Kaum Schwung zum Start ins Jahr
Das Jahr 2024 startet alles andere als schwungvoll, die Wirtschaft kommt in vielen Bereichen nicht vom Fleck. Das zeigt die aktuelle Konjunkturumfrage der IHK Südlicher Oberrhein zum Jahresbeginn. Der Konjunkturklimaindex hat sich im Vergleich zum Herbst zwar leicht erholt, doch von Dynamik kann hier noch keine Rede sein. „Aus Sicht der Wirtschaft befinden wir uns teilweise in einer Schieflage“, sagte Alwin Wagner, der Stellvertretende Hauptgeschäftsführer der IHK, der die Ergebnisse der Unternehmensumfrage am Donnerstag im Rahmen einer Pressekonferenz in Freiburg vorstellte.
Der IHK-Konjunkturklimaindex spiegelt die aktuelle Geschäftslage und die zukünftigen Geschäftserwartungen der IHK-Mitgliedunternehmen in einer Zahl wider. Aktuell liegt der Index bei 108 Punkten, elf Zähler mehr als im Herbst 2023. Der Index kann Werte zwischen 0 und 200 annehmen, wobei Werte über 100 Wirtschaftswachstum anzeigen und Werte unter 100 auf eine Rezession hindeuten. „Selbst wenn der Index wieder im positiven Bereich liegt, kann man eher davon sprechen, dass die Wirtschaft auf der Stelle tritt“, bewertete Wagner.
„Es gibt derzeit keinerlei Zeichen, die eine Besserung der Lage anzeigen – der Silberstreif am Horizont fehlt.“
Das zeigt sich unter anderem auch beim Blick in die Zukunft. Befragt nach den Erwartungen an die kommenden zwölf Monate überwiegt bei den Unternehmen am südlichen Oberrhein die Skepsis. 26 Prozent denken, dass sich die Geschäfte negativ entwickeln, rund 56 Prozent rechnen mit Stagnation. Und nur 18 Prozent schlagen sich auf die Seite der Optimisten. Der Index der Geschäftserwartungen bleibt im Zuge dessen mit minus acht Punkten im negativen Bereich, auch wenn dies im Vergleich zum Herbst immerhin einer leichten Aufhellung um elf Punkte entspricht. Diese trübe Stimmungslage ist insbesondere deshalb bedenklich, da sich die konjunkturelle Situation in Deutschland derzeit auch international nicht in das allgemeine Bild einfügt. Wagner: „Im Vergleich mit westlichen Industrieländern verzeichnet Deutschland die geringste Wachstumsdynamik, das bereitet uns Sorge.“ Und: „Es gibt derzeit keinerlei Zeichen, die eine Besserung der Lage anzeigen – der Silberstreif am Horizont fehlt.“
Erstmals nach längerer Zeit schlagen sich diese konjunkturellen Eintrübungen auch wieder auf dem Arbeitsmarkt nieder. So liegt die Arbeitslosenquote im Kammerbezirk mit 4,1 Prozent immerhin 0,3 Prozentpunkte höher als vor einem Jahr. Zwar ist der südliche Oberrhein – wie ganz Baden-Württemberg – noch immer eine Region mit sehr geringer Arbeitslosigkeit, trotzdem dürften die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt bei anhaltender Wachstumsschwäche auch wieder stärker in den Fokus rücken. Hierauf deutet auch der Index der erwarteten Beschäftigung hin. Er verbessert sich im Vergleich zum Herbst nur um einen Punkt und bleibt mit minus zehn Punkten deutlich im negativen Bereich. 24 Prozent aller Unternehmen möchten die eigene Belegschaft verkleinern, nur noch 14 Prozent haben expansive Beschäftigungspläne. Dies ist auch insofern bemerkenswert, als dass sich der Index in der langen konjunkturellen Hochphase zwischen Herbst 2013 und Frühjahr 2019 nie im negativen Bereich befand.
„Viele Hausaufgabe wurden nicht gemacht.“
Was die Lage und den Optimismus nicht gerade verbessert, ist der Blick auf potenzielle Risikofaktoren. Auf die Frage: „Wo sehen Sie die größten Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung Ihres Unternehmens?“ spielt die Wirtschaftspolitik eine immer entscheidendere Rolle. Zwar bleiben der Fachkräftemangel (63 Prozent), die Energie- und Rohstoffpreise (57 Prozent), die Inlandsnachfrage (55 Prozent) und die gestiegenen Arbeitskosten (52 Prozent) die häufigsten Antworten. Allerdings bewertet mittlerweile auch jedes dritte Unternehmen (36 Prozent) die aktuelle Wirtschaftspolitik als ein Risiko für den eigenen Betrieb. Seit Herbst 2019 waren die Unternehmen am Oberrhein nicht mehr so unzufrieden mit der Politik. Erklärungsansätze dafür gibt es viele: Neben einer hohen Bürokratiebelastung und Unsicherheiten hinsichtlich der allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dürften zuletzt auch die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie und die starke Erhöhung der LKW-Maut auf wenig Gegenliebe in den jeweils betroffenen Branchen gestoßen sein.
„Viele Hausaufgabe wurden nicht gemacht: Investitionen in die Verkehrs- und Breitbandinfrastruktur, geordnete Bahnen bei der Fachkräftezuwanderung, Qualität in der öffentlichen Verwaltung, Versorgungssicherheit bei Energie. Und dann noch die unzuverlässige Haushaltspolitik beim Bund. Das alles führt zu großer Unsicherheit“, sagte Wagner. „Die Politik hält sich viel im Klein-Klein auf und regiert sehr stark in die Unternehmen hinein. Das sorgt nicht gerade für Vertrauen in den Standort Deutschland.“
Auch beim Blick auf die Finanzlage zeigt sich, dass sich die Situation der Betriebe am Oberrhein nicht weiter verbessert hat. Vielmehr fällt der Anteil der Unternehmen, welche die eigene wirtschaftliche Situation als unproblematisch bezeichnen, von 67 Prozent im Herbst auf jetzt 61 Prozent. Auch von Liquiditätsengpässen berichten wieder 14 Prozent der Unternehmen, nachdem dieser Wert zwischenzeitlich im Frühsommer 2023 auf nur noch neun Prozent gesunken war. Eine hohe Fremdkapitalbelastung geben neun Prozent an – der höchste Wert, seit diese Frage im Herbst 2021 in die Konjunkturbefragung aufgenommen wurde. Ebenfalls neun Prozent der Unternehmen geben an, nur schwer einen Zugang zu Fremdkapital zu erhalten. Hier zeigt sich, dass die Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank auch viele Unternehmen vor Herausforderungen stellen.
(09.02.2024)