Arbeitsrecht
Mutterschutz und Elternzeit
Mutterschutz
Geltungsbereich
Das Mutterschutzgesetz findet Anwendung,
- wenn der Arbeitsort im Bundesgebiet liegt, unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Arbeitsvertragsparteien;
- in Betrieben und Verwaltungen aller Art sowie für Beschäftigte in Familienhaushalten und in der Landwirtschaft;
- für Arbeitnehmerinnen unabhängig davon, ob sie in Voll- oder Teilzeit, zur Probe, zur Aushilfe, haupt- oder nebenberuflich beschäftigt sind; für Heimarbeiterinnen und ihnen Gleichgestellte sowie für Frauen, die zur Ausbildung beschäftigt sind oder sich in Weiterbildungs- oder Umschulungsmaßnahmen befinden.
Die Vorschriften des Mutterschutzgesetzes sind zum Nachteil der Betroffenen nicht abdingbar.
Mitteilungs- und Benachrichtigungspflichten
Die Mitteilungspflicht der Schwangeren
Werdende Mütter sollen dem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft und den voraussichtlichen Tag der Entbindung mitteilen, sobald sie Kenntnis davon haben (§ 5 Abs. 1 MuSchG). Ausreichend ist die Mitteilung, dass wahrscheinlich eine Schwangerschaft besteht. Diese Mitteilungspflicht wurde vom Gesetzgeber nicht als durchsetzbare Rechtspflicht gestaltet, so dass der Arbeitgeber aus einer Verletzung der Mitteilungspflicht in der Regel kein Recht herleiten kann. Nur ausnahmsweise kann eine Mitteilungspflicht aufgrund der arbeitsrechtlichen Treuepflicht der Arbeitnehmerin als Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis bestehen. So beispielsweise wenn der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an der Information hat.
Ein solches berechtigtes Interesse kann beispielsweise vorliegen, wenn eine Ersatzkraft mit erheblicher Einarbeitungszeit eingestellt werden muss. Unter Umständen kann der Arbeitgeber bei einer schuldhaft unterlassenen Mitteilung Schadensersatzansprüche geltend machen, so etwa die Mehrkosten für eine eilige Ersatzeinstellung.
Auf Verlangen des Arbeitgebers muss die Schwangere ein Zeugnis eines Arztes oder einer Hebamme über die Schwangerschaft und das voraussichtliche Datum der Entbindung vorlegen. Die Kosten für das Zeugnis trägt der Arbeitgeber, soweit der Schwangeren tatsächlich Kosten entstanden sind; dies ist nicht der Fall, wenn sie gesetzlich versichert ist (§ 196 Reichsversicherungsordnung). Um Unklarheiten wegen des voraussichtlichen Entbindungstermins und des Beginns des Mutterschutzes zu vermeiden, empfiehlt sich, immer ein schriftliches Zeugnis zu verlangen.
Benachrichtigungspflicht des Arbeitgebers
Von der Mitteilung der Schwangeren hat der Arbeitgeber gemäß § 5 MuSchG unverzüglich die Aufsichtsbehörde – in Niedersachsen das Gewerbeaufsichtsamt – zu benachrichtigen. Betriebsintern dürfen nur Personen informiert werden, die mit der Durchführung der mutterschutzrechtlichen Vorschriften direkt in Berührung kommen. Eine darüber hinaus gehende Weitergabe der Information an Dritte ist wegen des Persönlichkeitsrechts der Schwangeren ohne deren Zustimmung verboten.
Gesundheitsschutz
Schutzfristen
Werdende Mütter dürfen in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung nicht beschäftigt werden, es sei denn, dass sie sich zur Arbeitsleistung ausdrücklich bereit erklären. Diese Erklärung kann jederzeit widerrufen werden (§ 3 Abs. 2 MuSchG).
Nach der Entbindung besteht ein Beschäftigungsverbot für acht Wochen; bei Früh- und Mehrlingsgeburten verlängert sich die Frist auf zwölf Wochen (§ 6 Abs. 1 MuSchG). Bei Frühgeburten und sonstigen vorzeitigen Entbindungen verlängern sich die Fristen um den nicht in Anspruch genommenen Teil. Dieser wird nach der Geburt hinzugerechnet.
