18.05.2022, Nummer: 14

Unsicherheiten überschatten Ausblick

Die Geschäftslage der Unternehmen im IHK-Bezirk Dresden hat sich im Vergleich zum Jahresbeginn 2022 und zum Vorjahr verbessert. 45 % der Unternehmen bewerten ihre Geschäftslage aktuell mit "gut", nur 16 % berichten von "schlechten" Geschäften. Jedoch ist die Situation in der Wirtschaft von großen Unsicherheiten geprägt. Den vom Wegfall der meisten Corona-Beschränkungen ausgehenden positiven Effekten stehen massive Hindernisse, ausgelöst oder verstärkt durch den Krieg in der Ukraine, gegenüber. Das betrifft vor allem die drastisch gestiegenen Rohstoff und Energiepreise und nach wie vor Lieferprobleme bei Rohstoffen und Vorprodukten. Trotz Umsatzsteigerungen sinken deshalb die Erträge deutlich. Für die kommenden Monate wird zudem mehrheitlich mit sinkenden Umsätzen gerechnet. Die Geschäftserwartungen rutschen daher spürbar ab. Mehr als jedes dritte Unternehmen (36 %) rechnet mit einer Verschlechterung, und nur 13 % erwarten eine Verbesserung. Getrieben von den pessimistischen Erwartungen sinkt der IHK-Geschäftsklimaindex um 7 Punkte auf nunmehr 99 Punkte, nach 106 zu Jahresbeginn und 118 im Herbst 2021, so das Fazit der Konjunktur-umfrage der IHK Dresden im April 2022, an der sich 543 Firmen aller Wirtschaftsbereiche mit rund 30.000 Beschäftigten beteiligten.

