Beteiligungskapital

Beteiligungskapital
Was ist Beteiligungskapital?
Die Begriffe Beteiligungskapital, Risikokapital oder Venture Capital sind in letzter Zeit in aller Munde. Was steckt dahinter? Gerade kleinen, innovativen Unternehmen fehlt oft das Geld, um vielversprechende Projekte zu realisieren. Dafür findet sich bei Beteiligungsgesellschaften, aber auch liquiden Unternehmen und Privatpersonen die Bereitschaft Geld renditebringend in Form einer stillen oder offenen, passiven oder aktiven Beteiligung in wachstumsträchtige Unternehmen zu investieren. Sie trauen sich zu, das Risiko, das ein solches Engagement zwangsläufig beinhaltet, beurteilen und im Falle einer positiven Entscheidung tragen zu können. Die IHK-Beteiligungsbörse-Risikokapital ist ein Forum, um kapitalsuchende innovative Unternehmen und potentielle Investoren zusammenzubringen. Die folgenden Erläuterungen sollen einige der vielen Aspekte des Themas Beteiligungskapital beleuchten. Dabei ist allerdings zu beachten, dass es viele Spielarten des Beteiligungskapitals gibt, die hier nicht erschöpfend beschrieben werden können. Nehmen Sie die folgenden Ausführungen also als erste Leitlinie, um leichter die konkrete Ausprägung in Ihrem speziellen Fall erfragen zu können.
Beteiligungskapital gibt es als stille oder offene Beteiligung. Bei der stillen Beteiligung tritt der Beteiligungsgeber nach außen nicht in Erscheinung; er gibt sein Kapital darlehensähnlich in das Unternehmen. Bei der zweiten Variante hat er offene Anteile am Eigenkapital des Unternehmens, das dazu die Rechtsform der GmbH oder AG haben oder annehmen sollte. Wird bei einem Eigenkapital von € 25.000,- ein offener Anteil von 40 % genommen, fließen entsprechend € 10.000,- als Eigenkapitaleinlage und der restliche Beteiligungsbetrag wie bei der stillen Beteiligung in einer darlehensähnlichen Form in das Unternehmen.
Es wurde schon angedeutet, dass Beteiligungsgeber unterschiedlichster Art zu finden sind. Beteiligungsgesellschaften sind zum Teil unabhängig, zum Teil Töchter von Banken oder Großunternehmen und arbeiten entweder gewinnorientiert oder - wie die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Hessen (MBG) mit einer stärkeren Ausrichtung auf das Thema Wirtschaftsförderung. Auch Unternehmen können sich an anderen Unternehmen beteiligen. Dies beschränkt sich nicht nur auf Großunternehmen, die dazu teilweise sogar eigene Beteiligungsgesellschaften gründen, sondern ist auch im Mittelstand weitverbreitet. Neben der Gewinnorientierung sieht man hier die Chance, durch die Beteiligung an neuen Märkten oder an neuen Technologien teilhaben zu können. Privatleute als Beteiligungsgeber blicken oft auf eine eigene Karriere als Unternehmer zurück und möchten nun ihr Geld, teilweise aber auch Ihre Erfahrungen in neue Unternehmen einfließen lassen. Der Begriff Business Angel etabliert sich zur Zeit für diese Leute. Beteiligungsbeträge von wenigen € 50.000,- (selten unter € 50.000,-) bis zu einigen Millionen DM sind üblich. Private Investoren dürften eher bereit sein, auch kleinere Beträge zu investieren.
