Selbständige Tätigkeit durch Ausländer

Die folgenden Ausführungen sollen potenziellen Existenzgründern aus Nicht-EU-Staaten als Information dienen, welche ausländerrechtlichen Regelungen vor der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit in der Region Südlicher Oberrhein zu beachten sind.

1. Unionsbürger

Grundsätzlich genießen alle Staatsangehörigen eines EU-Mitgliedstaats eine Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit in ganz Europa. Die Niederlassungsfreiheitumfasst die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen. Die Dienstleistungsfreiheit berechtigt EU-Staatsangehörige vorübergehend Dienstleistungen im Bundesgebiet unter denselben Voraussetzungen wie Deutsche zu erbringen.
Unionsbürger benötigen dafür also keine spezielle Arbeitserlaubnis. Sie können nach den gleichen Regeln wie deutsche Staatsangehörige selbständige Erwerbstätigkeiten aufnehmen und ausüben und Dienstleistungen anbieten. Insofern sind die berufs- und gewerberechtlichen Regulierungen, die auch für Deutsche gelten, zu beachten. Handelt es sich um eine handwerkliche Tätigkeit, empfehlen wir, sich bei der Handwerkskammer Freiburg nähere Informationen einzuholen.

2. Selbständige Tätigkeit durch Staatsangehörige aus Drittstaaten außerhalb der EU

Staatsangehörige aus Drittstaaten außerhalb der EU benötigen zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit grundsätzlich einen Aufenthaltstitel zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit gemäß § 21 Aufenthaltsgesetz. Grundsätzlich ist dieser Aufenthaltstitel bei der deutschen Vertretung (Botschaft oder Generalkonsulat) im jeweiligen Heimatstaat zu beantragen. Übt ein Ausländer eine Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet aus, ohne dass sein Aufenthaltstitel ihn dazu berechtigt, handelt er ordnungswidrig beziehungsweise kann er sich strafbar machen. Nähere Informationen dazu finden Sie auf der Homepage des Zolls.
Staatsangehörige der sogenannten „Best-Friends“-Staaten (Australien, Israel, Japan, Kanada, Republik Korea, Neuseeland und USA) können visumfrei ins Bundesgebiet einreisen und bei der zuständigen Ausländerbehörde vor Ort den Titel beantragen.

3. Voraussetzungen zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit

Rechtsgrundlage ist der § 21 Absatz 1 Aufenthaltsgesetz. Dem Gesetzeswortlaut nach kann einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit erteilt werden, wenn
  • Ein wirtschaftliches Interesse oder ein regionales Bedürfnis besteht
  • Die Tätigkeit positive Auswirkungen auf die Wirtschaft erwarten lässt
  • Die Finanzierung der Umsetzung durch Eigenkapital oder durch eine Kreditzusage gesichert ist.
Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Die Beurteilung der Voraussetzungen richtet sich insbesondere nach der Tragfähigkeit der zu Grunde liegenden Geschäftsidee, den unternehmerischen Erfahrungen des Ausländers, der Höhe des Kapitaleinsatzes, den Auswirkungen auf die Beschäftigungs- und Ausbildungssituation und den Beitrag für Innovation und Forschung.
Ausländern, die älter als 45 Jahre alt sind, kann eine entsprechende Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden, wenn sie über eine angemessene Altersversorgung verfügen
Bei der Prüfung, ob diese genannten Voraussetzungen vorliegen, werden je nach Zuständigkeit die Industrie- und Handelskammern / die Gewerbebehörden / die öffentlich-rechtlichen Berufsvertretungen und für die Berufszulassung zuständigen Behörden beteiligt.
Handelt es sich also um eine selbständige Tätigkeit im Zuständigkeitsbereich der IHK Südlicher Oberrhein, wird diese von der Ausländerbehörde im Rahmen eines behördeninternen Verfahrens beteiligt und um Abgabe einer Stellungnahme gebeten.
Bitte berücksichtigen Sie: Eine „Vorabprüfung“ auf Wunsch des Antragstellers ist leider nicht möglich. Die IHK Südlicher Oberrhein sendet die Stellungnahme ausschließlich direkt an die anfragende Ausländerbehörde. Die abschließende Entscheidung darüber, ob der Aufenthaltstitel erteilt wird oder nicht, obliegt allein der Ausländerbehörde.


