Steuerthemen

Infolge des Brexit ergaben sich auch Auswirkungen auf das Steuerrecht, insbesondere das Umsatz- und Verbrauchsteuerrecht.

Umsatzsteuer

Einfuhrumsatzsteuer

Lieferungen von Waren nach Großbritannien (ohne Nordirland) sind nun als Ausfuhrlieferung steuerbefreit (vgl. § 4 Nr. 1 Buchst. a i. V. m. §6 UStG). In Großbritannien fällt Einfuhrumsatzsteuer an. Gleichzeitig gelten entsprechende Nachweisvorschriften (vgl. §§ 8 bis 17 UStDV). Entsprechend unterliegen Lieferungen aus Großbritannien in Deutschland der Einfuhrumsatzsteuer.
Großbritannien hat bei Einfuhren eine zeitlich verschobene Verrechnung der Umsatzsteuer („Postponed VAT Accounting“) eingeführt. Damit fällt diese unter bestimmten Voraussetzungen nicht zum Zeitpunkt der Einfuhr an, sondern kann zusammen mit dem Vorsteuerabzug in der Umsatzsteuererklärung gemeldet werden. Nicht im Vereinigten Königreich niedergelassene Unternehmen benötigen dafür eine umsatzsteuerliche Registrierung im Vereinigten Königreich, eine britische EORI-Nummer sowie einen dort ansässigen Zollagenten für die Einfuhrabwicklung.
Weitere Informationen zur Umsatzbesteuerung von grenzüberschreitenden Warensendungen ins Vereinigte Königreich finden Sie auf den Internetseiten der Deutsch-Britischen Handelskammer (AHK London).
Für Nordirland gelten aufgrund des Nordirland-Protokolls im Bereich der Warenlieferungen weiterhin die Regelungen des EU-Binnenmarktes und damit des Umsatzsteuerrechts der EU. Damit gelten Lieferungen von und nach Nordirland als innergemeinschaftlicher Erwerb bzw. innergemeinschaftliche Lieferung. Für nordirische Umsatzsteuer-Identifikationsnummern findet nun das Präfix „XI“ Anwendung.

Fernverkauf

Werden Waren im Wert von bis zu 135 Pfund Sterling direkt an Endverbraucher in Großbritannien (England, Schottland und Wales) versandt (B2C-Handel) wird die britische Umsatzsteuer nicht bei der Einfuhr sondern zum Zeitpunkt des Verkaufs (Point of Sale) erhoben. Dabei bezieht sich die 135-Pfund-Grenze auf den Gesamtwert und nicht auf die einzelnen Gegenstände einer Sendung. Der Verkäufer muss sich entsprechend in Großbritannien umsatzsteuerlich registrieren und die Umsatzsteuer abführen.
Wird der Verkauf durch eine Online-Plattform (Online Marketplace – OMP) unterstützt, verlagert sich die Pflicht zur Registrierung und Abrechnung der britischen Umsatzsteuer auf diese.
Für den Fernverkauf mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren bzw. nicht-kommerziellen Waren (z.B. Geschenke) gelten abweichende Regeln.
Werden Waren im Wert von bis zu 135 Pfund an Kunden, die eine britische Umsatzsteuer vorweisen, verschickt (B2B), kommt eine sogenannte Reverse-Charge-Regel zur Anwendung und die Steuerschuld kann auf den Warenempfänger verlagert werden.
Das Merkblatt der AHK London enthält weitere Details zu den neuen Regelungen für den Versandhandel mit dem Vereinigte Königreich.

