Nachhaltiges Lieferkettenmanagement

Die Globalisierung rückt das Lieferkettenmanagement - in der Regel als "Supply Chain Management" bekannt - nicht nur vor dem Hintergrund der arbeitsteiligen Produktion und Wertschöpfung in den Fokus des unternehmerischen Handelns. Dabei wirkt es besonders für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) oftmals herausfordernd oder gar unmöglich. Die IHK Dresden bietet Ihnen an dieser Stelle kompakte Informationen.

Lieferketten nachhaltig gestalten

Beim nachhaltigen Lieferkettenmanagement geht es um einen ganzheitlichen und systematischen Blick auf alle Stufen der Lieferkette - vom Direktlieferanten bis zur Rohstoffgewinnung. Das nachhaltige Lieferkettenmanagement ebnet den Weg, negative Umweltauswirkungen und Menschenrechtsverletzungen zu vermeiden und so zu einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen. Nachhaltiges Handeln im unternehmerischen Sinne bedeutet dabei, ökonomische, ökologische und soziale Ziele gleichgewichtig zum Wohlergehen heutiger und zukünftiger Generationen in Einklang zu bringen und vermeintliche Zielkonflikte zwischen den Nachhaltigkeitsdimensionen zu moderieren sowie Ziele zu harmonisieren. Erfahrungen mit Prozessen von Managementsystemen lassen sich auf das Lieferkettenmanagement übertragen.
Die Umsetzung sollte immer auf bestehenden Methoden und Systemen aufbauen, da die Systeme zur Erfassung von ökonomischen Risiken im Beschaffungsprozess in der Regel um die ökologische und soziale Nachhaltigkeitsdimension erweitert werden können. Ein leistungsfähiges Risikomanagement ist somit von Nöten. Dabei sollten Risikofaktoren nicht zu allgemein erfasst werden, sondern den Bedürfnissen und Gegebenheiten der Branche und eigenen Geschäftswirklichkeit entsprechen. Im Hinblick auf umweltbezogene Risiken sollten sowohl das Gefährdungspotenzial der eigenen Lieferkette auf die Umwelt als auch das wesentliche Gefährdungspotenzial der Umwelt auf diese betrachtet werden.

Fünf Schritte zum nachhaltigen Lieferkettenmanagement

Als Grundlage für ein nachhaltiges Lieferkettenmanagement sollten Sie den Status Quo erfassen und für die weitere Bearbeitung vorbereiten. Sie sollten alle betroffenen Akteure und Interessengruppen betrachten. Je besser die Datenlage, desto präziser können die nächsten Schritte unternommen werden. Folgende Fragen sind zu beantworten:
  • Wer sind Ihre Anspruchsgruppen (z. B. Kunden, Einkäufer, Investoren, Zivilgesellschaft) und welche Erwartungen haben diese?
  • Wer sind die Akteure entlang Ihrer Lieferkette?
  • An welchen Stellen Ihrer Lieferkette ist das Risiko nachteiliger sozialer und ökologischer Auswirkungen besonders groß (z. B. in welchem Land, bei welchem Produktionsschritt oder in welcher Branche)?
Auf Basis des Status Quo lassen sich Nachhaltigkeitsvisionen festlegen, Strategien formulieren und die Erwartungshaltung (Lieferantenkodex) an Ihre Lieferanten definieren. Diese sollten mit der Gesamtunternehmensstrategie abgestimmt und kompatibel sein.
Aus der Strategie lassen sich konkrete und messbare Zielstellungen ableiten. Es ist empfehlenswert Messgrößen so zu wählen, dass sie kompatibel mit den gängigen Standards für Nachhaltigkeitsberichterstattung sind. Auf diese Weise können Sie nicht nur Ihre eigene Performance erfassen, sondern auch gegenüber Dritten verständlich kommunizieren.
Formulieren Sie einen Maßnahmenkatalog, welcher im Tagesgeschäft umgesetzt werden kann. Auf diese Weise lässt sich sicherstellen, dass einmal formulierte und an Mitarbeiter und Lieferanten kommunizierte Ziele tatsächlich umgesetzt werden. Unter Berücksichtigung des jeweiligen Risikos sowie der Bedeutung des Zulieferers für Ihr Unternehmen können Sie konkrete Maßnahmen für die Zulieferer definieren:
  • Verpflichtung des Zulieferers zum Lieferantenkodex
  • Selbstbeurteilung des Zulieferers
  • Beurteilung des Lieferanten vor Ort und im Gespräch
  • Audit durch einen externen Dienstleister.
Wurden die geplanten Maßnahmen zur Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards entlang der Lieferkette eingeführt, müssen sie kontinuierlich überprüft und verbessert werden. Werden die Ziele nicht erreicht, müssen die Maßnahmen angepasst werden. Sollten die Ziele übererfüllt werden, müssen sie nachgeschärft werden. Im Sinne einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit ist es wichtig, die Lieferanten beispielsweise durch Schulungen oder bei der Umsetzung von Korrekturmaßnahmen, die z. B. im Rahmen eines Audits festgestellt wurden, zu unterstützen.
Antworten auf die Frage der Implementierung solcher Prozesse im Unternehmen liefert unter anderem die Schritt-für-Schritt-Anleitung der Webseite des KMU Kompass. Bei Fragen zur Implementierung insbesondere auch bei Fragen zu Umweltrisiken und deren Management sprechen Sie uns gern direkt an!

Tipps für ein erfolgreiches, nachhaltiges Lieferkettenmanagement

Begegnen Sie Ihren Lieferanten auf Augenhöhe!