Welche Anforderungen stellen Beteiligungsgeber an ein Engagement? Die Projekte müssen mittelfristig, also innerhalb weniger Jahre, außerordentlich gewinnträchtig sein und der Beteiligungsgeber will an diesen Gewinnen teilhaben. Deshalb ist Beteiligungskapital, wie später noch ausgeführt wird, eine der teuersten Arten der Kapitalbeschaffung. Sinnvoll ist es nur dann, wenn es einem kapitalsuchenden Unternehmen Chancen eröffnet, die es ohne diese Art der Finanzierung nicht nutzen könnte und so unter dem Strich für beide Parteien ein erheblicher Gewinn zu erwarten ist. Der hohe Preis erklärt sich dadurch, dass der Kapitalgeber bereit ist, ein erhebliches Risiko ohne entsprechende Sicherheiten zu tragen. Die Renditen eines normalen Zinssatzes könnte der Investor mit wesentlich geringerem Risiko erzielen. Zusätzlich muss der nicht unerhebliche Aufwand für die Betreuung erlöst werden. Neben einer hohen Wirtschaftlichkeit erwarten Beteiligungsgeber genaue Informationen zu den Chancen und dem Risiko, auf das sie sich mit viel Geld einlassen sollen. Deshalb führen sie eine sehr umfassende Prüfung des Unternehmens und der Kernprojekte durch. Neben dem Produkt, den Märkten, den Wettbewerbern und den bisherigen Erfahrungen des Managements wird im Verlauf der Verhandlungen auch die wirtschaftliche Situation und die Kalkulation durchleuchtet. In diesem Zusammenhang ist die Unterzeichnung einer Vertraulichkeitserklärung durchaus angebracht. Die Anforderungen an das Projekt reichen - je nach Beteiligungsgeber - von einer hohen Rendite in einem regionalen Markt bis zum Potential für eine Weltmarktführerschaft.
Im Falle einer aktiven Beteiligung wird Ihr Managementteam dauerhaft vom Beteiligungsgeber verstärkt, unter anderem für die Bewältigung des Tagesgeschäftes. Andernfalls stehen die Beteiligungsgeber in der Regel ebenfalls mit Rat und Tat zur Seite, jedoch weniger in Hinsicht auf das Tagesgeschäft. Aktiv beteiligen wollen sie sich an den strategischen Entscheidungen. Eine Kontrolle auf der Basis von Quartalszahlen, ob die vereinbarten Ziele eingehalten wurden, ist nicht ungewöhnlich. In Deutschland ist es zumindest bei Beteiligungsgesellschaften üblich, der Kapitalnehmer keine Haftungserklärung über den Betrag der in sein Unternehmen geflossenen Beteiligung abgeben muss, der Kapitalgeber (er)trägt dieses Risiko.
Damit ist das Thema Konditionen angeschnitten. Beteiligungsgeber wollen entweder von den Erträgen profitieren, die das Unternehmen erwirtschaftet, oder vom Wertzuwachs des Unternehmens, der sich später durch den Verkauf der eigenen Anteile direkt an andere Kapitalgeber oder im Rahmen eines Börsenganges realisieren lässt. Der Verkauf von Anteilen z.B. im Rahmen eines Börsengangs oder durch Verkauf an ein anderes Unternehmen wird meist einvernehmlich geregelt. Setzt der Kapitalgeber auf Wertzuwachs, wird er die Liquidität des Unternehmens eher schonen, ansonsten sind verstärkte Gewinnmitnahmen zu erwarten. Ob die Konditionen "gut" sind, lässt sich nur dann sagen, wenn verschiedene Angebote vorliegen. Zu Berücksichtigen ist dabei aber auch die persönliche "Chemie" und die Unterstützung, die der Beteiligungsgeber dem Unternehmen gibt.
Aus folgenden Komponenten setzen sich die Konditionen zusammen, wobei in ein Angebot nicht alle Komponenten eingehen müssen:
- Zinsen + Gebühren
- Rückzahlungsmodalitäten
- Kosten der Betreuung
- Höhe des Eigenkapitalanteils bei offenen Beteiligungen (oft über 25% und unter 50%)
Bei der Höhe des Kapitalanteils des Investors ist zu beachten, dass erfolgreiche Unternehmen oft nach kurzer Zeit weitere Mittel benötigen, um die sich neu eröffnenden Chancen nutzen zu können. Liegt der Anteil bei der ersten Finanzierungsrunde schon nahe bei 50%, ist bei der zweiten Runde der Verlust der Majorität des ursprünglichen Inhabers wahrscheinlich.