Beschäftigungsverbot laut ärztlichem Attest
Unabhängig von den Schutzfristen vor und nach der Entbindung dürfen werdende Mütter nicht beschäftigt werden, soweit nach ärztlichem Zeugnis Leben oder Gesundheit von Mutter und Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist (§ 3 Abs. 1 MuSchG). Das ärztliche Zeugnis muss das Beschäftigungsverbot, seinen Umfang sowie die Gründe konkret bezeichnen. Aus dem Attest muss präzise hervorgehen, welche Arbeiten die Schwangere noch verrichten kann.
Frauen, die in den ersten Monaten nach der Entbindung nach ärztlichem Zeugnis nicht voll leistungsfähig sind, dürfen nicht zu einer ihre Leistungsfähigkeit übersteigenden Arbeit herangezogen werden (§ 6 Abs. 2 MuSchG).
Gefahrenschutz
Gestaltung des Arbeitsplatzes
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Arbeitsplatz und den Arbeitsablauf so zu gestalten, dass Gefahren für Leben und Gesundheit der werdenden oder stillenden Mutter und des Kindes vermieden werden (§ 2 Abs. 1 MuSchG). Wenn die Arbeitnehmerin ständig stehen oder gehen muss, so ist ihr eine Sitzgelegenheit zum kurzen Ausruhen zu geben. Soweit eine ständig sitzende Tätigkeit ausgeübt wird, hat der Arbeitgeber kurze Unterbrechungen zu ermöglichen.
Verbotene Tätigkeiten
Werdende Mütter dürfen nicht mit schweren körperlichen Arbeiten und nicht mit Arbeiten beschäftigt werden, bei denen sie schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Staub, Gasen oder Dämpfen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Erschütterungen oder Lärm ausgesetzt sind (§ 4 Abs. 1 MuSchG). Einen Katalog von verbotenen Tätigkeiten enthält § 4 Abs. 2 MuSchG. Als Beispiele seien Arbeiten genannt,
- bei denen regelmäßig Lasten von mehr als fünf Kilogramm oder gelegentlich Lasten von mehr als zehn Kilogramm Gewicht von Hand gehoben werden müssen
- bei denen sich die Schwangere häufig erheblich strecken oder beugen müssen oder bei denen sie sich dauernd hocken oder sich gebückt halten muss
- bei denen eine erhöhte Unfallgefahr gegeben ist.
Werdende Mütter dürfen zudem nicht mit Akkordarbeit und sonstigen Arbeiten, bei denen durch ein gesteigertes Arbeitstempo ein höheres Entgelt erzielt werden kann, oder mit Fließbandarbeit mit vorgeschriebenem Arbeitstempo beschäftigt werden (§ 4 Abs. 3 MuSchG).
Außerdem besteht ein Verbot für Mehrarbeit sowie Nachtarbeit in der Zeit von 20:00 bis 6:00 Uhr (Ausnahmen: Gast- und Schankwirtschaften und Beherbergungswesen bis 22 Uhr; bei Musikaufführungen und Theatervorstellungen 23 Uhr). Sonn- und Feiertagsarbeit ist ebenfalls grundsätzlich verboten. Für verschiedene Branchen (Verkehrswesen, Gast- und Schankwirtschaften, Beherbergungswesen, Familienhaushalte, Krankenpflege- und Badeanstalten, für Musik- und Theateraufführungen) bestehen Ausnahmeregelungen, wenn der Arbeitnehmerin in jeder Woche als Kompensation im Anschluss an eine Nachtruhe eine ununterbrochene Ruhezeit von 24 Stunden gewährt wird.
Das Gewerbeaufsichtsamt kann in besonders gelagerten Fällen Ausnahmen zulassen. Die vorgenannten Beschäftigungsverbote gelten im Wesentlichen auch für stillende Mütter. Um den Ausfall einer Mutter während des Mutterschutzes zu kompensieren, können gemäß § 21 BEEG befristete Ersatzkräfte eingestellt werden.
Stillzeit
Stillenden Müttern ist auf Verlangen die zum Stillen erforderliche Zeit, mindestens aber zweimal täglich eine halbe Stunde oder einmal täglich eine Stunde, freizugeben. Durch die Gewährung der Stillzeit darf ein Verdienstausfall nicht eintreten (§ 7 MuSchG).
