Überblick: Die EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten

Am 19. April 2023 verabschiedete das Europäische Parlament die Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten.
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Update 2. Oktober 2024: Die Europäische Kommission hat eine Verschiebung der Verordnung zu Entwaldungsfreien Lieferketten um ein Jahr vorgeschlagen. Das Europäische Parlament und Rat müssen der Änderung noch zustimmen.
Laut der Verordnung dürfen Unternehmen ab dem 30. Dezember 2024 bestimmte Produkte und Rohstoffe in der EU in Verkehr bringen und aus der EU ausführen , wenn für diese Waren eine Sorgfaltserklärung vorliegt, die besagt, dass ein Produkt nicht von einer nach dem 31. Dezember 2020 abgeholzten Fläche stammt und nach diesem Datum auch nicht zu einer anderweitigen Schädigung von Wäldern geführt hat. Die Unternehmen müssen außerdem nachweisen, dass die Menschenrechte und Rechte indigener Völker bei der Produktion geachtet werden. Weiterhin müssen die Erzeuger Geoinformationsdaten zur Verfügung stellen, aus denen hervorgeht, wo sich die jeweiligen Anbauflächen befinden. Dadurch kann beispielsweise anhand von Satellitendaten die Richtigkeit der Erklärung überprüft werden.
Von der Verordnung sind Erzeugnisse aus folgenden Rohstoffen betroffen: Rinder, Kakao, Kautschuk, Kaffee, Holz, Soja, Palmöl.
Zusätzlich soll die Kommission als kontinuierliche Aufgabe prüfen, ob zukünftig weitere Produktkategorien oder Ökosysteme zu ergänzen sind.
Damit das Gesetz lückenlos umgesetzt werden kann, stuft die Kommission Länder oder Landesteile in ein dreistufiges Risikosystem (hoch, mittel, niedrig) ein (benchmarking)– abhängig davon, wie anfällig diese jeweils für Entwaldung sind. Diese Einstufung hat wiederum Einfluss auf die zu leistenden Sorgfaltspflichten und Kontrollen der Unternehmen. Die Liste soll regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.
Derzeit steht das Länder-Benchmarking System noch nicht zur Verfügung.

Wer ist betroffen?

  • Betroffen ist nicht nur der Import in die EU hinein und der Export aus der EU heraus, sondern auch die Produktion und der Vertrieb innerhalb der EU
  • Welche Erzeugnisse aus den sieben betroffenen Rohstoffen konkret unter die EUDR fallen, wird im Anhang I der EUDR anhand von Zolltarifnummern (KN-Nummern, Kombinierte Nomenklatur) aufgelistet: Verordnung - 2023/1115 - DE - EUR-Lex (europa.eu)

Sonderregeln für Holz und Holzerzeugnisse

  • Holz ist einer der sieben betroffenen Rohstoffe und war bisher in der EU-Holzhandelsverordnung (EU) Nr. 995/2010 geregelt. Diese wird durch die EUDR ersetzt, aber letztere betrifft mehr Holzprodukte als die bisherige Regelung. Deshalb gilt folgende Unterscheidung:
    • Falls ein Holzerzeugnis nicht unter die alte Verordnung fällt, gilt ab Ende 2024 die neue Verordnung, falls es dort in Anhang I genannt wird.
    • Falls ein Holzerzeugnis schon unter die alte Verordnung fällt und nach dem 30. Juni 2023 erzeugt wurde oder dieses Jahr noch erzeugt wird, gilt bis Ende 2024 die alte Verordnung und ab Silvester 2024 die neue.
    • Falls ein Holzerzeugnis schon unter die alte Verordnung fiel und schon vor dem 29. Juni 2023 erzeugt wurde, gilt aufgrund einer mehrjährigen Übergangsfrist bis Ende 2027 die alte Verordnung und ab Silvester 2027 die neue.

