Neue Studie zu Desinformationen und deren Gefahr für Demokratie
“Gefahr für demokratische Gesellschaft”
Nach Meinung von 84 % der Menschen in Deutschland stellen vorsätzlich verbreitete Falschinformationen im Internet ein großes oder sogar sehr großes Problem für unsere Gesellschaft dar. 81 % sind der Ansicht, dass Desinformation eine Gefahr für die Demokratie und den gesellschaftlichen Zusammenhalt bedeutet. Das ist das Ergebnis unserer neuen Studie "Verunsicherte Öffentlichkeit" der Bertelsmann Stiftung (3/2024). Demnach sei den meisten Menschen
inzwischen bewusst, dass Desinformation eine Gefahr für die demokratische Gesellschaft darstellt, dass mit Fake-News versucht wird, Wahlen zu beeinflussen und das Vertrauen in Politik, Parteien und Medien zu untergraben.
54 % sagen: Thema hat zu wenig Aufmerksamkeit
Mehr als die Hälfte der Befragten (54 %) sagen, das Thema Desinformation bekäme zu wenig Aufmerksamkeit. Bei der Einschätzung der Motive hinter Desinformation herrscht große Einigkeit: Über 90 % sagen, dass die Absender damit die politische Meinung in der Bevölkerung beeinflussen wollen. Ähnlich hoch sind die Werte für die Beeinflussung des Wahlausgangs (86 %) und die Spaltung der Gesellschaft (84 %). Dazu passt der Befund, dass die Befragten Desinformation am häufigsten im Zusammenhang mit umstrittenen und kontroversen Themen, wie Einwanderung, Gesundheit, Krieg und Klimakrise, wahrnehmen.
Mit Holzklötzen nachgestellt: In der Realität verbreiten sich schon kleine inhaltliche Änderungen in rasantem Tempo über die digitalen Medien.
Urheber werden oft im politischen Raum vermutet
Am häufigsten nehmen die Befragten Desinformation in sozialen Medien wahr. Aber auch Blogs und Nachrichtenseiten sowie Messenger-Dienste spielen eine Rolle. Als Quelle von Desinformation werden hauptsächlich Akteure im politischen Raum vermutet: Zwei Drittel machen Protest- und Aktivistengruppen verantwortlich, gefolgt von Bloggern und Influencern (60 %), ausländischen Regierungen (53 %) sowie Politiker und Parteien in Deutschland (50 Prozent). Generell ist jede:r Zweite der Auffassung, Desinformation käme gleichermaßen aus dem In- wie aus dem Ausland. Mehr als die Hälfte glauben, dass Desinformation sowohl aus dem rechten als auch dem linken Spektrum verbreitet werde.
Höheres Problembewusstsein in den USA
Die Umfragedaten erlauben auch Vergleiche zu den USA. Die Verunsicherung über den Wahrheitsgehalt von Inhalten und die Wahrnehmung von Desinformation sind dort ausgeprägter als in Deutschland. Dazu sagt der Co-Autor der Studie, Kai Unzicker: "Die Befragten aus den USA machen häufiger Politiker und Parteien für Desinformation verantwortlich und betrachten das jeweils andere politische Lager als Absender. Darin zeigt sich die Polarisierung in den USA, die nicht zuletzt auch in den Wahlkämpfen immer wieder zutage tritt." Ebenfalls auffällig: Während 70 % der Befragten in Deutschland meinen, dass Desinformation ein Problem für andere Menschen darstelle und nur 16 % ein Risiko für sich selbst sehen, sind die US-Bürger reflektierter. Von ihnen sorgen sich 39 % darum, selbst von Desinformation getäuscht zu werden. Entsprechend überprüfen sie Inhalte häufiger und kritischer.
Was ist zu tun?
Den Studien-Autor zufolge müssen Politik, Medien und Zivilgesellschaft in Deutschland hier noch aktiver werden. Benörigt würden bessere Vorgaben und die sozialen Netzwerke sollten verpflichtet sein, Faktenchecks und Vertrauensbewertungen einzubinden. Generell müsste es Nutzern erleichtert werden, Informationen zu überprüfen und zu melden. Ergänzend dazu brauche es ein unabhängiges Monitoring digitaler Inhalte durch mehrere, nicht-staatliche Akteure und es gelte insgesamt, das Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz der Öffentlichkeit vor Desinformation und dem Schutz der Meinungsfreiheit sorgsam auszutarieren. Das könne nur durch einen breiten und regelmäßigen gesellschaftlichen Diskurs gelingen.