Umsatzsteuer bei sonstigen Leistungen

Auch im Dienstleistungsverkehr (sonstige Leistungen) wurde Großbritannien umsatzsteuerrechtlich zum Drittlandsgebiet, das gilt im Übrigen auch für Nordirland.
Bei der Erbringung von sonstigen Leistungen an Unternehmen (B2B) im Vereinigten Königreich gilt in zahlreichen Fällen eine grundsätzliche Reverse-Charge-Regel, analog zum Reverse-Charge-Verfahren bei innergemeinschaftlichen sonstigen Leistungen. Damit verlagert sich in diesen Fällen die Steuerschuld auf den im VK ansässigen Leistungsempfänger.
Werden sonstige Leistungen an Nichtunternehmer (B2C) im Vereinigten Königreich erbracht, werden diese im Grundsatz am Sitz des leistenden Unternehmens ausgeführt. Zu beachten ist jedoch, dass nach deutschem Umsatzsteuerrecht bei sogenannten Katalogleistungen (z.B. Rechtsberatung, Werbeleistungen, Ingenieurleistungen) der Leistungsort im Vereinigten Königreich liegt, so dass gegebenenfalls eine Nichtbesteuerung eintritt. Elektronische bzw. digitale Leistungen an Privatkunden im VK sind im Vereinigten Königreich steuerbar und steuerpflichtig und somit muss sich das leistende Unternehmen dort umsatzsteuerlich registrieren.
In beiden Konstellationen (B2B und B2C) gibt es Sonderregeln (z.B. für elektronische Dienstleistungen B2C), die jeweils die Grundregel verdrängen, d.h. es kann dann zu umsatzsteuerlichen Registrierungspflichten kommen.
Nähere Details enthält ein Merkblatt der AHK London.

Bauabzugssteuer (Construction Industry Scheme – CIS)

Bei einer Bau- oder Montagetätigkeit im Vereinigten Königreich ist insbesodere auch die britische Bauabzugssteuer zu berücksichtigen. Sie dient dazu, etwaige Steueransprüche der britischen Finanzbehörde HM Revenue & Customs (HMRC) gegen den Bauauftraggeber zu sichern. Zu den Tätigkeiten, die unter die Bauabzugssteuer fallen können, gehören z.B.:
  • Errichtung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Gebäuden oder Bauwerken
  • Installation von Industrieanlagen (unter bestimmten Voraussetzungen)
  • Vermietung von Baumaschinen bei gleichzeitiger Gestellung des Bedienpersonals
  • Elektroinstallationsarbeiten an Gebäuden oder Bauwerken
  • Reinigungsarbeiten in einem Gebäude im Rahmen von Bauarbeiten
  • Bauleitertätigkeiten
Weiterhin sind bei Bau- und Montagearbeiten auch umsatzsteuerliche Besonderheiten zu beachten, insbesondere das inländische Reverse-Charge-Verfahren, aber auch das weiterhin geltende grenzüberschreitende Reverse-Charge-Verfahren, das bestimmten Voraussetzungen unterliegt.
Die AHK London stellt hierzu das Merkblatt “Bauabzugssteuer und umsatzsteuerliche Behandlung von Bau- und Montageleistungen im VK” zur Verfügung.

Vorsteuerrückvergütung

In Deutschland ansässige Unternehmen, die zum Vorsteuerabzug berechtigt sind und im Zusammenhang mit ihrer unternehmerischen Tätigkeit in Großbritannien Vorsteuerbeträge entrichtet haben, können diese in einem besonderen Verfahren vergütet bekommen. Weitere Details zu den Voraussetzungen sowie das Antragsformular finden Sie hier.

Verbrauchsteuer

Mit dem EU-Austritt des Vereinigten Königreichs erlöschen alle verbrauchsteuerrechtlichen Erlaubnisse und Zulassungen sowie Registrierungen von Wirtschaftsbeteiligten mit Sitz im Vereinigten Königreich.
Verbrauchsteuerrechtlich ist ein direktes Versenden oder Empfangen von unversteuerten und versteuerten verbrauchsteuerpflichtigen Waren in das und aus dem Vereinigten Königreich nicht möglich. Vielmehr sind derartige Vorgänge als zollrechtliche Ausfuhren bzw. Einfuhren zu behandeln, für die die Bestimmungen des Zollrechts Anwendung finden.

Plastiksteuer

Seit April 2022 werden Unternehmen, die mehr als 10 Tonnen Kunststoffverpackungen über einen Zeitraum von 12 Monaten im Vereinigten Königreich herstellen oder in das Vereinigte Königreich importieren, mit der neuen britischen Steuer auf Kunststoffverpackungen (UK Plastic Packaging Tax) belegt.
Sollten deutsche Unternehmen einen britischen Importeur haben, muss sich Letzterer bei der britischen Finanzbehörde “HM Revenue and Customs” (HMRC) für die Steuer registrieren.
Die Höhe der “Plastiksteuer” liegt bei £200 pro Tonne auf Kunststoffverpackungen mit weniger als 30% recyceltem Kunststoffanteil.
Die Deutsch-Britische Industrie- und Handelskammer hat dazu das Merkblatt Die Steuer auf Kunststoffverpackungen im Vereinigten Königreich ab 1. April 2022 erstellt.