Oktober 2024

1. Arbeitsrecht


Außerordentliche Kündigung wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit rechtens

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen hat mit Urteil vom 8. Juli 2024 entschieden, dass die außerordentliche Kündigung einer Arbeitnehmerin wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit rechtmäßig ist. Der Fall betraf eine Sekretärin an einer Grundschule, die sich nach der Ablehnung eines Urlaubsantrages krankgemeldet, aber dennoch an einem Trainerlizenz-Lehrgang teilgenommen hatte.
Die Arbeitnehmerin war seit dem 1. Dezember 2007 an einer Grundschule in Niedersachsen beschäftigt. Im Sommer 2023, am Beginn der niedersächsischen Sommerferien, beantragte sie für den 6. Juli 2023 Urlaub. Dieser Antrag wurde jedoch von der Schulleitung abgelehnt. Daraufhin meldete sich die Arbeitnehmerin am 5. Juli 2023 mit einer ärztlich attestierten Magen-Darm-Grippe krank und reichte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit vom 5. bis zum 7. Juli 2023 ein. Am 6. Juli 2023 nahm sie jedoch an einem Trainerlizenz-Lehrgang teil, was der Arbeitgeberin zur Kenntnis gelangte. Diese sah darin den Verdacht einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit und hörte die Arbeitgeberin an. Die Arbeitnehmerin erklärte, dass sie am 5. Juli 2023 tatsächlich krank gewesen sei, sich jedoch am nächsten Tag bereits wieder besser gefühlt habe, weshalb sie beschlossen habe, an dem Lehrgang teilzunehmen. Dennoch kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis außerordentlich und fristlos.
Die Arbeitnehmerin erhob Kündigungsschutzklage gegen die außerordentliche Kündigung. Sowohl das Arbeitsgericht Osnabrück als auch das LAG Niedersachsen bestätigten jedoch die Wirksamkeit der Kündigung. Die Gerichte befanden, dass die Teilnahme an dem Lehrgang trotz vorgelegter Krankschreibung berechtigte Zweifel an der tatsächlichen Arbeitsunfähigkeit der Klägerin aufwarf. Nach Ansicht des LAG habe die Arbeitnehmerin ihrer sogenannten „sekundären Darlegungslast" nicht hinreichend Genüge getan.
Gemäß Paragraf 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt sein, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht. Im vorliegenden Fall stützte sich die Arbeitgeberin auf den Verdacht, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht korrekt war. Das Gericht stellte klar, dass eine ordnungsgemäß ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung grundsätzlich einen hohen Beweiswert gemäß Paragraf 7 Absatz 1 Nr. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) genieße. Jedoch könnten Umstände, die ernsthafte Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit aufkommen lassen, diesen Beweiswert erschüttern.
Hier sah das Gericht durch die zeitliche Nähe zwischen der Ablehnung des Urlaubsantrags und der Krankschreibung sowie durch die Teilnahme am Lehrgang hinreichende Anhaltspunkte, die Zweifel an der Echtheit der Arbeitsunfähigkeit begründeten. Insbesondere die Tatsache, dass die Arbeitnehmerin am 6. Juli 2023 an einem körperlich fordernden Lehrgang teilgenommen habe, verstärkte diese Zweifel. Die Arbeitnehmerin hätte im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast detailliert darlegen müssen, welche Krankheitssymptome vorgelegen hätten und weshalb diese eine Teilnahme an dem Lehrgang, nicht jedoch die Erbringung ihrer Arbeitsleistung ermöglichten. Diesen Anforderungen sei sie jedoch nicht ausreichend nachgekommen.
Das Gericht hob hervor, dass die Teilnahme an dem Trainerlehrgang nicht zwingend die Arbeitsunfähigkeit ausschließe. Es sei theoretisch möglich, dass eine Erkrankung zwar die Arbeitsfähigkeit beeinträchtige, jedoch nicht die Teilnahme an einer sportlichen Aktivität ausschließe. Doch die Arbeitnehmerin habe keine plausiblen Erklärungen dafür liefern können, welche konkreten gesundheitlichen Einschränkungen ihre Arbeitsunfähigkeit am Arbeitsplatz gerechtfertigt hätten, während sie zur selben Zeit an der sportlichen Veranstaltung teilgenommen habe. Auch sei von ihr nicht dargelegt worden, warum sie sich trotz verweigerten Urlaubsantrags weiterhin zu dem Lehrgang angemeldet habe und dort erschienen sei.
Das LAG Niedersachsen entschied ferner, dass es aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung keiner vorherigen Abmahnung bedurft habe. Das Vertrauensverhältnis zwischen der Arbeitnehmerin und der Arbeitgeberin sei durch den Verdacht der Täuschung so nachhaltig gestört, dass die Fortführung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar gewesen sei. Auch eine Interessenabwägung zwischen den beiden Parteien ergab, dass das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses überwiege.
LAG Niedersachsen, Urteil vom 8. Juli 2024, Az.: 15 SLa 127/24