Wird stilles Kapital zur Verfügung gestellt, möchte der Kapitalgeber meist von den laufenden Erträge profitieren. Es werden also in der Regel Zinsen (meist deutlich über 10%) fällig und teilweise auch Anteile an den Gewinnen gefordert. Wird das Kapital befristet zur Verfügung gestellt, müssen auch die Rückzahlungsmodalitäten geklärt werden. Bei der offenen Beteiligung ist die Betreuung durch den Beteiligungsgeber meist intensiver. Der Investor verlangt zwar meist auch Zinsen, seinen Hauptverdienst erzielt er jedoch durch den Wertzuwachs der Anteile, die er an dem Unternehmen hält. Realisieren lässt sich der Wertzuwachs allerdings nur durch den Verkauf der Anteile. Und es liegt in der Natur der Dinge, dass diese bei erfolgreichen Unternehmen zu teuer für den ursprünglichen Inhaber geworden sind. Ein Verkauf an andere Unternehmen oder über einen Gang an die Börse - in Deutschland bevorzugt an den Neuen Markt ist die Regel. Zwar wird dieser "Exit" genannte Verkauf meist einvernehmlich geregelt, aber das Thema sollte ebenfalls schon in die Beurteilung des Investors einfließen.
Bei der Beurteilung des Beteiligungsgebers ist neben den finanziellen Konditionen zu berücksichtigen, welche Verbindungen er mitbringt. Oft verfügen die Investoren über gutes Branchen-Know-how und über hochkarätige Beziehungen. Dies kann das Wachstum erheblich beschleunigen. Dies gilt umso mehr bei aktiven Beteiligungen. Bei der aktiven Beteiligung ist zu überlegen, welche vorhandenen Schwächen der Investor tatkräftig ausgleichen soll und wie gut er dazu geeignet ist. Referenzen sollten befragt werden, um sich ein Bild vom Investor zu machen. Ein aussagekräftiger Vergleich ist erst dann möglich, wenn verschiedene Angebote vorliegen.
Wie verlaufen die Verhandlungen? Oft sehr langwierig. Bei Beteiligungsgesellschaften ist es keine Seltenheit, dass drei bis sechs Monate vergehen, ehe Geld in die Unternehmen fließt. Zunächst geht es darum, das grundsätzliche Interesse zu klären. Dazu spricht man den Beteiligungsgeber an und schildert in knappen Worten das eigene Projekt und seine Aussichten. Man sollte zu diesem Zeitpunkt einen schriftlichen Geschäftsplan schon vorbereitet haben, da dieser oft angefordert wird, bevor es zu einem ersten umfassenderen Gespräch kommt. Er gibt dem Investor ein erstes Bild von der Kompetenz und Professionalität des Unternehmers. Eine schriftliche Vertraulichkeitserklärung kann in diesem Zusammenhang beim Investor eingefordert werden. Wenn ein grundsätzliches Interesse besteht, folgt nun die Zeit der tiefergehenden Prüfungen, die von einem Letter of Intend begleitet sein kann. Der Letter of Intend ist aber keine verbindliche Absichtserklärung. Dies sollte der Kapitalsuchende bei seinen Bemühungen um Fremdkapital berücksichtigen. Wenn die Prüfungen positiv verlaufen, starten die Vertragsverhandlungen, bei denen meist sehr individuelle Vereinbarungen getroffen werden. Ist man sich einig geworden, wird der Vertrag unterschrieben. Oft wird der Beteiligungsgeber nun versuchen, für sein Engagement bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau oder bei der Technologie-Beteiligungsgesellschaft der Deutschen Ausgleichsbank eine Refinanzierung und Risikoabsicherung zu erhalten. Daraus erklären sich weitere Verzögerungen, bis die Mittel letztendlich dem Beteiligungsnehmer zur Verfügung gestellt werden. Solche Refinanzierungsmöglichkeiten stehen nicht nur Beteiligungsgesellschaften sondern auch den meisten anderen Beteiligungsgebern offen.
Abschließend sei gesagt, dass es sinnvoll ist, sich fachmännischen Rat zu steuerlichen und rechtlichen Aspekten der Vertragsgestaltung einzuholen, wie wohl insgesamt der alte Spruch "Drum prüfe, wer sich bindet" seine Berechtigung hat.
Frank Müller
finanz und technik Unternehmensberatung
Frankfurt am Main
Email: FrankMuellerFfm@compuserve.com
Kontakt: Bibiane Dünkel-Miersch
Stand: 29.04.2015