„Meine Ausbildung hat mich geerdet“
Ausbildung und Leistungssport – passt das zusammen, und wenn ja, wie bekommt man beides unter einen Hut? Dass dieser Spagat gelingen kann, hat Christian Günter bewiesen. Obwohl für ihn immer feststand, dass er Fußballprofi werden wollte, hat der Spielführer des SC Freiburg eine Ausbildung gemacht. Wie blickt er auf diese drei Jahre zurück? Das erzählte Günter im IHK-Talk im Europa-Park-Stadion.
Nach seinem Realschulabschluss hatte sich der Fußballer, der bislang achtmal für die deutsche Fußballnationalmannschaft auflief, in einer Firma in St. Georgen (Schwarzwald) zum Industriemechaniker ausbilden lassen. Drei Jahre lang pendelte Günter als Beifahrer seiner Mutter oder seines Vaters zwischen dem Ausbildungsbetrieb im Schwarzwald-Baar-Kreis und der Freiburger Fußballschule. Für Freunde und Partymachen blieb da nicht mehr viel Zeit übrig, zumal er hohe Ansprüche an sich stellte: „Ich wollte auf dem Rasen und im Betrieb der Beste sein.“
Auch wenn er eine Rückkehr in seinen gelernten Beruf ausschließt, waren es für Günter keine verschenkten Jahre. „Die Ausbildung hat mich geerdet“, sagte er. Neben dem Fachlichen habe er viel über Disziplin und Kollegialität gelernt.
An dem IHK-Talk, der am 15. Oktober in der Brunner-Lounge im Europa-Park-Stadion stattfand, nahm auch der Kampfsportler Calvin Belbachir teil. Der 20-Jährige ist amtierender Deutscher Meister im Mixed Martial Arts (MMA) und macht neben seinen täglichen Trainingseinheiten – wie Günter – eine Ausbildung zum Industriemechaniker bei der Ortenauer Firma WTO.
© IHK SO
Im ersten Azubi-Jahr habe er sich an die Doppelbelastung gewöhnen müssen, gesteht Belbachir, aber inzwischen läufts bei ihm rund. Das liege auch daran, dass sein Ausbilder viel Verständnis für den Sport aufbringe. Obwohl er eine Sportart betreibt, bei der im Ring fast alles erlaubt ist, habe er während seiner Ausbildung bisher nur einen einzigen Tag wegen einer Verletzung gefehlt. „Aber ich habe einen Kumpel, der bricht sich im Ring ständig was“, erzählte Belbachir, der mit seiner lockeren Art das junge Publikum im Handumdrehen für sich zu begeistern wusste. Die rund einhundert Gäste kamen von Schulen und Berufsschulen aus dem gesamten Kammerbezirk.
Wie einst Günter arbeitet auch Belbachir neben seinem Sport in Vollzeit. Viele andere Sportler in Ausbildung nutzen heutzutage ein Teilzeitmodell – etwa beim Freiburger Großhändler Koch. Deren Ausbildungsleiterin Claudia Wagner, selbst leidenschaftliche Volleyballerin, berichtete von einem Ringer, der in ihrem Betrieb aktuell lehrt, und regelmäßig an internationalen Wettkämpfen teilnimmt.
In den vergangenen Jahren hätten sich die Rahmenbedingungen für Sportler in den Betrieben deutlich verbessert, sagt IHK-Ausbildungsberater Patrick Pohnke, der früher selbst kickte und sich heute als Teammanager beim Offenburger FV engagiert.