Bildung A-Z
Mobiles Ausbilden kann die klassische Ausbildung im Unternehmen ergänzen. Dieser Leitfaden soll Ausbildungsunternehmen helfen, Mobiles Ausbilden - im Sinne von Ausbilden im Kontext Mobilen Arbeitens - als optionale Ergänzung zum klassischen Ausbilden in Präsenz im Unternehmen erfolgreich einzuführen.
Mobiles Ausbilden - Praxis-Leitfaden
© fizkes/Shutterstock
Die folgenden Punkte und Fragestellungen zu
- grundsätzlichen und rechtlichen Voraussetzungen,
- pädagogischen Aspekten und zur Rolle der Vorgesetzten und des Ausbildungspersonals,
- technischen Voraussetzungen,
- Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz
- Kommunikation, Didaktik und Regeln für die Zusammenarbeit
sollen Ausgestaltungsmöglichkeiten und Rahmenbedingungen aufzeigen.
Der Leitfaden basiert auf einer Empfehlung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB).
Der Leitfaden basiert auf einer Empfehlung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB).
Für die weitere Ausgestaltung zum mobilen Ausbilden hat die IHK-Organisation die Merkmale, Voraussetzungen und Empfehlungen in einem Impulspapier (PDF-Datei · 378 KB) erarbeitet.
Grundsätzliche und rechtliche Voraussetzungen
Folgende Voraussetzungen sind zu beachten:
- Mobiles Ausbilden soll eine ergänzende Ausbildungsform sein und bleibt auf vereinbarte Ausbildungsanteile beschränkt. Die Ausbildung im Betrieb hat Vorrang.
- Die Auszubildenden verfügen über die notwendige Reife, Selbstständigkeit und Verantwortungsbewusstsein.
- Ausbildende und Auszubildende entscheiden gemeinsam, dass in bestimmtem Umfang mobil ausgebildet werden soll. Sind Auszubildende minderjährig, ist eine Einverständnisklärung der Erziehungsberechtigten erforderlich.
- Wenn die Anwesenheit der Auszubildenden im Unternehmen für notwendig oder sinnvoll erachtet wird, oder die Auszubildenden ins Ausbildungsunternehmen kommen möchten, ist dies zu ermöglichen. Ein Wechsel in die klassische betriebliche Ausbildung in Präsenz in der Ausbildungsstätte muss beidseitig kurzfristig ermöglicht werden.
- Alle gesetzlichen Regelungen wie Berufsbildungsgesetz, Arbeitszeitgesetz, Betriebsverfassungsgesetz oder Jugendschutzgesetz gelten unverändert.
- Es besteht weiterhin die Pflicht, Ausbildungsnachweise ordnungsgemäß zu führen.
- Die Grundsätze über die Eignung von Ausbildungsstätte und Ausbilder gelten unvermindert weiter.
- Die für das Ausbildungsunternehmen örtlich zuständige IHK ist für die Überwachung der Ausbildung zuständig. Das Ausbildungsunternehmen weist gegenüber der IHK nach, dass Mobiles Ausbilden in gleicher Qualität wie klassisches betriebliches Ausbilden möglich und wie dies konkret vorgesehen ist.
- Im betrieblichen Ausbildungsplan werden Elemente und Inhalte des Mobilen Ausbildens aufgeführt beziehungsweise entsprechend ergänzt.
- Das Ausbildungsunternehmen stellt den Auszubildenden geeignete Arbeitsmittel, insbesondere Hard- und Software zur Verfügung.
Zur Ausgestaltung sollten Sie sich im Vorfeld folgende Fragen beantworten:
- In welchen Berufen kann/soll mobil ausgebildet werden? In allen oder nur in ausgewählten, geeigneten Berufen?
- Sind die geplanten Tätigkeiten und Aufgaben grundsätzlich für das mobile Ausbilden und die virtuelle Vermittlung geeignet?
- Welche Inhalte wollen Sie virtuell vermitteln? Wählen Sie anhand der geltenden Ausbildungsverordnung und der sachlichen und zeitlichen Gliederung die passenden Inhalte aus.
- Gibt es Themenfelder, die dem Vertiefen bereits erworbener Ausbildungsinhalte gewidmet werden können? Eine Auflistung erleichtert die Einschätzung.
- Soll es - unter dem Vorbehalt der persönlichen Reife und Eignung des Auszubildenden - einen Anspruch auf oder eine Verpflichtung zum Mobilen Ausbilden in Ihrem Ausbildungsunternehmen geben?
- Müssen Arbeitnehmervertretungen eingebunden werden und gibt es Dienstanweisungen oder sonstige betriebliche Vorschriften, die beachtet werden müssen?
- Wie viele Tage pro Woche kann/soll mobil ausgebildet werden und wie werden die Einhaltung der täglichen Ausbildungszeiten, Pausen und Ruhezeiten sichergestellt?
