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Internationale Schiedsgerichte: Streiterledigung im internationalen Geschäft

Die Wahl des anzuwendenden Rechts und des Gerichtsstands ist ein entscheidender und oft sensibler Punkt für alle Parteien in internationalen Verträgen. Schiedsgerichte stellen dabei eine effektive und häufig genutzte Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit dar, um grenzüberschreitende Rechtsstreitigkeiten beizulegen.

1. Allgemeines - Was ist ein Schiedsgericht und, warum ist es erforderlich?

Wenn Sie Verträge im Ausland schließen, sollten Sie sich auch mit der Frage auseinandersetzen, welche Gerichte im Streitfall berufen sein sollen. Denn nicht immer ist es sinnvoll auf einen ausschließlichen Gerichtsstand an Ihrem Unternehmenssitz zu bestehen. In vielen Ländern sind Urteile deutscher Gerichte weder anerkannt noch vollstreckbar (z. B. China, Russland und Saudi-Arabien). Manche Länder erkennen vereinbarte Zuständigkeiten zugunsten ausländischer staatlicher Gerichte überhaupt nicht oder zumindest nicht ausschließlich an.
Es ist daher ratsam, bereits vor dem Abschluss des Vertrags zu prüfen (lassen), ob die Einbeziehung eines Schiedsgerichts sinnvoll ist. Als private Gerichtsbarkeit kann das Schiedsgericht dann endgültig und verbindlich über Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien entscheiden. Voraussetzung hierfür ist lediglich, dass sich die Parteien (im Vorfeld) auf die Schiedsgerichtsbarkeit als Methode zur Streitbeilegung geeinigt haben.
Im internationalen Bereich ist das Fundament der Schiedsgerichtsbarkeit die New Yorker Konvention von 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedsgerichtsurteilen (UN-Übereinkommen).
Das UN-Übereinkommen, dem praktisch alle Industrienationen sowie alle wichtigen Schwellen- und Entwicklungsländer beigetreten sind (Stand 2024: 172), definiert Minimalstandards, denen Schiedssprüche genügen müssen, um international vollstreckbar zu sein.

Ein in Übereinstimmung mit der New Yorker Konvention von den Schiedsrichtern und Schiedsrichterinnen gefälltes Urteil ist international anerkannt und wird in den Mitgliedstaaten in einem schnellen Verfahren vollstreckt. Deshalb stellt heute die Schiedsgerichtsbarkeit im internationalen Handel die bevorzugte Streiterledigungsmethode dar.
Wichtig: Nur die Unterzeichnerstaaten des „New Yorker Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche" erkennen ausländische Schiedsgerichtsurteile an und ermöglichen deren Durchsetzung. Daher sollte vor Vertragsabschluss geprüft werden, ob die Vertragspartei ihren Sitz bzw. ihr Vermögen in einem Unterzeichnerstaat hat.

2. Mediation als Alternative zur gerichtlichen Streitbeilegung

Im Unterschied zur Schiedsgerichtsbarkeit ist die Mediation ein Verfahren, das darauf abzielt, Konflikte konstruktiv zu lösen und künftig zu vermeiden. Die beteiligten Parteien möchten mit der Unterstützung eines neutralen Dritten, der Mediationsperson, eine einvernehmliche Lösung finden, die ihren Bedürfnissen und Interessen gerecht wird.
Das zentrale Prinzip der Mediation ist die Eigenverantwortung der Konfliktparteien: Während die Mediationsperson den Ablauf des Verfahrens steuert, sind die Parteien selbst für den Inhalt der Lösung verantwortlich. Die vermittelnde Person hilft den Parteien lediglich dabei, eine Lösung zu erarbeiten, trifft jedoch keine Entscheidungen und gibt keine Empfehlungen zur Konfliktlösung ab.

3. Vor- und Nachteile von Schiedsgerichten

Schiedsgerichte bieten eine ganze Reihe von Vorzügen:

3.1. Vorteile

  • Flexibilität des Verfahrens: Verfahrenssprache, Verfahrensablauf und Verfahrensort (darunter virtuelle Formate) können von den Parteien selbst festgelegt werden.
  • Sachverstand des Schiedsgerichts: Da die Parteien ihre Schiedsrichter wählen, können Fachleute mit den im Einzelfall erforderlichen Rechts-, Branchen- und Sprachkenntnissen, benannt werden.
  • In der Regel: Geringere Verfahrensdauer bei nur einer Instanz (Möglichkeit des beschleunigten Verfahrens bei einer Reihe von Schiedsinstitutionen).
  • Nichtöffentlichkeit des Verfahrens: Verhandlungen finden „hinter verschlossenen Türen“ statt, sodass Verfahrensinhalte der Presse und den Wettbewerbern in der Regel nicht bekannt werden.
  • Aufgrund des New Yorker UN-Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche kann eine Vollstreckung oftmals leichter, schneller und billiger erfolgen als bei Urteilen staatlicher Gerichte.

