Energieversorgung: Bedarf steigt, Netz fehlt
Für eine stabile Stromversorgung braucht es eine stabile Stromzufuhr ohne Schwankungen. Und stabile Netze. Realisierung? Ungewiss.
Erneuerbare Energien sollen Kohlestrom und Atomkraft ersetzen. Eine klimafreundliche Vision, die jedoch zwei große Probleme mit sich bringt: Die Netzschwankungen bei der Einspeisung und die Fertigstellung der Verteilnetze.
Schwankungen sind ein Risiko
Zum Thema Netzschwankungen: Bei Windkraftanlagen zum Beispiel kann die Leistung innerhalb von Sekunden um die Hälfte abfallen oder steigen, und das allein steuerungstechnisch bedingt, ohne Veränderungen der Windstärke. Bei Solaranlagen entspricht die jeweils aktuelle Leistung nur selten dem örtlichen Bedarf. Dementsprechend braucht es starke Netze, um den Strom dahin zu bringen, wo er gerade gebraucht wird. Und es braucht Zwischenspeicher ebenso wie Gaskraftwerke, um Schwankungen ausgleichen zu können.
Energieintensive Unternehmen sind jedoch darauf angewiesen, dass der Strom gleichmäßig fließt. Bereits kleine Schwankungen können die Produktion gefährden und müssen aufwendig von den Betrieben selbst abgesichert werden.
Das führt direkt zu Problem Nummer zwei: Das heutige Stromnetz in Deutschland reicht dafür bei weitem nicht aus, denn Leitungen, Kraftwerke und Speicher fehlen. Damit ist eine sichere Stromversorgung nicht gewährleistet.
Netzengpässe sind programmiert
Dabei hören sich die Vorzeigeprojekte gut an: Windenergie von der Küste, die zwei Millionen Menschen im Westen und Süden Deutschlands mit Strom versorgt. Mit der 2023 begonnenen Trasse A-Nord soll das in Zukunft möglich sein. Die Gleichstromverbindung, die 2027 in Betrieb gehen soll, ist eines der zentralen Projekte für den Ausbau der Übertragungsnetze.
Aber reicht das aus, um den Ausstieg aus der Kohleverstromung ab 2030 zu kompensieren? Eine Aussage des A-Nord-Betreibers Amprion spricht indirekt und doch eindeutig dagegen: „Mit der Inbetriebnahme von A-Nord dämpfen wir die bundesweiten Kosten für Netzengpässe um rund 700 Millionen Euro pro Jahr“. Was zunächst positiv klingt, bedeutet, dass es Engpässe geben wird, selbst wenn der Ausbau wie geplant stattfindet. Und das deckt sich mit dem Fazit einer Studie des Energiewirtschaftlichen Instituts (EWI) in Köln. Trotz Netzausbaus steigen demnach „Maßnahmen zur Behebung von Netzengpässen“ weiterhin deutlich an.
Mindestens acht Gaskraftwerke notwendig
Welche Folgen das löchrige Netz schon heute hat, stellt unter anderem das Umweltbundesamt deutlich fest: „In einigen Regionen kann nicht mehr zu jeder Zeit der Strom aus erneuerbaren Energien vollständig abgenommen und übertragen werden.“ In der Konsequenz bedeutet dies, dass ein weiterer Ausbau der Erneuerbaren nichts bringt, solange nicht das Netz massiv ertüchtigt wird. Und selbst dann muss für Engpässe vorgesorgt werden. Die Forschenden des EWI rechnen damit, dass allein in Nordrhein-Westfalen zusätzlich acht bis 15 Gaskraftwerke gebaut werden müssen, um die Stromversorgung auch nach dem Kohleausstieg sicherzustellen.
Auch diese Kraftwerke müssen an das Übertragungsnetz angeschlossen werden. Und neben diesem Höchstspannungsnetz wiederum muss im Verteilnetz, das bis hinunter auf die Niederspannungsebene für private Haushalte oder kleine Gewerbebetriebe reicht, ein stabiles Gleichgewicht zwischen Einspeisung und Verbrauch erreicht werden. Eine komplexe Aufgabe für die Betreiberinnen der regionalen Netze, im IHK-Bezirk die RheinEnergie-Tochter RNG (Rheinische NETZGesellschaft) und das Unternehmen Westnetz.
Ausbau stockt
„Auf die Netzführung im Verteilnetz kommen durch die vielen wetterabhängigen Erzeugungsanlagen neue anspruchsvolle Aufgaben zu, um die Systemstabilität im Stromnetz aufrechtzuerhalten“, bestätigt Dr. Ulrich Groß, einer der beiden Geschäftsführer der RNG. Zugleich steige der Strombedarf: „Allein in den nächsten zehn Jahren erwarten wir durch zusätzliche Anforderungen wie Elektroautos, Wärmepumpen, aber auch die Elektrifizierung von Prozessen beim Gewerbe sowie bei der Industrie, eine deutliche Steigerung der Leistungsanforderungen um das 1,5- bis 2-fache“, sagt Groß. Dies alles bringe Herausforderungen mit sich, „die es bisher so nicht gab“, verschärft durch bekannte Probleme wie Fachkräftemangel, Materialengpässe, fehlende Dienstleistungsunternehmen.
„Die gesamte Zeitspanne, die der Ausbau insbesondere der Verteilnetze benötigt, weicht in der Realität leider von den politischen Zeitvorstellungen ab. Der Ausbau der erneuerbaren Energien, der Ausstieg aus der Kohleverstromung und der Ausbau der Verteilnetze müssen Hand in Hand gehen. Die verbleibenden sechs Jahre werden dafür kaum ausreichen“, sagt Christian Vossler, Energieexperte der IHK Köln. Er gibt zu bedenken, dass „durch die Wärmewende und die notwendige Versorgung der Industrie mit Wasserstoff die Herausforderungen beim Infrastrukturausbau nochmals um ein Vielfaches steigen“.
Gigantische Kosten
Insgesamt sind die Kosten gigantisch: Nach aktueller Studienlage werden für die Stromnetze Investitionen in Höhe von 496 Mrd. Euro notwendig. Hinzu kommen dann noch ca. 35 Mrd. für das Wasserstoffnetz und 20 Mrd. für das Fernwärmenetz.
Nicht zuletzt geht es auch um zähe Verwaltungsprozesse. Die Netzgesellschaft RNG sieht hier eines der größten Hindernisse für den Ausbau: „Um in der erforderlichen Geschwindigkeit den Netzumbau und -ausbau durchführen zu können, brauchen wir effiziente und schnellere Genehmigungsverfahren durch die Behörden sowie eine Verzahnung zwischen den einzelnen Genehmigungsbehörden.“
IHK-INFOS ZUM THEMA ENERGIE
Auf unserer Internetseite finden Sie zahlreiche Informationen rund um das Thema Energie sowie die Positionen der IHK Köln zur Energiepolitik.
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Kontakt
Industrie- und Handelskammer zu Köln
Unter Sachsenhausen 5–7
50667 Köln
Tel: 0221 1640-0
E-Mail: service@koeln.ihk.de
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