EU-Pauschalreiserichtlinie - Wichtige Informationen

Warum gibt es die EU-Pauschalreiserichtlinie und ab wann gilt sie?

Am 27. Oktober 2015 wurde die neue EU-Pauschalreiserichtlinie verabschiedet. Damit wird in allen EU-Mitgliedstaaten das gleiche Recht gelten („Vollharmonisierung“). Ziele sind der Verbraucherschutz und die Schaffung von gleichen Regeln im Wettbewerb zwischen online- und offline-Vertrieb. Der deutsche Gesetzgeber hat im Juni dieses Jahres das Gesetz zur Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie verabschiedet. Die neuen komplexen Vorschriften gelten seit dem 1. Juli 2018.

Wer ist betroffen?

Mit der Umsetzung der europäischen Pauschalreiserichtlinie in nationales Recht wurde der Begriff „Veranstaltung“ neu gefasst. Wichtig ist, das eigene Angebot mit Blick auf die geltende Rechtslage zu prüfen.
Die neuen Regelungen betreffen sowohl Reiseveranstalter als auch Reisevermittler, aber auch weitere Vermittler von touristischen Leistungen können unter Umständen unter die neue Regelung fallen.  Das beinhaltet auch Online-Plattformen. Dazu können auch Beherbergungsbetriebe oder Destination Management Organisationen zählen. Tagesfahrten sind nicht enthalten, was vor allem viele Busunternehmen betrifft. Für Geschäftsreisen gelten ebenfalls Sonderbedingungen. Liegt ein Rahmenvertrag zwischen Unternehmen und Reisebüros vor, fallen Geschäftsreisen nicht unter die Richtlinie.

Was ist zu beachten für die Reisebranche?

  • Bei der Vermittlung mehrerer einzelner Reiseleistungen (sog. verbundene Reiseleistungen) können Vermittler unbeabsichtigt zum Veranstalter werden. Die Beratungsleistung zählt allerdings noch nicht zum Buchungsvorgang.
  • Sollte der Reiseveranstalter zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses keinen Sitz in der Europäischen Union haben, können auf den Reisevermittler außerdem die Pflichten eines Reiseveranstalters fallen. 
  • Die vorvertraglicher Informationspflichten werden ausgeweitet und treffen auch den Vermittler.
  • Veranstalter und Vermittler werden zur Information verpflichtet. Sie müssen den Kunden informieren, ob eine Pauschalreise oder eine verbundene Reise vorliegt und in welchem Umfang der Kunde abgesichert ist. Dazu gibt es Formblätter, die bei der Buchung an den Kunden übergeben werden müssen. Die Formblätter finden Sie hier.
  • Zu den neuen Angabepflichten können beispielsweise die mögliche Gruppengröße, die Sprache einer Reiseleistung vor Ort, Informationen zur Barrierefreiheit oder Pass- und Visumserfordernisse gehören, unabhängig davon, welcher Nationalität der Reisende angehört.
  • Neu für Reisevermittler ist die Beachtung der eigenen Insolvenzabsicherung, wenn bei der Buchung verbundener Reiseleistungen Zahlungen vom Kunden an den Vermittler fließen.
  • Die Reiserücktrittsbedingungen haben sich geändert. Bei unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstände können die Reisenden entschädigungsfrei zurücktreten. Der Begriff der "höheren Gewalt" entfällt.

Vorsicht bei den Begriffen Paket, Pauschale oder Arrangement

Wenn Leistungen aus Kundensicht als Pauschalreise aufgefasst werden könnten, riskieren Anbieterinnen und Anbieter als reiseveranstaltendes Gewerbe eingestuft zu werden. Das passiert besonders leicht bei Bezeichnungen wie: Paket, Pauschale oder Arrangement. Um hier sicherzugehen, sollten Namensgebungen bei Angeboten wie „Wellness-Pauschale“ oder „Romantik-Arrangement“ vermieden werden.
Als Veranstaltungsunternehmen übernimmt man gegenüber dem Kunden eine besondere rechtliche Stellung. Das zeigt sich insbesondere bei der Haftungsfrage, die sich auf Leistungen von Dritten erstrecken kann. Auch ist eine Insolvenzabsicherung erforderlich. Der Kunde muss gegen den Ausfall des veranstalteten Unternehmen abgesichert werden, sofern der Reisepreis vor Beendigung der Reise bezahlt wird. Es gibt dazu spezielle Versicherungsverträge, über deren Abschluss der Kunde mit der Übergabe eines Sicherungsscheins informiert werden muss.

