21.11.2023, Nummer: 43
Konjunkturreport Lausitz: Erholung bleibt aus
Die Geschäftslage und Prognosen der Lausitzer Unternehmen lassen aktuell keine Impulse für eine konjunkturelle Erholung erkennen, so das Fazit der 13. gemeinsamen Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammern (IHKs) Cottbus und Dresden. An dieser haben mehr als 500 Unternehmen aus den Branchen Industrie, Bau, Handel, Dienstleistungen und Gastgewerbe aus den Landkreisen Görlitz, Bautzen, Oberspreewald-Lausitz, Elbe-Elster, Spree-Neiße und der Stadt Cottbus teilgenommen.
32 % der befragten Unternehmen melden eine gute Geschäftslage, 20 % eine schlechte. Der Lagesaldo beträgt damit 12 Punkte, was in etwa dem Frühjahrswert (13 Punkte) entspricht. Ursächlich sind internationale Krisen und eine rückläufige Nachfrage im In- und Ausland. Besonders betroffen sind derzeit der Handel und das Baugewerbe, aber auch die Industrie. Lediglich das Dienstleistungsgewerbe und die Tourismuswirtschaft blicken auf eine gute Sommersaison zurückblicken und wirken stützend. Die Finanzlage der Unternehmen hat sich gegenüber dem Vorjahr verbessert: 53 % der Befragten melden eine unproblematische Situation. Die Geschäftserwartungen gehen deutlich nach unten. Nicht einmal jedes zehnte Unternehmen (8 %) rechnet mit besseren Geschäften, 45 % rechnen eher mit einer Verschlechterung. Die Skepsis resultiert aus der Wahrnehmung unterschiedlicher Geschäftsrisiken, wozu verstärkt auch die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen beitragen. Davor rangieren nur noch die Energie- und Rohstoffkosten, die trotz leichter Entspannung auf hohem Niveau bleiben. An dritter Stelle im Risikoradar folgen die Arbeitskosten dicht gefolgt vom Fachkräftemangel.
Lukas Rohleder, Hauptgeschäftsführer IHK Dresden:
"Die Lausitzer Unternehmen sind stark verunsichert und blicken mit Skepsis in die Zukunft. Die Konjunkturdaten zeigen deutlich, welche Probleme und Schwierigkeiten in der gewerblichen Wirtschaft bestehen: Rückläufige Aufträge aus dem In- und Ausland, anhaltend hohe Rohstoff-, Energie- und Arbeitskosten belasten die Unternehmen und haben ein weiter verhaltenes Investitionsklima zur Folge. Ebenfalls besorgniserregend finde ich die deutlich gestiegene Risikobewertung der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. Der Fokus ist dabei deutlich stärker auf dem Agieren der Bundes- als der Landespolitik gerichtet. Wenn der Gestaltungsrahmen des Gesetzgebers jetzt nicht konsequent an den Bedürfnissen der Unternehmen ausgerichtet wird, dürfte sich die schwache Konjunktur in den kommenden Monaten weiter verfestigen."
Dr. Wolfgang Krüger, Hauptgeschäftsführer IHK Cottbus:
"Der Arbeits- und Fachkräftemangel macht den Lausitzer Unternehmen immer mehr zu schaffen. Fast die Hälfte der befragten Betriebe schränkt das Angebot ein und verzeichnet Auftragsverluste. 62 Prozent müssen ihrer Belegschaft viel mehr abfordern und 54 Prozent verzeichnen steigende Arbeitskosten. Das veranlasst jedes zehnte Unternehmen auch dazu, über eine Schließung oder den Verkauf nachzudenken. Doch passende Nachfolger zu finden, ist ebenso herausfordernd wie Arbeitskräfte zu finden. Dennoch sieht mehr als die Hälfte der Lausitzer Unternehmen keinen Bedarf an Fachkräften aus Drittstaaten. Vor dem Hintergrund, dass die Gewinnung passender Fachkräfte aus dem Ausland, die Begleitung der Verfahren und Einarbeitung die Betriebe enorm fordern, ist diese Bewertung aber nachvollziehbar. Für Unternehmen, die dem Thema zugewandter sind, stellen Sprachangebote im In- und Ausland als auch Verfahrensvereinfachungen und Unterstützungsmaßnahmen die wichtigsten Stellschrauben dar."
