Brückensperrung

„Können die Kosten nicht kompensieren“

Welche wirtschaftlichen Folgen haben die Brücken-Ausfälle im Ruhrgebiet für ein Speditionsunternehmen, das dort ansässig ist? Norbert Redemann, geschäftsführender Gesellschafter der Norbert Redemann KG Spedition, hat nachgerechnet. | Interview: Dominik Dopheide
Wirtschaftsspiegel: Herr Redemann, beide Firmengelände Ihrer Spedition liegen in Recklinghausen – eines nur wenige Kilometer von der Emschertalbrücke entfernt, die seit Jahren für Lkw gesperrt ist. Jetzt müssen die Fahrer auch noch die Rhein-Herne-Kanal-Brücke auf der A 42 aus der Routenplanung nehmen. Wie viele Stunden und Euro bleiben insgesamt auf der Strecke?
Norbert Redemann: Täglich würden sieben unserer Touren eigentlich direkt über die Emschertalbrücke auf der A 43 führen. Stattdessen fallen Umwege von etwas mehr als 100 km pro Tag an. Der Zeitverlust beträgt täglich knappe zwölf Stunden. Dazu kommen jetzt die Folgen der Sperrung auf der A 42. Wenn unsere Fahrzeuge beispielsweise Duisburg ansteuern, sind sie anderthalb bis zwei Stunden länger unterwegs, weil die Umleitungsstrecken enorm belastet sind. Ich habe ausgerechnet, dass uns die Sperrung auf der A 43 Mehrausgaben in Höhe von 125.000 Euro im Jahr beschert. Es zeichnet sich ab, dass durch die Sperrung auf der A 42 dieselbe Summe obendrauf kommt. Wir liegen also bei einer Mehrbelastung von insgesamt 250.000 Euro, das heißt 20.000 Euro im Monat. Diese Kosten können wir leider niemandem in Rechnung stellen.
Wirtschaftsspiegel: Wie setzen sich diese hohen Summen denn zusammen?
Redemann: Wir haben Mehrkosten durch die Maut, die ja auch für Bundesstraßen-Kilometer erhoben wird. Dann haben wir den höheren Verbrauch an Diesel. Zudem verschleißen die Fahrzeuge mehr. Auch die zeitabhängigen Kosten steigen deutlich. Vor allem die Fahrerlöhne fallen ins Gewicht, zumal die Fahrzeit nicht in jedem Fall beliebig verlängert werden darf. Folglich braucht die Branche im Ruhrgebiet theoretisch mehr Fahrer, die aber rar sind.
Wirtschaftsspiegel: Welche Konsequenzen haben die Brückensperrungen also für die Kundschaft in der Region?
Redemann: Es können auf einer Tour nicht mehr so viele Ziele angesteuert werden wie zuvor, deshalb droht ein Auftragsstau. Erinnern Sie sich an das Schiff, das im Suezkanal quer stand? Der Einsatz von noch mehr Schiffen hätte damals nicht geholfen, wir mussten alle lange warten, bis die Ware da war. Ich sehe durchaus Parallelen zur aktuellen Verkehrssituation im Ruhrgebiet. Vieles wird zu Lasten der Kunden gehen.
Wirtschaftsspiegel: Mit welchen Folgen müssen die Speditionsunternehmen rechnen?
Redemann: Mehr Kosten, weniger Erlöse. Eigentlich müsste ich die Preise anpassen, aber aufgrund der Situation am Markt ist das illusorisch. Die Brückensperrungen sind ja zunächst ein regionales Phänomen, alle Wettbewerber haben hier dasselbe Problem. Wir können die Kosten im Moment nicht kompensieren. Noch gar nicht eingepreist ist übrigens der Motivationsverlust der Mitarbeitenden. Ich habe Fahrer, die sagen: „Schicken Sie mich nach Bielefeld, aber bitte nicht nach Duisburg“.