Unwirksamkeit von Ausschlussfristen bzw. Verfallsklauseln in Arbeitsverträgen

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) erklärte in den letzten Jahren mehrfach sogenannte Ausschlussfristen bzw. Verfallsklauseln in Arbeitsverträgen für unwirksam und dies aus verschiedenen Gründen.

Was versteht man unter Ausschlussfristen bzw. Verfallsklauseln?
Ausschlussfristen bzw. Verfallsklauseln werden in Arbeitsverträgen vereinbart, um den Vertragsparteien frühzeitig Klarheit über Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis zu verschaffen.
Häufig wurden und werden Klauseln aufgenommen, wonach alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben können, binnen einer Ausschlussfrist geltend zu machen und bei Ablehnung der Ansprüche einzuklagen sind.
Diese sogenannten Verfallsklauseln in Arbeitsverträgen sind nach Ansicht des BAG in der Regel als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) anzusehen, wenn die Klausel im Arbeitsvertrag vom Arbeitgeber gestellt wird, was in der Praxis häufig der Fall ist. Damit ist die Klausel durch die Gerichte auf ihre rechtliche Zulässigkeit hin zu prüfen (sog. AGB-Kontrolle durch die Gerichte).

Was sagt das Bundesarbeitsgericht?
Das BAG hat bereits in seinen Entscheidungen in den Jahren 2018 und 2019 entschieden, dass eine Klausel, die alle Ansprüche umfasst, unwirksam sei. Der Grund hierfür ist, dass solche Klauseln auch den auf den Mindestlohn entfallenden Lohnanteil miteinbeziehen. Sie verstoße damit gegen das Mindestlohngesetz.
Nach § 3 Satz 1 Mindestlohngesetz darf die Geltendmachung des Mindestlohns nicht beschränkt oder ausgeschlossen werden. Ausschussfristen bzw. Verfallsklauseln in Altverträgen, die vor dem Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes am 16. August 2014 geschlossen wurden, sind dagegen nicht wegen Verstoßes gegen das Mindestlohngesetz insgesamt unwirksam.
In seiner weiteren Entscheidung vom 26. November 2020 entschied das BAG, dass eine solche umfassende Klausel auch Ansprüche wegen einer vorsätzlichen Vertragsverletzung oder einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung erfasse (entgegen der bisher vertretenen Auffassung des BAG). Verjährungsverkürzungen für Haftungsansprüche wegen vorsätzlichen Handlungen sind nach § 202 BGB unzulässig. Der Verstoß gegen dieses gesetzliche Verbot führt gemäß § 134 BGB zur Nichtigkeit der Ausschlussfrist bzw. Verfallsklausel.
Das BAG ließ offen, ob auch ein Verstoß gegen § 309 Nr. 7 BGB vorliegt. Würde dies bejaht, dann hätte ein Haftungsausschluss nicht nur vorsätzliches Handeln auszunehmen, sondern auch grob fahrlässig begangene Pflichtverletzungen des Arbeitgebers und die fahrlässige Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit.

Unser Praxistipp für Sie:
  • Wollen Sie in Altverträgen eine unwirksame Verfallklausel ersetzen, können Sie dies bei einvernehmlicher Vertragsänderung mit dem Arbeitnehmer durch einen Nachtrag zum Arbeitsvertrag tun. Scheitert eine einvernehmliche Vertragsänderung, können Sie eine Änderung der Verfallklausel durch eine Änderungskündigung erzwingen, sofern das Arbeitsverhältnis nicht unter das Kündigungsschutzgesetz fällt. Bei Arbeitsverhältnissen, die dem Kündigungsschutz unterliegen, wird der Arbeitgeber bei verweigerter Mitwirkung durch den Arbeitnehmer die unwirksame Klausel hinnehmen müssen.
  • Damit die Ausschlussklausel nach der Rechtsprechung des BAG nicht unwirksam ist, sollten Sie Ansprüche auf den gesetzlichen oder branchenspezifischen Mindestlohn und infolge vorsätzlicher Vertragsverletzungen oder unerlaubter Handlungen ausnehmen. Wer Sie sicher gehen möchten, dass auch ein denkbarer Verstoß gegen § 309 Nr. 7 BGB ausgeschlossen ist, sollten Sie zudem Ansprüche wegen fahrlässiger Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit sowie grob fahrlässig begangene Pflichtverletzungen des Arbeitgebers, ggfls. dessen gesetzlichen Vertreters und dessen Erfüllungsgehilfen ausnehmen.

Stand: August 2021