Green Deal
Biodiversität und Umweltschutz
Neben dem Klimaschutz steht der Umweltschutz im Blickpunkt des Green Deals. Eine schadstofffreie Umwelt soll nicht nur die Gesundheit und Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger erhöhen, sondern auch die wirtschaftlichen Folgen durch Verlust von Ökosystemdienstleistungen, auf die z. B. die Land- und Fischwirtschaft, die Lebensmittel- und Getränkeindustrie sowie die Bauwirtschaft besonders angewiesen sind, eindämmen. Nicht zuletzt sollen intakte Böden, Wälder und Meere einen wesentlichen Beitrag zur Klimaneutralität leisten.
- EU-Biodiversitätsstrategie
- Null-Schadstoff-Aktionsplan
- Ansatz für eine nachhaltige blaue Wirtschaft
- EU-Bodenstrategie
- LULUCF-Verordnung
- EU-Verordnung gegen Entwaldung
- Revision der Industrieemissionsrichtlinie
- Gesetz zur Wiederherstellung der Natur
- Überarbeitung der Luftqualitätsrichtlinie
- Vorschlag für ein „Bodengesundheitsgesetz“
EU-Biodiversitätsstrategie
Die Eckpunkte ihrer Umweltschutzmaßnahmen hat die EU-Kommission im Mai 2020 mit der Biodiversitätsstrategie vorgestellt. Ziele sind die Erholung der biologischen Vielfalt, der Schutz der Natur und die Wiederherstellung von Ökosystemen. Dazu sollen mindestens 30% der europäischen Land- und Meeresgebiete in wirksam bewirtschaftete Schutzgebiete umgewandelt werden – ein Drittel davon mit strengen Schutzvorgaben.
Durch eine Reihe konkreter Verpflichtungen und Maßnahmen will die EU geschädigte Ökosysteme bis 2030 wiederherstellen und nachhaltig bewirtschaften und dabei die Hauptursachen des Verlusts an biologischer Vielfalt angehen. Viele davon betreffen in erster Linie die Landwirtschaft, wie z. B. der Ausbau der ökologischen Landwirtschaft, die Verringerung des Einsatzes von Pestiziden und Düngemitteln, sowie Vorgaben für die Fischerei.
Null-Schadstoff-Aktionsplan
Im Mai 2021 hat die EU-Kommission ihren Aktionsplan zur Schadstofffreiheit von Luft, Wasser und Boden veröffentlicht. Der Plan definiert diverse Zwischenziele bis 2030 in verschiedenen umweltpolitischen Bereichen – u. a. die Reduzierung von Luftverschmutzungen, von Kunststoffabfällen im Meer und des Gesamtabfallaufkommens um mindestens 50 Prozent. Erreichen will die EU-Kommission die Ziele u.a. durch erweiterte Regulierung etwa im Bereich der Luftqualität oder Industrieemissionen, durch einen EU-Rechtsrahmen zum Bodenschutz und durch aktualisierte Qualitätsparameter im Gewässerbereich. Dazu soll eine verstärkte Fokussierung auf die Um- und Durchsetzung bestehender Regeln kommen.
Ansatz für eine nachhaltige blaue Wirtschaft
Ebenfalls im Mai 2021 hat die EU-Kommission ihr neues Konzept für eine nachhaltige blaue Wirtschaft, die mit Ozeanen, Meeren und Küsten verbundenen Industriezweige und Sektoren, vorgeschlagen. Zur Klimaneutralität und dem Null-Schadstoff-Ziel soll die blaue Wirtschaft vor allem durch die Entwicklung erneuerbarer Offshore-Energie, die Dekarbonisierung des Seeverkehrs und die Ökologisierung der Häfen beitragen.
Durch erneuerte Standards für die Gestaltung von Fanggeräten, für das Schiffsrecycling und für die Stilllegung von Offshore-Plattformen sowie Maßnahmen zur Verringerung des Eintrags von Kunststoff und Mikroplastik soll die Verschmutzung verringert und die Kreislaufwirtschaft gestärkt werden. Nachhaltige Erzeugung und neue Vermarktungsnormen für Meeresfrüchte, Nutzung von Algen und Seegras, strengere Fischereikontrolle sowie Forschung und Innovation im Bereich der zellbasierten Meeresfrüchte sollen zur Erhaltung der europäischen Meere beitragen.