Auswertung nach Branchen
Mit 11 Punkten steht der Saldo aus guten und schlechten Geschäftslagebewertungen in der Industrie auf dem niedrigsten Stand seit drei Jahren. Ursache sind v. a. rückläufige Auftragseingänge aus dem In- und Ausland. Selbst Umsatzsteigerungen erscheinen unter Betrachtung aktueller Inflationsraten in einem anderen Licht. Der Saldo bei den Geschäftserwartungen rutscht nach zwischenzeitlicher Erholung im Jahresverlauf wieder ab auf -31 Prozentpunkte. Ursächlich sind rückläufige Umsatz- und Exporterwartungen.
Die Abwärtsspirale in der Bauwirtschaft dreht sich weiter. Der Lagesaldo von 7 Prozentpunkten ist der schlechteste Wert seit Erstellung der Lausitz-Konjunkturreporte. Hauptursachen liegen in den Zinserhöhungen der EZB und parallel in den massiv gestiegenen Materialkosten infolge der Lieferkettenproblematik. Betriebe haben mit hohen Stornierungsraten, insbesondere im Wohnungsbau, zu kämpfen. Entsprechend negativ fallen die Geschäftserwartungen für die nächsten Monate aus. Das Baugewerbe ist von allen Branchen die pessimistischste. Von Umsatzrückgängen und einem Sinken der Beschäftigtenzahl ist auszugehen.
Besonders stark eingetrübt ist die Stimmung im Handel, wo der Lagesaldo als einzige Branche im negativen Bereich liegt (-11). Die gesunkenen Realeinkommen haben zu einer hohen Kaufzurückhaltung im Einzelhandel geführt. Im Großhandel macht sich u. a. die Flaute im Baugewerbe bemerkbar. Dies dürfte sich auch in den nächsten Monaten nicht wesentlich ändern. Entsprechend erwartet die Hälfte der Händler schlechte Geschäfte und Umsatzrückgänge. Auch die Beschäftigtenzahlen dürften sinken.
Die Geschäftslage der Dienstleister stabilisiert sich seit Herbst 2022. Mehr als jedes dritte Unternehmen meldet gute Geschäfte (36 %). Dienstleister aus dem Bereich Information/ Kommunikation profitieren von Digitalisierungsmaßnahmen. Unternehmensnahe Dienstleister leiden unter der gedämpften Stimmung im Verarbeitenden Gewerbe, profitieren dennoch von Rationalisierungsmaßnahmen. Allerdings zeigen die Prognosen verstärkt nach unten. 42 % rechnen mit einer Eintrübung der Lage und zurückgehenden Umsätzen. Die Personalplanungen sind verhalten.
Im Gastgewerbe/Tourismus verbessert sich die Geschäftslage deutlich im Gegensatz zu den meisten anderen Branchen. Nach einer mehrjährigen Schwächephase wuchs die Branche trotz Konsumzurückhaltung seit dem Frühjahr. Dennoch drücken hohe Energiekosten, steigende Lebensmittelpreise und zunehmende Ausgaben für Löhne die Erträge und der Mangel an Fach- und Arbeitskräften behindert den Geschäftsbetrieb. Der Blick in die Zukunft bleibt skeptisch, 38 % der befragten Betriebe gehen von schlechteren Geschäften aus. Die Branche erwartet sinkende Umsätze durch die Wintersaison und Nachteile durch die ansteigende Mehrwertsteuer für Speisen.
Top-Aussichten für beruflich Qualifizierte
Die Einschätzungen zu den Personalplanungen lassen derzeit auf eine rückläufige Beschäftigung schließen. Zurückzuführen ist dies auf die schwache Konjunktur und den Mangel an geeigneten Arbeits- und Fachkräften. Nur 39 % der Befragten hat aktuell keinen Personalbedarf. Fast die Hälfte der Unternehmen (49 %) kann offene Stellen nicht besetzen. Nur 12 % haben keine Probleme bei der Stellenbesetzung. Überdurchschnittlich hoch ist der Anteil unbesetzter Stellen in der Industrie und im Verkehrsgewerbe, Dämpfer gibt es hingegen in der Bauwirtschaft und im Handel. Mehr als die Hälfte der Unternehmen (59 %) suchen Bewerber mit Facharbeiter- bzw. Gesellenabschluss. Erst mit Abstand folgen Bewerber mit Hochschulausbildung (35 %). Rund ein Drittel benötigt Fachwirte und Meister sowie auch Ungelernte. Die gesuchten Qualifikationsniveaus variieren in den Branchen: während im Gastgewerbe, Handel, in der Bauwirtschaft und Industrie v. a. beruflich Qualifizierte gesucht werden, gibt es bei den Dienstleistern und in der Industrie einen erhöhten Bedarf an Fach- bzw. Hochschulabsolventen. Der größte Bedarf an Ungelernten besteht im Gastgewerbe und im Verkehr.