Beschäftigung schwerbehinderter Menschen
Schwerbehinderten Menschen kommt im Arbeitsleben eine Reihe von besonderen Schutzvorschriften zugute. Die Beschäftigung von Schwerbehinderten wirft daher für einen Arbeitgeber viele Fragen auf. Im Folgenden werden die häufigsten Fragen besprochen.
- Für wen gelten die besonderen Schutzvorschriften?
- Gibt es besondere Pflichten des Arbeitsgebers bei der Besetzung von Arbeitsplätzen?
- Darf ich nach einer Schwerbehinderung fragen?
- Welche Auswirkungen hat der Schwerbehindertenausweis?
- Haben Schwerbehinderte Anspruch auf mehr Urlaub?
- Was ist mit Überstunden?
- Welche Besonderheiten gibt es beim Kündigungsschutz?
- Besteht eine Beschäftigungspflicht?
- Pflicht zur Verzeichnisführung
- Was ist die „Schwerbehindertenvertretung”?
- Inklusionsbeauftragter
Für wen gelten die besonderen Schutzvorschriften?
Schwerbehinderte Menschen
Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, ihre geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.
Als schwerbehindert gelten alle Menschen mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 50%.
Als schwerbehindert gelten alle Menschen mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 50%.
Gleichgestellte
Die gleichgestellten behinderten Menschen sind nicht schwerbehindert. Mit Ausnahme des zusätzlichen Urlaubs (s. u.) stehen ihnen aber alle Rechte zu, die auch Schwerbehinderte haben.
Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 30% aber weniger als 50% werden auf Antrag von der Bundesagentur für Arbeit den Schwerbehinderten gleichgestellt. Voraussetzung für die Gleichstellung ist, dass die Person infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz
- nicht erlangen kann
- Dies ist auch dann gegeben, wenn der Arbeitgeber die Einstellung eines Bewerbers davon abhängig macht, dass er bei der Berechnung der Schwerbehindertenabgabe den Bewerber auf einen Pflichtplatz anrechnen kann oder nicht behalten kann.
- Erforderlich ist die konkrete Gefahr, dass der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz verliert. Hierbei muss die Behinderung zumindest eine mögliche Ursache sein.
Die Gleichstellung wird bei ihrer Bewilligung rückwirkend mit dem Antragseingang bei der Bundesagentur für Arbeit wirksam. Sie kann auch befristet erteilt werden.
Sonderfall: Behinderte Jugendliche
Behinderte Jugendliche und junge Erwachsene können für die Zeit ihrer Berufsausbildung den Schwerbehinderten gleichgestellt werden, selbst wenn der Grad der Behinderung unter 30% liegt oder noch keine Behinderung festgestellt wurde. Es genügt eine Stellungnahme der Agentur für Arbeit. Zwar sind für diese Jugendliche die Schutzvorschriften für Schwerbehinderte nicht anzuwenden, doch ist eine Betreuung durch den Integrationsfachdienst und damit der Erhalt von Leistungen möglich.
Gibt es besondere Pflichten des Arbeitsgebers bei der Besetzung von Arbeitsplätzen?
Bei jedem frei werdenden Arbeitsplatz muss der Arbeitgeber prüfen, ob dieser mit einem als arbeitssuchend oder arbeitslos gemeldeten schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann, § 164 SGB IX. Das gilt auch für Arbeitgeber, die ihre Beschäftigungsquote bereits erfüllen oder wegen ihrer Betriebsgröße (>20 Arbeitsplätze) von der Pflichtquote nicht betroffen sind.
Darf ich nach einer Schwerbehinderung fragen?
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schützt über die Schwerbehinderung hinaus vor der Diskriminierung wegen jeder Behinderung. Daher ist es ratsam, nicht mehr nach einer Behinderung zu fragen. Der Arbeitgeber sollte vielmehr arbeitsplatzbezogene Fragen stellen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der ausgeschriebenen Tätigkeit stehen.
Beispiele für mögliche Fragen:
- Liegt eine Krankheit bzw. eine Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes vor, durch die die Eignung für die vorgesehene Tätigkeit auf Dauer oder in periodisch wiederkehrenden Abständen eingeschränkt ist?
- Liegen ansteckende Krankheiten vor, die zwar nicht die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen, jedoch die zukünftigen Kollegen oder Kunden gefährden?
