IHKplus 3.2024 | Einblick

Sachverständige: Fairness als Geschäftsmodell

Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige geben Orientierung, wenn schwierige fachliche Konfliktfälle einzuschätzen sind.
Ob es um Schäden an Gebäuden geht, um den Wert historischer Musikinstrumente, um die Rekonstruktion von Verbrechen oder unterschiedliche Einschätzungen dazu, wie ein Auftrag abzuwickeln gewesen wäre: In vielen Situationen des Lebens und des geschäftlichen Alltages stellt sich die Frage, wer Recht hat. Dann kann die Einschätzung einer fachlich kompetenten, unparteiischen Person wesentlich dazu beitragen, Klarheit zu gewinnen und Konflikte zu lösen.
Genau das ist die Aufgabe von Sachverständigen: Sie stellen ihr Wissen zur Verfügung, analysieren Sachverhalte und schaffen dadurch die Voraussetzung für faire, transparente Entscheidungen. Das kann in Streitfällen vor Gericht erforderlich sein, aber nicht nur: Sachverständige können durch ihre Expertise auch außergerichtliche Einigungen ermöglichen oder beispielsweise Gutachten erstellen, auf deren Grundlage sich Kaufpreise ermitteln lassen.

Qualität mit Stempel

Grundsätzlich kann jeder sich „Sachverständiger“ nennen. Als erste Liga unter ihnen gelten die öffentlich bestellten und vereidigten (öbuv) Sachverständigen, deren Prüfung – so sieht es die Gewerbeordnung vor – unter anderem der IHK obliegt. Die Zivilprozessordnung legt fest, dass Gerichte nur öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige zu Rate ziehen sollten. Auch abseits von Gerichtsverfahren haben diese eine besondere Reputation. Ob jemand die hohen inhaltlichen und persönlichen Anforderungen erfüllt, die an öffentlich bestellte Sachverständige gerichtet werden, prüft neben entsprechenden Fachgremien in Köln auch der Sachverständigenausschuss der IHK, dem Rainer Krauß vorsitzt, Geschäftsführer der Greif & Contzen Immobilienverwaltungsgesellschaft mbH.
Etwa 270 unterschiedliche Sachgebiete gibt es im Sachverständigenwesen der deutschen Industrie- und Handelskammern. Nicht jede Fachprüfung kann vor jeder Kammer abgenommen werden, aber eine öffentliche Bestellung hat bundesweit Gültigkeit.
Im ersten Schritt wird auf der Grundlage von Zeugnissen, Zertifikaten von Fortbildungen und bereits erstellten Gutachten die fachliche Eignung hinterfragt. Zusätzlich werden, mit Blick auf die persönliche Eignung, die wirtschaftliche Situation und das polizeiliche Führungszeugnis geprüft. Die persönliche Integrität setzt weiter Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Weisungsfreiheit voraus. Wer sich qualifiziert hat und vereidigt wird, darf fortan einen Rundstempel verwenden, der ein besonderes Qualitätsmerkmal ist. Er steht für Expertise, die auch über die von Fachleuten weit hinausgeht und auch für die Fähigkeit, Einschätzungen laienverständlich formulieren zu können. Das ist beispielsweise wichtig, damit vor Gericht Urteile darauf gestützt werden können.

50 Jahre Institut für Sachverständigenwesen

Vor genau 50 Jahren wurde das Institut für Sachverständigenwesen von neun IHKs und dem DIHK gegründet. Zeitweise hatte es seine Hauptgeschäftsstelle bei der IHK Köln. Das IfS unterstützt die öbuv Sachverständigen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit, die Bestellungskörperschaften bei der Aus- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter und bei der Überprüfung der besonderen Sachkunde der öbuv Sachverständigen.
Im internationalen Vergleich ist die öffentliche Bestellung eine Besonderheit, da es in vielen Ländern üblich ist, dass Sachverständige parteiisch sind und im Streitfall jede Seite einen eigenen Sachverständigen konsultiert. Die öbuv Sachverständigen hingegen sind zur Neutralität verpflichtet. Das Institut ist bundesweit tätig und wird getragen von unterschiedlichen Kammern, darunter auch Kammern der Ingenieure, Architekten, der Landwirtschaft und des Handwerks, sowie Sachverständigenverbänden und -organisationen sowie Einzelmitgliedern
IHK-PODCAST KAMMERSUTRA
Erfahren und vertrauenswürdig: In Folge 39 unseres IHK-Podcasts dreht sich alles um die öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen.