Gesetz gegen Abmahnmissbrauch in Kraft getreten

In den vergangenen Jahren ist der Missbrauch von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen durch unseriöse Vereine, Verbände und leider in Einzelfällen auch durch Rechtsanwälte zu einem Ärgernis für viele, insbesondere kleinere, Betriebe geworden. Dies hat zu einer großen Unsicherheit geführt und zu beständig neuen Fragen, welche besonderen Anforderungen an Homepages, Online-Shops oder Werbeanzeigen zu stellen sind.
Die wichtigsten Änderungen des beschlossenen Gesetzes zur Bekämpfung von Abmahnmissbrauch im Einzelnen:
Voraussetzungen für die Anspruchsbefugnis der Abmahner wird erhöht
Zukünftig ist nur noch derjenige Mitbewerber abmahnberechtigt, der in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vergleichbare Waren oder Dienstleistungen vertreibt oder anbietet. Wettbewerbsverhältnisse sollen nicht bewusst geschaffen werden, um Einnahmen durch Abmahnungen zu ermöglichen. Online-Shops mit Fantasieangeboten werden damit ebenso ausgeschlossen wie Mitbewerber, die bereits insolvent sind und gar nicht mehr am Wettbewerb teilnehmen.
Auch unseriösen Wirtschaftsverbänden, die zur Erzielung von Einnahmen aus Abmahnungen gegründet werden, wird zukünftig die Geschäftsgrundlage entzogen. Anspruchsberechtigt sind nur noch Wirtschaftsverbände, die sich – nach Erfüllung bestimmter Anforderungen – auf einer Liste qualifizierter Wirtschaftsverbände eintragen lassen. Voraussetzung hierfür ist u.a., dass der Verband mindestens 75 Mitgliedsunternehmen hat und der der Verbandszweck durch ausreichende personelle, sachliche und finanzielle Mittel gesichert ist. Mitgliedsunternehmen dürfen keine Zuwendungen aus dem Verbandsvermögen erhalten. So sollen Fake-Verbände ausgeschlossen werden. Die Erfüllung der Anforderungen durch die Wirtschaftsverbände wird durch das Bundesamt für Justiz regelmäßig überprüft.
Hinweis: Die Regelungen zur Eintragung von Wettbewerbsvereinen beim Bundesamt für Justiz wird erst in einem Jahr endgültig in Kraft treten, da der Registrierungsprozess eine gewisse Zeit beansprucht und bereits bestehenden Wettbewerbsvereinen nicht ein unmittelbar wirkendes Tätigkeitsverbot auferlegt werden soll.
Finanzielle Anreize für Abmahner werden reduziert
Abmahnungen sollen zu einem rechtstreuen Wettbewerb beitragen und nicht zur Generierung von Anwaltsgebühren und Vertragsstrafen missbraucht werden. Die Verringerung finanzieller Anreize ist daher ein wirksames Mittel, um missbräuchliche Abmahnungen einzudämmen. Neu ist daher, dass der Aufwendungsersatz für Abmahnungen bei Verstößen im elektronischen Geschäftsverkehr und in Telemedien ausgeschlossen ist. Abmahnungen insbesondere im E-Commerce sind somit viel weniger lukrativ als vorher. Konkret sind damit Verstöße gegen Impressums- und Informationspflichten, die Pflicht zur Widerrufsbelehrung und die Vorschriften der Preisangabenverordnung gemeint. Ausgeschlossen ist der Aufwendungsersatz auch für Abmahnungen von Verstößen gegen die DSGVO, wenn das abgemahnte Unternehmen weniger als 250 Mitarbeiter hat. In all diesen Fällen kann also kein Ersatz von Aufwendungen mehr verlangt werden. Zu diesen Aufwendungen gehört auch der wohl wichtigste Kostenfaktor der Rechtsanwaltskosten.
Bei einer erstmaligen Abmahnung wird zudem die Höhe einer Vertragsstrafe auf 1.000 Euro begrenzt, wenn der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt.
Gegenansprüche des Abgemahnten werden erleichtert
Abgemahnte Unternehmen können zukünftig leichter darlegen, dass es sich um eine missbräuchliche Abmahnung handelt. Hierzu wurden Regelbeispiele für einen Missbrauch geschaffen, wie die massenhafte Versendung von Abmahnungen durch Mitbewerber genauso wie Fälle, in denen eine offensichtlich überhöhte Vertragsstrafe verlangt wird oder Mitbewerber einen unangemessen hohen Gegenstandswert ansetzt. Wer zu Unrecht abgemahnt wird, erhält außerdem einen Gegenanspruch auf Ersatz der Kosten für die erforderliche Rechtsverteidigung. Abmahner müssen die Berechtigung einer Abmahnung daher in jedem Einzelfall sorgfältig prüfen, um finanzielle Risiken zu vermeiden.
Wahl des Gerichtsstands eingeschränkt
Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (sog. fliegender Gerichtsstand) ermöglicht dem Kläger bisher bei nicht ortsgebundenen Rechtsverletzungen, sich das für ihn passende Gericht auszusuchen. Nun gilt bei Rechtsverletzungen im Internet und im elektronischen Geschäftsverkehr einheitlich der allgemeine Gerichtsstand des Beklagten (des zuvor Abgemahnten).

Den vollständigen Gesetzestext finden Sie hier.
Stand: 3. Dezember 2020