Gewisse Standards von ausländischen Lieferanten einzufordern, kann eine große Herausforderung darstellen. Noch schwieriger wird es, wenn Sie dem Lieferanten Vorgaben machen, ohne den Dialog zu suchen. Erklären Sie ihm die Beweggründe Ihres Unternehmens. Schulen Sie dazu am besten Ihre Einkäufer im Umgang mit den Lieferanten. Je besser die Beziehung zu ihrem Lieferanten ist, desto erfolgreicher werden Sie Ihre Vorgaben umsetzen können.

Denken Sie langfristig!

Nachhaltiges Lieferkettenmanagement ist ein kontinuierlicher Prozess. Es geht nicht darum, von heute auf morgen alle Lieferanten zu bewerten und bei allen Verbesserungen anzustoßen. Dieser Prozess kostet Zeit. Priorisieren Sie daher die Lieferanten nach Risikoaspekten und gehen Sie schrittweise vor. Möglicherweise können zunächst ein oder mehrere Pilotprojekte beispielsweise für einen Hochrisiko-Rohstoff sinnvoll sein. Im Anschluss können Sie dann Ihre Erfahrungen aus dem Projekt für das weitere Vorgehen in der Lieferkette direkt nutzen und Ihre Prozesse verbessern.

Setzen Sie auf Kooperationen!

Gerade für KMU kann es wie eine Mammutaufgabe erscheinen, die relevanten Lieferanten zu bewerten und Verbesserungen anzustoßen. Audits allein erzielen keine Verbesserungen in den Lieferländern. Umso wichtiger ist es, Kooperationen mit anderen Unternehmen, z. B. auf Branchenebene, einzugehen. So können nicht nur Doppelaudits vermieden werden, sondern auch eine gemeinsame Infrastruktur für weitere Maßnahmen, wie etwa Schulungen der Lieferanten, geschaffen werden. Zudem kann gemeinsam größerer Einfluss auf den Lieferanten ausgeübt werden.

Schaffen Sie Anreize!

Die Schaffung von Anreizsystemen, z. B. nachhaltige Beschaffungsziele in der Zielvereinbarung der eigenen Einkäufer, kann sinnvoll sein. Zudem können Lieferanten, die besonders verantwortungsvoll agieren, anderen vorgezogen und für langfristige Lieferbeziehungen präferiert werden.

Denken Sie ganzheitlich!

Die Kündigung von Lieferantenverträgen aufgrund von schwerwiegenden Verstößen gegen die eigenen Erwartungen sollte stets nur als letzte Option gewählt werden, zumal eine abrupte Kündigung von Lieferantenbeziehungen weitere, schwerwiegendere Folgen mit sich ziehen kann, wie z. B. den Verlust des Arbeitsplatzes der dortigen Arbeiter. Im Vordergrund sollte grundsätzlich der gemeinsame Verbesserungs- bzw. Entwicklungsprozess des Lieferanten stehen.

Informations- und Unterstützungsangebote für Unternehmen

Die Bundesregierung hat mit dem Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte eine zentrale Anlaufstelle für alle Fragen zu menschenrechtlicher Sorgfalt ins Leben gerufen. Der Helpdesk berät Unternehmen kostenfrei bei der Implementierung der fünf Kernelemente und organisiert individuelle Schulungen. Neben zusätzlichen Hintergrundinformationen werden nützliche Umsetzungstools bereitgestellt. Die wichtigsten Tools im Überblick:

KMU-Kompass

Der kostenfreie KMU-Kompass ermöglicht einen schnellen Einstieg, um die unternehmenseigenen Fähigkeiten zu bewerten und unterstützt bei der Umsetzung der Kernprozesse menschenrechtlicher Sorgfalt im Unternehmen. Er verbindet dazu Informationen, Arbeitshilfen und Erklärvideos mit interaktiven Tools wie Self-Checks. Neben zahlreichen Leitfäden liefert der Downloadbereich des KMU-Kompass ein anwendungsfreundliches und kostenfreies Tool zur Risikoanalyse auf Excel-Basis und eine Formulierungshilfe zur Gestaltung einer Grundsatzerklärung zur Wahrung der Menschenrechte.

CSR Risiko-Check

Der CSR Risiko-Check informiert über lokale Menschenrechtssituationen sowie Umwelt-, Sozial- und Governancethemen nach Land, Produktbereich und Branche. Der schnelle Überblick über die grundständigen Risikoeinflussgrößen ist nützlich, um entsprechend risikobewusst auf Geschäftspartnersuche zu gehen oder etwa einen Katalog mit Präventionsmaßnahmen zielgerichtet aufzubauen.

Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte

Der Praxislotse Wirtschaft und Menschenrechte bündelt wichtige Informationen und zahlreiche Fallstudien zu konkreten Menschenrechtsthemen wie etwa Zwangsarbeit, Kinderarbeit, Diskriminierung, existenzsichernde Löhne und faire Arbeitszeiten. Hier finden Sie auch erweiterte Hintergrundinformationen zu den einzelnen Kernthemen der Menschenrechts-Sorgfaltspflichten.

Checkliste zur Einflussnahme auf die CSR-Performance von Zulieferern

Die aktive Einflussnahme auf bestimme Risikofaktoren stellt ein proaktives Managementinstrument zur Reduzierung von Risiken dar. In Kooperation mit dem niederländischen Netzwerk MVO wird eine interaktive online Checkliste zur Einflussnahme auf die CSR-Performance der eigenen Zulieferer unterhalten. Sie ist in deutscher Sprache kostenfrei anwendbar.