Ausgleichsverfahren
Die Krankenkasse erstattet auf Antrag Arbeitgebern das zu zahlende Arbeitsentgelt, sofern der Arbeitgeber Entgeltfortzahlung während eines Beschäftigungsverbotes gemäß § 11 in Verbindung mit §§ 3 Abs. 1, §§ 4, 6 Abs. 2 oder 3 MuSchG oder wegen des Mehr-, Nacht- oder Sonntagsarbeitsverbots nach § 8 Abs. 1, 3 oder 5 MuSchG leisten muss.
Kündigungsschutz
Für den Arbeitgeber besteht ein Kündigungsverbot ab Beginn der Schwangerschaft bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung. Eine Kündigung ist verboten und damit unwirksam, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft oder Entbindung bekannt war oder innerhalb zweier Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. Das Überschreiten dieser Frist ist unschädlich, wenn es auf einem von der Frau nicht zu vertretenden Grund beruht und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird. Unzulässig ist jegliche Art von Kündigung, gleichgültig ob es sich um eine ordentliche, außerordentliche oder Änderungskündigung handelt. Der Kündigungsschutz wirkt auch in der Probezeit.
Hat der Arbeitgeber entgegen einem bestehenden Kündigungsverbot gekündigt, so ist er zur Fortzahlung der Vergütung verpflichtet, wenn er die Arbeitnehmerin nicht weiterbeschäftigt und so in Annahmeverzug gerät.
In seltenen Ausnahmefällen kann gem. § 9 Abs. 3 MuSchG das Gewerbeaufsichtsamt als Aufsichtsbehörde auf Antrag des Arbeitgebers eine Kündigung zulassen. Das Vorliegen einer solchen Ausnahme wurde bisher bejaht bei einer Existenzgefährdung des Arbeitgebers, bei einer Stilllegung des Betriebs oder eines Betriebsteils ohne Umsetzungsmöglichkeit für die Arbeitnehmerin und bei strafrechtlichen Verfehlungen der Arbeitnehmerin. Die Kündigung kann in diesen Fällen erst nach der Zustimmungserklärung der Behörde ausgesprochen werden.
Das Kündigungsverbot gilt nicht für Frauen, die von demselben Arbeitgeber im Familienhaushalt mit hauswirtschaftlichen, erzieherischen oder pflegerischen Arbeiten in einer ihre Arbeitskraft voll in Anspruch nehmenden Weise beschäftigt werden, nach Ablauf des 5. Monats der Schwangerschaft (§ 9 Abs. 1 Satz 2 MuSchG). Diese Ausnahme greift dann nicht ein, wenn die Hausgehilfin gleichzeitig auch für den Gewerbebetrieb des Arbeitgebers arbeiten muss.
Dem Kündigungsverbot unterliegen nicht sonstige Beendigungstatbestände des Arbeitsverhältnisses, so beispielsweise:
- wirksame Befristung des Arbeitsvertrages
- Anfechtung des Arbeitsvertrages
- einvernehmlicher Aufhebungsvertrag
- Kündigung durch die Schwangere.
In § 10 MuSchG wird den Frauen während der Schwangerschaft und während der acht- bzw. zwölfwöchigen Schutzfrist nach der Entbindung (§ 6 Abs. 1 MuSchG) ein Sonderkündigungsrecht ohne Einhaltung einer Frist zum Ende der Schutzfrist nach der Entbindung eingeräumt. Der Arbeitgeber hat von einer Kündigung das Gewerbeaufsichtsamt unverzüglich zu benachrichtigen.
Finanzielle Leistungen
Mutterschaftsgeld
Für die Zeiten der Schutzfristen erhalten Frauen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, auf Antrag von der Krankenkasse Mutterschaftsgeld bis zur Höhe von 13 Euro kalendertäglich.