3.2. Nachteile

  • Das Kläger-Unternehmen ist auf die Kooperation des beklagten Unternehmens angewiesen, da es weniger Zwangsmaßnahmen, wie etwa ein Versäumnisurteil gibt.
  • Hohe Kosten, denn nur wenige, hoch qualifizierte Personen sind auf dem Gebiet der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit ausgebildet.
Wichtig: Die internationale Schiedsgerichtsbarkeit gilt als eine teure Angelegenheit. Dies muss jedoch nicht immer der Fall sein. Neben weltbekannten teuren Schiedszentren gibt es etablierte Schiedsinstitutionen im mittleren Preissegment sowie günstige regionale Alternativen. Somit kann man für jede Art von Verträgen und Streitigkeiten eine angemessene Lösung finden. Oftmals stellen Schiedsinstitutionen elektronische Kostenrechner zur Verfügung, mit deren Hilfe eine Berechnung der anfallenden Gebühren auf Grundlage des voraussichtlichen Streitwertes möglich ist.

4. Schiedsklauseln

Die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts kann nur durch eine entsprechende schriftliche Vereinbarung der Parteien, die Schiedsklauseln, begründet werden. Diese definieren die Art und Weise der Streitbeilegung im internationalen Kontext. Die Ausgestaltung wirksamer Schiedsklauseln erweist sich jedoch oftmals als sehr herausfordernd. Deshalb bieten international anerkannte Schiedsinstitutionen Musterklauseln in verschiedenen Sprachen an, die in die Verträge mit aufgenommen werden können. Solche praxiserprobte Standardklauseln beinhalten die notwendigen Elemente und schlagen mögliche Ergänzungen vor.
Eine wirksame Schiedsklausel könnte beispielsweise wie folgt lauten:
„Alle Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag sind unter Ausschluss der ordentlichen Gerichtsbarkeit durch ein Schiedsgericht nach der... (Verfahrensordnung benennen) der – (Schiedsinstitution einfügen) endgültig zu entscheiden.“
Um Verzögerungen für die Durchführung des Verfahrens zu vermeiden, können die Parteien neben dem Schiedsgericht in der Klausel auch die Anzahl der Schiedsrichter und Schiedsrichterinnen, den Ort der Verhandlung und die Verhandlungssprache(n) vereinbaren:
„Das Schiedsgericht soll aus ... (einem oder drei) Schiedsrichterinnen und -richtern bestehen. Der Sitz des Schiedsverfahrens ist ... (Ort des Verfahrens). Die Sprache des Schiedsverfahrens ist ... (gewünschte Sprache/n einfügen).”
Bei der Bestimmung der Schiedsrichter und Schiedsrichterinnen kann auch deren Qualifikation vereinbart werden. Dies könnte etwa wie folgt lauten:
„Schiedsrichter/Vorsitzende muss ein - bei (Nationalität) Gerichten- zugelassener Rechtsanwalt sein, der die Schiedssprache beherrscht.“
Ergänzend kann und sollte meist auch eine Klausel zur Rechtswahl eingefügt werden:
„Es ist materielles ... Recht anzuwenden.”
Wichtig: Bei der Vereinbarung einer nationalen Rechtsordnung ist daran zu denken, dass das UN-Kaufrecht Teil vieler nationaler Rechtsordnungen ist, so auch der deutschen. Soll UN-Kaufrecht ausgeschlossen werden, muss dies ausdrücklich passieren. In aller Regel ist es aber nicht sinnvoll dies zu tun. Besser ist es, wenn Sie die Regelungen des UN-Kaufrechts auf Ihre konkreten Bedürfnisse anpassen.

5. Vollstreckung des Schiedsspruchs

In vielen Fällen bedarf es keiner Zwangsvollstreckung des Schiedsurteils, da dieses von den Vertragsparteien eher akzeptiert wird als Urteile eines staatlichen Gerichts. Grund dafür ist, dass ein Teil der Schiedsrichter und Schiedsrichterinnen selbst bestimmt und aufgrund der speziellen Fachkenntnisse ausgesucht wurde.
Sollte dennoch einmal die zwangsweise Durchsetzung des ergangenen Urteils erfolgen müssen, regelt das New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche das Verfahren der direkten Vollstreckbarkeit. In den 172 Mitgliedsstaaten, die dem Abkommen beigetreten sind, ist die Vollstreckung von Schiedssprüchen in einem schnellen und unkomplizierten Verfahren möglich.
Die Anerkennung erfolgt dabei ohne eigenes Verfahren, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen. Hingegen durchläuft die Vollstreckbarerklärung ein gesondertes Verfahren vor dem im Vollstreckungsland zuständigen Gericht. Einzelheiten zum Antrag, den vorzulegenden Unterlagen und zu möglichen Ablehnungsgründen sind im Abkommen geregelt.

