Blick auf kommende Großprojekte bei der IHK

Der Hessentag 2025 in Bad Vilbel wirft schon seine Schatten voraus, Aktivitäten zur Fachkräftesicherung standen ebenfalls im Fokus der IHK-Vollversammlung. Und ein einstimmiges Votum erhielt der Jahresabschluss 2023.
Auf ihrer jüngsten Vollversammlung präsentierte die Industrie- und Handelskammer (IHK) Gießen-Friedberg die finanziellen Ergebnisse für das Jahr 2023. Der Ansatz im Wirtschaftsplan 2023 wurde übertroffen. Die IHK erzielte einen Jahresüberschuss in Höhe von rund 2,55 Millionen Euro. Bei den betrieblichen Erträgen war im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um rund 2,729 Millionen Euro zu verzeichnen, sie betrugen somit rund 13,63 Millionen Euro. Der Jahresabschluss 2023 wurde einstimmig von den Mitgliedern der Vollversammlung (VV) festgestellt. Im Vergleich zu anderen Industrie- und Handelskammern reduziert die heterogene Mitgliederstruktur des IHK-Bezirks die Abhängigkeit von einzelnen Branchen oder Unternehmen, sodass die finanzielle Situation der IHK auf einer soliden Basis steht. Der Jahresüberschuss aus 2023 führt im Jahr 2024 einmalig zu einer hohen Ausschüttung an die IHK-Mitglieder: Der Umlagehebesatz wurde von 0,27 auf 0,10 Prozent gesenkt und damit fast um zwei Drittel gesenkt.
Ebenfalls einstimmig sprach sich die VV für die neu kooptierten Mitglieder Bettina Leidner (Hotel und Restaurant Heyligenstaedt GmbH) und Mario Leo (Result Consulting GmbH) aus. Wenn Wirtschaftszweige oder Regionen in der neu gewählten Vollversammlung noch nicht angemessen repräsentiert sind, können Unternehmerinnen oder Unternehmer kooptiert werden. Auch die beiden ehrenamtlichen Rechnungsprüfer Petra Kalbhenn und Michael Menges sind für die Prüfung der Jahresrechnung von der VV einstimmig bestätigt worden.

Top-Betriebe der Region

Als neu gewählte Mitglieder der VV stellten sich Sven Bieber (Bieber + Marburg GmbH & Co. KG) und Ingo Schleher (Bänninger Kunststoff-Produkte GmbH) vor. Ob Leitungen für die Wasserversorgung bei Temperaturen bis zu 95 Grad, Löschleitungen oder innovative Rohrsysteme, die keine Korrosion im Innern des Rohrs zulassen – das Produktportfolio der Bänninger Unternehmensgruppe bietet vielfältige Lösungen für Verbindungen an, wie Ingo Schleher anschaulich darlegte. „Spritzguss und Rohrextrusion sind unsere Schwerpunkte“, führte der Prokurist aus. Die Gruppe mit Hauptsitz in Reiskirchen ist seit ihrer Übernahme der Familien Stamm und Ertl 1987 stetig gewachsen, so etwa in Staßfurt in Sachsen-Anhalt, Polen und Dubai.
„Wir sind ein Stahlvollsortimenter, der sehr große Anarbeitungsmöglichkeiten für unsere Kunden bietet – das ist unsere große Leistung“, beschrieb Sven Bieber das Alleinstellungsmerkmal von Bieber + Marburg. Der Stahlhandels-Standort Gießen erstreckt sich über eine Hallenfläche von 43.000 Quadratmetern, weitere vier Hektar möchte das Unternehmen erwerben. Mit 48 Lkw und knapp 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter versorgt Bieber + Marburg beispielsweise Wohngebiete, Logistikzentren oder Straßen und ICE-Trassen mit Bauprodukten sowie die stahlverarbeitende Industrie im Umkreis von 300 Kilometern mit Rohren, Stabstahl, Trägern, Blechen, Qualitäts-, Blank- und Edelstählen in den verschiedensten Längen und Güten.

