Ausbildung
Krankheit (Arbeitsunfähigkeit)
Auszubildende müssen den Betrieb unverzüglich benachrichtigen, wenn sie arbeitsunfähig sind. Das erfordert im Regelfall eine telefonische Nachricht zu Beginn der betrieblichen Arbeitszeit am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit.
Die Auszubildenden müssen dabei mitteilen, dass und wie lange sie voraussichtlich arbeitsunfähig sind (§ 5 Abs. 1 EFZG).
Angaben über die Art oder Ursache der Arbeitsunfähigkeit müssen die Azubis nicht machen. Etwas anderes gilt nur bei ansteckenden Krankheiten, vor denen der Arbeitgeber Mitarbeiter und Kunden schützen muss.
Die Mitteilung kann auch per Fax, SMS oder E-Mail sowie durch Boten (Angehörige oder Arbeitskollegen) erfolgen. Allerdings trägt der Auszubildende hier die Verantwortung, wenn die Nachricht nicht, zu spät oder falsch ankommt.
Die verspätete Anzeige hat keinen Einfluss auf den Fortzahlungsanspruch der Ausbildungsvergütung (BAG DB 1971, 2265), kann aber nach Abmahnung im Wiederholungsfall zur Kündigung führen.
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Der Betrieb ist seit dem 1. Januar 2023 verpflichtet, am Meldeverfahren zur elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) teilzunehmen. Der „gelbe Schein“ wird somit digital. Das bedeutet, dass keine AU-Bescheinigung auf Papier vom Auszubildenden mehr vorgelegt werden muss. Dein Arbeitgeber muss die von deinem Arzt bescheinigten Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bei deiner Krankenkasse abrufen.
Die Krankenkasse übermittelt dem Arbeitgeber folgende Informationen:
- den Namen der versicherten Person
- den Beginn und das Ende der Arbeitsunfähigkeit
- die Kennzeichnung als Erst- oder Folgemeldung
Der Arbeitgeber erfährt nicht, welcher Arzt oder welche Ärztin krankgeschrieben hat und welche Diagnosen gestellt wurden.
Der Betrieb kann von seinen Auszubildenden aber auch schon früher, zum Beispiel am ersten Krankheitstag, eine ärztliche Bescheinigung verlangen (§ 5 Abs. 1 S. 3 EFZG). Ausbildende können das – ohne Mitwirkung des Betriebsrates – jederzeit verlangen. Eine Begründung ist dafür nicht erforderlich.
Wenn ein Arbeitgeber generelle Regelungen trifft, sind diese – sofern ein Betriebsrat besteht – mitbestimmungspflichtig.
Wenn ein Arbeitgeber generelle Regelungen trifft, sind diese – sofern ein Betriebsrat besteht – mitbestimmungspflichtig.
Bei Erkrankung im Ausland genügt die Zusendung per E-Mail oder Fax, wenn das Original auf dem Postweg nachgesandt wird.
Wenn die Arbeitsunfähigkeit länger dauert, als in der ersten ärztlichen Bescheinigung angegeben, muss eine erneute ärztliche Bescheinigung vorgelegt werden.
Auch diese muss spätestens am ersten Arbeitstag nach dem dritten Kalendertag der noch nicht bescheinigten Arbeitsunfähigkeitsdauer vorliegen (§ 5 Abs. 1 S. 4 EFZG).
Auch diese muss spätestens am ersten Arbeitstag nach dem dritten Kalendertag der noch nicht bescheinigten Arbeitsunfähigkeitsdauer vorliegen (§ 5 Abs. 1 S. 4 EFZG).
Fortzahlung der Vergütung
Wenn der/die Auszubildende arbeitsunfähig erkrankt ist, hat er/sie bis zur Dauer von sechs Wochen einen Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung in voller Höhe (§ 19 Abs. 1 Nr. 2b BBiG, § 5 EFZG).
Welche Sanktionsmöglichkeiten hat der Arbeitgeber?