- Ist zum Zeitpunkt des Dienstantritts bzw. in absehbarer Zeit mit einer Arbeitsunfähigkeit zu rechnen, z.B. durch eine geplante Operation, eine bewilligte Kur oder auch durch eine zurzeit bestehende akute Erkrankung?
Zulässig ist die Frage nach einer Behinderung aber, wenn der Arbeitgeber durch gezielte Einstellung von Schwerbehinderten den Anteil der Schwerbehinderten im Unternehmen erhöhen will, etwa weil er die Zahlung der Ausgleichsabgabe (s. u.) umgehen möchte. Denn dann liegt eine positive Maßnahme vor, die Schwerbehinderte nicht benachteiligen, sondern bevorzugen will. Er darf daher in diesem Fall fragen, sollte dem Bewerber jedoch seine Absicht, die Schwerbehinderung als positives Kriterium verwenden zu wollen, mitteilen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts trifft den Bewerber die Pflicht, ungefragt eine Schwerbehinderung oder eine Gleichstellung zu offenbaren, wenn er erkennen muss, dass er wegen der Behinderung die vorgesehen Arbeit nicht verrichten kann oder eine deswegen beschränkte Leistungsfähigkeit für den vorgesehenen Arbeitsplatz gegeben ist. Allerdings stammt die Entscheidung aus der Zeit vor Einführung des AGG. Ob das Bundesarbeitsgericht an dieser Rechtsprechung festhalten wird, ist derzeit offen. Der Arbeitgeber kann also nicht darauf vertrauen, dass ein Schwerbehinderter seine Behinderung offenbart, wenn er eine mögliche Leistungsbeeinträchtigung selbst erkennt. Dem Arbeitgeber bleibt auch dann nur die Möglichkeit, tätigkeitsbezogene Fragen zu stellen (s. o.).
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts trifft den Bewerber die Pflicht, ungefragt eine Schwerbehinderung oder eine Gleichstellung zu offenbaren, wenn er erkennen muss, dass er wegen der Behinderung die vorgesehen Arbeit nicht verrichten kann oder eine deswegen beschränkte Leistungsfähigkeit für den vorgesehenen Arbeitsplatz gegeben ist. Allerdings stammt die Entscheidung aus der Zeit vor Einführung des AGG. Ob das Bundesarbeitsgericht an dieser Rechtsprechung festhalten wird, ist derzeit offen. Der Arbeitgeber kann also nicht darauf vertrauen, dass ein Schwerbehinderter seine Behinderung offenbart, wenn er eine mögliche Leistungsbeeinträchtigung selbst erkennt. Dem Arbeitgeber bleibt auch dann nur die Möglichkeit, tätigkeitsbezogene Fragen zu stellen (s. o.).
Während einer laufenden Beschäftigung darf der Arbeitgeber jedenfalls nach Ablauf von sechs Monaten und für den Fall einer bevorstehenden Kündigung nach der Schwerbehinderteneigenschaft fragen (BAG, Urteil v. 16.02.2012, Az: 6 AZR 553/10).
Welche Auswirkungen hat der Schwerbehindertenausweis?
Mit dem Schwerbehindertenausweis, welcher auf Antrag des Schwerbehinderten von der zuständigen Behörde ausgestellt wird, kann das Vorliegen der Schwerbehinderteneigenschaft nachgewiesen werden. Er enthält Angaben über die Eigenschaft als Behinderter, den Grad der Behinderung und weitere gesundheitliche Merkmale. Die Gültigkeitsdauer ist befristet. Wird ein entsprechender Ausweis dem Arbeitgeber vorgelegt, gibt es einiges zu beachten:
Arbeitsrecht
Aus arbeitsrechtlicher Sicht tritt die Schwerbehinderung zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die entsprechenden Voraussetzungen für eine Schwerbehinderung vorliegen. Das Ausstellungsdatum des Schwerbehindertenausweises dient lediglich als Beweismittel. Die Schwerbehinderteneigenschaft kann auch rückwirkend festgestellt werden. Dann tritt auch der Schutz, sofern möglich, rückwirkend ein. Beispielsweise muss der Zusatzurlaub (s. u.) dann auch ab dem Datum des Beginns der Schwerbehinderteneigenschaft berechnet werden.
