Vollversammlung diskutiert Möglichkeiten zur Fachkräftesicherung

Über die Möglichkeiten zur Fachkräftesicherung hat die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg (IHKLW) jetzt in der Alten Reithalle in Soltau mit Vertretern regionaler Arbeitsagenturen diskutiert.
„Wir müssen dem Fach- und Arbeitskräftemangel aktiv entgegensteuern. Erstens durch die Ausbildung des eigenen Nachwuchses in den Betrieben. Zweitens, indem wir die Arbeitszeiten – insbesondere von Eltern – durch bessere Kinderbetreuungsangebote ausdehnen, und drittens durch ausländische Fachkräfte“, sagte IHKLW-Präsident Andreas Kirschenmann.
Die Vorsitzenden der Geschäftsführung der Agenturen für Arbeit Lüneburg-Uelzen und Helmstedt, Sven Rodewald und Ulf Steinmann, brachten die Lage mit einem Blick auf statistische Zahlen auf den Punkt: Obwohl die Beschäftigungszahlen im IHKLW-Bezirk in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen sind und aktuell 451.210 Menschen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen, ist der Bedarf in den Unternehmen weit größer. Allein 183 Engpassberufe weist die Statistik für 2023 aus. Ursächlich für den Arbeitskräftemangel ist vor allem der demografische Wandel: Die Gesellschaft altert, es gibt weniger Schulabgänger und zu wenig junge Menschen entscheiden sich für einen Berufseinstieg mit einer dualen Ausbildung.
„Die Berufsorientierung muss an allen allgemeinbildenden Schulen verbessert werden, damit junge Menschen ihre Berufswahl auf Basis von fundierten Erfahrungen treffen können“, wiederholte Kirschenmann eine langjährige Forderung der IHKLW. Die Agentur-Chefs Rodewald und Steinmann hatten außerdem angeregt, die sogenannte „stille Reserve“ am Arbeitsmarkt – Teilzeitkräfte und ältere Menschen – stärker zu nutzen. „Dazu sind unsere Betreibe sicher gern bereit“, sagte IHKLW-Präsident Kirschenmann. Er sieht aber Handlungsbedarf seitens des Landes und der Kommunen: „Das Betreuungsangebot für Kinder bis zum Ende der Grundschulzeit muss ausgebaut werden. Dafür bedarf es ausreichend Kitas und Horte, verlässliche Ganztagsschulen und ausreichend Personal.“
Wie bedeutend der Faktor Zuwanderung für die Fachkräftesicherung ist, machte ein Blick auf die Statistik der Arbeitsagentur deutlich: Wenn es gelingt, pro Jahr 400.000 Zugewanderte in den Arbeitsmarkt zu integrieren, würde das Arbeitskräfteangebot bis 2060 nahezu konstant bleiben.
Unternehmen, die ausländische Fachkräfte rekrutieren möchten, unterstützt die IHKLW gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit, den Auslandshandelskammern und der DIHK mit dem Projekt „Hand in Hand for International Talents“. Dabei werden qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber in ihrem Heimatland angeworben und mit teilnehmenden Unternehmen gematcht. Das Projekt berät nicht nur entlang des gesamten Rekrutierungsprozesses, sondern übernimmt auch die Kosten der Einreisevorbereitung für Unternehmen. Das Serviceangebot umfasst das Matching mit Fachkräften aus Brasilien, Indien, den Philippinen und Vietnam, die sprachliche Qualifizierung der Fachkraft bis zum zertifizierten A2- oder B1-Niveau im Drittstaat, die Organisation von digitalen Vorstellungsgesprächen mit Dolmetschern und die Begleitung und Kostenübernahme des Berufsanerkennungsverfahrens.
Die Mitglieder der Vollversammlung nutzten während der Sitzung bei einem „Markt der Möglichkeiten“ die Gelegenheit, „Hand in Hand for International Talents“ kennenzulernen. Einen Überblick gibt es auch auf der Projektseite www.ihk.de/ihklw/international-talents.
Vorgestellt wurde auch ein weiteres Projekt, bei dem die IHKLW eng mit den regionalen Arbeitsagenturen zusammengearbeitet hat: der Schulpraktikumsfinder. Unter www.schulpraktikumsfinder.de können sich Unternehmen kostenfrei registrieren, ein Profil einstellen und direkt mit dem potenziellen Nachwuchs in Kontakt kommen. Durch den Fokus auf Schulpraktika, einen niedrigschwelligen Zugang für Schülerinnen, Schüler und Unternehmen und umfassende Filtermöglichkeiten soll die Webseite eine zentrale Anlaufstelle für junge Menschen aller Schulen in der Region werden. Unternehmen können im Schulpraktikumsfinder direkt auf ihre freien Stellen bei der Ausbildungsbörse der Agentur für Arbeit verlinken oder ihre Unternehmensprofile, die sie bei regionalen Ausbildungsplattformen veröffentlicht haben, anzeigen lassen. Um mehr junge Menschen für einen Karrierestart mit einer dualen Ausbildung zu begeistern, informiert die IHK-Ausbildungskampagne unter www.instagram.com/die.azubis_niedersachsen über Berufe, Veranstaltungen und freie Ausbildungsplätze.
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Lüneburg, 4. Juli 2024