Frauen, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, jedoch bei Beginn der Schutzfristen in einem Arbeitsverhältnis stehen, erhalten auf Antrag Mutterschaftsgeld in Höhe von maximal 210 Euro zu Lasten des Bundes vom Bundesversicherungsamt (Mutterschaftsgeldstelle), Friedrich-Ebert-Allee 38, 53113 Bonn, Telefon: 0228 / 619-1888, E-Mail: mutterschaftsgeldstelle@bva.de
Arbeitgeberzuschuss
Bei einem höheren durchschnittlichen Nettoverdienst hat der Arbeitgeber zur Sicherung des Lebensstandards der Mutter gemäß § 14 MuSchG zum Mutterschaftsgeld einen Zuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen diesem und dem durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelt zu zahlen. Das durchschnittliche kalendertägliche Arbeitsentgelt ist aus den drei letzten abgerechneten Kalendermonaten, bei wöchentlicher Abrechnung aus den letzten 13 abgerechneten Wochen vor Beginn der Schutzfrist zu berechnen.
Mutterschutzlohn
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Arbeitnehmerinnen, die wegen eines Beschäftigungsverbotes teilweise oder völlig mit der Arbeit aussetzen müssen, den Einkommensverlust auszugleichen. Der Mutterschutzlohn berechnet sich nach dem Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen oder der letzten drei Monate vor Beginn des Monats, in dem die Schwangerschaft eingetreten ist.
Auf Antrag erstatten die Krankenkassen den Arbeitgebern den vollen Zuschlag zum Mutterschutzlohn.
Erholungsurlaub
Für den Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub und dessen Dauer gelten die Ausfallzeiten wegen mutterschutzrechtlicher Beschäftigungsverbote als Beschäftigungszeiten. Hat die Frau ihren Urlaub vor Beginn der Beschäftigungsverbote nicht oder nicht vollständig erhalten, so kann sie nach Ablauf der Fristen den Resturlaub im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr beanspruchen.
Elterngeld und Elternzeit
Elterngeld
Anspruch auf Elterngeld haben Mütter und Väter,
- die ihre Kinder nach der Geburt selbst betreuen und erziehen,
- nicht mehr als 30 Stunden in der Woche erwerbstätig sind,
- mit ihren Kindern in einem Haushalt leben und
- einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben.
Auch die Ehe- oder Lebenspartnerinnen und -partner, die das Kind nach der Geburt betreuen – auch wenn es nicht ihr eigenes ist –, können unter denselben Voraussetzungen Elterngeld bekommen. Großeltern haben nur ausnahmsweise Anspruch auf Elterngeld, wenn sie wegen einer schweren Krankheit oder einer Schwerbehinderung der Eltern das Enkelkind betreuen müssen.
Auszubildende können dennoch Elterngeld beanspruchen (§ 20 Abs. 1 BEEG), auch wenn sie ihre Ausbildung unvermindert vollzeitig fortsetzen, da sie nach § 1 Abs. 6 BEEG als nicht voll erwerbstätig gelten.
Das Elterngeld kann in den ersten 14 Lebensmonaten des Kindes in Anspruch genommen werden und beträgt mindestens 67 Prozent des wegfallenden Nettoeinkommens bei einem Voreinkommen zwischen 1.000 und 1.200 Euro. Bei einem Einkommen unter 1.000 Euro vor der Geburt des Kindes steigt die Ersatzrate schrittweise auf bis zu 100 Prozent. Der Mindestbetrag sind 300 Euro. Für Einkommen ab 1.200 Euro und mehr vor der Geburt des Kindes sinkt die Ersatzrate des Elterngeldes von 67 auf 65 Prozent. Die Höchstgrenze sind 1.800 Euro.
Das Mindestelterngeld in Höhe von 300 Euro erhalten alle, die nach der Geburt ihr Kind selbst betreuen und höchstens 30 Stunden in der Woche arbeiten, also auch Studierende, Hausfrauen / Hausmänner und Eltern, die wegen der Betreuung älterer Kinder nicht gearbeitet haben. Mehrkindfamilien mit kleinen Kindern erhalten einen Zuschlag von 10 Prozent des sonst zustehenden Elterngeldes, mindestens aber 75 Euro (Geschwisterbonus). Bei Mehrlingsgeburten erhöht sich das Elterngeld um 300 Euro für jedes zweite und weitere Mehrlingskind.