Umgestaltung des Arbeitsplatzes
Möglicherweise muss der Arbeitsplatz umgestaltet werden. Zur Umgestaltung zahlt das Integrationsamt des KVJS (Kommunalverband für Jugend und Soziales) Zuschüsse. Der Technische Beratungsdienst des Integrationsamtes berät vor Ort und hilft, den Arbeitsplatz umzugestalten.
Gibt es Beratungsstellen und Fördermöglichkeiten?
Ihr Ansprechpartner bei Beratungsbedarf und Fragen zu Fördermöglichkeiten ist der Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS). Die Website des KVJS kann aufgerufen werden unter: https://www.kvjs.de/meta/kontakt/karlsruhe
Haben Schwerbehinderte Anspruch auf mehr Urlaub?
Schwerbehinderte haben einen Anspruch auf fünf Arbeitstage zusätzlichen Erholungsurlaub pro Jahr. Dabei wird eine Fünf-Tage-Woche zugrunde gelegt. Arbeitet der Schwerbehinderte an weniger oder mehr als fünf Tagen, wird der Zusatzurlaub auch entsprechend angepasst.
Bei der Berechnung des Jahresurlaubes wird nicht der gesetzliche Urlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz zugrunde gelegt. Maßgeblich ist vielmehr, wie viel Urlaub der Schwerbehinderte erhielt, wenn er nicht schwerbehindert wäre. Hier werden dann nochmals fünf Tage hinzugerechnet.
Besteht die Schwerbehinderung nicht während des gesamten Kalenderjahres, wird der Anspruch auf Zusatzurlaub entsprechend gekürzt (1/12 für jeden vollen Monat der Schwerbehinderung), Bruchteile ab 0,5 Tagen werden aufgerundet.
Was ist mit Überstunden?
Schwerbehinderte haben auf ihr Verlangen hin von Mehrarbeit freigestellt zu werden. Dabei ist Mehrarbeit diejenige Arbeit, welche über die normale gesetzliche Arbeitszeit von acht Stunden werktäglich hinausgeht. Nach einer neueren Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 21.11.2006 – 9 AZR 176/06) spielt es dabei keine Rolle, wie lange die individuell vereinbarte oder die tarifliche Arbeitszeit ist. Auch der Bereitschaftsdienst zählt als Mehrarbeit.
Die Freistellung von der Mehrarbeit tritt mit Zugang des Verlangens des Schwerbehinderten ein. Einer besonderen Freistellungserklärung durch den Arbeitgeber bedarf es nicht.
Welche Besonderheiten gibt es beim Kündigungsschutz?
Auch Schwerbehinderte können gekündigt werden. Dabei müssen aber einige Besonderheiten beachtet werden, die in den §§ 168 ff SGB IX geregelt sind.
Pflicht zur Anhörung der Schwerbehindertenvertretung
Gemäß § 178Abs. 2 SGB IX muss der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung vor der Kündigung anhören. Ein Verstoß hiergegen führt seit 01.01.2017 zur Unwirksamkeit der Kündigung (§ 178 Abs. 2 S. 3 SGB IX). Vorsorglich sollte die Schwerbehindertenvertretung vorab auch zur Entscheidung, das Integrationsamt und/oder den Betriebsrat vor einer geplanten Kündigung anzuhören, angehört werden.
Zustimmung des Integrationsamtes
Vor einer Kündigung eines Schwerbehinderten oder Gleichgestellten bedarf es allerdings der Zustimmung des Integrationsamtes.
In folgenden Fällen ist die Zustimmung allerdings entbehrlich:
- das Arbeitsverhältnis besteht bei Zugang der Kündigung noch nicht länger als sechs Monate
- der Schwerbehinderte ist 58 Jahre oder älter und hat aus einem Sozialplan einen Anspruch auf Abfindung, Entschädigung oder Ähnliches
- der Schwerbehinderte hat Anspruch auf Knappschaftsausgleichsleistungen oder Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus.
Beachten Sie Folgendes bei der Einstellung auf Probe und der Beendigung von Arbeitsverhältnissen in der Probezeit: Der Arbeitgeber muss gem. § 173 Abs. 4 SGB IX diese Fälle dem Integrationsamt innerhalb von vier Tagen anzeigen, ansonsten macht er sich bei einer schuldhaften Verletzung dieser Pflicht möglicherweise schadensersatzpflichtig.
