Hoffnungsschimmer trotz schlechter Noten

Der DIHK-Report Unternehmensgründung 2024 offenbart ein historisches Tief beim Gründungsinteresse in Deutschland, zeigt aber auch positive Entwicklungen — wenn auch wenige. So ist das Interesse an Gründungsberatungen zuletzt wieder gestiegen, insbesondere das von Frauen.
Die Zahlen sind ernüchternd: Deutschland verliert weiter an Attraktivität als Gründungsstandort, wie der DIHK-Report Unternehmensgründung 2024 zeigt. Die dafür befragten Gründerinnen und Gründer, Start-ups sowie junge Unternehmen bewerten den Standort Deutschland – orientiert an Schulnoten – mit einer 3,6 nur noch als „ausreichend“ und damit im Vergleich zum Vorjahr (3,4) nochmal schlechter. Außerdem basiert der DIHK-Report auf den Erfahrungsberichten von rund 350 Existenzgründungsberaterinnen und -beratern aus 79 Industrie- und Handelskammern (IHKs) sowie auf Auswertungen zu über 180.000 Kontakten aus dem IHK-Gründungsservice.
Wir befinden uns in einem historischen Gründungstief.
„Wir befinden uns in einem historischen Gründungstief“, fasst Rainer Schwarz, Präsident der IHK-Gießen-Friedberg, zusammen. Laut DIHK-Report sinke das Interesse an Unternehmensgründungen in Industrie, Handel und Dienstleistungen weiter. „Die maue Konsumnachfrage und strukturelle Unzulänglichkeiten wie hohe Regelungsdichte, Unsicherheit über das geschäftliche Umfeld und hohe Kosten sind große Herausforderungen – nicht nur für Gründer, sondern für alle Unternehmen“, erläutert Matthias Leder, Hauptgeschäftsführer der IHK Gießen-Friedberg. Diese Barrieren, kombiniert mit dem allgegenwärtigen Fachkräftemangel, würden das unternehmerische Engagement spürbar bremsen.
Doch im DIHK-Report gibt es auch Lichtblicke: Trotz der harten Rahmenbedingungen verzeichnen die IHKs einen deutlichen Zuwachs bei den Gründungsberatungen.
Ein bundesweites Plus von 17 Prozent im Jahr 2023 zeigt, dass viele die Hoffnung noch nicht aufgeben
„Ein bundesweites Plus von 17 Prozent im Jahr 2023 zeigt, dass viele die Hoffnung noch nicht aufgeben“, so Schwarz. Diese Entwicklung ist laut DIHK auf Nachholeffekte nach der Corona-Pandemie, Änderungen bei der Förderung durch die Agenturen für Arbeit und das intensive Engagement der IHKs zurückzuführen. Eine doppelte Auswirkung auf den Gründungsmarkt zeige sich in Bezug auf das Thema Fachkräftemangel. Zum einen würden sich viele junge Menschen aufgrund der Personalknappheit lieber für eine Anstellung als für die Selbstständigkeit entscheiden. Zum anderen kämpften die bestehenden Start-ups verzweifelt um qualifiziertes Personal. „Der Mangel an Fachkräften bleibt ein starkes Hemmnis“, betont Leder. Die IHK helfe den Unternehmen bei der Suche nach Fachkräften, zum Beispiel mit dem Internationalen Fachkräfte Nexus und einer Willkommenslotsin.

Bürokratie abbauen und Prozesse vereinfachen

73 Prozent der Gründerinnen und Gründer fordern laut DIHK-Report vor allem „schnellere und einfachere Regularien“, um den Gründungsstandort Deutschland zu verbessern. Vereinfachte E-Government-Prozesse und zentrale Anlaufstellen könnten die Unsicherheiten reduzieren und den Gründergeist erneut entfachen. Auch die steuerlichen Hürden sollten angegangen werden, so die Forderung von 65 Prozent der Befragten. Fast ein Drittel wünscht sich einen leichteren Zugang zu öffentlichen Fördermitteln. Nicht zu unterschätzen seien auch die hohen Energiekosten und der Zugang zu Fremdkapital, die für 28 beziehungsweise 12 Prozent der Gründungswilligen Hürden darstellten. „Wir brauchen eine spürbare Entlastung von Gründerinnen und Gründern. Nur so kann Existenzgründung in Zukunft wieder attraktiver werden“, macht Schwarz deutlich.

Immer mehr Frauen in der Gründerszene

Ein erfreulicher Trend zeigt sich im Gründungsreport bei den Gründerinnen: 43 Prozent der Teilnehmer an der IHK-Gründungsberatung waren 2023 weiblich – ein Rekordwert. Die Flexibilität der Selbstständigkeit und die Möglichkeit, eigene Ideen umzusetzen, seien zentrale Motive für Gründerinnen. Nach Einschätzung von 71 Prozent der IHKs seien finanzielle Anreize ebenfalls ein wichtiger Faktor. Diese könnten auch darin bestehen, zunächst im Nebenerwerb zu gründen und ein zusätzliches Einkommen zu erzielen.
Es ist erfreulich, dass der Anteil von Gründerinnen steigt.
„Es ist erfreulich, dass der Anteil von Gründerinnen steigt. Insgesamt macht der Gründungsreport aber deutlich, dass es viel zu tun gibt, um den Standort Deutschland wieder attraktiver für Gründer zu machen“, fasst Leder zusammen.
Die DIHK leitet aus den Ergebnissen des Gründungsreports eine politische Agenda für den Gründungsstandort Deutschland ab. Wichtigstes von elf Handlungsfeldern ist der Abbau von Bürokratie. Hier legt die DIHK neun Maßnahmen vor – von der Entschlackung des Formulars „Einnahmenüberschussrechnung“ bis hin zu einfacheren Formalitäten für ausländische Staatsange
VON ANN-KATHRIN OBERST
Stand: 01.11.2024