Sachverständigenwesen
Die öffentliche Bestellung von Sachverständigen
Allgemeines
Die Bezeichnung „Sachverständige/r" ist in Deutschland nicht geschützt. Die Folge: Auch Gutachterinnen und Gutachter ohne nachweisliche Qualifikation können sich als Sachverständige bezeichnen. Um besonders sachkundige und persönlich geeignete Sachverständige von solchen Anbietenden abzugrenzen, sieht die Gesetzgebung die öffentliche Bestellung und Vereidigung vor.
Die Gesetzgebung hat mit dieser Aufgabe die Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft, das heißt Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Landwirtschaftskammern und in zahlreichen Bundesländern auch Architekten- und Ingenieurkammer betraut.
Durch die öffentliche Bestellung wird den Sachverständigen eine herausgehobene Qualifikation, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit bescheinigt. Um sie zu erhalten, müssen sich die Sachverständigen einem aufwändigen und qualitativ hochwertigen Überprüfungsverfahren unterziehen.
Auch während ihrer Tätigkeit steht ihre Arbeit unter der ständigen Aufsicht der für sie zuständigen Bestellungskörperschaft. Das bedeutet auch, dass bereits bestellte Sachverständige diesen Status wieder verlieren können, wenn ihre Qualifikation nicht mehr den Anforderungen genügt oder begründete Zweifel an ihrer persönlichen Eignung aufkommen.
Werden Sie jetzt öffentlich bestellte/r und vereidigte/r Sachverständige/r! Hier erfahren Sie, welche Unterlagen Sie mit Ihrem Antrag vorlegen müssen und wie das Bestellungsverfahren konkret abläuft.
Rechtliche Grundlagen
Die Industrie- und Handelskammer zu Köln ist wie die anderen Industrie- und Handelskammern gemäß § 36 Gewerbeordnung und ergänzenden landesrechtlichen Vorschriften für die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen in wirtschaftlichen und technischen Bereichen zuständig. Die Anforderungen an die Sachverständigen und ihre Pflichten sind in der Sachverständigenordnung der IHK Köln geregelt.
Bestellungszweck
Die öffentliche Bestellung ist die Zuerkennung einer besonderen Qualifikation. Sie ist keine Zulassung zu einem Beruf und auch nicht Voraussetzung für die Sachverständigentätigkeit. Sie soll Gerichten, Behörden, der Wirtschaft und der Allgemeinheit besonders zuverlässige, glaubwürdige und auf einem bestimmten Sachgebiet überdurchschnittlich sachkundige und erfahrene Personen zur Verfügung stellen, wenn ein Bedarf dafür besteht. Die öffentliche Bestellung erleichtert die Suche nach sachlich und persönlich besonders geeigneten Sachverständigen. Diese werden von der IHK Köln unter strengen Kriterien überprüft und überwacht.
Bestellungsvoraussetzungen
Die öffentliche Bestellung und Vereidigung erfolgt auf Antrag. Diesem kann nur entsprochen werden, wenn:
- für das Sachgebiet, für das eine öffentliche Bestellung beantragt wird, ein Bedarf an Sachverständigenleistungen besteht;
- die antragstellende Person eine Niederlassung als Sachverständige/r in Deutschland unterhält. Örtlich zuständig ist die IHK, in deren Bezirk sich die Niederlassung bzw. bei mehreren der Mittelpunkt der Sachverständigentätigkeit befindet. Für den Antrag von Sachverständigen aus einem anderen Mitgliedsstaat der EU oder aus einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, die noch nicht über eine Niederlassung in Deutschland verfügen, besteht die Zuständigkeit der entsprechenden IHK bereits dann, wenn beabsichtigt ist, dort eine Niederlassung zu errichten;
- ausreichende Lebens- und Berufserfahrung vorhanden ist;
- die Sachverständigen über die erforderliche geistige und körperliche Leistungsfähigkeit entsprechend den Anforderungen des beantragten Sachgebietes verfügen;
- die antragstellende Person nachweist, dass sie über einschlägige Kenntnisse des deutschen Rechts und die Fähigkeit zur verständlichen Erläuterung fachlicher Feststellungen und Bewertungen verfügt und
- die Gewähr für Unparteilichkeit und Unabhängigkeit sowie für die Einhaltung der Pflichten öffentlich bestellter Sachverständigen geboten wird;
- geordnete wirtschaftliche Verhältnisse gegeben sind;
- die zur Ausübung der Tätigkeit als öffentlich bestellte Sachverständige erforderlichen Einrichtungen verfügbar sind;
- erheblich über dem Durchschnitt liegende Fachkenntnisse, praktische Erfahrung und die Fähigkeit, Gutachten zu erstatten und andere Sachverständigenleistungen wie z. B. Beratungen und Überwachungen zu erbringen, nachgewiesen werden;
- keine Bedenken gegen die Eignung bestehen.