Die Zustimmung ist bei dem für den Sitz des Betriebes oder der Dienststelle zuständigen Integrationsamt schriftlich zu beantragen. Das Integrationsamt holt eine Stellungnahme des Betriebsrats (sofern vorhanden), der Agentur für Arbeit und der Schwerbehindertenvertretung ein und hört den Schwerbehinderten an. Es versucht eine Einigung herbeizuführen, die eine Kündigung vermeidet. Die Entscheidung des Integrationsamtes soll innerhalb eines Monats ab Eingang des Antrages ergehen und wird dem Arbeitgeber und dem Schwerbehinderten zugestellt.
Nach Erteilung der Zustimmung hat der Arbeitgeber einen Monat Zeit, die Kündigung des Arbeitsverhältnisses auszusprechen.
Stimmt das Integrationsamt der Kündigung nicht zu, ist eine Kündigung zunächst nicht möglich. Der Arbeitgeber kann jedoch Widerspruch einlegen und anschließend ggf. Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben.
Mindestkündigungsfrist
Die Kündigungsfrist beträgt gemäß § 169 Sozialgesetzbuch IX mindestens vier Wochen.
Besonderheiten bei der außerordentlichen Kündigung
Auch die fristlose Kündigung bedarf der Zustimmung des Integrationsamtes. Das Verfahren erfolgt jedoch mit verkürzten Fristen. Wenn der Arbeitgeber Kenntnis von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt, kann er innerhalb von zwei Wochen die Zustimmung zur Kündigung beantragen. Das Integrationsamt entscheidet dann innerhalb von weiteren zwei Wochen. Wenn innerhalb dieser zwei Wochen keine Entscheidung getroffen wird, gilt die Zustimmung als erteilt. Zur Bekanntgabe genügt allerdings die telefonische oder mündliche Mitteilung, die Zustellung eines Bescheides muss nicht abgewartet werden.
Sofern nach Erteilung der Zustimmung die ansonsten bei außerordentlichen Kündigungen einzuhaltende zweiwöchige Kündigungsfrist schon verstrichen ist, muss der Arbeitgeber die Kündigung unverzüglich erklären.
Erweiterter Beendigungsschutz
Es bedarf auch dann der Zustimmung des Integrationsamts, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Falle des Eintritts einer teilweisen Erwerbsminderung, der Erwerbsminderung auf Zeit, der Berufsunfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit auf Zeit erfolgt, ohne dass eine besondere Kündigung erforderlich ist.
Maßgeblicher Zeitpunkt für den besonderen Kündigungsschutz
Der besondere Kündigungsschutz von Schwerbehinderten tritt ab dem Zeitpunkt ein, zu dem die Schwerbehinderung festgestellt worden ist. Die Schwerbehinderung muss dem Arbeitgeber noch nicht mitgeteilt worden sein. Andererseits kann ein Mitarbeiter, dem gekündigt worden ist, nicht anschließend noch seine Schwerbehinderteneigenschaft feststellen lassen. Selbst wenn diese rückwirkend auf einen Zeitpunkt vor Ausspruch der Kündigung festgestellt wird, steht ihm nicht der besondere Kündigungsschutz von Schwerbehinderten zu.
Nach einer neuen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts gilt dies auch für einen Antrag auf Gleichstellung. Nach dieser Entscheidung gilt aber gerade für den Antrag auf Gleichstellung eine wichtige Ausnahme: Der Sonderkündigungsschutz besteht bereits dann, wenn der Mitarbeiter den Antrag auf Gleichstellung mindestens drei Wochen vor Ausspruch der Kündigung gestellt hat.
Dies bedeutet für die Praxis: Wenn ein Mitarbeiter gekündigt werden soll, der mindestens drei Wochen zuvor die Feststellung der Gleichstellung beantragt hat, muss zuvor die Zustimmung des Integrationsamtes eingeholt werden. Dies besteht auch hier unabhängig davon, ob der Arbeitgeber Kenntnis von der Antragstellung hat.