- Kann/soll Mobiles Ausbilden bereits in der Probezeit stattfinden oder erst später?
Im § 28 Absatz 2 BBiG ist die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen auch digital mobil auszubilden, verankert.
Pädagogische Aspekte und Rolle der Vorgesetzten und des Ausbildungspersonals
- Grundsätzlich haben Ausbildungsunternehmen, Ausbildungspersonal und gegebenenfalls betriebliche Betreuer beim Mobilen Ausbilden die gleiche Verantwortung und Fürsorgepflicht gegenüber den Auszubildenden wie bei der Ausbildung vor Ort in der Ausbildungsstätte. Dies betrifft sowohl die Koordination der Ausbildung, Betreuung des Auszubildenden und Überwachung von Vorschriften und Regeln als auch die Vermittlung von Ausbildungsinhalten und die Kontrolle von Ausbildungsergebnissen.
- Grundsätzlich müssen die Auszubildenden über die entsprechende persönliche Reife und psychische Verfassung verfügen, um die übertragenen Aufgaben auch beim Mobilen Ausbilden erfolgreich zu erledigen. Ansonsten ist vom Mobilen Ausbilden abzusehen. Der Auszubildende sollte diesbezüglich anhand nachvollziehbarer Kriterien beurteilt und ihm Feedback gegeben werden.
- Digitale Interaktion und Kommunikation sind integrale Bestandteile des Mobilen Ausbildens. Deshalb muss das Ausbildungsunternehmen organisatorisch und technisch sicherstellen, dass das Ausbildungspersonal jederzeit für die Auszubildenden erreichbar ist.
- Das Ausbildungspersonal muss seinerseits sicherstellen, dass auch über virtuelle Kommunikationswege eine Betreuung und gegebenenfalls Anleitung auf gleichem Niveau wie beim Ausbilden in Präsenz erfolgt.
- Virtuelles Führen und gegebenenfalls Anleiten auf Distanz heißt auch, den Auszubildenden mehr Freiraum zu geben als bei der Präsenzausbildung. Voraussetzung ist dafür, dass ein Vertrauensverhältnis aufgebaut wird.
Zur Ausgestaltung sollten Sie sich im Vorfeld folgende Fragen beantworten:
- Hat das Ausbildungspersonal die notwendigen fachlichen und persönlichen Kompetenzen? Sind die zeitlichen und personellen Ressourcen sowie die technische Ausstattung sichergestellt?
- Verfügen die Auszubildenden über die entsprechende persönliche Reife und psychische Verfassung, um die übertragenen Aufgaben auch beim Mobilen Ausbilden erfolgreich zu erledigen? Welche Hilfestellung kann das Ausbildungsunternehmen den Auszubildenden anbieten?
- Aufgrund der Arbeits- und Ausbildungsbeziehung auf Distanz steigt die Anforderung an das Ausbildungspersonal, den Auszubildenden Orientierung zu bieten. Achtet das Ausbildungspersonal darauf, dass auftretende Probleme zeitnah besprochen werden können? Hat das Ausbildungspersonal geeignete Möglichkeiten, um die notwendigen Gespräche zu führen und bei Bedarf entsprechende Maßnahmen zu ergreifen?
Technische Anforderungen
Folgende Voraussetzungen sind zu beachten:
- Das Ausbildungsunternehmen stellt den Auszubildenden eine geeignete EDV-Ausstattung wie zum Beispiel Laptop mit geeigneten Softwareprodukten sowie Kommunikations-mittel wie zum Beispiel Smartphone als kostenfreies Arbeitsmittel für Mobiles Ausbilden zur Verfügung. Sollte durch Betriebsvereinbarung oder Vertrag vorgesehen sein, dass das Ausbildungsunternehmen beim mobilen Arbeiten weitere Arbeitsmittel zur Verfügung stellt, muss Betrieb geklärt werden, ob dies auch für die Auszubildenden gelten soll.
- Betriebliche und gesetzliche Datenschutzvorschriften müssen bekannt sein und beachtet werden.
- Arbeit und Ausbildung betreffende Informationen sollten nur über betrieblich legitimierte Kanäle (zum Beispiel MS Teams) geteilt werden. Die Nutzung privater Endgeräte sollte insb. im Blick auf den Datenschutz sensibel und zurückhaltend gehandhabt werden.
- Die Verwendung sicherer Passwörter ist beim mobilen Lernen besonders wichtig. Die Passwortvergabe und -verwaltung sollte daher regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.
- Auszubildende sollten auch im Rahmen des Mobilen Ausbildens an ihrem Laptop beziehungsweise Tablet-PC Updates durchführen (lassen). Das gilt vor allem für Betriebssystem, Virenschutz, Firewall und Browsers. Wann und wo diese Updates durchgeführt werden sollen, muss festgelegt werden.