Besondere Sachkunde
Die besondere Sachkunde auf dem betreffenden Sachgebiet ist durch die bewerbende Person zur Überzeugung der Industrie- und Handelskammer nachzuweisen. Es sind erheblich über dem Durchschnitt liegende Kenntnisse, Fähigkeiten und praktische Erfahrungen auf dem betreffenden Sachgebiet erforderlich. Die ordnungsgemäße Ausübung des Berufs ist noch kein ausreichender Nachweis besonderer Sachkunde.
Eine nähere Konkretisierung enthalten die fachlichen Bestellungsvoraussetzungen, die es für eine Reihe von besonders bedeutenden Sachgebieten gibt und auf die wir besonders hinweisen (abrufbar auf der Internet-Seite des bundesweiten Sachverständigenverzeichnisses (unter Bestellungsvoraussetzungen) oder auf der Internet-Seite des Instituts für Sachverständigenwesen e. V. (Ifs) (Publikationen, Bestellungsvoraussetzungen).
Zur besonderen Sachkunde gehört auch und besonders die Fähigkeit, das Fachwissen in Gutachtenform so darzustellen, dass die Ergebnisse und Überlegungen nachvollziehbar sind. Nachvollziehbarkeit bedeutet, das Gutachten so aufzubauen und zu begründen, dass eine fachfremde Person es verstehen und auf Plausibilität überprüfen sowie ein Fachkraft die Gedankengänge und Argumente der Sachverständigen, die zu einem Ergebnis beziehungsweise einer bestimmten Meinung führen, im Einzelnen überprüfen kann. Ausdrucksfähigkeit ist ebenso Inhalt der besonderen Sachkunde wie die Kenntnis und Berücksichtigung der für die Gutachtertätigkeit wichtigen rechtlichen Rahmenbedingungen (zum Beispiel gerichtliche Verfahren).
Verfahren
Das Verfahren wird durch einen schriftlichen Antrag eingeleitet, der bei der IHK einzureichen ist. In dem Antrag ist das Sachgebiet genau zu bezeichnen, für das die antragstellende Person vereidigt werden will. Es empfiehlt sich, vor Antragstellung die Bezeichnung des Sachgebietes mit der IHK zu erörtern (Liste der öffentlich bestellten Sachverständigen mit den jeweiligen Sachgebieten).
Der Nachweis der besonderen Qualifikation kann durch Vorlage erstatteter Gutachten auf dem beantragten Sachgebiet und gegebenenfalls weiterer Unterlagen, wie Ausarbeitungen, Veröffentlichungen, Aufsätze und so weiter, durch Einholung von Referenzen etc. erbracht werden.
In den meisten Fällen wird die IHK die Einschaltung eines Fachgremiums empfehlen. Bei dem hierfür besonders eingerichteten unabhängigen Fachgremium wird dann durch eine schriftliche und/oder mündliche Überprüfung der Nachweis der besonderen Sachkunde erbracht.