Keine Zustimmungspflicht
Zustimmungsfrei ist hingegen z. B. die Beendigung von Arbeitsverhältnissen,
- wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung nicht länger als sechs Monate besteht oder
- bei denen die Beschäftigten aufgrund des § 73 Abs. 2, Nr. 2 bis 6 SGB IX beschäftigt werden (Rehabilitationsmaßnahmen, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen u. a.) oder
- wenn zum Zeitpunkt der Kündigung die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch nicht nachgewiesen ist oder das Versorgungsamt eine Feststellung wegen fehlender Mitwirkung des Antragstellers nicht treffen konnte (die Schwerbehinderteneigenschaft ist nachgewiesen, wenn sie offenkundig oder der Nachweis durch einen Feststellungsbescheid erbracht ist) oder
- wenn der Antrag auf Anerkennung als Schwerbehinderter nicht mindestens drei Wochen vor dem Zugang der Kündigung festgestellt wurde (Gleiches gilt für Arbeitnehmer, die einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind. Auch sie sind vom Sonderkündigungsschutz ausgeschlossen, wenn sie den Gleichstellungsantrag nicht mindestens drei Wochen vor der Kündigung gestellt haben.) oder
- bei einem einvernehmlichen Aufhebungsvertrag oder
- bei einer Kündigung von Seiten des Schwerbehinderten oder Gleichgestellten oder
- bei Fristablauf eines befristeten Arbeitsverhältnisses.
Besteht eine Beschäftigungspflicht?
Eine Beschäftigungspflicht besteht für Betriebe, die mindestens 20 Arbeitnehmer beschäftigt haben. Hierbei gilt folgende Staffelung:
- Weniger als 40 Arbeitnehmer? 1 beschäftigter Schwerbehinderter
- 40 bis weniger als 60 Arbeitnehmer? 2 beschäftigte Schwerbehinderte
- Größere Betriebe? 5 % der Arbeitsplätze für Schwerbehinderte
Allerdings können Arbeitgeber, die durch Aufträge an anerkannte Werkstätten für behinderte Menschen zur Beschäftigung behinderter Menschen beitragen, 50 % des auf die Arbeitsleistung der Werkstatt entfallenden Rechnungsbetrages solcher Aufträge (Gesamtrechnungsbetrag abzüglich Materialkosten) auf die Ausgleichsabgabe anrechnen.
Die Ausgleichsabgabe wird zur Integration schwer behinderter Menschen verwendet. Eine kostenlose Berechnungshilfe finden Sie unter: http://www.rehadat-elan.de/
Pflicht zur Verzeichnisführung
Gemäß § 163 Abs. 1 SGB IX müssen Arbeitgeber laufend ein Verzeichnis über die von ihnen beschäftigten schwerbehinderten oder gleichgestellten Mitarbeitern führen.
Diese Pflicht besteht unabhängig davon, ob Arbeitgeber Schwerbehinderte beschäftigen müssen oder ob sie über weniger als 20 Arbeitsplätze verfügen.
Was ist die „Schwerbehindertenvertretung”?
Wenn in einem Betrieb wenigstens fünf Schwerbehinderte nicht nur vorübergehend beschäftigt sind, haben diese eine Vertrauensperson und mindestens einen Stellvertreter zu wählen. Die Schwerbehindertenvertretung dient der Interessenvertretung der Schwerbehinderten im Betrieb.
Die Vertrauensperson übt ein unentgeltliches Ehrenamt aus; sie genießt ebenso Kündigungs- und Versetzungsschutz wie ein Mitglied des Betriebsrats. Die durch die Schwerbehindertenvertretung entstehenden Kosten trägt der Arbeitgeber.
Inklusionsbeauftragter
Arbeitgeber müssen gemäß § 181 S. 1 SGB IX einen Inklusionsbeauftragten bestellen, der sie verantwortlich bei Angelegenheiten schwerbehinderter Menschen vertritt. Seine Hauptaufgabe ist die Unterstützung und Kontrolle des Arbeitgebers im Hinblick auf die Einhaltung seiner gesetzlichen Verpflichtungen. Allerdings ist es empfehlenswert, dass der Inklusionsbeauftragte einen guten Überblick über den Betrieb beziehungsweise die Dienststelle hat und mit gewissen Entscheidungskompetenzen ausgestattet ist. Der Inklusionsbeauftragte sollte nach Möglichkeit selbst schwerbehindert sein. Der Arbeitgeber hat gem. § 163 Abs. 8 SGB IX unverzüglich nach der Bestellung den Inklusionsbeauftragten dem zuständigen Integrationsamt und der Agentur für Arbeit zu nennen.
Stand: April 2021
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