BBiG: Änderungen für Ausbildungs­betriebe

Mit den im Dezember 2019 beschlossenen Änderungen des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) sind zum 01. Januar 2020 eine Reihe neuer Rechte und Möglichkeiten für Auszubildende, aber auch Pflichten für Betriebe eingeführt worden. Geändert wurden Regelungen zur Mindestvergütung, Teilzeitberufsausbildung, Freistellung, Anrechnungszeiten bei Freistellung, verbesserter Durchlässigkeit innerhalb der Ausbildung und Kostentragung der Ausbildungsmaterialien.
Die FAQ finden Sie am Ende dieses Artikels oder hier.

Mindestausbild­ungs­vergütung

Die neue Mindestausbildungsvergütung regelt die Untergrenze einer angemessenen Ausbildungsvergütung. Sie gilt für alle Ausbildungsverhältnisse, die ab dem 01.01.2020 geschlossen wurden. Die Mindestausbildungsvergütung ist zunächst bis 2023 geregelt. Danach wird sie jährlich neu angepasst. Die Höhe der Ausbildungsvergütung hängt davon ab, in welchem Kalenderjahr die Ausbildung beginnt.
Folgende Mindestausbildungsvergütungen gelten ab 2020:
Ausbildungs­beginn
2020
2021
2022
2023
2024
1. Ausbildungs­jahr (€)
515,00
550,00
585,00
620,00
649,00
2. Ausbildungs­jahr (€)
607,70
649,00
690,30
731,60
766,00
3. Ausbildungs­jahr (€)
695.25
742,50
789,75
837,00
876,00
4. Ausbildungs­jahr (€)
721,00
770,00
819,00
868,00
909,00
Wichtig: Ist der Arbeitgeber tarifgebunden, gilt die tarifvertraglich festgesetzte Höhe der Ausbildungsvergütung. Tarifverträge haben Vorrang vor der Mindestausbildungsvergütung. Besteht keine Tarifgebundenheit, darf der Arbeitgeber den branchenüblichen Tarif um höchstens 20 Prozent unterschreiten, jedoch nicht unter die Mindestausbildungsvergütung.

Freistellung

Es müssen minderjährige und volljährige Auszubildende in verschiedenen Konstellationen freigestellt werden. Die Missachtung der Freistellungspflicht ist eine Ordnungswidrigkeit und kann mit bis zu 5.000 € Bußgeld geahndet werden.
Der Ausbildungsbetrieb muss seine Auszubildenden freistellen, für:
  • die Teilnahme an der Berufsschule;
  • einen Berufsschultag, an dem mehr als fünf Stunden unterrichtet wird und die Unterrichtsstunden mindestens jeweils 45 Minuten lang sind; bei mehreren Tagen in der Woche wird nur an einem Tag freigestellt;
  • eine Berufsschulwoche, in der an mindestens fünf Tagen unterrichtet wird und die Unterrichtszeit insgesamt mindestens 25 Stunden beträgt (Blockunterricht);
  • die Teilnahme an den Prüfungen und anderen verpflichtenden Ausbildungsmaßnahmen
  • einen Arbeitstag im Betrieb, der unmittelbar vor dem Tag der schriftlichen Abschlussprüfung liegt.
    • Wenn sich die Abschlussprüfung nach der Ausbildungsordnung in zwei zeitlich auseinander fallende Teile gliedert, können Auszubildende einen Anspruch auf insgesamt zwei freie Tage haben. Jeweils vor der schriftlichen Prüfung im ersten Teil der Abschlussprüfung und vor der schriftlichen Prüfung im zweiten Teil.
    • Voraussetzung ist jedoch, dass der jeweilige Prüfungsteil eine eigenständige schriftliche Prüfung enthält.
    • Wenn der jeweiligen schriftlichen Prüfung kein Arbeitstag unmittelbar vorangeht (z. B. bei Prüfungsbeginn an einem Montag, Feiertag oder Berufsschule), besteht kein Freistellungsanspruch.
Der Ausbildungsbetrieb darf in Wochen mit Blockunterricht die Auszubildenden trotz Freistellung in den Betrieb holen. Das geht aber nur bei zusätzlichen betrieblichen Ausbildungsveranstaltungen. Mehr als zwei Stunden wöchentlich sind nicht erlaubt.

Anrechnungs­zeiten bei Freistellung

Die Freistellungszeiten werden nicht immer exakt auf die Ausbildungszeit angerechnet.

