Neue Biozid-Verordnung seit 1.9.2013: Bereitstellung auf dem Markt und Verwendung von Biozidprodukten

Seit 1. September 2013 gilt die Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten.
Diese neue Biozid-Verordnung bringt einige Änderungen gegenüber der bisher geltenden Biozid-Richtlinie 98/8/EG mit sich. Die wichtigsten Änderungen sind:
Wirkstoffgenehmigung
Biozidprodukte dürfen auch weiterhin nur Wirkstoffe enthalten, die in einer Positivliste aufgenommen worden sind. Diese Positivliste entspricht jedoch nicht mehr dem Anhang I und IA der Biozid-Richtlinie 98/8/EG sondern wurde neu gefasst als Unionsliste der genehmigten Wirkstoffe. Anträge auf eine Wirkstoff-Genehmigung werden in Rahmen der neuen Biozid-Verordnung nicht mehr direkt bei einem bewertenden Mitgliedstaat sondern bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) gestellt. Der Begriff des Wirkstoffs ist in der Verordnung ebenfalls neu gefasst worden. So gelten nun auch in situ (das heißt vor Ort) hergestellte Stoffe wie beispielsweise Ozon oder auch gegen Insekten eingesetzte Nematoden (Fadenwürmer) als Biozid-Wirkstoffe, während Schutzmittel für Lebens- und Futtermittel (die bisherige Produktart 20) nicht mehr der Definition unterfallen.
Auch neu ist, dass Biozid-Wirkstoffe mit bestimmten Eigenschaften wie beispielsweise PBT-Eigenschaften oder CMR-Eigenschaften (Ausschlusskriterien) nicht in die Positivliste aufgenommen werden dürfen. Sind diese Stoffe jedoch nachweislich erforderlich , um ernsthafte Gefahren für Mensch, Tier und Umwelt zu bekämpfen, oder entstehen unverhältnismäßige negative Folgen für die Gesellschaft, können diese Wirkstoffe für eine verkürzte Zeit von höchstens 7 Jahre aufgenommen werden und gelten dann ebenso wie Wirkstoffe, die beispielsweise zwei der drei PBT-Kriterien erfüllen oder die atemwegssensibilisierend sind, als Substitutionskandidaten. Das bedeutet, vor einer Zulassung von Produkten mit diesen Wirkstoffen muss geprüft werden, ob die angestrebte Verwendung nicht durch andere Produkte abgedeckt werden kann.
Ab September 2015 dürfen Biozidprodukte nur noch Wirkstoffe von Herstellern enthalten, die in einer von der ECHA erstellten Liste aufgeführt werden.
Zulassungsverfahren
Die neue Biozid-Verordnung sieht mehrere Möglichkeiten für Zulassungen vor. Neben der bisher bereits möglichen nationalen Zulassung und der gegenseitigen Anerkennung sind nun auch Unionszulassungen möglich. Für Produkte aus vielen Produktarten können somit bei der ECHA Zulassungsanträge gestellt werden, die anschließend für die gesamte EU und nicht nur für einzelne Mitgliedsstaaten Gültigkeit besitzen.
Vergleichbar mit der zuvor geschaffenen Möglichkeit der Rahmenformulierung können nun auch ganze Produktfamilien zugelassen werden. Dies sind Gruppen von Produkten, die sich beispielsweise nur durch verschiedene Farb- oder Duftstoffe unterscheiden. Ist eine Produktfamilie zugelassen, müssen Produkte, die zu dieser Familie gehören, anschließend nur noch gemeldet werden.
Schließlich sieht die neue Verordnung auch ein vereinfachtes Zulassungsverfahren vor. Dieses ist für Produkte anwendbar, deren Wirkstoffe im Anhang I der neuen Verordnung aufgeführt sind und die ansonsten keine bedenklichen Stoffe enthalten. Der Anhang I ist vergleichbar mit dem Anhang IA der alten Biozid-Richtlinie. Allerdings müssen Stoffe kein Zulassungsverfahren durchlaufen, um in diesen Anhang aufgenommen zu werden, da man davon ausgeht, dass ausreichende Informationen zu diesen Stoffen vorliegen. Derzeit sind im Anhang I der Biozid-Verordnung 19 Stoffe aufgeführt.
Behandelte Waren
Behandelte Waren, die zuvor von der Biozid-Richtlinie nicht erfasst waren, werden von der neuen Verordnung nun ebenfalls geregelt. So dürfen beispielsweise mit Holzschutzmitteln behandelte Hölzer, die aus dem EU-Ausland importiert werden, nur mit Wirkstoffen behandelt sein, die in der EU verkehrsfähig sind. Außerdem gelten bestimmte Kennzeichnungsvorschriften für mit Bioziden behandelte Waren.
Datenschutz
Ähnlich wie unter der REACH-Verordnung (EU) Nr. 1907/2006 gibt es nun auch im Biozidrecht eine Verpflichtung zum Datenteilen, wenn hierdurch Wirbeltierversuche verhindert werden können. Das bedeutet, dass vor der Durchführung einer neuen Studie an Wirbeltieren zunächst eine Voranfrage an die ECHA gestellt werden muss. Stellt die ECHA fest, dass im Rahmen der Biozid-Verfahren bereits Studien zu diesem Endpunkt durchgeführt worden sind, darf der Versuch nicht wiederholt werden. Stattdessen muss sich der Antragsteller mit dem Dateninhaber auf eine gemeinsame Nutzung der Daten einigen. Sinn und Zweck ist es unnötiges Leid von Versuchstieren zu vermeiden.
Quelle: REACH-CLP-Biozid-Helpdesk der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Überschrift abgeändert