Die Branchen

Die Geschäftslage in der Industrie im Kammerbezirk erhält im Frühjahr 2022 erstmals einen Dämpfer seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie. 48 % berichten von guten, 13 % von schlechten Geschäften. Die Umsatzentwicklung ist derzeit noch mehrheitlich positiv. Die erwirtschafteten Erträge sind jedoch stark zurückgegangen. Bei fast der Hälfte der Befragten gab es Rückgänge. Diese Entwicklung schlägt sich auf die Geschäftserwartungen nieder. Nur noch 12 % rechnen mit einer Verbesserung, während 42 % schlechteren Geschäften entgegensehen.
In der Bauwirtschaft verbessert sich die Geschäftslage gegenüber dem Jahresbeginn etwas, ist aber schlechter als im Vorjahr. Weniger als die Hälfte (44 %) der Bauunternehmen meldet gute Geschäfte, weitere 47 % zumindest zufriedenstellende. Das sind kein schlechten Werte, sie liegen aber weit weg von den Spitzenwerten aus Vor-Corona-Zeiten. Die Gesamtumsätze der Betriebe des Bauhauptgewerbes sind in den ersten Monaten 2022 weiter gestiegen, was sich aber nicht in der Ertragsentwicklung niederschlägt. Dies dürfte Folge der fortgesetzten Materialpreisanstiege sein, die Planbarkeit und Rentabilität erschweren. Die Geschäftserwartungen verschlechtern sich nur leicht, da die Bauwirtschaft hier schon zu Jahresbeginn im Vergleich der Wirtschaftsbereiche relativ pessimistisch war. Saisonale Effekte sollten eigentlich zu einer Verbesserung führen, dem stehen aber kaum planbare Materialpreise, Lieferschwierigkeiten und mögliche Vertragsstrafen bei Terminüberziehungen entgegen.
Die Geschäftslage im Handel verbessert sich aktuell leicht nachdem sie zu Jahresbeginn abgerutscht war. Zwischen den Sparten gibt es dabei wieder Unterschiede. Im Einzelhandel ist der Lage zwar besser als vor einem Jahr, sinkt aber im Vergleich zum Jahresbeginn leicht ab. Die Erleichterungen durch weggefallene Einschränkungen werden offenbar von neuen Unwägbarkeiten überlagert. Im Großhandel verbessert sich die Lage dagegen gegenüber beiden Vergleichszeitpunkten. Dafür sorgt auch, dass die Hälfte der befragten Großhändler von steigenden Umsätzen spricht. Die höhere Auslastung im Baugewerbe und die Verbesserungen im Gastronomie- und Tourismusbereich beflügeln die entsprechenden Großhändler. Dennoch können auch hier die Erträge nicht mithalten. Ursächlich dürften vor allem enorme Kosten-steigerungen sein. Die Stimmung dürfte sich auch im Handel in den kommenden Monaten stark eintrüben. Der Handel ist aktuell der pessimistischste Wirtschaftsbereich. Mehr als die Hälfte (51 %) der Händler rechnet mit einer Verschlechterung, die andere knappe Hälfte (46 %) mit gleichbleibenden Geschäften, nur 3 % glauben an eine verbesserte Entwicklung. Erwartet wird eine Konsumzurückhaltung der Verbraucher infolge von Preissteigerungen, denen (noch) keine Lohnsteigerungen in gleichem Maße gegenüberstehen. Im Großhandel dämpfen u. a. die schlechten Erwartungen aus der Industrie die Zukunftsaussichten.
Die Geschäftslage bei den Dienstleistern ist nach einem Rückschlag zu Jahresbeginn wieder spürbar gestiegen und deutlich besser als vor einem Jahr. Sie ist damit am besten im Vergleich der hier betrachteten Wirtschaftsbereiche. 59 % berichten von einer guten Lage, nur 8 % von einer schlechten. Die guten Bewertungen gehen vor allem auf die Sparten Immobilien, Unternehmensnahe Dienstleister und Information/Kommunikation zurück. Nach der Erholung der Geschäftsprognosen im Verlauf des letzten Jahres, geben die Erwartungen gegenüber dem Jahresbeginn erneut leicht nach. Selbst damit sind die Dienstleister aber im Vergleich der Wirtschaftsbereiche mit Abstand für die zukünftige Entwicklung am optimistischsten. Das ist zwar kein Zeichen für Euphorie, zeigt jedoch, dass die Dienstleister durch die aktuell große Teile der Wirtschaft lähmenden Risikofaktoren größtenteils weniger betroffen sind.
Auch im Verkehrsgewerbe verbessert sich die Geschäftslage auf niedrigem Niveau gegenüber dem Jahresbeginn und deutlich gegenüber der Situation von vor einem Jahr. Das Ergebnis resultiert aus unterschiedlichen Entwicklungen in den Verkehrssparten. Die besten Bewertungen kommen von den Unternehmen der Lagerei und Verkehrsdienstleistern. Die schlechteste Lage besteht bei den Unternehmen des Personenverkehrs, sie verbessert sich aber spürbar gegenüber dem Jahresbeginn. Durchschnittlich sind die Bewertungen beim Güterverkehr und damit im Vergleich zum Jahresbeginn deutlich zurückhaltender. Vor allem aufgrund drastischer Kostensteigerungen kann sich dies nicht in erhöhten Erträgen niederschlagen. Fast ein Viertel der Betriebe berichten zudem von gesunkenen Mitarbeiterzahlen. Die Geschäftserwartungen geben nach. Deutlicher als zu Jahresbeginn und vor einem Jahr gibt es negative Aussagen. Die Erwartungen auf Verschlechterung kommen vor allem aus der Lagerei, von Verkehrs-dienstleistern und dem Güterverkehr. Befürchtet werden dabei Umsatzrückgänge beim Transport durch Produktionsrückgänge und Unsicherheit in der Industrie. Speditionen und Versand-dienstleister wären von Kaufzurückhaltung der Verbraucher und Normalisierung im Präsenz-handel betroffen. Die am wenigsten negativen Erwartungen äußern die Unternehmen des Personenverkehrs.
Die Tourismusbranche kann nach Wegfall der meisten Corona-Beschränkungen wieder etwas aufatmen. Der Tourismus ist zwar mit einem Lagesaldo von -41 Punkten immer noch der Wirtschaftsbereich mit den derzeit schlechtesten Geschäftslagebeurteilungen, weist aber gegenüber der Vorumfrage zu Jahresbeginn (Saldo: -92 Punkte) und zu vor einem Jahr (Saldo: -96 Punkte) die größten Verbesserungen auf. Vor allem die Bewertungen aus der Gastronomie beeinflussen dies positiv. Erstmals seit Frühjahr 2020 berichtet auch ein nennenswerter Anteil der touristischen Unternehmen wieder von steigenden Umsätzen (40 %), denen stehen zwar auch noch ein knappes Drittel an Betrieben mit immer noch sinkenden Umsätzen gegenüber, aber ein weiteres knappes Drittel konnte die Umsatzhöhen zumindest gleich halten. Auch wenn gut die Hälfte der Befragten ihre Mitarbeiter in der Pandemiezeit halten konnte, reduzierten sich bei 37 % die Beschäftigtenzahlen. Nur im Tourismus verbessern sich aktuell die Geschäfts-erwartungen. Nach einem guten Ostergeschäft in weiten Teilen der Branche wächst die Zuversicht. Die meisten Pandemie-Einschränkungen sind gefallen und die Menschen freuen sich, wieder ungezwungen ausgehen und reisen zu können. Mit Sorgenfalten blicken die Unternehmen allerdings auf die massiven Preissteigerungen und wachsenden Unsicherheiten. Steigende Lebensmittelpreise belasten die Gastronomie ebenso wie die Energiepreise. Potentielle Käufer von Auslandsreisen sind verunsichert über den Fortgang der aktuellen Entwicklungen in Europa und generell ist infolge von Inflation die Konsumlaune der Verbraucher gedämpft. Das dürfte sich auch auf das touristische Geschäft auswirken. Und nicht zuletzt ist die Arbeitskräftesituation weiter angespannt.