Internationales Engagement der IHK

Mit über 100 Teilnehmern aus über zehn Ländern, darunter Vertreter aus Nigeria, Brasilien und China, blickte IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Matthias Leder auf eine außerordentlich erfolgreiche internationale Konferenz „The World meets in Giessen“ zurück. „Die Netzwerkkonferenz unterstützt die weitere Internationalisierung der IHK Gießen-Friedberg.“ Sie fand im Juni bereits zum zweiten Mal statt und hat das Potenzial, zum Markenzeichen der IHK zu werden.
Keynote Speaker der internationalen Netzwerkkonferenz waren Lai Mohammed, ehemaliger Minister für Information und Kultur der Bundesrepublik Nigeria, und HUANG Yiyang, Generalkonsul der Volksrepublik China. Unter den weiteren hochrangigen Gästen befand sich auch Rudolf Scharping, ehemaliger deutscher Verteidigungsminister und China-Experte. „Unsere Keynote-Speaker sind Türöffner in ihre jeweiligen Länder“, erklärte Leder. „An zwei Tagen soll Gießen ‚der Nabel der Welt‘ sein. Die Idee ist, man kommt zusammen, tauscht Kontakte aus und daraus entstehen schließlich neue Geschäftsmöglichkeiten“, ergänzte er.

Immobilienwirtschaft im Fokus

An Themen mangelt es dem neugegründeten IHK-Arbeitskreis „Immobilienwirtschaft“ nicht: zu viel Bürokratie, zu viele Einschränkungen, unzählige öffentlich-rechtliche Anforderungen sowie privatrechtliche Anforderungen im Bauwesen oder die Grundsteuerreform zum 1. Januar 2025. Ottmar Lich, Mitglied des Arbeitskreises, hob die Funktion des Arbeitskreises als Sprachrohr gegenüber der Politik hervor. „Teilen Sie uns Ihre konkreten Vorschläge zum Bürokratieabbau mit (https://lmy.de/mleVE), wir geben sie an die politisch Verantwortlichen weiter.“ Neue Mitglieder seien willkommen. Zur Zielgruppe des Arbeitskreises zählen unter anderem Immobilienmakler, Fachanwälte, Bauunternehmer, Bauleitplaner oder Architekten.

Hessentag in Bad Vilbel

Der Hessentag findet im kommenden Jahr auch als ein Großereignis der regionalen Wirtschaft in Mittelhessen statt. Vom 13. bis 22. Juni 2025 steht die Brunnenstadt unter den drei Leitmotiven Kultur, Natur und Wasser. Claus-Günther Kunzmann, Hessentagsbeauftragter der Stadt Bad Vilbel und Intendant der Burgfestspiele, wies auf die positiven Folgen des Hessentages unter anderem für den Tourismus hin. „Wir konnten große Investitionen für die Stadtentwicklung anstoßen, so den Ausbau von Wanderwegen, eine Kneipp Anlage oder die Erneuerung des Skateparks.“
Der Hessentag werde sich weiträumig über Bad Vilbel erstrecken. Kunzmann zeigte sich optimistisch, was die Nachhalleffekte des Ereignisses betrifft: „Die lokale Gastronomie und Hotellerie wird auch mittelfristig von dem größten und ältesten Landesfest Deutschlands profitieren, da die Stadt mit vielen neuen Attraktionen im Zuge des Hessentages mit vielen neuen Attraktionen bereichert wird.“

Internationaler Fachkräfte Nexus

Angesichts des drängenden Fachkräftebedarfs setzt die Wirtschaft vermehrt auf internationales Personal, doch dabei stehen zahlreiche Herausforderungen im Raum. „Deutschland genießt aufgrund seiner qualitativ hochwertigen Ausbildung und Produkten noch immer Ansehen bei internationalen Fachkräften und Ausbildungsinteressierten“, hob IHK-Fachreferent Andreas Mertenbacher hervor.
Allerdings benötigten die Verfahren zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse und der Visumsvergabe meist mehrere Monate und seien zudem mit hohen Kosten und bürokratischem Aufwand verbunden. Die IHK Gießen-Friedberg widme sich diesem Thema und unterstütze ihre Mitgliedsunternehmen in vielerlei Hinsicht.
„Seit Beginn des Jahres gibt es das Angebot des Internationalen Fachkräfte Nexus“, führte Mertenbacher aus. Dabei handele es sich um eine regelmäßige Veranstaltungsreihe, die interessierte Mitgliedsunternehmen mit seriösen Drittanbietern vernetze, die Fachkräfte aus dem Ausland vermitteln würden. Viele Dienstleister würden neben der Suche im Herkunftsland nach geeigneten Kandidaten auch Unterstützung beim Anerkennungs- und Visumsprozess sowie bei der Wohnungssuche in Deutschland anbieten.
Darüber hinaus würden sie die Integration in die Betriebe unterstützen und die Fachkräfte bei Behördengängen begleiten. Das Fachkräftenetzwerk der IHK umfasse mittlerweile über 25 Netzwerkpartner, die Fachkräfte aus 36 verschiedenen Ländern nach Deutschland vermitteln könnten. Die Veranstaltung ist kostenlos, unverbindlich, findet hybrid statt, und steht hessenweit allen Betrieben offen.

