15. Oktober 2024, Nummer 25

Sächsische Wirtschaft tritt auf der Stelle - Konjunkturumfrage der sächsischen IHKs im Herbst 2024

Die aktuelle Konjunkturumfrage der sächsischen Industrie- und Handelskammern zeigt, dass die sächsische Wirtschaft weiterhin auf der Stelle tritt. Die Geschäftslage der Unternehmen bleibt nahezu unverändert, während die Geschäftserwartungen sich erneut leicht verschlechtern. Der IHK-Geschäftsklimaindex sinkt leicht auf 96 Punkte und erreicht damit fast den gleichen Wert wie im Herbst 2023. Die wirtschaftspolitischen Forderungen, die sich aus der aktuell sehr kritischen Lage ergeben, werden die drei IHKs auf dem Parlamentarischen Abend am 29. Oktober 2024 mit sächsischen Bundestagsabgeordneten und rund 150 Unternehmerinnen und Unternehmern diskutieren.

Geschäftslage und Erwartungen

Die Geschäftslage der sächsischen Unternehmen hat sich aufgrund der anhaltend schwachen Nachfrage und hohen Kosten kaum verändert. Der Lagesaldo steigt um einen Punkt auf aktuell 13 Punkte. Verbesserungen verzeichnen die Verkehrsbranche, das Gast- und Tourismusgewerbe sowie das Baugewerbe. Die Geschäftserwartungen bleiben jedoch in allen Branchen verhalten, mit einem Prognosesaldo von -17 Punkten.
Konjunkturklimaindex Sachsen Herbst 2024

Branchenüberblick

Die Geschäftslage in der Industrie hat sich gegenüber dem Frühjahr nochmals verschlechtert. Die Wettbewerbsfähigkeit der Industriebetriebe leidet unter den gestiegenen Energiekosten und verstärkt auch unter Konkurrenz insbesondere aus China. Gute die Hälfte der Unternehmen berichtet von gesunkenen Umsätzen. Auch die Auftragseingänge aus dem In- und Ausland haben nochmals nachgelassen. Die Inlandsnachfrage stellt inzwischen mit Nennung durch 72 Prozent der Industrieunternehmen das bedeutendste Geschäftsrisiko dar. Die Geschäftserwartungen verschlechtern sich im Vergleich zur Vorumfrage erneut auf jetzt -19 Punkte. Ein Drittel der befragten Unternehmen rechnet mit einer weiteren Verschlechterung der Geschäftslage. Entsprechend verhalten fallen die Personalplanungen (Saldowert -23) und die Investitionsabsichten (-6) aus.
Trotz stabiler Geschäftslage bleibt die Situation im Baugewerbe angespannt. Die Auftragspolster der letzten Jahre sind abgearbeitet und insbesondere im Hochbau verstetigt sich die hartnäckige Nachfrageschwäche. Die stark rückläufigen Baugenehmigungen sind hier Symptom einer bundesweit herrschenden Bauflaute. Die sächsischen Bauunternehmen berichten von sinkenden Auslastungen, fallenden Auftragseingängen (Saldowert -32 Punkte) und Umsätzen (-27 Punkte). Entsprechend verhalten sind die Geschäftserwartungen: der Prognosesaldo sinkt nochmals leicht auf aktuell -24 Punkte.
Den Höchstwert der Lageurteile erreicht mit 35 Saldopunkten erneut das Dienstleistungsgewerbe. 88 Prozent der befragten Unternehmen melden gute oder zufriedenstellende Geschäfte. Dennoch sind auch die Dienstleister von der anhaltenden Konsumflaute und Problemen in der Industrie betroffen: 28 Prozent melden sinkende Auftragseingänge. Die Geschäftsprognosen geben aufgrund schlechterer Umsatzerwartungen auf aktuell -3 Saldopunkte nach. Ein knappes Viertel der Dienstleister rechnet mit weiteren Verschlechterungen.
Die Lageeinschätzungen im Handel haben sich im Vergleich zur Vorumfrage wieder verschlechtert. Die Reallohnsteigerungen haben sich bisher nicht in gestiegener Kauflaune niedergeschlagen. Die überwiegende Mehrheit der Händler (96 Prozent) bezeichnet das Kaufverhalten der Kunden als zurückhaltend. Bei den Großhändlern, die in stärkerem Maße von der Industrie abhängig sind, sind es sogar 100 Prozent. Dementsprechend überwiegen die negativen Angaben bezüglich der Umsatz- und Ertragsentwicklung. Neben den Arbeitskosten wird die Inlandsnachfrage mit 62 Prozent am häufigsten als Geschäftsrisiko genannt. Die Geschäftserwartungen trüben sich nochmals deutlich ein. Im Einzelhandel fällt der Saldo mit -34 Punkten schlechter aus als im Großhandel (-25 Punkte).
Im Verkehrsgewerbe halten sich die guten und schlechten Lagebewertungen nahezu die Waage. Der Saldowert liegt bei +1 Punkt. Nach dem unter anderem durch die Mautsteigerungen und hohen Kraftstoffpreise getriebenen Einbruch in diesem Jahr hat sich die Lage nunmehr stabilisiert. Sowohl die Erträge als auch die Gewinnsituation haben sich angesichts gesunkener Kraftstoffpreise und angepasster Preisstrukturen zwar deutlich verbessert, dennoch sind die Erwartungen der Branche nach wie vor skeptisch. Nur 9 Prozent rechnen zukünftig mit besseren Geschäften. Die Umsatzerwartungen bleiben aufgrund niedriger Auftragseingänge mit einem Saldowert von -31 Punkten ähnlich schwach wie zur Jahresmitte (-35 Punkte).
Der Lagesaldo im Gast-/Tourismusgewerbe steigt deutlich um 11 auf aktuell 20 Punkte. Durch gute Geschäfte in den Sommermonaten haben sich Umsätze und Ertragslage merklich verbessert. Acht von 10 Betrieben arbeiten mit Gewinn oder zumindest kostendeckend. Die Erwartungen an Umsatz und Geschäftslage bleiben allerdings im Saldo beide negativ. Auch die Personalsituation bleibt angespannt: Knapp ein Fünftel der Betriebe erwarten rückläufige Mitarbeiterzahlen.