Arbeitsunfall beim Abholen von Arbeitsschlüsseln in der Wohnung

Ein Arbeitsunfall kann vorliegen, wenn eine Beschäftigte nach einem privaten Wochenendausflug auf dem Weg zu ihrer Wohnung verunglückt, weil sie dort Arbeitsschlüssel und -unterlagen vor Arbeitsantritt abholen wollte. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 26. September 2024 entschieden (Aktenzeichen: B 2 U 15/22 R).
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin war am Unfalltag morgens nach einem privaten Wochenendausflug von dort zurück zu ihrer Wohnung gefahren, in der sich Schlüssel und Unterlagen für ihren anschließenden Arbeitseinsatz befanden. Wenige Kilometer vor ihrem Wohnort verunglückte sie mit ihrem Pkw und wurde schwer verletzt. Die beklagte Berufsgenossenschaft und die Vorinstanzen lehnten die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. Die Revision der Klägerin beim Bundessozialgericht war im Sinne der Zurückverweisung an das Landessozialgericht erfolgreich:
Die Klägerin könne sich auf einem versicherten Betriebsweg befunden haben, wenn sie den Weg zur Aufnahme von Arbeitsschlüsseln und -unterlagen in ihrer Wohnung in Umsetzung einer Weisung ihres Arbeitsgebers zurückgelegt habe, so das Bundessozialgericht. Falls keine solche Weisung feststellbar sei, könne die Klägerin auf einem versicherten Weg verunfallt sein, wenn sie mit den Arbeitsschlüsseln und -unterlagen in ihrer Wohnung verwahrtes Arbeitsgerät holen wollte, das für die Aufnahme oder Verrichtung ihrer Arbeit unentbehrlich gewesen sei. Die hierfür erforderlichen Feststellungen habe das das Landessozialgericht noch nachzuholen.
BSG, Pressemitteilung Nr. 27 vom 26. September 2024, abrufbar unter


2. Firmen-, Handels- und Gesellschaftsrecht


Hohe Ordnungsgelder wegen verspäteter Jahresabschlüsse: Gericht setzt Strafe drastisch herab

Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat mit Urteil vom 4. September 2024 entschieden, dass der Ermessensspielraum des Bundesamtes für Justiz (BfJ) bei der Festsetzung von Ordnungsgeldern für kapitalmarktorientierte Unternehmen zwar weitreichend ist, jedoch durch das verfassungsrechtliche Übermaßverbot begrenzt wird.
In dem konkreten Fall ging es um eine GmbH & Co. KG, die ihre Jahresabschlüsse für die Geschäftsjahre 2019 und 2020 nicht fristgerecht beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers eingereicht hatte. Dies ist eine gesetzliche Pflicht, die für kapitalmarktorientierte Unternehmen gemäß Paragraf 325 Handelsgesetzbuch (HGB) gilt. Das Bundesamt für Justiz, welches für die Überwachung der Einhaltung dieser Pflicht zuständig ist, hatte daraufhin mit Schreiben vom 2. August 2021 ein erstes Ordnungsgeld in Höhe von jeweils 2.500 Euro für beide Geschäftsjahre angedroht. Da die Gesellschaft weiterhin keine Jahresabschlüsse einreichte, setzte das BfJ diese Ordnungsgelder im Februar 2022 fest und drohte ein weiteres, wesentlich höheres Ordnungsgeld von jeweils 250.000 Euro an.
Am 13. Dezember 2022 folgte die endgültige Festsetzung dieser hohen Ordnungsgelder. Gleichzeitig drohte das BfJ an, weitere Ordnungsgelder bis zu einer Höhe von 1 Million Euro zu verhängen, falls die Jahresabschlüsse nicht bald eingereicht würden. Die betroffene Gesellschaft legte die Jahresabschlüsse schließlich Ende Dezember 2022 vor, erhob jedoch Beschwerde gegen die bereits festgesetzten Ordnungsgelder. Sie argumentierte, dass die festgesetzte Summe von insgesamt 500.000 Euro ihre wirtschaftliche Existenz bedrohe.
Das OLG Köln folgte dieser Argumentation und stellte fest, dass das BfJ zwar einen weiten Ermessensspielraum bei der Festsetzung von Ordnungsgeldern besitze, dieser jedoch durch das sogenannte Übermaßverbot begrenzt sei. Nach diesem Verbot, das sich aus dem Rechtsstaatsprinzip und Artikel 12 Grundgesetz (GG), der Berufsfreiheit, ableite, müssten staatliche Maßnahmen verhältnismäßig sein. Insbesondere dürften Sanktionen nicht in einem unangemessenen Verhältnis zur finanziellen Lage eines Unternehmens stehen.
Das Gericht führte aus, dass die Jahresabschlüsse, die von einem Wirtschaftsprüfer testiert worden seien, keine Anhaltspunkte für eine solche finanzielle Stabilität der Gesellschaft lieferten, die es ihr ermöglicht hätte, die Ordnungsgelder in der geforderten Höhe zu begleichen, ohne ihre wirtschaftliche Existenz zu gefährden. Die vom BfJ verhängten Ordnungsgelder seien daher unverhältnismäßig und verstießen gegen das Übermaßverbot.
Gemäß Paragraf 335 Absatz 1a Handelsgesetzbuch (HGB) habe das BfJ bei Verstößen gegen die Veröffentlichungspflicht weite Handlungsspielräume, jedoch nicht schrankenlos. Das OLG Köln betonte in seinem Urteil, dass das BfJ bei der Bemessung der Höhe eines Ordnungsgeldes die finanziellen Verhältnisse des Unternehmens in angemessener Weise berücksichtigen müsse. Der weite Ermessensspielraum des BfJ finde somit seine Grenze, wenn die festgesetzte Strafe in keinem vernünftigen Verhältnis zu den finanziellen Belastungen stehe, die dem Unternehmen drohten.
Auf dieser Grundlage reduzierte das OLG Köln die verhängten Ordnungsgelder drastisch auf jeweils 25.000 Euro pro Jahr, also insgesamt 50.000 Euro. Diese Summe sei ausreichend, um die gesetzlichen Pflichten der Gesellschaft zu wahren, ohne jedoch deren wirtschaftliche Existenz zu gefährden. Dabei verwies das Gericht auf die Notwendigkeit einer maßvollen Sanktionierung, die sowohl die Interessen der Allgemeinheit als auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Unternehmens berücksichtige.
OLG Köln, Urteil vom 4. September 2024 Az.: 28 Wx 4/24


Nicht jede Firmierung kann eingetragen werden

Zum Thema der Eintragungsfähigkeit von Unternehmensnamen sind zwei interessante Entscheidungen ergangen.
Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat mit Beschluss vom 9. Juli 2024 (Az.: 3 Wx 77/24) entschieden, dass die Firmenbezeichnung „Deutsches Zentrum für …“ unzulässig ist, wenn das Unternehmen nicht bundesweit tätig ist und keine hervorgehobene Marktbedeutung auf Grund der Ausstattung und fachlichen Kompetenz gegenüber anderen Dienstleistungsanbietern aufweist.
Im konkreten Falle hatte das Unternehmen eine Medizinerin mit eigener Praxis beschäftigt und sich selbst als „eines unter vielen Unternehmen“ bezeichnete. Das OLG entschied daher, dass die Firmierung mit den beiden Bestandteilen „Deutsches Zentrum“ offensichtlich nicht dem Grundsatz der Firmenwahrheit entspreche und über die geschäftlichen Verhältnisse täusche. Der Name könne daher nicht im Handelsregister eingetragen werden.
Das Kammergericht (KG) Berlin beschäftigte sich im - noch nicht rechtskräftigen - Beschluss vom 6. Mai 2024 (Az.: 22 W 16/24) ebenfalls mit der Eintragungsfähigkeit einer Firma. Es entschied, dass ein Unternehmensname, der nur aus einem Gattungsbegriff in Kombination mit einer Internetdomain „… .de AG“ besteht, nicht ausreichend kennzeichnungskräftig ist. Das Registergericht habe daher zu Recht nicht eingetragen.
Grundsätzlich muss der Name eines Unternehmens kennzeichnend sein und eine Unterscheidenskraft aufweisen. Rein beschreibende Sachbegriffe oder Gattungsbezeichnungen können einem Unternehmen nicht den notwendigen Wiedererkennungswert geben. Auch eine Top-Level-Domain wird im allgemeinen Geschäftsverkehr üblicherweise nicht als prägend wahrgenommen. Die Tatsache, dass eine Internet-Domain grundsätzlich nur einmal vergeben wird, ändert nichts an dieser Wahrnehmung. Die gesetzliche Regelung setzt keine Alleinstellung der Bezeichnung in irgendeiner Richtung voraus. Stattdessen muss die gewählte Firmierung als Name im allgemeinen Geschäftsverkehr Kennzeichnungskraft entfalten. Diese Anforderungen sind bei der Wahl einer sachbegrifflichen Internetdomain nicht erfüllt.
Praxistipp: Wenn Fragen zur Eintragungsfähigkeit Ihrer Firma haben, können Sie Ihre IHK fragen. Wir beraten Sie gerne zur Zulässigkeit von Firmennamen und unterstützen Sie bei der Eintragung ins Handelsregister.


