Plattform für Behördenkontakte kann Wirtschaft von Bürokratie entlasten
Die Plattformökonomie wird nicht durch amerikanische Internetgiganten getrieben. Sie ist inzwischen auch für viele deutsche Unternehmen praktizierte Realität. Den Gedanken, alle Leistungen und Kundenbeziehungen über eine einheitliche Plattform abzuwickeln, sollte sich auch die öffentliche Verwaltung zunutze machen. Damit ließe sich die Komplexität für Unternehmen reduzieren und überflüssige Bürokratie abbauen.
Immerhin ist dieses Ziel bereits im 2017 verabschiedeten Onlinezugangsgesetz (OZG) vorgegeben. Es verpflichtet Bund, Länder und Kommunen, ihre bislang isolierten Online-Verwaltungsdienste bis 2022 in einer Digitalisierungsplattform zusammenzuführen. Der Zugang zu den einzelnen Angeboten der Verwaltungen soll für Bürger und Unternehmen über ein Servicekonto erfolgen, das eine sichere und einmalige Identifizierung für Behördenkontakte aller Art ermöglicht.
Verwaltungsleistungen unabhängig von Zeit und Zuständigkeiten
Dieses Vorhaben befreit Unternehmen davon, sich um Zuständigkeiten, Öffnungszeiten etc. der einzelnen Verwaltungen zu kümmern. Entsprechend groß ist das Interesse an einer solchen Behördenplattform mit einem Zugangspunkt für alle Verwaltungsleistungen. Zunächst sind aber nicht nur bei den Behörden, sondern auch bei den Unternehmen Vorarbeiten erforderlich. Dieser Aufwand sollte möglichst gering gehalten werden. Nicht mehrere, sondern ein einziger Zugang (Single Point of Contact) zu elektronischen Dienstleistungen der Verwaltungen bietet sich schon aus Akzeptanzgründen an. Ein föderaler Wettbewerb der Lösungen für ein Servicekonto würde zu erhöhten Anpassungskosten bei den Unternehmen führen, denn diese müssten z. B. Berechtigungen mehrfach abbilden und viele verschiedene Schnittstellen in ihren technischen Systemen schaffen. Es wäre deshalb sinnvoll, dass sich Bund und Länder auf eine übergreifende Lösung für ein Servicekonto verständigen.
Unterschiedliche Nutzungsanforderungen der Unternehmen technisch abbilden
Den unterschiedlichen technischen Voraussetzungen der Unternehmen und heterogenen Anwendungsfällen sollte dadurch Rechnung getragen werden, dass das Servicekonto mehrere Zugangsmöglichkeiten zu den Verwaltungsdiensten bietet – zum einen für weniger häufig genutzte Dienste, Web- und Software-Anwendungen sowie zum anderen für Massenanwendungen eine Maschine-zu-Maschine-Schnittstelle.
Verwaltungsleistungen optimieren und bedarfsgerecht ausgestalten
Der Zugang zu Verwaltungsleistungen über eine Plattform ist nur ein Baustein moderner Verwaltung. Die Digitalisierung der dahinterliegenden Verwaltungsprozesse und Verfahren selbst birgt die größten Entlastungspotenziale. Angefangen werden sollte bei den Prozessen, die den größten Mehrwert für die Unternehmen generieren. Mit den „Top 100 Wirtschaft“ hat das Bundeswirtschaftsministerium unter Mitwirkung des DIHK eine Priorisierung solcher Verwaltungsleistungen vorgenommen, deren Digitalisierung einen großen Nutzen für Unternehmen aller Größenklassen bringen würde. Auf dieser Basis sollten nun in einem geordneten Verfahren Leistungen der Verwaltungen für Unternehmen digitalisiert und einheitlich online angeboten werden. Es empfiehlt sich, dass Bund, Länder und Kommunen das arbeitsteilige Vorgehen zeitnah vereinbaren. Auf jeden Fall sollte vor der Digitalisierung eine Evaluierung und Optimierung der Prozesse sowie der zugehörigen Fachverfahren erfolgen.