Insolvenzabsicherung auch bei „verbundenen Reiseleistungen“

Um nicht als Reiseveranstaltungsunternehmens zu gelten, wurden in der Vergangenheit auch gerne separate Verträge für verschiedene Leistungen einer Reise abgeschlossen. Die Gesetzgebung hat hierfür den Status Vermittlung „verbundener Reiseleistungen“ geschaffen. Sofern z. B. ein Hotel diese Lösung wählt, ist die Haftung nicht so ausgeprägt wie für ein  Veranstaltungsbetrieb. Die Insolvenzabsicherung wird dennoch erforderlich. Anbietende müssen insbesondere darauf achten, Kunden durch getrennte Buchungsschritte klar zu machen, dass es sich um separate Verträge handelt.
Corona schärfte Rücktrittsrecht und Insolvenzsicherung

Die Pandemie hatte insbesondere Einfluss auf die Auslegung der im BGB (§ 651 h) festgehaltenen Vorschrift zum Rücktritt vor Reisebeginn. Im Mittelpunkt stand die Frage, wann man von unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umständen am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe ausgehen darf. Denn dann kann ein entschädigungsloses Rücktrittsrecht des Reisenden (§ 651 h III BGB) bestehen.

Darüber hinaus wurde im Zuge der Corona-Pandemie ersichtlich, dass die bestehenden Regelungen zur Insolvenzsicherung im Pauschalreiserecht ungenügend waren. Das neue Reisesicherungsfondsgesetz, das im Juni 2020 beschlossen und im Juni 2021 verabschiedet wurde, schloss diese Lücke, die zulasten der Pauschalreisenden gegangen war.

Vor Vertragsschluss ein entsprechendes Informationsblatt übergeben

Die Gesetzgebung hat Informationspflichten geschaffen. Diese betreffen z. B auch den Status des vermittelnden Unternehmens für „verbundene Reiseleistungen“. Dafür wäre dann dem Kunden vor Vertragsschluss ein entsprechendes Informationsblatt zu übergeben. Darüber hinaus ist der Kunde auch umfassend über die Reise zu informieren, zum Beispiel über die Eignung des Angebots für Menschen mit eingeschränkter Mobilität.

Was ist zu beachten für Gastgeber?

Auch Beherbergungsbetriebe können zum Reiseveranstalter oder Reisevermittler werden und unterliegen dann den gleichen Regelungen wie die vorher genannten.
  • Es gilt die 25%-Regelung: Wenn neben der touristischen Kernleistung (hier: Übernachtung) eine weitere touristische Leistung angeboten wird und über 25% des Gesamtwertes beträgt, gilt die Zusammenstellung der Leistung als Pauschalreise. Der Beherbergungsbetrieb wird zum Vermittler verbundener Reiseleistungen, wenn er im Zusammenhang mit der Zimmerbuchung (Eigenleistung) mindestens zwei zusätzliche Verträge mit anderen Unternehmern an seinen Gast vermittelt 
  • Werden Begriffe wie „Pauschalreise“, „Pauschale“, „Package“ oder „Arrangement“ in der werblichen Kommunikation mit dem Kunden verwendet, wird das Angebot automatisch zur Pauschalreise und auch so behandelt.
Beispiele für die 25%-Regelung: 
Reise 1: 2 Personen, Übernachtung, Nebenleistung:
Unterbringung im Doppelzimmer       
240 Euro
Gesichtsbehandlung (Nebenleistung)
50 Euro
Massage (Nebenleistung)
50 Euro
Gesamtpreis 340 Euro
Der Anteil der Nebenleistung (100 Euro) beträgt mehr als 25 % des Gesamtpreises (340 Euro). Es liegt eine Pauschalreise nach neuer Richtlinie vor.
Reise 2: 4 Personen, Übernachtung, Nebenleistungen:
Unterbringung in 1 Doppelzimmer, 2 Einzelzimmern        
520 Euro
Gesichtsbehandlung (Nebenleistung)
50 Euro
Massage (Nebenleistung)
50 Euro
Gesamtpreis 645 Euro
Der Anteil der Nebenleistung (100 Euro) beträgt weniger als 25 % des Gesamtpreises (645 Euro). Es liegt keine Pauschalreise nach neuer Richtlinie vor.
Hinweis: Diese Informationen sollen Ihnen nur erste Hinweise geben und erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.

Informationen zum Reisevertragsrecht

Mit Blick auf diese Entwicklungen hat die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) ihre Infoblätter zum Reisevertragsrecht auf den aktuellen Stand gebracht. Insbesondere die Punkte „Stornierungen im Pandemiefall“ und der neue „Reisesicherungsfond“ wurden aufgenommen.