3. Steuerrecht


BZSt: Wirtschafts-Identifikationsnummer

Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) teilt ab November 2024 jedem Steuerpflichtigen ein eindeutiges Identifikationsmerkmal zu. Natürliche Personen erhalten die Identifikationsnummer und wirtschaftlich Tätige zukünftig die Wirtschafts-Identifikationsnummer (W-IdNr.).
Finanzbehörden sollen damit in der Lage sein, wirtschaftlich tätige Rechtssubjekte mit den jeweils handelnden natürlichen Personen richtig zuordnen zu können. Die W-IdNr. ermöglicht eine eindeutige Identifizierung des wirtschaftlichen Tätigen im Besteuerungsverfahren. Sie bleibt für die Dauer der gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit bestehen und ändert sich nicht. Dies gilt auch zum Beispiel bei Adress- oder Namensänderungen.
Die Identifikationsnummer (IdNr.), Steuernummer und Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) bleiben neben der W-IdNr. bestehen.


BMF: Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben 2024

Mit Schreiben vom 17. September 2024 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) die Richtsatzsammlung 2023 veröffentlicht. Darin enthalten sind auch die für das Jahr 2024 geltenden Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben (Sachentnahmen). Diese gelten u.a. für Bäckereien, Fleischereien/Metzgereien, Gaststätten, Getränkehändler, Cafés und Konditoreien.


BFH: Keine Rechnungsberichtigung bei fehlendem Hinweis auf innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft

Mit Urteil vom 17. Juli 2024, Az.: XI R 35/22 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die nachträgliche Korrektur von Rechnungen im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 14a Abs. 7 Umsatzsteuergesetz (UStG) keine Rückwirkung entfaltet. Das nachträgliche Erfüllen einer notwendigen Tatbestandsvoraussetzung ist keine Korrektur, sondern das erstmalige Ausstellen der vorausgesetzten Rechnung.


4. Wettbewerbsrecht


Werbung für Ferngutachten

Gemäß einer Entscheidung des Landgerichts (LG) Frankfurt kann die Werbung mit sogenannten Ferngutachten, welche „ohne Termin vor Ort“ und nur auf „Grundlage von Fotos“ erstellt werden sollen, eine Irreführung im Sinne des Wettbewerbsrechts darstellen.
Beklagt war ein Anbieter von KFZ-Unfallgutachten, der damit warb, dass die Gutachten „direkt zur Vorlage bei der gegnerischen Versicherung, nur auf Grundlage von Fotos in wenigen Klicks und ohne Termin vor Ort“ erstellt werden könnten.
Dieses Vorgehen läuft jedoch der Pflicht zur persönlichen Inaugenscheinnahme des Sachverständigen bei KFZ-Unfallgutachten zuwider, da auf Fotos beispielsweise keine verstecken Schäden zu erkennen sind. Aufgrund der Werbeaussage gehen die Kunden in der Regel allerdings irrtümlich von einem uneingeschränkt verwertbaren Gutachten aus.
Ferngutachten, welche lediglich auf Grundlage von Fotos des Kunden erstellt wurden, können jedoch im Hinblick auf die Schadensaufnahmen und die Schadenskalkulation durch die Versicherung angezweifelt werden. Auch für die Verwendung des Gutachtens als „Privatgutachten“ im Zivilprozess ist die persönliche Wahrnehmung des Gutachters vor Ort Voraussetzung.
Landgericht Frankfurt am Main, Anerkenntnisurteil vom 22. März 2024, Az.: 3-10 O 593/23 -nicht rechtskräftig