Das Elterngeld entfällt für Elternpaare, die im Kalenderjahr vor der Geburt ihres Kindes gemeinsam ein zu versteuerndes Einkommen von mehr als 500.000 Euro hatten. Für Alleinerziehende entfällt der Anspruch ab mehr als 250.000 Euro.
Das Elterngeld wird beim Arbeitslosengeld II, bei der Sozialhilfe und beim Kinderzuschlag vollständig als Einkommen angerechnet. Dies betrifft auch den Mindestbetrag von 300 Euro. Allerdings erhalten alle Elterngeldberechtigten, die Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe oder Kinderzuschlag beziehen und vor der Geburt ihres Kindes erwerbstätig waren, einen Elterngeldfreibetrag. Dieser entspricht dem Einkommen vor der Geburt, beträgt aber höchstens 300 Euro. Bis zu dieser Höhe steht das Elterngeld damit zusätzlich zur Verfügung.
Ein Elternteil kann höchstens für zwölf Monate Elterngeld beantragen. Zwei weitere Monatsbeträge erhalten die Eltern, wenn auch der andere Elternteil mindestens zwei Monate lang Elterngeld bezieht (Partnermonate als Bonus). Die Mindestbezugsdauer für Elterngeld beträgt zwei Monate.
Ausführliche Informationen rund um das Elterngeld finden Sie auf der Website des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Elternzeit
Arbeitnehmer haben Anspruch auf Elternzeit, wenn sie mit einem Kind, für das ihnen die Personensorge zusteht, in einem Haushalt leben und dieses Kind selbst betreuen und erziehen. Dies gilt auch für Vollzeit-Pflegeeltern. Der Anspruch auf Elternzeit besteht bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres eines Kindes. Ein Anteil von bis zu zwölf Monaten ist mit Zustimmung des Arbeitgebers auf die Zeit bis zur Vollendung des achten Lebensjahres übertragbar. Dieser Anspruch kann durch Vertrag weder beschränkt noch ausgeschlossen werden.
Die Elternzeit kann auch anteilig von jedem Elternteil allein oder von beiden Elternteilen gemeinsam genommen werden. Die Elternzeitansprüche der Eltern werden getrennt voneinander behandelt.
Wer Elternzeit beanspruchen will, muss sie spätestens sieben Wochen vor Beginn schriftlich vom Arbeitgeber verlangen und gleichzeitig erklären, für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren Elternzeit genommen werden soll. Bei dringenden Gründen ist ausnahmsweise eine angemessene kürzere Frist möglich.
Gemäß § 15 Abs. 1a BEEG besteht ein Anspruch auf Elternzeit für die Betreuung von Enkelkindern, wenn die Großeltern mit ihrem Enkelkind in einem Haushalt leben, dieses Kind selbst betreuen und erziehen und ein Elternteil des Kindes minderjährig ist oder ein Elternteil des Kindes sich im letzten oder vorletzten Jahr einer Ausbildung befindet, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres begonnen wurde und die Arbeitskraft des Elternteils im Allgemeinen in Anspruch nimmt. Die Großeltern können jedoch nur in der Zeit Elternzeit in Anspruch nehmen, in der keiner der Elternteile des Kindes selbst Elternzeit in Anspruch nimmt. Nach der Gesetzesbegründung soll ein Hochschulstudium wie eine Ausbildung behandelt werden.
Die Elternzeit bei Auszubildenden wird gem. § 20 Abs. 1 BEEG nicht auf die Berufsbildungszeiten angerechnet. Der Auszubildende kann jedoch auch Teilzeit während der Elternzeit beanspruchen (§ 15 Abs. 6 BEEG). Sofern keine dringenden betrieblichen Gründe, die sich aus den Sachzwängen der Organisation der Berufsausbildung ergeben, dem Teilzeitverlangen entgegenstehen, ist die Teilzeit möglich.
Für ab dem 1.7.2015 geborene Kinder kann die Elternzeit flexibler gestaltet werden. Ein Teil der Elternzeit von bis zu 24 Monaten kann zwischen dem dritten und neunten Geburtstag des Kindes in Anspruch genommen werden (§ 15 Abs. 2 Satz 2 BEEG). Der Arbeitnehmer muss die Elternzeit nach dem dritten Geburtstag des Kindes spätestens 13 Wochen vor Beginn der Elternzeit vom Arbeitgeber schriftlich verlangen. Beginnt die Elternzeit vor dem dritten Geburtstag und geht ohne Unterbrechung über diesen hinaus, so muss der Arbeitnehmer für den Elternzeitanteil vor dem dritten Geburtstag die siebenwöchige Anmeldefrist und für den Anteil ab dem dritten Geburtstag die Frist von 13 Wochen beachten.