Angerechnet wird wie folgt:
  • bei der Teilnahme an der Berufsschule die Unterrichtszeit inkl. Pausen;
  • bei Berufsschultagen mit mehr als fünf Stunden zu je mindestens 45 Minuten, wenn freigestellt wird, die durchschnittliche tägliche Ausbildungszeit;
  • bei Blockunterrichtschulwochen die durchschnittliche wöchentliche Ausbildungszeit;
  • bei Prüfungen und Ausbildungsmaßnahmen die Zeit der Teilnahme inkl. Pausen;
  • bei Arbeitstagen unmittelbar vor dem Tag der Abschlussprüfung die durchschnittliche tägliche Ausbildungszeit.
Wegezeiten von der Berufsschule zum Betrieb oder andersrum werden nicht mehr angerechnet.

Durchlässigkeit innerhalb der Ausbildung

Die Anrechenbarkeit der Ausbildungsdauer bei „gestuften“ Ausbildungen ist vereinfacht worden.
Zur Verbesserung der Durchlässigkeit bei aufeinander aufbauenden Ausbildungsberufen („gestufte Ausbildung“) kann eine Ausbildungsordnung künftig zusätzlich regeln, dass
  • Auszubildende bei erfolgreichem Abschluss eines zweijährigen Ausbildungsberufes vom ersten Teil der Abschlussprüfung oder einer Zwischenprüfung eines darauf aufbauenden drei- oder dreieinhalbjährigen Ausbildungsberufes ohne Antrag befreit sind und
  • Auszubildende bei nicht bestandener Abschlussprüfung in einem drei- oder dreieinhalbjährigen Ausbildungsberuf, der auf einem zweijährigen Ausbildungsberuf aufbaut, auf Antrag bei mindestens ausreichenden Leistungen im ersten Teil der Abschlussprüfung gleichzeitig den Abschluss des zweijährigen Ausbildungsberufes erwerben. Durch den Erwerb des zweijährigen Abschlusses geht die Option, weitere Wiederholungsversuche in der Abschlussprüfung des drei- bzw. dreieinhalbjährigen Berufes zu unternehmen, nicht verloren.
Beispiele:
  • Koch/Köchin → Fachkraft Küche
  • Fachmann/-frau für Restaurants und Veranstaltungsgastronomie → Fachkraft für Gastronomie im Schwerpunkt Restaurantservice

Teilzeitberufs­ausbildung

Bisher war eine Teilzeitberufsausbildung auf Ausnahmefälle begrenzt. Diese Einschränkung entfällt. Voraussetzung ist, dass Ausbildende und Auszubildende sich einig sind. Einen Anspruch der Auszubildenden gibt es nicht. Die Vereinbarung über Teilzeitberufsausbildung muss vertraglich festgehalten werden. Die tägliche Ausbildungszeit kann bis zur Hälfte reduziert werden. Im Ausgleich kann die Ausbildungsdauer auf maximal das Eineinhalbfache verlängert werden. Die Ausbildungsvergütung kann im gleichen Verhältnis abgesenkt werden wie die Ausbildungszeit. Möglich ist auch, mehrere Zeiträume der Ausbildungszeit in Teilzeit zu leisten.
Die Modelle in der Abbildung zeigen, wie Teilzeit aussehen kann:

Quelle: DIHK, Flyer Teilzeitberufsausbildung Dezember 2019

Kostentragung der Ausbildungs­materialien

Soweit zur Ausbildung und Prüfung notwendig muss der Ausbildungsbetrieb den Auszubildenden Werkzeuge, Werkmaterialien und – das ist neu – Fachliteratur kostenlos zur Verfügung stellen.

Freistellung von Prüfenden

Betriebe, in denen Arbeitnehmer sich ehrenamtlich als Prüfer in den Prüfungsausschüssen und -delegationen der Handelskammer Bremen betätigen müssen unter bestimmten Voraussetzungen ihre prüfenden Arbeitnehmer von der Erbringung der Arbeitsleistung freistellen.
Ein Anspruch auf Freistellung besteht, wenn wichtige betriebliche Gründe dem nicht entgegen stehen und die Freistellung erforderlich ist, damit der Prüfende seine Prüferaufgaben ordnungsgemäß durchführen kann.
Weitere Informationen zum novellierten Berufsbildungsgesetz (BBiG) finden Sie beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Dort sind auch die wichtigsten Fragen und Antworten zur Gesetzesnovelle zusammengefasst.

FAQ