Zur Ausgestaltung sollten Sie sich im Vorfeld folgende Fragen beantworten:
- Welche Sicherheitsaspekte müssen berücksichtigt werden? Dürfen Dritte betriebliche Daten zu Gesicht bekommen oder geschäftliche Telefonate mithören?
- Welche wichtigen Datenschutz- und Sicherheitsvorschriften müssen auch beim Mobilen Ausbilden beachtet werden?
- Sollten die Beteiligten eine darauf ausgerichtete Unterweisung oder Anweisung erhalten?
- Können diese technischen Voraussetzungen nicht geschaffen werden, sollte vom Mobilen Ausbilden abgesehen werden.
Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz
Es gelten folgende Voraussetzungen:
- Auch beim Mobilen Lernen ist die Verantwortung für die eigene Gesundheit wichtig. Das Ausbildungsunternehmen muss sich vergewissern, dass vorgeschriebene Standards auch beim Mobilen Ausbilden erfüllt und eingehalten werden.
- Auch beim Mobilen Ausbilden müssen die arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse und Vorschriften beispielsweise über die Gestaltung von Arbeitsplätzen und die Arbeitssicherheit Beachtung finden.
- Grundsätzlich sollten Auszubildende darauf achten, auch im Rahmen des mobilen Lernens ausreichend in Bewegung zu sein, eine passende Raumtemperatur einzustellen oder regelmäßig zu lüften.
Zur Ausgestaltung sollten Sie sich folgende Fragen beantworten:
- Welche Anforderungen an den Arbeitsschutz müssen berücksichtigt werden?
- Ermöglichen die räumlichen Gegebenheiten beim Mobilen Ausbilden ein weitgehend ungestörtes Lernen mit geeigneter Ausstattung beim Auszubildenden?
- Wie kann die Umsetzung gewährleistet werden? Empfehlenswert ist, sich nach der Einrichtung des mobilen Arbeitsplatzes die Gegebenheiten schriftlich beschreiben und bestätigen zu lassen. Zu achten wäre unter anderem insbesondere auf einen geeigneten Tisch, Stuhl sowie ausreichende Beleuchtung.
- Können die genannten Aspekte nicht gewährleistet werden, ist vom Mobilen Ausbilden abzusehen.
Kommunikation, Didaktik und Regeln für die Zusammenarbeit
Die Voraussetzungen sind:
- Die Auszubildenden müssen sicherstellen, dass sie genau wie die Ausbildenden während der Ausbildungszeit über die vorher vereinbarten Kommunikationskanäle (zum Beispiel über das dienstliche Smartphone) erreichbar sind.
- Das Ausbildungsunternehmen muss sicherstellen, dass die Auszubildenden mit der zu nutzenden Hard- und Software ausreichend vertraut sind oder geschult werden.
- Auszubildende sollten beim Mobilen Ausbilden Arbeits- und Privatleben im Alltag voneinander trennen und sich jeweils auf eine Tätigkeit fokussieren.
- Das Ausbildungspersonal ist sich seiner besonderen Fürsorgepflicht bewusst und nimmt diese verantwortlich wahr.
- Das Ausbildungspersonal verfügt über die notwendigen didaktischen Kompetenzen.
Zur Ausgestaltung sollten Sie sich folgende Fragen beantworten:
- Ist sichergestellt, dass in der Zeit des Mobilen Ausbildens regelmäßig virtueller Austausch mit dem Ausbildungspersonal stattfindet?
- Findet in der Zeit des mobilen Lernens regelmäßig virtueller Austausch mit Kollegen und evtl. Kunden statt?
- Ist die Einhaltung und Dokumentation von Ausbildungs- und Pausenzeiten mit allen Beteiligten (zum Beispiel technische Erfassung oder Mitteilung an das Ausbildungspersonal) abgestimmt und datenschutzkonform ausgestaltet?
- Wann und wie wird mit den Auszubildenden besprochen, welche Lerninhalte vermittelt werden sollen?
- Was soll bis zu welchem Zeitpunkt als Ergebnis bzw. Lernziel erreicht sein, und wie und wann wird dieses besprochen und dokumentiert?
- Welche regelmäßigen Kontaktpunkte (Check-in/out, Jour Fixe, Unterweisungen, Termine, Gespräche) gibt es?
- Zu welchen Anlässen sollen Auszubildenden sich ansonsten melden und beispiels-weise nach Feedback oder Hilfe fragen?
- Welche Kommunikationskanäle werden wann und wie eingesetzt (Telefon, E-Mail, Chat, Video-Telefonie oder MS-Teams)?
- Wie wird im Ausbildungsnachweis dokumentiert, dass die Vermittlung von Ausbildungsinhalten in virtueller Form stattgefunden hat?
Bitte wenden Sie sich bei weiteren Fragen zur konkreten Ausgestaltung des mobilen Ausbildens in Ihrem Ausbildungsbetrieb an die IHK-Ausbildungsberatung.