Effizienzmonster KI als das Gesetz der Stunde

Der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) im Personalwesen stand im Mittelpunkt der Sitzung des IHK-Arbeitskreises Personal in Gießen. Wie sehr dieses Thema unter den Nägeln brennt, zeigte die gute Resonanz der Teilnehmer.
„KI ist das Gesetz der Stunde“, begrüßte Angelika Schlaefke die rund 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim jüngsten Treffen des IHK-Arbeitskreises Personal. „Sie ermöglicht es nicht nur, HR-Prozesse effizienter zu gestalten, sondern kann auch dabei helfen, die Mitarbeiterentwicklung zu optimieren und die Personalverwaltung zu vereinfachen“, führte die ehemalige Vizepräsidentin der IHK Gießen-Friedberg aus.
Mit Sven Herchenhein hatte der Arbeitskreis Personal einen Referenten gewinnen können, der sich mit dem von ihm gegründeten Unternehme efec AG auf die Einführung von Künstlicher Intelligenz in kleinen und mittelständischen Unternehmen spezialisiert hat. „Wer KI benutzt, ist besser“, stellte der Diplom-Informatiker und Diplom-Kaufmann gleich zu Beginn seines Vortrags klar. „Mitarbeiter, die KI verwenden, haben im Durchschnitt 12,2 Prozent mehr Aufgaben 25,1 Prozent schneller abgeschlossen und dabei um 40 Prozent qualitativ hochwertigere Ergebnisse erzielt als Mitarbeiter, die ohne KI arbeiten.“ Dabei dürfe man allerdings nicht vergessen, dass Künstliche Intelligenz ein Werkzeug und keine Suchmaschine sei. So könne eine KI nicht das Fußballergebnis des Vortages nennen.

Auf den Kontext achten

„Eine KI muss trainiert werden, um Wissen zu transformieren“, unterstrich Herchenhein. So würden Chat GPT unter anderem 200.000 Bücher und 3,2 Milliarden Websites zugrunde liegen. Aber: „Ohne den Kontext zu kennen, kann eine KI keine Hilfe leisten.“ Aus diesem Grund sei es sehr wichtig, gute Prompts (Befehle) zu schreiben. „Sie sind das Herzstück der Interaktion mit generativen KI-Tools.“ Wichtig bei der Eingabe der Prompts sei, die Rolle des Schreibers, beispielsweise Marketingstudent, die Zielgruppe, die Aufgabe, den Kontext und die Ergebnisformate einzugeben. Zu achten sei dabei auf Wortwahl und Klarheit. „Damit die KI den richtigen Ton trifft, ist es sinnvoll, sie mit Beispielen eigener Texte zu füttern.“
Im Unterschied zu Chat GPT fungiere Perplexity auch als Suchmaschine, die sogar die entsprechenden Quellen mitliefere. Doch auch hier gelte es, die Informationen zu prüfen. „Lesen Sie immer Korrektur, denn jede KI, die eine Antwort nicht weiß, erfindet eine.“

Einfach mal machen

„Nutzen Sie die KI für einfache Tätigkeiten, die wenig Wissen voraussetzen, am besten für solche, die Sie nicht gerne machen“, riet Herchenhein den interessierten Personalverantwortlichen. Als Beispiel nannte er unter anderem Textanalysen aller Art, personalisierte Mitarbeiterkommunikation, Chatbots für Bewerber oder Dokumentationspflichten. „Geben Sie der KI kleine Aufgaben hintereinander.“ Die Firma Merck habe sogar bereits einen eigenen KI-Assistenten entwickelt, auch Heise setze auf das „Effizienzmonster KI“. Ebenso habe die digitale Transformation Einzug in die Autoindustrie gehalten: „Wer bei Mercedes anruft, spricht mit einer KI. Die KI-Agenten haben bereits über eine Million Telefonate geführt, in 30 Sprachen.“ Mit 2,3 Millionen würden bereits zwei Drittel aller Anfragen bei Klarna von einer KI beantwortet. Abschließend stelle sich nur noch die Frage, ob der Einsatz einer KI das Ende des Stundenlohns bedeute. „KI ist Chefsache und die Devise lautet: einfach mal machen!“, schloss Sven Herchenhein.

Neue Verordnung

Einen umfassenden Einblick in die rechtlichen Rahmenbedingungen beim Einsatz von KI im Personalwesen gab Christian Koch, Fachanwalt für Informationstechnologierecht sowie Urheber- und Medienrecht bei KKP.law. Dabei ging der Experte vor allem auf die Verordnung über Künstliche Intelligenz (KI-Verordnung) ein. Diese am 21. Mai 2024 von den 27 EU-Mitgliedsstaaten endgültig verabschiedete EU-Verordnung stelle weltweit die erste umfassende Regulation von KI dar. Dabei folge die Verordnung einem weitgehend risikobasiertem, in vier Kategorien gegliederten Ansatz von KI-Systemen mit inakzeptablem Risiko über solche mit Transparenzanforderungen bis hin zu Systemen mit keinem oder niedrigem Risiko. „Damit sind unter anderem die Dokumentations-, Sorgfalts- und Informationspflichten verknüpft“, erklärte Koch. Zu verbotenen Praktiken würden beispielsweise eine unterschwellige Beeinflussung oder Social Scoring gehören. Die meisten Vorschriften des KI-Gesetzes würden allerdings erst ab dem 2. August 2026 gelten.

Ein Verantwortlicher

Anbieter von Hochrisiko-KI-Systemen müssten verschiedene Anforderungen erfüllen, wie Koch erläuterte. Dazu zähle unter anderem, ein Risikomanagementsystem einzurichten, Anforderungen an die Datenqualität zu erfüllen und vor allem menschliche Aufsicht über die KI sicherzustellen. Ferner sei die Durchführung eines Konformitätsbewertungsverfahrens verpflichtend. Der Referent ging insbesondere auf den Artikel 22 der Datenschutzgrundsatzverordnung (DSGVO) ein. Das „Betroffenenrecht“ regele die automatisierten Entscheidungen im Einzelfall, einschließlich Profiling. „Das heißt, jeder hat das Recht, in Ruhe gelassen zu werden und nicht den Computer über sich entscheiden zu lassen“, machte er deutlich. „KI braucht nicht nur einen Verantwortlichen, sondern muss darüber hinaus auch transparent, nachvollziehbar und erklärbar sein“, fasste er abschließend zusammen.

VON PETRA A. ZIELINSKI

Stand: 11.12.2024