Gewerberecht

Erlaubnisbefreiungsverfahren für produktakzessorische Versicherungsvermittler

Versicherungsvermittler, die Versicherungen als Ergänzung der im Rahmen ihrer Haupttätigkeit angebotenen Waren/Dienstleistungen vermitteln, haben unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, sich auf Antrag von der Erlaubnispflicht befreien zu lassen.
Die Privilegierung der produktakzessorischen Vermittler begründet der Gesetzgeber damit, dass sie nur ein geringes Spektrum an Versicherungen anbieten sowie aufgrund ihrer Haupttätigkeit die Risiken des Produkts einschätzen und daher die entsprechenden Versicherungen beurteilen können.
Auch produktakzessorische Vermittler müssen nach § 14 GewO ein Gewerbe als Versicherungsvermittler beim örtlichen Gewerbeamt anzeigen. Falls sie im Handelsregister eingetragen sind, muss die Versicherungsvermittlung auch hier als Gegenstand angemeldet werden. Produktakzessorische Vermittler sind darüber hinaus gemäß § 34d Abs. 10 GewO verpflichtet, sich unverzüglich nach Aufnahme ihrer Tätigkeit in das Vermittlungsregister eintragen zu lassen.

Unter welchen Voraussetzungen wird die Erlaubnisbefreiung erteilt?

Nach § 34d Abs. 6 GewO sind produktakzessorische Versicherungsvermittler von der Erlaubnis zu befreien, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
  • schriftlicher Antrag auf Erlaubnisbefreiung
  • Vermittlung von Versicherungen als Ergänzung der im Rahmen ihrer Haupttätigkeit gelieferten Waren oder Dienstleistungen à Produktakzessorietät
  • unmittelbar im Auftrag eines oder mehrerer Versicherungsvermittler, die Inhaber einer Erlaubnis nach § 34d Abs. 1 GewO sind, oder eines oder mehrerer Versicherungsunternehmen tätig
  • Bestehen einer Berufshaftpflichtversicherung oder gleichwertigen Garantie
  • Zuverlässigkeit und angemessene Qualifikation sowie geordnete Vermögensverhältnisse à schriftliche Erklärung des Auftraggebers darüber ist ausreichend

Wer ist Antragsteller bzw. Inhaber der Erlaubnisbefreiung?

Antragsteller bzw. Inhaber der Erlaubnisbefreiung kann eine natürlich oder eine juristische Person (AG, GmbH) sein.
Juristische Personen stellen den Antrag selbst, vertreten durch ihre Organe. Bei Personen ohne eigene Rechtspersönlichkeit (BGB-Gesellschaft, OHG, KG) muss jeder geschäftsführende Gesellschafter die Erlaubnisbefreiung beantragen. Nicht rechtsfähige Personengesellschaften können im Gegensatz zu juristischen Personen keine eigene Erlaubnisbefreiung erhalten.

Wann liegt Produktakzessorietät vor?

Das Merkmal der Produktakzessorietät ist nach dem Willen des Gesetzgebers eng auszulegen. Gegeben ist die Akzessorietät beispielsweise bei der im Kfz.-Handel üblichen Vermittlung von
  • Haftpflichtversicherungen
  • Teil-/Vollkaskoversicherungen
  • Garantie-/Reparaturversicherungen
  • Verkehrsservice- und Mobilitätsversicherungen
  • Insassenunfallversicherungen
  • GAP-Deckungen
Produktakzessorisch ist auch die Vermittlung von Lebensversicherungen als Sicherheit für die Bedienung von Darlehensverträgen.
Nicht akzessorisch sind dagegen
  • die Vermittlung einer Hausratsversicherung durch ein Kreditinstitut bei Aufnahme eines Hausbaudarlehens
  • Versicherungen, die als zusätzliche Bausteine eines Finanzierungsmodells eingesetzt werden, da sie eine reine Anlagefunktion haben.
Nicht produktakzessorisch sind außerdem Restschuldversicherungen. Jedoch besteht nach § 34d Abs. 8 Nr. 3 GewO keine Erlaubnis- und Registrierungspflicht, wenn Sie als Zusatzleistung im Zusammenhang mit Darlehens- und Leasingverträgen Restschuldversicherungen vermitteln, deren Jahresprämie einen Betrag von 500 Euro nicht übersteigt. Sind die Jahresprämien höher, ist die Vermittlung von Restschuldversicherungen nach § 34d Abs. 1 GewO erlaubnispflichtig.

Muss der produktakzessorische Vermittler der IHK seine Sachkunde nachweisen?

Nein. Lediglich Versicherungsmakler und Mehrfachagenten müssen im Rahmen des Erlaubnisverfahrens nach § 34d Abs. 5 Nr. 4 GewO der IHK ihre Sachkunde durch eine Sachkundeprüfung nachweisen.
Bei produktakzessorischen Vermittlern überprüft die IHK das Vorliegen der Sachkunde bzw. der angemessenen Qualifikation nicht. Nach § 34d Abs. 6 Satz 2 GewO steht bei ihnen der auftraggebende Vermittler mit Erlaubnis oder das auftraggebende Versicherungsunternehmen dafür ein, dass angemessene versicherungsspezifische Kenntnisse vorliegen. Das Gesetz trifft dazu keine Regelungen. Ein Wissensstand, der für die Sachkundeprüfung vorgeschrieben ist, wird nicht verlangt. Möglich sind hier auch interne oder externe Schulungen.
Produktakzessorische Versicherungsvermittler und die von ihnen unmittelbar bei der Vermittlung mitwirkenden Beschäftigten sind von der Weiterbildungspflicht nach § 34d Abs. 9 GewO ausgenommen.

Wie ist der Nachweis über die Berufshaftpflichtversicherung zu führen?

Nach §§ 34d Abs. 5 Nr. 3, 34d Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GewO ist eine der Voraussetzung für die Erlaubnisbefreiung das Bestehen einer Berufshaftpflichtversicherung oder einer gleichwertigen Garantie. Hierzu beachten Sie bitte unser Merkblatt „Voraussetzungen der Erlaubniserteilung nach § 34d Abs. 1 und 2 GewO“.

Wahlrecht der produktakzessorischen Versicherungsvermittler

Produktakzessorische Vermittler können unter Umständen wählen, ob sie als Mehrfachagenten, produktakzessorische Vermittler oder gebundenen Vertreter vorgehen. Von dieser Entscheidung hängt ab, ob sie als Versicherungsvertreter mit Erlaubnis, als produktakzessorischer Versicherungsvertreter mit Erlaubnisbefreiung oder als gebundener Vertreter registriert werden. Eine Doppelregistrierung ist nicht möglich!
Erläuterung: Die gebundenen Versicherungsvertreter/Ausschließlichkeitsvertreter sind für ein oder, wenn die Produkte nicht in Konkurrenz stehen, mehrere Versicherungsunternehmen tätig und bedürfen keiner Erlaubnis bzw. Erlaubnisbefreiung, wenn das/die Versicherungsunternehmen die uneingeschränkte Haftung für sie übernehmen.