Teilzeit während der Elternzeit
Während der Elternzeit ist Erwerbstätigkeit zulässig, wenn die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit für jeden Elternteil 30 Stunden im Durchschnitt nicht übersteigt. Damit gilt seit 18.09.2013 nicht mehr die starre Höchstgrenze von 30 Stunden. Entscheidend ist vielmehr, dass 30 Wochenstunden im Durchschnitt nicht überschritten werden.
Über den Antrag auf eine Verringerung der Arbeitszeit und ihre Ausgestaltung sollten sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber innerhalb von vier Wochen einigen. Im Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit soll die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angegeben werden. Kein Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit besteht
- in Kleinbetrieben mit bis zu 15 Beschäftigten, wobei Auszubildende nicht mitzählen,
- wenn das Arbeitsverhältnis nicht bereits sechs Monate ununterbrochen besteht,
- wenn die Verringerung der Arbeitszeit weniger als drei Monate andauern und unter 15 Wochenstunden fallen sollte,
- wenn dringende betriebliche Gründe dem Anspruch entgegenstehen oder
- der Anspruch dem Arbeitgeber nicht rechtzeitig, d. h. acht Wochen vorher schriftlich mitgeteilt worden ist.
Falls der Arbeitgeber die beanspruchte Verringerung der Arbeitszeit ablehnen will, muss er dies innerhalb von vier Wochen mit schriftlicher Begründung tun. Der Arbeitnehmer kann, soweit der Arbeitgeber der Verringerung der Arbeitszeit nicht oder nicht rechtzeitig zustimmt, Klage vor den Gerichten für Arbeitssachen erheben.
Der Arbeitgeber soll die Elternzeit bescheinigen. Die von den Elternteilen allein oder gemeinsam genommene Elternzeit darf insgesamt auf bis zu vier Zeitabschnitte verteilt werden. Bei Zweifeln hat die Erziehungsgeldstelle auf Antrag des Arbeitgebers zu der Frage Stellung zu nehmen, ob die Voraussetzungen für die Elternzeit vorliegen. Der Antrag des Arbeitgebers bedarf der Zustimmung des Arbeitnehmers, wenn die Erziehungsgeldstelle Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse des Arbeitnehmers benötigt.
ElterngeldPlus
Seit 2015 können Eltern sich zwischen dem Bezug von Elterngeld oder von ElterngeldPlus entscheiden. Mit den Neuregelungen besteht die Möglichkeit, länger Elterngeld zu beziehen, wenn beide Elternteile nach der Geburt eines Kindes Teilzeit arbeiten. Damit ist es möglich, das ElterngeldPlus doppelt so lange zu erhalten wie das Elterngeld, da aus einem Elterngeldmonat zwei ElterngeldPlus-Monate werden.
Teilen sich beide Elternteile die Betreuung ihres Kindes und arbeiten parallel für vier Monate zwischen 25 und 30 Wochenstunden, erhalten sie zudem den Partnerschaftsbonus in Form von jeweils vier zusätzlichen ElterngeldPlus-Monaten.
Alleinerziehende können diese Monate zusätzlich erhalten, wenn sie die Voraussetzungen für den steuerlichen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b EStG) erfüllen.
Kündigung
Der Arbeitgeber darf das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt, von dem an die Elternzeit verlangt worden ist, höchstens jedoch acht Wochen bzw. 14 Wochen vor Beginn der Elternzeit, und während der Elternzeit nicht kündigen. Nur in besonderen Fällen kann das Gewerbeaufsichtsamt ausnahmsweise die Kündigung für zulässig erklären (§ 18 BEEG).
