Nahverkehr allerdings begrenzt.
Abb. 10: Tagespendler zwischen Polen und Brandenburg inkl. der Grenzübergänge
Wie bei den Wochenpendlern waren aber auch einige Einsatzorte der Tagespendler in den ländlicheren Regionen des Landes fernab der infrastrukturell besser angebundenen Oberzentren zu verzeichnen. In Anbetracht dessen verdeutlicht Tab. 2 die acht am stärksten frequentierten direkten Pendlerstrecken innerhalb des vorliegenden Datensatzes. Diese legen nahe, dass vor allem die Grenzübergänge Pomellen, Schwedt/Oder, Küstrin-Kietz und Frankfurt (Oder) genutzt wurden.
Wohnort
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Einsatzort
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Cedynia
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Bad Freienwalde (Oder)
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Cybinka
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Großbeeren
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Gryfino
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Schwedt/Oder
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Kostrzyn nad Odrą
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Großbeeren, Grünheide (Mark), Rangsdorf
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Słubice
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Storkow (Mark), Großbeeren,
Fürstenwalde/Spree, Frankfurt (Oder)
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Sulecin
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Großbeeren
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Szczecin
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Schwedt/Oder
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Witnica
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Ludwigsfelde
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Tab. 2: Hauptpendlerverbindungen zwischen Polen und Brandenburg
Vor dem Hintergrund, dass der vorliegende Datensatz keine Angaben über das jeweilige Transportmittel enthielt, konnten innerhalb dieser Studie lediglich Annahmen über die Art der Mobilität getroffen werden. Es ist allerdings aufgrund der infrastrukturellen Gegebenheiten davon auszugehen, dass insbesondere über den Verkehrsweg Straße gependelt wurde. Dies begründet sich vor allem damit, dass an entscheidenden Grenzübergängen wie Schwedt/Oder keine ausgebaute Bahnverbindung für den Personenverkehr besteht. Ein starker Personenverkehr auf der Schiene existiert lediglich für den Grenzübergang Küstrin-Kietz/Kostrzyn, wo die Regionalbahnline RB26 (Berlin-Kostrzyn) mit mehr als 1.000 (grenzüberschreitenden) Fahrgästen die nachfragestärkste Verbindung zwischen Brandenburg und Polen darstellt, sowie über die Schienenverbindung Frankfurt (Oder). Dort verkehren Eurocity-Züge in den Relationen Berlin – Warszawa (Warschau) und Berlin – Gdańsk (Danzig). Außerdem existiert eine Regionalbahnverbindung zwischen Berlin, Angermünde und Stettin (RB66).
Abb. 11: Tagespendler zwischen Polen und Brandenburg inkl. der Grenzübergänge und Pendlerrouten
Mithilfe der in Abb. 11 dargestellten kürzesten Straßenverbindungen und in Kombination mit den Statistiken über den Grenzverkehr lassen sich Rückschlüsse über die Auslastung der vorhandenen Grenzübergänge treffen. Diese sowie die Ergebnisse der gesamten Grenzpendlerstudie und die daraus resultierenden Handlungsempfehlungen an die Politik werden nachfolgend vorgestellt.