Der Arbeitgeber kann die Fortzahlung der Ausbildungsvergütung solange verweigern, bis der Auszubildende seine Arbeitsunfähigkeit nachgewiesen hat – entweder durch Vorlage der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung oder durch jedes andere zulässige Beweismittel (BAG 01.10.1997 - 5 AZR 726/96).
Der Arbeitgeber hat also kein endgültiges Leistungsverweigerungsrecht, sondern nur ein Zurückbehaltungsrecht
(§ 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG).
(§ 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG).
Wenn der/die Auszubildende die Arbeitsunfähigkeit schließlich nachgewiesen hat, muss der Betrieb rückwirkend ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit zahlen. Eine Kürzung um die Tage, an denen die Bescheinigung nicht vorgelegen hat, ist nicht zulässig.
Bei wiederholter Nichtvorlage oder verspäteter Vorlage kann der Arbeitgeber nach vorheriger Abmahnung des Ausbildungsverhältnisses – je nach Lage des Falles - kündigen.
Was passiert nach Ablauf der sechswöchigen Entgeltfortzahlungspflicht?
Nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums erhält der Auszubildende für längstens 78 Wochen in 3 Jahren Krankengeld von der Krankenkasse in Höhe von 70 Prozent der Bruttovergütung, maximal aber 90 Prozent der Nettovergütung (§ 44 SGB V).
Muss die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch nach Ablauf der sechswöchigen Entgeltfortzahlungspflicht vorgelegt werden?
Jeder Auszubildende ist auch nach Ablauf der sechswöchigen Entgeltfortzahlung verpflichtet, seinem Arbeitgeber bei Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Arbeitsunfähigkeits-Folgebescheinigung vorzulegen (LAG Köln, 2.11.1988, 2 Sa 850/88, DB 1989, 1294). Der/die Auszubildende kann seine noch andauernde Erkrankung dann auch mit dem Auszahlungsschein der Krankenkasse nachweisen.
Versäumt der/die Auszubildende dies, kann der Arbeitgeber ihm eine Abmahnung aussprechen und im Wiederholungsfall – je nach Lage – kündigen.
Gibt es eine Entgeltfortzahlung bei wiederholter Krankheit?
Jede neue Krankheit löst einen neuen Entgeltfortzahlungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber für die Dauer von maximal sechs Wochen aus.
Etwas anderes gilt hier nur gem. § 3 Abs.1 S. 2 Nr.1 EFZG dann, wenn
- zwischen zwei Zeiträumen der Arbeitsunfähigkeit mehr als 6 Monate vergangen sind oder
- 12 Monate seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit verstrichen sind.
Kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei selbst verschuldeter Arbeitsunfähigkeit
Bei einer selbst verschuldeten Arbeitsunfähigkeit besteht kein Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Entgeltfortzahlung (§ 19 Abs. 1 Nr. 2b BBiG, § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG).
Verschulden liegt in der Regel dann vor, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen grob fahrlässigen Verstoß gegen
- berufsgenossenschaftliche Unfallverhütungsvorschriften
- wesentliche Verhaltenspflichten des Betriebes oder
- Straßenverkehrsregeln
verursacht wurde.
Für das Verschulden des Auszubildenden ist der Betrieb darlegungs- und beweispflichtig.
Anfechtung durch Arbeitgeber
Muss sich der Auszubildende bei Arbeitsunfähigkeit zu Hause aufhalten?
Die Arbeitsunfähigkeit bedeutet nicht zwingend, dass Auszubildende sich zu Hause aufhalten müssen. Sie dürfen aber nichts tun, was die Genesung verzögert oder gefährdet.
Kann der Arbeitgeber eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung anfechten?
Grundsätzlich beweist eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, dass der/die Auszubildende tatsächlich arbeitsunfähig ist.
Wenn der Ausbildende das Attest nicht anerkennen will, muss er berechtigte Zweifel an der Arbeitsunfähigkeitserklärung vorbringen.
