Novelle des Verpackungsgesetzes
Viele Unternehmen sind von der Novelle des Verpackungsgesetzes betroffen, welche am 14.06.2021 verkündet wurde und stufenweise in Kraft trat. Leider ist damit auch eine Vielzahl an bürokratischen Pflichten verbunden.
Neue Pflichten im „rein gewerblichen Bereich“ (§ 15)
Das Gesetz definiert wie bisher den Begriff des „privaten Endverbrauchers“ sehr weitgehend: „Private Endverbraucher sind private Haushaltungen und diesen nach Art der dort typischerweise anfallenden Verpackungsabfälle vergleichbare Anfallstellen. Vergleichbare Anfallstellen im Sinne von Satz 1 sind …. (hier folgt eine lange Auflistung, Gaststätten, Hotels, Krankenhäuser, Niederlassungen von Freiberuflern und vieles mehr). Das Gegenteil, also die sonstigen Endverbraucher wie Produktionsbetriebe oder Handelsunternehmen, werden umgangssprachlich hilfsweise als „echte“ gewerbliche Endverbraucher oder „rein gewerblicher Bereich“ bezeichnet. Hersteller und alle nachfolgenden Vertreiber in diesem „rein gewerblichen Bereich“, also Verkäufer von Waren für „echte“ gewerbliche Endverbraucher, werden im ergänzten § 15 seit 01.01.2022 zusätzlichen Anforderungen unterworfen.
Denn bis dahin konnten sie ihre Verpackungs-Rücknahme-Pflichten in Abstimmung mit ihren Kunden auf diese delegieren oder sonstige Vereinbarungen treffen. Dies wurde ab 2022 zwar nicht verboten, aber alle Lieferanten in dieser „rein gewerblichen“ Lieferkette wurden neu verpflichtet, über die Erfüllung ihrer Rücknahme- und Verwertungsanforderungen „Nachweis zu führen“. (Nicht gemeint sind hier „Nachweise“ im Sinne der Abfall-Nachweis-Verordnung für gefährliche Abfälle). Stattdessen wird eine interne Dokumentation erwartet. Diese Forderung wird verstärkt durch Sätze wie „Zur Bewertung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Dokumentation sind geeignete Mechanismen zur Selbstkontrolle einzurichten“ sowie der Forderung nach „finanziellen und organisatorischen Mitteln zur Einhaltung der Pflichten“ sowie auch hier „geeigneten Mechanismen zur Selbstkontrolle“ der unternehmensinternen „Finanzverwaltung“.
Dies könnte dazu führen, dass Unternehmen häufiger ihre Lieferanten zur Rücknahme gebrauchter Verpackungen auffordern, was jedoch insgesamt für alle Beteiligten zu höheren Kosten und noch mehr Dokumentationsaufwand führen würde.
Außerdem wurde in § 15 eine neue ausdrückliche Informationspflicht nicht aller Beteiligten, aber der „Letztvertreiber“ (also auf der letzten Handels-Stufe) aufgenommen: „Letztvertreiber von Verpackungen nach Satz 1 müssen die Endverbraucher durch geeignete Maßnahmen in angemessenem Umfang über die Rückgabemöglichkeit und deren Sinn und Zweck informieren.“
Ausweitung der Einweg-Getränke-Pfandpflichten
Die oben genannten neuen „Nachweis“-Pflichten gelten seit Anfang 2022 auch für alle Hersteller und Vertreiber von pfandpflichtigen Einweg-Getränkeverpackungen.
Ebenfalls zum 01.01.2022 wurden die bestehenden Pfandpflichten für bestimmte Getränke in definierten Einweggetränke-Verpackungsarten erweitert. Die Pflicht zur Pfanderhebung auf allen Handelsstufen gilt seither - über die früheren Regelungen hinaus - unabhängig vom Inhalt für alle Getränkedosen und Einwegkunststoff-Getränkeflaschen (lediglich bei Milch und Milcherzeugnissen gilt dies erst ab 01.01 2024).
Dies bedeutet de facto eine Teilnahmepflicht am bundesdeutschen Einweg-Pfandsystem (www.dpg-pfandsystem.de). Damit verknüpft ist die Kennzeichnung mit dem bekannten Getränke-Einwegpfand-Logo.
Registrierungspflicht der Nutzer von Serviceverpackungen
Als Serviceverpackungen gelten wie früher diejenigen Verpackungen, die erst auf der letzten Handelsstufe (vom „Letztvertreiber“) mit Ware befüllt werden zur Übergabe an die Kunden (zum Beispiel Papiertüten in Bäckereien oder auf dem Wochenmarkt). Diese Letztvertreiber müssen sich nun neu bei der Zentralen Stelle Verpackungsregister registrieren (unter www.verpackungsregister.de). Gebühren entstehen dabei nicht. Einzutragen ist neben den üblichen Kontaktdaten auch eine Steuernummer. Außerdem müssen die besagten Nutzer von Serviceverpackungen bestätigen, dass ihre Lieferanten diese Serviceverpackungen bei einem anerkannten dualen Entsorgungssystem „beteiligen“ (also anmelden und abrechnen).