Energielabel im Küchenstudio

Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Köln muss in einem Küchenstudio an Ausstellungsgeräten, auch wenn diese lediglich als Platzhalter dienen, ein aktuelles Energielabel angebracht sein.
Beklagt war die Betreiberin eines Küchenstudios, in welchem nicht nur Küchen, sondern auch entsprechende Haushaltselektrogeräte verkauft wurden. Einige dieser Geräte trugen jedoch entweder kein Energielabel oder dieses war bereits veraltet. Für Elektrogeräte besteht allerdings eine Pflicht zur Kennzeichnung mit den entsprechenden Energielabeln. Diese gelte nach Auffassung des Gerichts selbst dann, wenn das Gerät nur dazu diene, „Lücken in der Ausstellung zu schließen“ und daher gar nicht zum Verkauf stehe.
Verbraucher gehen in der Regel davon aus, dass auch die Geräte in der Ausstellung zum Verkauf stehen. Daher besteht nach Ansicht des Gerichts auch hier eine entsprechende Kennzeichnungspflicht, da sonst eine Irreführung des Verbrauchers gemäß § 5a Absatz 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) durch das Vorenthalten wesentlicher Informationen, in diesem Fall eines aktuellen Energielabels, vorliege. Daher müsse der Händler mindestens zwei Mal am Tag kontrollieren, ob das Label noch ordnungsgemäß angebracht sei.
Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 24. Mai 2024, Az.: 6 U 150/23


5. Internetrecht


Oberlandesgericht (OLG) Koblenz: Kriterien für die korrekte Gestaltung des Kündigungsbuttons

Auch diesem Jahr sind mehrere Entscheidungen zur korrekten Ausgestaltung des Kündigungsbuttons ergangen. Einerseits sind die Gerichte offen für kreative und verbraucherfreundliche Lösungen, andererseits bestehen für die Gestaltung dieser Schaltflächen zur Beendigung eines Vertragsverhältnisses genaue gesetzliche Vorgaben.
Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz stellte in seinem Urteil vom 19. September 2024 (Az.: 2 U 437/23) klar, dass zwar die Zurverfügungstellung weiterer, also mehrfacher Kündigungsmöglichkeiten, der gesetzlichen Vorgabe nicht entgegenstehe. Voraussetzung sei jedoch, dass die einfachen Kündigungsmöglichkeiten gleichberechtigt zur Verfügung stehen würden. Das Urteil ist abrufbar unter

Weitere Urteile zur Gestaltung des Kündigungsbuttons im Überblick:

Zuletzt entschied das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg mit Urteil vom 30. Juli 2024 (Az.: 3 U 2214/23), dass der Kündigungsbutton nicht erst nach einem Login in das Kundenkonto zugänglich sein dürfe. Das OLG Düsseldorf (Urteil vom 23. Mai 2024; Az.: I-20 UKl 3/23) hatte zuvor bereits klargestellt, dass es unzulässig sei, eine Anmeldung mittels Benutzernamen und Passwort bzw. Vertragsnummer und Postleitzahl zu verlangen.
Entsprechend entschieden hatten bereits in den Vorjahren das Landgericht (LG) München I (Urteil vom 10. Oktober 2023, Az.: 33 O 15098/22) und das LG Köln (Beschluss vom 29. Juli 2022, Az.: 33 O 355/22). In einem anderen Verfahren hatte das LG München I (Urteil vom 16. November 2023, Az.: 12 O 4127/23) entschieden, dass es nicht genüge, wenn der Kündigungsbutton erst nach einem weiteren Klick sichtbar werde. Zudem reiche es nicht aus, wenn er in kleinerer Schrift als die übrige Webseite gehalten und im Gegensatz zum Button zu den Angeboten nicht farblich hinterlegt sei.
Praxistipp: Der Kündigungsbutton sollte schnell, einfach und farblich und gestalterisch leicht erkenn- und erreichbar sein. Jede Verwirrung in Bezug auf den Kündigungsbutton oder dessen erschwerte Zugänglichkeit wird auch zukünftig in das Augenmerk des Verbraucherschutzes rücken.