Die Interessen der verschiedenen Bereiche Fischerei, Aquakultur, Schifffahrt, Tourismus und erneuerbare Energien sollen durch ein verbessertes Raumanagement auf See koordiniert werden.
EU-Bodenstrategie
Laut der von der EU-Kommission im November 2021 veröffentlichten Bodenstrategie sind 70 % der Böden in der EU in keinem guten Zustand. Sie sollen deshalb zukünftig ebenso geschützt werden wie Wasser, Meeresumwelt und Luft. Dazu soll u. a. das inzwischen vorgeschlagene „Bodengesundheitsgesetz“ dienen.
Im Einklang mit dem Null-Schadstoff-Ziel soll der Schadstoffeintrag so weit wie möglich verringert werden, u. a. durch die Beschränkung der Verwendung von Mikroplastik oder PFAS im Rahmen der REACH-Verordnung sowie Überarbeitungen der Klärschlammrichtlinie, der Richtlinie über die nachhaltige Verwendung von Pestiziden und der Verordnung über Düngeprodukte.
Außerdem strebt die EU-Kommission bis 2050 das Ziel des „Netto-Null-Flächenverbrauchs“ an. Neue Flächen dürften dann nur versiegelt werden, wenn an anderer Stelle Flächen entsiegelt werden.
LULUCF-Verordnung
Absehbar ist, dass ein kleiner Teil der Emissionen unvermeidbar bleibt. Damit Europa spätestens im Jahr 2050 netto keine Treibhausgase mehr emittiert, wird also die Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre erforderlich sein. Ziel ist es deshalb nicht nur, wie bisher, dass die Emissionen aus Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) im gleichen Sektor vollständig bilanziell ausgeglichen werden, sondern vielmehr, dass eine CO2-Senke entsteht, also ein Ökosystem, das Kohlendioxid dauerhaft speichert. Das mit dem „Fit for 55“-Paket ausgegebene Ziel einer Netto-Treibhausgasentnahme im LULUCF-Sektor von 310 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten im Jahr 2030 (mit einem Anteil von rund 31 Mio. t für Deutschland) ist inzwischen beschlossen. Erreicht werden soll dies u. a. durch die Erhöhung von Quantität und Qualität der Wälder in der EU. So sieht die Waldstrategie die Anpflanzung von drei Milliarden zusätzlichen Bäumen in Europa bis 2030 vor.
EU-Verordnung gegen Entwaldung
Strengere Anforderungen an den Waldschutz wird es nicht nur für europäische Wälder geben. Mit dem sog. „Deforestation Law“ sollen Wälder weltweit vor Schädigung und Abholzung geschützt werden. Die Verordnung ist bereits am 30. Juni 2023 in Kraft getreten und ist nach einer Übergangszeit ab dem 30. Dezember 2024 (für kleine Unternehmen teilweise erst ab 30. Juni 2025) anzuwenden. Ab dann müssen Importeure bestimmter Produkte (u. a. Soja, Palmöl, Rindfleisch, Kaffee, Kakao, Kautschuk und Holz) nachweisen, dass diese auf Flächen produziert wurden, auf denen es nach dem 31.12.2020 nicht mehr zu Waldschädigungen gekommen ist.
Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, die Anwendung der Verordnung um ein Jahr zu verschieben. Betroffene Unternehmen müssten sie demnach erst ab 30. Dezember 2025, kleinere ab 30. Juni 2026 anwenden. Diese Verschiebung steht aktuell noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung von EU-Parlament und Rat.
Revision der Industrieemissionsrichtlinie
Ende November 2023 konnte auch hinsichtlich der Revision der Industrieemissionsrichtlinie (IR-Richtlinie) eine Trilogeinigung erzielt werden. Der Kompromissvorschlag wurde zwischenzeitlich von EU-Parlament und Rat verabschiedet. Die neuen Vorschriften sehen vor, die jeweils strengsten erreichbaren Emissionswerte verbindlich festzulegen. Außerdem werden weitere Umweltqualitätsnormen eingeführt, die auf eine höhere Energie-, Wasser- und Materialeffizienz und -wiederverwendung abzielen. Auch soll die Verwendung sichererer, weniger toxischer oder ungiftiger Chemikalien in industriellen Prozessen gestärkt werden.