Stichtag für diese Registrierung war der 01.07.2022.
Ausweitung der Registrierungspflicht auf weitere „Hersteller“ im Sinne des Gesetzes
Zum 01.07.2022 wurde die Registrierungspflicht auch für alle Unternehmen zur Pflicht, die
- entweder Mehrwegverpackungen mit Ware befüllen und so in Verkehr bringen
- oder pfandpflichtige Einweg-Getränkeverpackungen befüllen und in Verkehr bringen
- oder schadstoffhaltige Füllgüter im Sinne des Gesetzes in verpackter Form in Verkehr bringen
- oder Waren für gewerbliche Endverbraucher verpacken und so erstmals in Verkehr bringen.
Die letztgenannten Betroffenen im „rein gewerblichen Bereich“ hatten früher im Wesentlichen nur den § 15 zu beachten. Nicht von der neuen Registrierungspflicht betroffen sind Unternehmen, die verpackte Ware im Inland einkaufen und unverändert weitergeben (ohne Hinzufügen einer zusätzlichen Verpackung, zum Beispiel einer Versandverpackung). Dies kann beispielsweise auf Getränkehändler zutreffen.
Weitere Angaben im Zuge der Registrierung
Ebenfalls seit 01.07.2022 müssen bei der Registrierung einige zusätzliche Pflichtfelder ausgefüllt werden, zum Beispiel Steuernummern oder Angaben dazu, ob neben privaten auch gewerbliche Endverbraucher beliefert werden.
E-Commerce und Fulfillment-Dienstleister
Elektronische Marktplätze und Fulfillment-Dienstleister wurden in den Adressatenkreis des Verpackungsgesetzes aufgenommen und dazu in § 3 definiert. In den folgenden Paragraphen werden sie verpflichtet, darauf zu achten, dass ihre Kunden die Vorgaben des Gesetzes einhalten. Konkret genannt werden die Registrierungspflichten sowie im Fall von Waren für private Endverbraucher die Systembeteiligungspflichten. Gemeint sind zum einen diejenigen Kunden, die auf den elektronischen Marktplätzen inserieren und dadurch verpackte Waren in Verkehr bringen. Zum anderen handelt es sich um die Auftraggeber der Fulfillment-Dienstleister. Bei Missachtung bestehen für die neuen Adressaten jeweils ein Vertriebsverbot sowie die Gefahr eines Bußgelds.
Diese Neuregelungen gelten ebenfalls seit 01.07.2022.
Mehrwegalternative im "to-go"-Bereich
Seit 01.01.2023 gilt eine wesentliche Neuerung im gastronomischen Bereich. Wer "to-go"-Getränke oder "take-away-Essen" anbietet und dazu Einwegkunststoff-Lebensmittelverpackungen oder Einweggetränkebecher nutzt, muss seit Anfang 2023 zwingend eine Mehrwegalternative anbieten. Diese darf nicht teurer als das gleiche Produkt in der Einwegkunststoffverpackung sein.
Der Mehrweg-Begriff wird im Verpackungsgesetz definiert, wobei betont wird, dass eine tatsächliche Rücknahme und Wiederverwendung durch eine entsprechende Logistik ermöglicht werden muss und dazu Anreize an den Kunden geschaffen werden müssen, in der Regel durch eine Pfand-Erhebung.
Kleinere Unternehmen mit bis zu fünf Mitarbeitern und einer Verkaufsfläche von maximal 80 Quadratmetern können anstelle der oben genannten Mehrweg-Variante den Weg wählen, ihren Kunden deren mitgebrachte Behältnisse zu befüllen. Hierbei sind jedoch hygienische Aspekte zu beachten.
Weitere Änderungen absehbar
Die Gesetzesnovelle umfasste weitere Neuregelungen, die sich unter anderem an duale Entsorgungssysteme oder an ausländische Unternehmen, die verpackte Waren nach Deutschland liefern, richten und seit Juli 2021 greifen.
Sie enthält außerdem Vorgaben an die Hersteller von Einwegkunststoff-Getränkeflaschen, da diese Flaschen ab 2025 und verstärkt ab 2030 zum Teil aus Kunststoff-Recyclat hergestellt werden müssen.
Der Text der Novelle bzw. die aktuelle Fassung des Verpackungsgesetzes ist bei den IHKs erhältlich, die für weitere Fragen zur Verfügung stehen.