Befristete Arbeitsverträge: Verfassungsrichter halten 3-Jahres-Frist beim Vorbeschäftigungsverbot für verfassungswidrig
§ 14 Abs. 2 S. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) verbietet die Befristung eines Arbeitsverhältnisses ohne Sachgrund, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat (sog. Verbot der Zuvor-Beschäftigung). Da bei einem Verstoß gegen das Verbot der Zuvor-Beschäftigung nur die Befristung unwirksam ist, nicht aber der Arbeitsvertrag als solcher, wird in derartigen Fällen ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet. Zu einer wirksamen Befristung kommt es nur, wenn sich an ein unbefristetes Arbeitsverhältnis oder eine Befristung mit oder ohne Sachgrund ein mit Sachgrund befristeter Arbeitsvertrag anschließt.
Lange Zeit wurden die Worte „bereits zuvor“ so verstanden, dass eine sachgrundlose Befristung nicht möglich war, wenn jemals zuvor ein Arbeitsverhältnis zwischen demselben Arbeitgeber und demselben Arbeitnehmer bestanden hatte. Das führte auch für Arbeitnehmer zu erheblichen Nachteilen, denn ein Arbeitgeber konnte sie kein zweites Mal ohne Sachgrund befristet einstellen.
Das Verbot der Zuvor-Beschäftigung begrenzte das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 06.04.2011 (AZ 7 AZR 716/09) auf einen Zeitraum von drei Jahren zwischen dem Ende des vorangegangenen und dem Beginn des sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses.
Diese Auslegung durch das BAG hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nunmehr in einer Entscheidung vom 06.06.2018 für verfassungswidrig gehalten. Das BVerfG geht zwar auch davon aus, dass in bestimmten Fällen der Anwendungsbereich des § 14 Abs. 1 S. TzBfG durch die Gerichte eingeschränkt werden kann und muss. Die Fälle, in denen das BVerfG eine solche einschränkende Auslegung für möglich und notwendig hält, dürften allerdings erheblich seltener sein. Voraussetzung für eine einschränkende Anwendung des Zuvor-Beschäftigungsverbot ist nach Auffassung des BVerfG, dass eine Gefahr der Kettenbefristung durch Ausnutzung der Unterlegenheit von Beschäftigten nicht bestehe und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich sei, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten. Dies könne insbesondere der Fall sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt, ganz anders geartet oder von sehr kurzer Dauer gewesen sei. Als Beispiele nennt das Bundesverfassungsgericht geringfügige Nebenbeschäftigungen während der Schul- oder Studienzeit, Tätigkeiten von Werkstudenten oder die lange zurückliegende Beschäftigung von Arbeitnehmern, die sich später beruflich vollkommen neu orientiert hätten. Mit dieser einschränkenden Auslegung durch das BVerfG ist eine rechtssichere Beantwortung der Frage, ob das Verbot der Zuvor-Beschäftigung für ein bestimmtes Arbeitsverhältnis gilt oder nicht, derzeit kaum mehr möglich.
Gegen die Auslegung des BAG spricht nach Auffassung des BVerfG der eindeutige Wille des Gesetzgebers, der sich bewusst gegen die vom BAG gewählte Lösung entschieden habe.
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