05.07.2024

Brücke in den Arbeitsmarkt für internationale Fachkräfte

Region Bodensee-Oberschwaben / Weingarten: 
Viele Branchen in Deutschland haben Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal zu gewinnen. Die Integration ausländischer Fachkräfte in den deutschen Arbeitsmarkt hat daher einen hohen Stellenwert. Eine wichtige Rolle spielt das Welcome Center Bodensee-Oberschwaben. Es steht seit Kurzem in der Trägerschaft der Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben (IHK) und hat im März seine Arbeit in Weingarten aufgenommen – mit Erfolg, wie bei einer Pressekonferenz der IHK am vergangenen Dienstag deutlich wurde.    
Das Thema Aus- und Weiterbildung gehöre zu den hoheitlichen Aufgaben der IHK wie auch die Beratung von Unternehmen und Auszubildenden zu den verschiedensten Themen, berichtete Markus Brunnbauer, der seit vielen Jahren den IHK-Geschäftsbereich Ausbildung leitet. Bereits 2016 habe die IHK das Projekt Integration durch Ausbildung gestartet – mit dem Ziel, Zugewanderte und Geflüchtete durch Vermittlung in eine Ausbildung, ein Praktikum oder eine Einstiegsqualifikation in den deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren. Mit dem Welcome Center habe die IHK jetzt eine neue integrative Aufgabe übernommen, so Brunnbauer. „Mit drei Beraterinnen im Welcome Center und zwei Beraterinnen im Projekt Ausbildung und Integration können wir passgenaue Beratung anbieten und haben auch die nötigen Ressourcen.“  
Das Welcome Center fungiert als zentrale Anlaufstelle rund um Anliegen der beruflichen Integration für Zugewanderte und Geflüchtete, aber auch für kleine und mittlere Unternehmen sowie Arbeitgeber, berichtete Leiterin Irina Wöhler: „Wir beraten über alle Berufe hinweg, helfen bei Einreiseformalitäten, unterstützen internationale Fachkräfte und ihre Familien sowie Studierende, informieren, wie eine erfolgreiche Integration in Unternehmen gelingen kann und vermitteln die passenden Kontakte.“ So erhalten Unternehmen beim Welcome Center beispielsweise Informationen zu Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen, Rekrutierungswegen, Sprachschulen und -lehrkräften oder auch zum Umgang mit kultureller Vielfalt und der Anerkennung von Berufsqualifikationen. Internationale Fachkräfte und Studierende erfahren Unterstützung bei Jobsuche und Bewerbung, auf dem Weg des Erwerbs der deutschen Sprache, aber auch bei Alltagsfragen, der Wohnungssuche und vielen anderen Dingen.
In den ersten vier Monaten habe das Welcome Center bereits 80 internationale Fachkräfte und 30 Unternehmen beraten, berichtete Irina Wöhler. Ein Dolmetscher sei bei den Beratungen nur selten erforderlich, da alle Beraterinnen Englisch sprechen und über Fremdsprachenkenntnisse in Russisch, Albanisch, Italienisch und Spanisch verfügen. Neben den persönlichen Beratungen richtet die Einrichtung zahlreiche Veranstaltungen aus, führt auf Jobmessen Arbeitskräfte und Unternehmen zusammen, bietet Vorträge bei internationalen Vereinen an und kooperiert mit anderen Beratungseinrichtungen und zahlreichen Netzwerkpartnern. Alle Angebote finden großes Interesse: Zu einer Jobbörse in Ravensburg etwa kamen über 600 Interessierte.  
„Wir gehen auch auf Tour in den Landkreisen Ravensburg, Sigmaringen und Bodenseekreis und besuchen beispielsweise Unterkünfte für Geflüchtete“, so Irina Wöhler weiter. Mit dem Beratungsmobil seien flexible Vor-Ort-Beratungen möglich und diese würden sehr gut angenommen. „Wir verstehen uns als Brücke für internationale Fachkräfte in unseren heimischen Arbeitsmarkt“, betonte die Welcome Center-Leiterin und berichtete von erfolgreichen Beratungs- und Vermittlungsgeschichten und dem Entdecken „vieler versteckter Perlen bei internationalen Fachkräften“.
Hand in Hand mit dem Welcome Center arbeiten die zwei Beraterinnen im IHK-Projekt Integration durch Ausbildung. „Wir unterstützen Zugewanderte bei der Berufsfindung und Orientierung, helfen bei Behördengängen und bei der Bewerbung, vermitteln in Praktika, Einstiegsqualifizierungen und Ausbildung und begleiten die Betreffenden während der Ausbildung“, berichtete Maria Maier. Unternehmen erhalten durch das Projekt Unterstützung bei der Auswahl von geeigneten Auszubildenden, Informationen zu Fördermöglichkeiten in der Ausbildung, Beratung zum Aufenthaltsrecht und vieles mehr. Derzeit läuft zudem ein erfolgreiches Ausbildungsprogramm in Kooperation mit der Auslandshandelskammer in der Türkei. Ziel des Projekts ist die Gewinnung von Auszubildenden aus der Türkei. „Wir bringen die Interessierten mit einem passenden deutschen Unternehmen zusammen“, so Maria Maier. Die Teilnehmenden werden im gesamten Prozess unterstützt und bei der Integration vor Ort begleitet. Die Unternehmen verpflichten sich im Gegenzug, bei der Suche nach einer bezahlbaren Unterkunft zu helfen und ein Ausbildungsgehalt in Höhe von mindestens 927 Euro brutto zu bezahlen – „zur Sicherung des Lebensunterhalts“.
Erschwert wird die Integrationsarbeit vor allem durch eine überbordende Bürokratie. „Die bürokratischen Hemmnisse bei Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen oder auch bei der Anerkennung von Qualifikationen sind immer noch groß“, so Irina Wöhler. Die zuständigen Behörden und Einrichtungen seien vielfach überlastet. Auch der schulische Teil der Ausbildung bereite den internationalen Auszubildenden oft Schwierigkeiten, da deutsche Fachbegriffe oder Bildungssprache vorausgesetzt werden. „Hier fehlt es an Unterstützungsprogrammen.“ Für den Erwerb der erforderlichen Sprachkenntnisse gebe es zudem zu wenige Deutschkurse, da Lehrer fehlten. Und nicht zuletzt mangle es an der sozialen Infrastruktur, „beispielsweise, wenn berufstätige Mütter mit Zuwanderungsgeschichte keine Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder finden“. 
Aktionen zur Fachkräftegewinnung seien unerlässlich, gab Markus Brunnbauer abschließend zu bedenken. Schon jetzt könne jede vierte Stelle nicht passend besetzt werden. Laut Hochrechnungen des Fachkräftemonitors werde die Fachkräftelücke in der Region Bodensee-Oberschwaben bis zum Jahr 2035 auf 55.000 Personen ansteigen.
 
