Freistellung

Freistellung vor und nach der Berufsschule

Der Ausbildungsbetrieb ist verpflichtet, schulpflichtige Auszubildende für den Berufsschulunterricht – unter Fortzahlung der Vergütung – freizustellen (§ 15 BBiG, § 9 JArbSchG). Der Ausbildungsbetrieb muss ihnen also die Teilnahme am Unterricht ermöglichen und darf sie während dieser Zeit nicht beschäftigen – egal wie dringlich die Erledigung im Betrieb anfallender Arbeiten auch sein mag.
Zudem dürfen Auszubildende vor einem vor 9 Uhr beginnenden Unterricht nicht beschäftigt werden (§ 9 JArbSchG).
  1. Freistellung für virtuellen Unterricht
    Die Freistellungsverpflichtung gilt auch für virtuellen Unterricht z. B. per Videokonferenz. Maßgeblich für die Freistellungspflicht ist die von der Berufsschule für den virtuellen Unterricht veranschlagte Zeit.
  2. Unterrichtsausfall
    Fällt der Unterricht aus, entfällt auch die Freistellungspflicht, so dass der Auszubildende unverzüglich in den Betrieb zurückkehren muss.
  3. Sanktionen bei Nichtfreistellung
    Stellt der Ausbildungsbetrieb seine Auszubildenden nicht für den Schulbesuch frei, begeht er eine Ordnungswidrigkeit, die mit Geldbuße bis 5.000 Euro (bei Minderjährigen: bis 15.000 Euro) geahndet wird (§ 101 Abs. 1 Nr. 4 BBiG, § 58 Abs. 5 Nr. 6 JArbSchG).

    Im Wiederholungsfall kann dem Ausbildungsbetrieb außerdem die Ausbildungsbefugnis durch die IHK entzogen werden (§ 33 BBiG).

    Auszubildende, die vom Ausbildungsbetrieb nicht für den Berufsschulbesuch freigestellt werden, sind berechtigt, „eigenmächtig“ am Unterricht teilzunehmen. Der Ausbildungsbetrieb darf sie deshalb nicht abmahnen, kündigen oder ihnen hierfür Urlaub abziehen.

Anrechnung der Berufsschulzeit

Von der Freistellung zu unterscheiden ist die Frage der Anrechnung der Berufsschulzeit. Die Anrechnung regelt, in wie weit die Berufsschulzeit als Arbeitszeit gilt, also die betriebliche Ausbildungszeit ersetzt.
Die Anrechnung der Berufsschulzeit ist seit dem 1.1.2020 für jugendliche und erwachsene Auszubildende gleich geregelt:
  1. Grundsätzliche Anrechnungsregel
    Berufsschulunterricht wird grundsätzlich mit der tatsächlichen Unterrichtszeit plus Pausen auf die Ausbildungszeit angerechnet (§ 9 Abs. 2 Nr. 3 JArbSchG, § 15 Abs. 2 Nr. 1 BBiG).

    Seit dem 1. August 2024 ist die Wegezeit von der Berufsschule zum Betrieb auf die Arbeitszeit anzurechnen (§ 15 Abs. 2 Nummer 1 BBiG).
    Gleiches gilt für Prüfungen:
    Auch die Fahrtzeit zwischen Prüfungsort und Betrieb muss vom Ausbildungsbetrieb als Arbeitszeit angerechnet werden.
  2. Ausnahme: Berufsschultag mit mehr als 5 Unterrichtsstunden
    Ein Berufsschultag pro Woche mit mehr als 5 Unterrichtsstunden à 45 Minuten wird mit der durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit angerechnet (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 JArbSchG; § 15 Abs. 2 Nr. 2 BBiG).Die Anrechnungspflicht gilt auch, wenn der Berufsschultag außerhalb der betrieblichen Arbeitszeit liegt.
    Sind in einer Woche zwei Berufsschultage mit jeweils mehr als 5 Unterrichtsstunden, ist der Auszubildende verpflichtet, an einem der beiden Tage wieder in den Betrieb zurückzukehren – an welchem der beiden Tage, bestimmt der Ausbildungsbetrieb.
  3. Ausnahme: Blockunterricht
    Blockunterricht von planmäßig mindestens 25 Unterrichtsstunden à 45 Minuten (an mindestens 5 Tagen) mit der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit anzurechnen, das heißt in dieser Woche ist die Ausbildungszeit durch den Berufsschulbesuch erfüllt.
    Die Anrechnungsregel gilt nur, wenn der Unterricht auch stattfindet, also nicht, wenn der Unterricht beispielsweise an einem Tag ausfällt. Dann erfolgt die Anrechnung der Berufsschulzeit nach der Grundregel (= tatsächliche Unterrichtszeit + Pausen ohne Wegezeit).

Freistellung vor der Abschlussprüfung

Ab 2020 haben alle Auszubildenden Anspruch auf Freistellung an dem Arbeitstag, der der schriftlichen Abschlussprüfung unmittelbar vorangeht.
Der Auszubildende muss also an dem Tag, der der schriftlichen Abschlussprüfung unmittelbar vorangeht, von der betrieblichen Ausbildung freigestellt werden. Sollte der Auszubildende an diesem Tag Berufsschule haben, ist mit der Berufsschule abzuklären, ob der Unterricht besucht werden muss.

Wenn sich die Abschlussprüfung nach der Ausbildungsordnung in zwei zeitlich auseinanderfallende Teile gliedert, können Auszubildende einen Anspruch auf insgesamt zwei freie Tage haben. Jeweils vor der schriftlichen Prüfung im ersten Teil der Abschlussprüfung und vor der schriftlichen Prüfung im zweiten Teil. Voraussetzung ist jedoch, dass der jeweilige Prüfungsteil eine eigenständige schriftliche Prüfung enthält.
Stand: 21.11.2024