Wirtschaftswunder 2.0

„Wie gestalten wir unsere Region und die Welt von morgen lebenswert?“ lautet die zentrale Frage des Projekts StartMiUp Factory Sustainable Life – einem Projekt der Philipps-Universität Marburg, der Justus-Liebig-Universität Gießen und der Technischen Hochschule Mittelhessen gemeinsam mit regionalen Unternehmen. Als eine Region, die geprägt ist vom Unternehmertum kleiner und mittlerer Unternehmen, Hidden Champions sowie globalen Unternehmen, sieht Professor Thomas Nauss, Präsident der Philipps-Universität Marburg, hierzulande viele gemeinsame Ansätze für eine innovative und zukunftsorientierte Antwort. Von zentraler Bedeutung ist bei dem zukünftigen Konzept die Rolle der regionalen Unternehmen als Fachinkubatoren und Akzeleratoren zur Unterstützung von Start-ups.
Durch die Bereitstellung von Expertise, Netzwerken und Ressourcen kann die Wirtschaft dazu beitragen, dass junge Unternehmen ihre Ideen zur Marktreife bringen und wachsen können. Dies führt nicht nur zu einer stärkeren Innovationskraft, sondern auch zu neuen Arbeitsplätzen und gestärkter wirtschaftlicher Dynamik in der Region. Dies soll insbesondere dadurch angestoßen werden, indem die StartMiUp Factory Start-ups bei den beteiligten Unternehmen in der gesamten Region unterbringt.
Relevante Schlüsseltechnologien sind hierbei unter anderem Energie, Optik, ressourceneffiziente Produktionstechnik, Automatisierung oder soziale Innovationen. Der Weg von der Idee zum etablierten Unternehmen erfolgt in zwei Phasen. Zunächst sollen die Gründer technologische Unterstützung, Infrastruktur und Räume durch die Kernpartner aus der Wirtschaft erhalten. Die StartMiUp Factory steuert Business Coaching, rechtliche und finanzielle Unterstützung bei.
In der Folgephase erhalten die Start-ups Unterstützung bei spezifischen Fragen und einen organisatorischen Mantel durch die StartMiUp Factory, bis schließlich die entstandenen Start-ups weitere Neugründungen national wie international anziehen. „Wir sehen hier die Grundlage für ein Wirtschaftswunder 2.0“, beschreibt Nauss die Ausstrahlungskraft des Innovationszentrums.
Mitte Juni erhielt der StartMiUp Innovations- und Startupcampus Mittelhessen die Zusage, dass er zu den 15 Verbünden zählt, die sich für die Konzeptphase des EXIST-Leuchtturmwettbewerbs „Startup Factories“ qualifiziert haben. Die Initiative entstammt der Justus-Liebig-Universität Gießen, der Philipps-Universität Marburg und der Technischen Hochschule Mittelhessen. Zielsetzung des nationalen Wettbewerbs ist die Förderung regionaler Start-up-Ökosysteme seitens des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Damit sollen Start-ups an gründungsstarken Hochschulen und Forschungseinrichtungen gestärkt werden. Grundlage für die Förderung ist die Zusammenarbeit mit öffentlichen und privaten Partnern zur wirtschaftlichen Verwertung durch innovative Ausgründungen. In einer neunmonatigen Förderphase wird aktuell das Konzept der StartMiUp Factory Sustainable Life weiterentwickelt. Ziel ist die Qualifizierung für die Umsetzungsphase ab Juni 2025.

Herausgegeben am 23. September 2024
Pressemeldung Nr. 57
Verantwortlich für den Inhalt: Doris Steininger, Tel. 06031/609-1100
Pressestelle: Doris Steininger, Tel. 06031/609-1100

Stand: 23.09.2024