Das „Welcome Center Bodensee-Oberschwaben“ und das Projekt „Integration durch Ausbildung“
Welcome Center BW
Die Welcome Center beraten kleine und mittlere Unternehmen dabei, Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen, helfen bei Einreiseformalitäten und geben Tipps zur Integration. Gleichzeitig unterstützen sie Fachkräfte aus dem Ausland bei Fragen rund ums Thema „Arbeiten und Leben in Baden-Württemberg“. Die 13 baden-württembergischen Welcome Center decken das gesamte Bundesland ab und werden durch das Land Baden-Württemberg gefördert.
Welcome Center Bodensee- Oberschwaben:
Irina Wöhler, Telefon 0751 409-287,
Katharina Kirn, Telefon 0751 409-286
Eleonora Micukaj, Telefon 0751 409-285
welcomecenter@weingarten.ihk.de
Integration durch Ausbildung – Perspektiven für Zugewanderte
Die Beraterinnen des Projekts „Integration durch Ausbildung“ bei der IHK Bodensee-Oberschwaben beraten kostenfrei sowohl Unternehmen, die Ausbildungsplätze für Geflüchtete oder Zugewanderte anbieten wollen, als auch junge Migranten, um mit ihnen gemeinsam einen geeigneten Start ins Arbeitsleben zu finden und sie auf ihrem Weg in und während der dualen Ausbildung in der Region zu begleiten.
Integration durch Ausbildung IHK Bodensee-Oberschwaben:
Maria Maier, Telefon 0751 409-175
Carola Schmieder, Telefon 0751 409-260
ausbildung.integration@weingarten.ihk.de
 
Medieninformation Nr. 70/2024