Corporate Social Credit System
Gespeist wird das sogenannte „Corporate Social Credit System“ durch verschiedene Quellen, unter anderem Steuererklärungen, die Zahlungsmoral des Unternehmens, Umweltprüfungen, Geschäftsberichte, Zolldaten und Big Data der chinesischen Internetkonzerne. Besonders der letzte Punkt ist heikel. Er bedeutet, dass auch die Reputation des Unternehmens in sozialen Netzwerken das eigene Rating beeinflussen kann.
Mit Hilfe eines hierfür speziell entwickelten Algorithmus wird jedes Unternehmen beurteilt und erhält am Ende innerhalb einer gigantischen Datenbank eine Gesamtnote. In der Datenbank „National Credit Information Sharing Platform“ wird unter anderem die schwarze Liste veröffentlicht, auf der als „vertrauensunwürdig“ eingestufte Unternehmen landen. Die eigene Unternehmensbewertung kann unter dem Namen der Firma oder ihrem „Unified Social Credit Identifier“ (18-stellige Nummer) im „National Enterprise Credit Information Publicity System“ eingesehen werden – allerdings nur auf Chinesisch.
Alle Geschäftsaktivitäten des Unternehmens, seiner Niederlassungen und seiner Zulieferer in China können Einfluss auf das Rating haben. Als Stolperfallen werden vor allem die Erwähnung sensibler Themen bei der Marktkommunikation im Online-Handel (beispielsweise Ein-China-Politik oder die chinesische Geschichte), aber auch das Verhalten der eigenen Mitarbeiter gesehen, falls diese nicht den Vorgaben der kommunistischen Partei entsprechen.
Ein negatives Rating kann dazu führen, dass das Unternehmen für mindestens sechs Monate auf der „heavily distrusted entities list“ landet. Neben der geschädigten Reputation gehen damit Nachteile bei der Vergabe von Produktions-, Export- oder Importlizenzen, Baugenehmigungen, Investitionsabsichten und öffentlichen Aufträgen einher. Mögliche Sanktionsinstrumente sind zudem Strafzahlungen, hohe Inspektionsraten bei der Wareneinfuhr sowie Kontrollen durch chinesische Umweltbehörden oder Wirtschaftsprüfer.
Um ein negatives Ranking auszugleichen, müssen Unternehmen zukünftig selbst aktiv werden. Es wird nicht ausreichen, sich (wieder) an die vorgegebenen Regeln zu halten. In einem ersten Schritt verfasst das Management – möglichst die ranghöchste Person im Unternehmen – ein Schreiben an die zuständige chinesische Behörde (etwa bei Steuervergehen an das Finanzamt), in dem es um Entschuldigung bittet und zusichert, von nun an die Gesetze einzuhalten sowie sich der Aufsicht der chinesischen Behörde zu unterwerfen. Je nach Vergehen könnte das Unternehmen zu weiteren Maßnahmen verpflichtet werden, wie Trainingskurse für das Management oder die Abgabe regelmäßiger Berichte.
Umfassende Informationen zum Thema liefern die Dokumente der German Chamber of Commerce in China (AHK) sowie der European Union Chamber in China, die beide nebenstehende zum Download zur Verfügung stehen.
(Mit freundlicher Genehmigung der IHK Rhein-Neckar)