3.1 Selbständige Tätigkeit / Personenkreis

Es gibt keine gesetzliche Definition der „selbständigen Tätigkeit“. Der Begriff wird üblicherweise über die Abgrenzung zur nichtselbständigen Tätigkeit (also der abhängigen Beschäftigung) bestimmt. Relevantes Kriterium aus der Rechtsprechung ist dabei, ob die Tätigkeit nach einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls in persönlicher Abhängigkeit ausgeübt wird. Wenn die Tätigkeit eigenverantwortlich ausgeübt wird, eine selbständige Organisation des Betriebs erfolgt und auch im Verhältnis zu Kunden eigenständig gehandelt wird, kann im Regelfall von einer selbständigen Tätigkeit ausgegangen werden.
Selbständig tätig in diesem Sinne sind in der Regel:
  • Einzelunternehmer, die gewerblich oder freiberuflich tätig sind
  • Gesellschafter einer Personengesellschaft (zum Beispiel OHK, KG, GbR)
  • Geschäftsführer/Vorstände/Genossen von juristischen Personen (AG, GmbH, Genossenschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien) in der Regel dann, wenn sie Mehrheitseigner sind bzw. dann, wenn sie unternehmerisch verantwortlich handeln und kein anderer Miteigner eine höhere Beteiligung hält
Dagegen genügt eine reine Kapitalbeteiligung an einem Unternehmen nicht, um von einer selbständigen Tätigkeit im Sinne von § 21 Aufenthaltsgesetz auszugehen.
Problematisch kann im Einzelfall sein, ob geschäftsführende Gesellschafter von Personengesellschaften „selbständig“ im Sinne des § 21 Aufenthaltsgesetz tätig sind. Hier sind die Kriterien zur Feststellung der selbständigen Tätigkeit unter anderem, ob sie eine tatsächliche Leitungsfunktion wahrnehmen und kraft Gesetzes oder Gesellschaftsvertrags zur Vertretung oder Geschäftsführung berufen sind. Daran fehlt es zum Beispiel, wenn der geschäftsführende Gesellschafter alle anfallenden Aufgaben selbst erledigt, ohne Arbeitnehmer dafür einzusetzen.
Sollten sich im Rahmen des Antragsverfahrens zur Erlangung des Aufenthaltstitels nach § 21 Aufenthaltsgesetz diese komplexen Fragen stellen, empfehlen wir Ihnen, sich von einem Rechtsanwalt beraten zu lassen.

3.2 Unterlagen

Folgende Unterlagen müssen im Regelfall vorgelegt werden:
  • Gesellschaftsvertrag (gegebenenfalls im Entwurf)
  • Handelsregisterauszug (soweit vorhanden)
  • Gewerbeanzeige (soweit bereits erfolgt)
  • Businessplan (Konzept, Ertragsvorschau, Investitionsplan, Kapitalbedarfsplan)
  • Kapitalnachweis (Eigen-/Fremdkapital)
  • Lebenslauf (inklusive Ausbildungsnachweise, Nachweis der bisherigen beruflichen Tätigkeit)
  • Geschäftsführer- Anstellungsvertrag (mit Gehaltsangabe)
  • Miet-/Pachtverträge (falls schon geschlossen)
  • Nachweis über Geschäftsbeziehungen in Deutschland

4. Sonderregelungen für bestimmte Personengruppen

4.1 Besondere vertragliche Vereinbarungen der Bundesrepublik Deutschland mit anderen Staaten

Die Bundesrepublik Deutschland hat mit folgenden Staaten Abkommen geschlossen, die die jeweiligen Staatsangehörigen begünstigen: Dominikanische Republik, Indonesien, Iran, Japan, Philippinen, Sri Lanka, Türkei (siehe Punkt 4.2) sowie USA. Staatsangehörigen dieser Staaten kann der Aufenthaltstitel nach § 21 Aufenthaltsgesetz nicht deswegen versagt werden, weil die oben genannten Voraussetzungen des § 21Absatz 1 Aufenthaltsgesetz nicht vorliegen. Vielmehr handelt es sich bei der Entscheidung, die die Ausländerbehörde trifft, um eine Ermessensentscheidung.