6. Einzelne Schiedsverfahren

In aller Regel werden die Parteien eines Vertrags vereinbaren, dass eventuelle Streitigkeiten von einem Schiedsgericht entschieden werden, das dauerhaft von einer Institution unterhalten wird. Sogenannte Ad-hoc-Schiedsgerichte sind eher selten, da die Parteien in diesem Fall das Verfahren vollständig selbst festlegen und administrieren müssen.
Die Mehrheit der Verfahren findet daher vor institutionellen Schiedsgerichten statt, welche durch die meist große Anzahl an Verfahren über einen großen Erfahrungsschatz verfügen. Eine Schiedsinstitution stellt eine Schiedsordnung – in meist mehreren Sprachen – zur Verfügung und schafft damit einen Verfahrensrahmen. Neben Musterklauseln bietet eine Schiedsinstitution dabei auch folgende Dienste an:
  • Überprüfung des Streitwertes
  • Ernennung von Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern (Ersatzernennung)
  • Entscheidung über Ablehnungsgesuche gegen Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern
  • Verwaltung von Kostenvorschüssen
  • Zustellung der Schiedsklage und des Schiedsspruchs
  • Darüber hinaus ist sie Ansprechpartnerin für Parteien und Schiedsrichterinnen und -richter in jeder Phase des Schiedsverfahrens.
Die wohl bekannteste und weltweit führende Schiedsgerichtsinstitution ist der Internationale Schiedsgerichtshof der Internationalen Handelskammer (ICC) in Paris. Oft angerufen wird auch die Swiss Chambers Arbitration Institution (SIAC), das Hong Kong International Arbitration Centre (HKIAC) und der London Court of International Arbitration (LCIA).
Daneben gibt es aber eine Reihe weiterer international anerkannter Schiedsinstitutionen, die nachfolgend – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – aufgeführt werden:
Die Wahl der Schiedsinstitution hängt dabei von einer Vielzahl von Faktoren ab, darunter, der Schiedsort und damit anwendbares Recht sowie besondere Fachkenntnisse bzw. Spezialisierung auf bestimmte Rechtsgebiete. Auch Unterschiede in der Höhe der Verwaltungsgebühren und Schiedshonorare können über die Auswahl einer Schiedsinstitution bestimmen.
Wichtig: Niedrige Kosten sind nicht immer nur positiv: es kann schwierig werden, erfahrene Fachleute für ein unterdurchschnittlich bezahltes Schiedsrichtermandat zu gewinnen. Allerdings können regionale Schiedsgerichte, die aufgrund geringerer Gebühren und ihrer lokalen Spezialisierung eine kostengünstigere Alternative darbieten.
Beispiele für regionale Schiedsgerichte sind:
- Asian International Arbitration Centre (AIAC) in Kuala Lumpur
- Cairo Regional Centre for International Commercial Arbitration (CRCICA)
- The Danish Institute of Arbitration (DIA) in Kopenhagen
- The Finland Arbitration Institute (FIA) in Helsinki
- The International Commercial Arbitration Court in Moskau
- The International Commercial Arbitration Court in Kiew

7. Das Schiedsgerichtsverfahren als Videokonferenz

Im Hinblick auf geringere Postlaufzeiten, Reisezeit und Kosten kommt in letzter Zeit vermehrt die Frage auf, ob Schiedsverfahren grundsätzlich auch als Videokonferenz durchführbar sind.
Schiedsverfahren sind deutlich mehr durch die Privatautonomie der Parteien geprägt als staatliche Gerichtsverfahren. Deswegen ist es denkbar, das Verfahren vollständig digital abzuwickeln. Gängige internationale Schiedsinstitutionen wie ICC, LCIA, HKIAC, SIAC, SIDRC oder AAA bieten schon seit längerer Zeit virtuelle Kommunikationsformen an. Im März 2020 veröffentlichten “Seoul Protocol on Video Conferencing in International Arbitration” gemeinhin anerkannte Durchführungsmethoden und technische Mindeststandards für den Einsatz digitaler Techniken.
Doch die Digitalisierung hat ihre Grenzen. Zwingende Leitplanken sind die grundsätzlich in allen internationalen Schiedsgerichtsordnungen verankerten Prinzipien des rechtlichen Gehörs und der Gleichbehandlung aller Parteien. So muss zum Beispiel garantiert werden, dass keine Partei mit unverhältnismäßigem technischem Aufwand belastet wird, dass bezeugende Personen neutral befragt werden und dass plädierende Anwältinnen und Anwälte Augenkontakt zu den Richterinnen und Richtern haben können und jederzeit leicht verständlich sind.
Im Hinblick auf ein konkretes Verfahren spielt vorrangig die zwischen den Parteien vereinbarte Schiedsgerichtsvereinbarung eine entscheidende Rolle. Die Durchführung des Verfahrens als Videokonferenz kommt nur dann in Betracht, wenn kein ausdrücklicher Ausschluss vereinbart wurde oder sich bei Auslegung des Vertrages kein solcher Ausschluss ergibt. Umstritten ist derzeit noch, ob für eine virtuelle mündliche Verhandlung immer die ausdrückliche Zustimmung aller Parteien erforderlich ist oder ob eine solche Zustimmung auch einseitig - möglicherweise gegen den Willen einer Partei - vom Schiedsgericht angeordnet werden kann. Schiedsgerichte werden sich derzeit insofern bemühen, eine einvernehmliche Vorgehensweise mit den Parteien abzustimmen.