Der Arbeitnehmer kann das Arbeitsverhältnis zum Ende der Elternzeit nur unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen (§ 19 BEEG), ansonsten kann das Arbeitsverhältnis vorzeitig nur mit Zustimmung des Arbeitgebers beendet werden (§ 16 Abs. 3 BEEG). Ausnahme: Die Arbeitnehmerin will Mutterschutzfristen in Anspruch nehmen. In diesen Fällen soll die Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber die Beendigung der Elternzeit rechtzeitig mitteilen (siehe auch Ziffer 8).
Rechtlicher Status
Während der Elternzeit ruhen die gegenseitigen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Eine Lohnzahlungspflicht besteht für diesen Zeitraum nicht. Geldwerte Nebenleistungen – wie beispielsweise Weihnachtsgeld – hat der Arbeitgeber dann zu gewähren, wenn sie als Anerkennung für die Betriebstreue gezahlt werden, nicht jedoch, wenn sie als Entgelt für Arbeitsleistungen gedacht sind. Bei der betrieblichen Altersversorgung dürfen dem Arbeitnehmer durch die Inanspruchnahme der Elternzeit keine Nachteile entstehen.
Erholungsurlaub
Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer für das Urlaubsjahr aus dem Arbeitsverhältnis zusteht, für jeden vollen Kalendermonat, für den der Arbeitnehmer Elternzeit nimmt, um ein Zwölftel kürzen.
Achtung: Dies gilt nur für volle Kalendermonate. Beginnt die Elternzeit z. B. am 2. November darf der Urlaub nicht gekürzt werden, da kein voller Kalendermonat vorliegt.
Hat der Arbeitnehmer den ihm zustehenden Erholungsurlaub vor dem Beginn der Elternzeit nicht oder nicht vollständig erhalten, so hat der Arbeitgeber den Resturlaub nach der Elternzeit im laufenden oder nächsten Urlaubsjahr zu gewähren. Endet das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit oder setzt der Arbeitnehmer im Anschluss an die Elternzeit das Arbeitsverhältnis nicht fort, so hat der Arbeitgeber den noch nicht gewährten Urlaub abzugelten.
Ersatzeinstellung
Gemäß § 21 BEEG kann der Arbeitgeber während der Elternzeit einer Mitarbeiterin eine Ersatzkraft befristet einstellen.
Wenn eine neue Schwangerschaft die Elternzeit beendet
Häufig kündigt sich noch während der Elternzeit wieder Nachwuchs an. In einer solchen Situation kann die Elternzeit zur Inanspruchnahme der Mutterschutzfristen beendet werden. Diese neue Regelung hat erhebliche Folgen für Arbeitgeber:
Während der Elternzeit ruhen die beiderseitigen Leistungspflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis. Mit Beendigung der Elternzeit lebt das Arbeitsverhältnis wieder auf. In den sechs Wochen vor dem Geburtstermin besteht dann das Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 2 MuSchG.
Der Arbeitgeber muss außerdem den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld zahlen. Für die Bemessungsgrundlage für diesen Zuschuss ist maßgeblich, ob die Arbeitnehmerin während der vorangegangenen Elternzeit gearbeitet hat oder nicht. Im Rahmen des Ausgleichsverfahrens der Arbeitgeberaufwendungen bei Mutterschaft (U2) hat der Arbeitgeber einen Erstattungsanspruch.
Das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) sieht – anders als das Mutterschutzgesetz – ausdrücklich eine Regelung zu Kürzung des Urlaubsanspruchs vor, § 17 Abs. 1 BEEG. Danach ist der Urlaubsanspruch für jeden vollen Monat Elternzeit um 1/12 zu kürzen. Durch die vorzeitige Beendigung der Elternzeit lebt das Arbeitsverhältnis wieder auf, so dass ab diesem Zeitpunkt die Kürzung des Urlaubs nicht mehr möglich ist. Der Arbeitgeber hat den übertragenen Rest-Urlaub grundsätzlich nach der Elternzeit im laufenden oder im darauf folgenden Urlaubsjahr zu gewähren (§ 17 Abs. 2 BEEG).
Der aufgrund der ersten Elternzeit übertragene Urlaub verfällt auch dann nicht mit Ablauf des auf diese Elternzeit folgenden Urlaubsjahrs, wenn er wegen einer sich unmittelbar an die erste Elternzeit anschließende zweite Elternzeit nicht genommen werden kann – auch dann gilt § 17 Abs. 2 BEEG.