4.2 Türkische Staatsangehörige

Auch türkischen Staatsangehörigen darf nicht deswegen der Aufenthaltstitel nach § 21 Aufenthaltsgesetz versagt werden, weil die Voraussetzungen des § 21 Absatz 1 Aufenthaltsgesetz nicht vorliegen. Relevant für die Entscheidung der Ausländerbehörde ist nach der Rechtsprechung, ob ein Eingliedern des Selbständigen in das Wirtschaftsleben erwartet werden und inwieweit die Tätigkeit erfolgreich ausgeübt werden kann. Es handelt sich also um einen erleichterten Prüfmaßstab.

4.3 Absolventen deutscher Hochschulen, § 21 Absatz 2a Aufenthaltsgesetz

Einem Ausländer, der sein Studium an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule im Bundesgebiet erfolgreich abgeschlossen hat oder der als Forscher oder Wissenschaftler eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, kann eine Aufenthaltserlaubnis nach § 21 auch dann erteilt werden, wenn die oben unter Punkt 3 genannten Voraussetzungen nicht vorliegen. Voraussetzung ist jedoch, dass die beabsichtigte selbständige Tätigkeit im Zusammenhang mit den in der Hochschulausbildung erworbenen Kenntnissen steht.
Hinweis: Absolventen deutscher Hochschulen, die die Staatsangehörigkeit eines Drittstaats haben, können nach dem Zeitpunkt des Studienabschlusses für einen Zeitraum von 18 Monaten sich in der Bundesrepublik aufhalten und einen angemessenen Arbeitsplatz suchen. Auch die Beantragung der Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit bei der zuständigen Ausländerbehörde vor Ort ist davon umfasst.

4.4 Ausländer im Besitz eines anderen Aufenthaltstitels, § 21 Absatz 6 Aufenthaltsgesetz

Für Ausländer, die bereits im Besitz eines anderen Aufenthaltstitels sind, gelten erleichterte Bedingungen zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Sie müssen die oben unter Punkt 3 genannten Voraussetzungen nicht erfüllen. Achtung: ein Aufenthalt in Deutschland aufgrund einer Duldung genügt jedoch nicht.
Dem Ausländer kann unter Beibehaltung des bereits bestehenden Titels eine selbständige Tätigkeit im Rahmen einer Ermessensausübung der Ausländerbehörde erlaubt werden. Der Ausländer muss über die erforderlichen Voraussetzungen verfügen, die ihm die Ausübung des Berufs möglich machen (zum Beispiel Approbation).

5. Ausnahme vom Erfordernis des Aufenthaltstitels zum Zwecke der selbständigen Tätigkeit

Der Grundsatz, dass eine Erwerbstätigkeit in Deutschland von Drittstaatsangehörigen nur mit einem gültigen Aufenthaltstitel, der die Erwerbstätigkeit erlaubt, hat in diesem Zusammenhang nur einen explizit geregelten Ausnahmefall:
Selbständige Geschäftsführer eines Unternehmens, denen eine visumfreie Einreise in das Bundesgebiet gestattet ist (zum Beispiel Staatsangehörige der sogenannten „Best-Friend-Staaten“ siehe oben Punkt 2), brauchen, soweit sie im Bundesgebiet die selbständige Tätigkeit nur bis zu 90 Tagen innerhalb von zwölf Monaten ausüben, keinen Aufenthaltstitel zum Zwecke der selbständigen Erwerbstätigkeit.

Die Erstellung und Veröffentlichung von Merkblättern ist ein Service der IHK Südlicher Oberrhein für ihre Mitgliedsunternehmen. Dabei handelt es sich um eine zusammenfassende Darstellung der rechtlichen Grundlagen, die nur erste Hinweise enthält und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.
Stand: Januar 2018