6. Zivilrecht, Gewerberecht, Gewerbliche Schutzrechte, Sonstiges


Liste der Geldwäsche-Hochrisikostaaten aktualisiert

Das Geldwäschegesetz legt bestimmten Unternehmen und Personen (den nach § 2 GwG Verpflichteten) zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung besondere Pflichten auf. Dadurch sollen die Geschäfte mit kriminellem Hintergrund erschwert und zu deren Aufdeckung beigetragen werden.
Da Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung nicht vor Grenzen halt machen, wird dem Thema auch international große Bedeutung beigemessen. Ein erhöhtes Risiko besteht in Bezug auf Geschäftsbeziehungen oder Transaktionen, an denen ein von der EU-Kommission ermittelter Drittstaat mit hohem Risiko beteiligt ist (§ 15 Absatz 3 Nummer 2 Alternative 1 GwG) sowie bei Geschäftsbeziehungen mit einer natürlichen oder juristischen Person, die in einem solchen Drittstaat ansässig ist (§ 15 Absatz 3 Nummer 2 Alternative 2 GwG). Dann bestehen bei Geschäftshandlungen verstärkte Sorgfaltspflichten.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat mit Rundschreiben vom 10. Oktober 2024 die Listen der Geldwäsche-Hochrisikostaaten aktualisiert. Damit gibt sie im Text die verschärfte Erklärung zur Demokratischen Volksrepublik Korea (Nordkorea) wieder, die die Financial Action Task Force (FATF) am 28.06.2024 veröffentlicht hatte.
Welche weiteren Drittländer mit hohem Risiko eingestuft wurden, sind der jeweils gültigen delegierten Verordnung zu entnehmen. Diese finden Sie hier: https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Rundschreiben/2024/rs_08_2024_laenderliste_gw.html?nn=19659504


7. Veranstaltungshinweise, DIHK-Newsletter Steuern | Finanzen | Mittelstand

Seminarreihe zur Weiterbildung für Wohnimmobilienmakler

In der Seminarreihe "Weiterbildung für Wohnimmobilienmakler" bietet Ihnen die IHK Gießen-Friedberg eine umfassende Möglichkeit zur systematischen Wissensaktualisierung für Immobilienprofis. Die Reihe umfasst insgesamt sechs Termine, die sich an den in Anhang 1 zu § 15b Abs. 1 MaBV aufgeführten Themen orientieren.
Teilnehmer können die Seminare einzeln buchen. Nach der Teilnahme an den einzelnen Modulen wird eine offizielle Bescheinigung ausgestellt, die als Nachweis gemäß § 34c Abs. 2a GewO dient.
Themenübersicht:
  • Grundlagen des Maklergeschäfts
  • Rechtliche Grundlagen des Maklergeschäfts
  • Wettbewerbsrecht, Verbraucherschutz und Informationspflichten (einschl. PrAngV)
  • Die Kundenberatung im Maklergeschäft
  • Grundlagen der Finanzierung
  • Die Pflichten des Maklers nach Steuerrecht und Geldwäschegesetz; Sanktionen der Aufsichtsbehörde
Die Seminarreihe findet an 6 Terminen im November 2024 von 14:00 bis 17:00 bzw. 18:00 Uhr in 35390 Gießen statt.
Es referiert Herr Markus Ruppel. Das Teilnahmeentgelt beträgt jeweils 120,00 EUR.
Weitere Details und Anmeldungen unter IHK Gießen-Friedberg, Recht und Steuern, Christiane Bölitz-Reitz, Tel: 0641 7954-4025, Email: veranstaltungen@giessen-friedberg.ihk.de,



„Wir richten uns nach Ihren Wünschen“
Sie sind auf der Suche nach einer Seminarveranstaltung und haben diese bisher nicht gefunden? Dann teilen Sie uns Ihre Themenwünsche doch einfach mit!



IHK-Info Steuern | Finanzen | Mittelstand – News und Fakten

Der DIHK-Newsletter Steuern | Finanzen | Mittelstand Ausgabe Nr. 10/2024 informiert Sie u.a.
über Wichtiges zur Einführung der E-Rechnung, die Abrechnung der Schuldenbremse für 2023, den historischen Tiefstand beim Gründungsinteresse sowie über die deutliche Steigerung der Steuereinnahmen im August 2024.
Sie finden den Newsletter hier.



Ansprechpartner Recht:
Dr. Sven Sudler, E-Mail: sven.sudler@giessen-friedberg.ihk.de

Ansprechpartner Steuern:






Stand: 24.10.2024