Folgende Indizien können den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttern:
- Ankündigung der Arbeitsunfähigkeit durch Auszubildende
- Androhung der Arbeitsunfähigkeit im Falle der Nichterteilung von Urlaub
- Attestierung beruht nicht auf einer ärztlichen Untersuchung,
- Auszubildende verrichten Schwarzarbeit oder arbeiten ganztägig beim Eigenheimbau
- häufiger Arztwechsel
- Rückdatierung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung um mehr als 2 Tage
- kein Praxisstempel oder keine Unterschrift des Arztes/der Ärztin
- Auffällig häufige oder nur kurze Arbeitsunfähigkeit
- Beginn der Arbeitsunfähigkeit fällt häufig auf einen Arbeitstag am Beginn oder am Ende einer Woche,
- Die Arbeitsunfähigkeit wurde von einem Arzt festgestellt, der durch die Häufigkeit der von ihm ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen auffällig geworden ist.
Bestehen solche Zweifel, kann der Arbeitgeber die Krankenkasse des/der Auszubildenden mit einer Untersuchung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen beauftragen (§ 275 Abs. 1 Nr. 3 b SGB V). Dieser Auftrag zur Begutachtung muss vom Medizinischen Dienst innerhalb von drei Tagen durchgeführt werden.
Kündigung bei Krankheit
Auszubildenden kann auch während einer Krankheit gekündigt werden. Die Krankheit verhindert nicht, dass eine Kündigung aus anderem Grund (zum Beispiel verhaltensbedingte Kündigung wegen unentschuldigtem Fehlen in der Berufsschule) wirksam wird.
Der Betrieb kann dem Auszubildenden aber wegen einer Krankheit grundsätzlich nicht kündigen.
Kündigung bei Langzeiterkrankungen
Bei Langzeiterkrankungen kann gekündigt werden, wenn
- feststeht, dass die Eignung für den Ausbildungsberuf infolge der Krankheit (zum Beispiel Allergien) dauerhaft entfallen ist
- oder mit einer Gesundung innerhalb der Ausbildungszeit nicht zu rechnen ist. Dies ist der Fall, wenn in den nächsten 24 Monaten nicht mit einer Gesundung zu rechnen ist (BAG 12.04.2002; NZA 2002,1081) oder der Azubi bereits 18 Monate arbeitsunfähig erkrankt und eine Gesundung noch völlig ungewiss ist (BAG 21.05.1992; DB 1993, 1292).
Krankheit während des Urlaubs
Wird der Auszubildende während des Urlaubs krank und kann er diese Krankheit durch ärztliches Attest nachweisen, so wird diese Zeit nicht auf den Jahresurlaub angerechnet (§§ 8, 7 Abs. 4 BUrlG). Die Krankheitstage gelten dann nicht als Urlaubstage.
Abschlussprüfung trotz Arbeitsunfähigkeit möglich
Der Prüfling darf trotz Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich an der Prüfung teilnehmen, Kranken- und Unfallversicherungsschutz bestehen fort. Eine ärztliche Unbedenklichkeitsbescheinigung ist grundsätzlich nicht erforderlich.
Bei praktischen Prüfungen ist der Prüfungsausschuss aber aus seiner Fürsorgepflicht heraus verpflichtet, Auszubildende von der Prüfung abzuhalten und nach Hause zu schicken, wenn sie erkennbar prüfungsunfähig sind und die Ablegung der Prüfung ein erkennbares Sicherheitsrisiko darstellen würde.
Wenn ein Prüfling an der Prüfung teilnimmt, obwohl er weiß, dass er krank ist, kann er sich später nicht auf seine Erkrankung berufen und nach Prüfungsende wieder von der Prüfung zurücktreten, sondern muss das Prüfungsergebnis akzeptieren (OVG Schl-H, 23.09.1994, SPE Prüfungsunfähigkeit 596 Nr 49).