Investition und Beschäftigung

Das Investitionsklima trübt sich auch im Frühjahr weiter leicht ein. Der Anteil der Unternehmen mit zukünftig steigenden Investitionsausgaben ist so niedrig wie seit Beginn der Coronakrise im Frühjahr 2020 nicht mehr (14 %), dafür erhöht sich der Anteil der Unternehmen, die ihre Investitionsausgaben zumindest in gleicher Höhe beibehalten wollen auf den höchsten Wert in dieser Zeitspanne (37 %).
Der Arbeitsmarkt befindet sich zur Zeit trotz Krieg in der Ukraine und Steigerungen der Arbeits-kosten auf Erholungskurs. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung sind im April saisonbereinigt laut Angaben der Bundesagentur für Arbeit erneut gesunken, im Vorjahresvergleich werden deutliche Abnahmen ausgewiesen. Rückläufig war bis Februar nach vorläufigen Zahlen auch die Inanspruchnahme von Kurzarbeit sowie die Zahl der Personen, für die Kurzarbeit neu angezeigt wurde. Auch für die kommenden Monate planen 19 % der Betriebe eine Aufstockung und 17 % eine Reduzierung ihrer Mitarbeiterzahl. Damit dürfte es bei einer leicht positiven Entwicklung bleiben.

Risikoradar

Nochmals drastischer als zuletzt schieben sich die kostenbezogenen Risikofaktoren ins Blickfeld der Unternehmen. An erster Stelle werden die Energiepreise (76 %) genannt, gefolgt von den Kraftstoffpreisen (71 %) und den Rohstoffpreisen (68 %). Der Fachkräftemangel erreicht trotz Brisanz mit 61 % nur noch den vierten Platz des Risikoradars und liegt damit in etwa gleichauf mit den Arbeitskosten (60 %).