Der Anwendungsbereich wurde um den Abbau von nicht-energetischen Rohstoffen und die Batterieherstellung erweitert, außerdem um weitere Betriebe zur Intensivtierhaltung.
Die neue IE-Richtlinie wurde am 15. Juli 2024 EU-Amtsblatt veröffentlicht. Die EU-Mitgliedstaaten müssen die Bestimmungen der Richtlinie bis 1. Juli 2026 in nationales Recht umsetzen.
Gesetz zur Wiederherstellung der Natur
Das „EU Nature Restoration Law“ sieht unter anderem vor, dass EU-weit bis 2030 auf mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresflächen Wiederherstellungsmaßnahmen ergriffen werden. Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, bei mindestens zwei der folgenden drei Indikatoren Verbesserungen zu erzielen:
- Index der Wiesenschmetterlinge,
- Anteil landwirtschaftlicher Flächen mit Landschaftselementen mit großer Vielfalt,
- Bestand an organischem Kohlenstoff in mineralischen Ackerböden.
Entgegen des ursprünglichen Verordnungsentwurfs der EU-Kommission wird den Mitgliedstaaten bei der Wiedervernässung von Torfmooren jedoch deutlich mehr Flexibilität eingeräumt.
Auch die Qualität von Waldökosystemen, städtische Grünflächen und die Vernetzung von Oberflächengewässern sollen gestärkt werden. Dazu müssen die Mitgliedstaaten der Kommission regelmäßig nationale Wiederherstellungspläne vorlegen, aus denen hervorgeht, wie sie die Ziele erreichen wollen.
Der Verordnungsentwurf wurde bis zuletzt sehr kontrovers diskutiert. Die Trilogeinigung erfolgte bereits Anfang November 2023, aber erst im Juni 2024 hat schließlich auch der Umweltrat die Verordnung final verabschiedet. (Veröffentlichung im EU-Amtsblatt am 29. Juli 2024)
Überarbeitung der Luftqualitätsrichtlinie
Mit dem Ziel, die EU-Luftqualitätsnormen stärker an die Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) anzugleichen, hat die EU-Kommission im Oktober 2022 einen Vorschlag für die Überarbeitung der EU-Richtlinien für Luftqualität veröffentlicht. Der inzwischen verabschiedete Gesetzestext hat den ursprünglichen Kommissionsentwurf in wesentlichen Punkten entschärft. Besonders wichtig ist Artikel 18, der es Mitgliedstaaten unter bestimmten Voraussetzungen erlauben wird, die Einhaltung der für Feinstaub und Stickstoffdioxid halbierten Grenzwerte über das eigentlich vorgeschriebene Jahr 2030 hinaus zu verschieben. Die Bundesregierung hat dazu eine Protokollerklärung abgegeben, "dass beispielweise Fahrverbote, Stilllegungen oder Betriebsbeschränkungen von Industrieanlagen nicht als angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen zu betrachten sind und auch nicht als Voraussetzung für eine Fristverlängerung verlangt werden können."
Die Veröffentlichung der Luftqualitätsrichtlinie im EU-Amtsblatt steht noch aus (Stand Oktober 2024).
Vorschlag für ein „Bodengesundheitsgesetz“
Ganz aktuell hat die EU-Kommission am 5. Juli 2023 eine Richtlinie zur Bodenüberwachung vorgeschlagen. Damit sollen eine harmonisierte Definition des Begriffs der Bodengesundheit und ein umfassender und kohärenter Überwachungsrahmen eingeführt und die nachhaltige Bodenbewirtschaftung und die Sanierung kontaminierter Standorte gefördert werden. Die Mitgliedstaaten werden angehalten, positive und negative Verfahren für die Bodenbewirtschaftung festlegen und auf Grundlage nationaler Bewertungen der Bodengesundheit Regenerierungsmaßnahmen zu definieren. Übergeordnetes Ziel ist es, die Böden in der EU im Einklang mit dem Null-Schadstoff-Ziel bis 2050 in einen gesunden Zustand zu versetzen.
EU-Parlament und EU-Rat haben inzwischen ihre Positionen dazu verabschiedet, die Trilogverhandlungen stehen aus.