„Klare Kante gegen US-Zollpolitik“
Angesichts der US-Sonderzölle in Höhe von 25 Prozent auf Stahl- und Aluminiumimporte aus der Europäischen Union (EU), die ab dem 12. März in Kraft treten, wertet die Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg (IHKLW) den aktuellen Kurs der US-Handelspolitik als grundlegende Kehrtwende – auf die es nur eine Antwort geben kann.
„Wir brauchen ein starkes und einiges Europa, das entschlossen auf die Politik der Trump-Administration reagiert“, sagt IHKLW-Präsident Andreas Kirschenmann. „Europa muss seine wirtschaftliche Stärke jetzt selbstbewusst ausspielen, um sich in der zunehmend protektionistischen Welt zu behaupten. Eine konkrete Gegenmaßnahme könnte eine gezielte Zollstrategie sein, die Druck auf die USA ausübt, jedoch ohne eine weitere Eskalation des Handelskrieges zu riskieren. Entscheidend ist deshalb, dass die Gegenzölle gezielt gegen wirtschaftlich und politisch relevante Produkte und Regionen eingesetzt werden, ohne wichtige EU-Industrien oder Verbraucher zu belasten. Außerdem sollten die Aktivitäten gegen die Geschäftsmodelle amerikanischer Tech-Unternehmen in Europa durch Regulierungen, Steuern und Kartellverfahren erheblich ausgeweitet werden. Zusätzlich muss die EU ihre Handelspolitik breiter aufstellen, weltweit neue Märkte erschließen, Handelsabkommen mit neuen Partnern wie zum Beispiel Indien, Indonesien oder den Mercosur-Ländern vorantreiben und den freien Warenverkehr schützen.“
US-Präsident Donald Trump hat angekündigt, neben den Zöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte in die USA in einem zweiten Schritt auch für weitere in der EU hergestellte Produkte Zölle einzuführen. Die Folge ist eine Verteuerung europäischer Produkte, aber auch amerikanischer Produkte mit europäischen Komponenten in den USA. Das erschwert den Export deutscher und europäischer Produkte in die USA und mindert die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber lokalen amerikanischen Anbietern.
Kirschenmann warnt: „Wie schon bei Trumps erster Amtszeit werden am Ende die amerikanischen Unternehmen und Verbraucher die Zeche zahlen, denn in einer globalisierten Welt mit komplexen Lieferketten ist auch die amerikanische Industrie auf Vorprodukte aus anderen Ländern angewiesen.“ Laut IHKLW trübt sich bereits aktuell die wirtschaftliche Stimmung in den USA ein. Mehrere Indikatoren deuten auf eine wachsende Unsicherheit hin: So gibt es deutliche Rückgänge an den Aktienmärkten, von denen insbesondere der Technologiesektor betroffen ist. Zudem berichtet die amerikanische Zentralbank von sinkendem Verbrauchervertrauen und dem höchsten Stand der Arbeitslosigkeit seit September 2023. Und schließlich befeuert Trumps Handelspolitik die Unsicherheit bei Unternehmen und Verbrauchern. Die Investmentbank Morgan Stanley hat die Wachstumsprognose für 2025 von 1,9 auf 1,5 Prozent gesenkt und erwartet ein Anheizen der Inflation.
Vor diesem Hintergrund sieht die IHKLW die transatlantischen Handelsbeziehungen an einem Scheideweg. „Während die USA neue Zölle erheben, kann sich Europa keine passive Rolle leisten. Anstatt abzuwarten, bis weitere deutsche Exporte mit Zöllen belegt werden, muss die EU nun mit klarer Kante reagieren und wohlüberlegte Gegenmaßnahmen ergreifen“, so Kirschenmann.
Die deutsche Wirtschaft sei in hohem Grad von stabilen Wirtschaftsbeziehungen mit den USA abhängig: Mehr als eine halbe Billion Euro haben deutsche Unternehmen dort investiert. Sowohl in den USA als auch in Deutschland hingen jeweils rund eine Million Arbeitsplätze an stabilen Wirtschaftsbeziehungen beider Länder. Das ist faktisch auch für die US-Wirtschaft von Bedeutung.
Der Anteil der niedersächsischen Exporte in die USA lag nach Angaben des Landesamts für Statistik Niedersachsen (LSN) 2024 bei 7,2 Prozent. Niedersachsen exportierte im Zeitraum von Januar bis Oktober 2024 Waren im Gesamtwert von 6,2 Milliarden Euro in die USA – bei einer Gesamtausfuhr Niedersachsens weltweit von 85,7 Milliarden Euro. Damit waren die USA der drittwichtigste Exportpartner Niedersachsens – nach den Niederlanden (9,8 Prozent) und Frankreich (8,1 Prozent). Laut LSN zählten Wasserfahrzeuge zu den wichtigsten Exportgütern mit einem Gesamtwert von 1,2 Milliarden Euro, was einem Anteil von 19,5 Prozent an den gesamten Exporten in die USA entsprach. Dahinter folgten Personenkraftwagen und Wohnmobile mit einem Wert von 964 Millionen Euro und einem Anteil von 15,5 Prozent.
„Der wirtschaftspolitische sowie der außen- und sicherheitspolitische Kurs der Trump-Regierung führen in Europa und in der Welt zu großer Verunsicherung und Enttäuschung. Die lange Partnerschaft und die gemeinsamen Werte werden durch die aktuelle Politik der US-Regierung massiv in Frage gestellt. Schnell wird vergessen, wie entschlossen auch die Europäer an der Seite der USA zum Beispiel nach dem 11. September gestanden haben. Amerika isoliert sich damit erheblich von der freien Welt, so kann aus ‚Amerika first‘ schnell ‚Amerika alone‘ werden“, sagt Kirschenmann abschließend.
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Lüneburg, 11. März 2025