Antragsunterlagen
Um die notwendigen Erklärungen und Informationen zu erhalten, haben wir aus Zweckmäßigkeitsgründen einen Antragsbogen und Personalbogen entwickelt. Dem Antrag sind unter anderem hinzuzufügen:
- tabellarischer Lebenslauf
- ausführliche Tätigkeitsbeschreibung (beruflicher Werdegang) bezogen auf das beantragte Sachgebiet
- eine Liste aller in den letzten drei Jahren vor Antragstellung erstellter Gutachten auf dem beantragten Sachgebiet
- Durchschriften von mindestens drei Gutachten/Arbeitsproben für jedes beantragte Sachgebiet Bitte beachten: Nähere Angaben zur erforderlichen Anzahl und zum Inhalt der einzureichenden Gutachten ergeben sich aus den fachlichen Bestellungsvoraussetzungen zum jeweiligen Sachgebiet. Die Gutachten sollten nicht älter als drei Jahre sein und zum Nachweis Ihrer besonderen Sachkunde geeignet sein. Falls das Einverständnis der jeweiligen Auftraggebenden zur Weitergabe des Gutachtens im Rahmen des Antragsverfahrens nicht eingeholt werden kann, sind die Gutachten in anonymisierter Form einzureichen
- Referenzliste mit der Angabe von fünf bis zehn Personen, die Auskunft über Ihre persönliche Eignung, besondere Sachkunde und die Gewähr der Unparteilichkeit geben können. Bitte nicht selber anschreiben, nur benennen. Personen, mit denen Sie persönlich verbunden sind oder die keine aussagekräftige Referenz erstellen können, sollten in der Regel nicht benannt werden. Bitte vollständigen Namen, Anschrift, berufliche Funktion/Stellung angeben
- Teilnahmebestätigungen über den Besuch von Fortbildungsveranstaltungen im beantragten Sachgebiet
- Nachweis über den Besuch von Seminaren zu den notwendigen allgemeinen Rechtskenntnissen (Tätigkeit als Gerichts-, Privat- und Schiedsgutachter)
- Kopien aller antragsrelevanter Zeugnisse, Diplome, Arbeitszeugnisse oder sonstiger Urkunden, insbesondere über die Berechtigung zur Führung akademischer Titel oder Grade oder sonstiger Berufsbezeichnungen
- aktuelles polizeiliches Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde
- aktuelle steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes
- bei arbeitnehmenden Personen: Freistellungserklärung des Arbeitsgebenden/Dienstaufsichtsperson (Vordruck)
- Erklärung zu den wirtschaftlichen Verhältnissen und der persönlichen Zuverlässigkeit (Vordruck)
Antrag öffentliche Bestellung (PDF-Datei · 113 KB)
Erklärung (PDF-Datei · 104 KB)
Freistellungserklärung (PDF-Datei · 104 KB)
Personalbogen öffentliche Bestellung (PDF-Datei · 170 KB)
Kostenhinweise
Nach der Gebührenordnung der IHK Köln beträgt die Gebühr für die Bearbeitung eines Antrages auf Erstbestellung als Sachverständige/r 1.200,00 Euro.
Die durch die Überprüfung des Antrages, insbesondere durch Einschaltung der Fachgremien, anfallenden besonderen Auslagen sind zusätzlich zur Gebühr zu erstatten (beziehungsweise schon vorher durch einen Auslagenvorschuss abzudecken).
Auskunft
In diesem Merkblatt kann nicht jede Besonderheit eines Einzelfalls berücksichtigt werden. Für ergänzende Auskünfte im Zusammenhang mit der öffentlichen Bestellung steht Ihnen die Industrie- und Handelskammer zu Köln gerne zur Verfügung.
Bevor Sie einen Antrag auf öffentliche Bestellung als Sachverständige/r stellen, raten wir Ihnen, sich auf jeden Fall mit uns in Verbindung zu setzen.