Investitionen, Beschäftigung, Risiken

Schwächelnde Nachfrage aus dem In- und Ausland, hohe Kosten und unsichere Zukunftsaussichten haben in den letzten Jahren zu geringer Investitionstätigkeit geführt. Die hohen Fremdkapitalzinsen haben ebenfalls dazu beigetragen, dass die investiven Ausgaben unter dem für die wirtschaftlichen Transformationen benötigten Maß bleiben. Auch im laufenden Jahr bleiben die Investitionsabsichten der sächsischen Unternehmen äußerst zurückhaltend. In allen Branchen überwiegt der Anteil der Unternehmen, deren Investitionen sinken werden. Der Investitionssaldo für die Gesamtwirtschaft beträgt -12 Punkte. Besonders deutlich ist dieser Überhang im Gast-/Tourismusgewerbe, im Baugewerbe und in der Industrie. Wachstumsimpulse sind durch die aktuellen Investitionsplanungen nicht zu erwarten, da mit 73 Prozent ein Großteil Ersatzbeschaffungen darstellt.
Die konjunkturelle Lage schlägt sich zunehmend in den Beschäftigungszahlen nieder. In den letzten Monaten haben 28 Prozent der Unternehmen Personal abgebaut. Eine Abmilderung des Personalrückgangs ist aktuell nur im Gast-/Tourismusgewerbe, im Verkehr und im Bau zu beobachten. Gleichzeitig bieten sich durch konjunkturell bedingt freiwerdende Arbeitskräfte Potenziale im Umgang mit dem Fach- und Arbeitskräftemangel. Immerhin 45 Prozent der befragten Unternehmen geben an, offene Stellen längerfristig nicht besetzen zu können. Die größten Verbesserungspotenziale für die Bekämpfung des Fachkräftemangels sehen die Unternehmen beim Abbau von Bürokratie, der produktive Kapazitäten freisetzen kann.
Für die kommenden 12 Monate sind keine Personalaufwüchse zu erwarten. Bei einem Saldo der Personalplanungen von -10 Punkten ist für die Gesamtwirtschaft im Gegenteil eher ein leichter Rückgang denkbar. Der überwiegende Anteil der Unternehmen (64 Prozent) legt einen Fokus auf die Stabilisierung der Mitarbeiterzahlen, 23 Prozent erwarten Personalrückgänge. Altersbedingte Abgänge sind hier laut den Ergebnissen des sächsischen Fachkräftemonitorings einer der häufigsten Gründe. Positive Beschäftigungsimpulse sind nur im Dienstleistungsgewerbe möglich. Besonders in der Industrie (Saldowert -23 Punkte), im Einzelhandel (-18 Punkte) und im Verkehrsgewerbe (-15 Punkte) überwiegen die Unternehmen, die Personal abbauen wollen. Aber auch im Großhandel, im Bau und im Gastgewerbe ist ein Rückgang der Beschäftigtenzahlen zu erwarten.

Ausblick

Für das laufende Jahr wird ein leichter Rückgang der Wirtschaftsleistung erwartet. Die Unternehmen fokussieren sich auf die Stabilisierung der Mitarbeiterzahlen, wobei positive Beschäftigungsimpulse nur im Dienstleistungsgewerbe möglich sind. Die Investitionsabsichten bleiben zurückhaltend, mit einem Schwerpunkt auf Ersatzbeschaffungen und Rationalisierungsmaßnahmen.
Chancen ergeben sich durch die Zinssenkung der Europäischen Zentralbank, die sich in günstigeren Finanzierungskosten niederschlagen wird. Durch die anziehende Konjunktur in den europäischen Nachbarstaaten ergeben sich bessere Absatzchancen. Zudem können die zuletzt gestiegenen Reallöhne zu einem gesteigerten Binnenkonsum führen.