Rollen im Rahmen der EUDR-Verordnung

  • Die EUDR unterscheidet zwischen „Marktteilnehmern“ und „Händlern“. Entscheidend ist laut den EUDR-Begriffsbestimmungen, dass „Marktteilnehmer“ jeweils die ersten in der EU-Lieferkette sind, das heißt sie bringen betroffene Rohstoffe oder betroffene Erzeugnisse erstmals in der EU in Verkehr (durch Import oder eigene Herstellung). Dagegen sind „Händler“ niemals die ersten in der EU-Lieferkette, sondern die zweiten oder nachfolgenden Unternehmen. Bei Händlern wird unterschieden, ob sie kleine beziehungsweise mittlere Unternehmen („KMU“) oder „Nicht-KMU“ (also größer) sind, was im Hinblick auf die ihnen zugeordneten Pflichten wichtig ist.
  • Außerdem wird für Kleinst- und kleine Unternehmen (also nicht für mittlere und nicht für größere) eine zusätzliche halbjährige Frist eingeführt, das heißt sie müssen die Pflichten nicht ab 30. Dezember 2024, sondern ab 30. Juni 2025 einhalten. Diese halbjährige Verlängerung gilt laut Artikel 38 der EUDR-Verordnung jedoch nicht für Holz und Holzerzeugnissen, die unter die EU-Holzhandelsverordnung (VO EU 995/2010) fallen. Für diese Erzeugnisse beginnt die Anwendung der EUDR-Verordnung unabhängig von der Größe des Unternehmens am 30. Dezember 2024 (es sei denn, es handelt sich um eine Ausnahme mit Erzeugung vor dem 29.06.2023).
  • Kleine und mittlere Unternehmen werden durch den Verweis auf die Richtlinie 2013/34/EU wie folgt definiert:
    • Kleine Unternehmen unterschreiten mindestens zwei der folgenden Grenzen: 50 Mitarbeiter, Bilanzsumme 5 Mio. Euro, Nettoumsatzerlöse 10 Mio. Euro;
    • Mittlere Unternehmen unterschreiten mindestens zwei der folgenden Grenzen: 250 Mitarbeiter, Bilanzsumme 25 Mio. Euro, Nettoumsatzerlöse 50 Mio. Euro;
    • Bei den hier zitierten Werten ist bereits berücksichtigt, dass diese in der besagten Bilanz-Richtlinie 2013/34 mittels der Delegierten Richtlinie 2023/2775 ab dem Geschäftsjahr 2024 erhöht wurden.

Sorgfaltspflicht

  • Sorgfaltserklärung:
    Die Verordnung schreibt vor, dass Marktteilnehmer (oder Händler, die keine KMU sind,) jede relevante Ware bis zu ihrem Grundstück zurückverfolgen müssen, bevor sie sie auf dem Markt bereitstellen oder in Verkehr bringen oder ausführen. Folglich ist die Vorlage der Sorgfaltserklärung, die Informationen zur Geolokalisierung enthält, eine Voraussetzung für Einfuhren (Zollverfahren "Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr") und Ausfuhren (Zollverfahren "Ausfuhr") sowie für Transaktionen innerhalb des Unionsmarktes.
  • Laut Artikel 33 der EUDR wird die EU-Kommission bis zum 30. Dezember 2024 ein Informationssystem für die Registrierung, die Sorgfaltserklärungen, deren Referenznummern et cetera. etablieren (also ein neues Internet-Portal). Aktuell besteht dieses System noch nicht.
  • Sammlung von Informationen:
    Nach Artikel 9 der Verordnung müssen Unternehmer weitreichende Informationen sammeln. Dazu gehören unter anderem Informationen:
    • zu den relevanten Erzeugnissen,
    • zum Erzeugerland,
    • zur Geolokalisierung aller Grundstücke, auf denen die relevanten Rohstoffe, die das relevante Erzeugnis enthält oder unter deren Verwendung es hergestellt wurde, erzeugt wurden, sowie den Zeitpunkt oder Zeitraum der Erzeugung,
    • zu den Lieferanten,
    • zu den Teilnehmern der nachgelagerten Lieferkette
    • Nachweise darüber, dass die relevante Erzeugnisse entwaldungsfrei sind und dass die Erzeugung der relevanten Rohstoffe im Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erfolgt ist
  • Risikobewertung und Risikominderung:
    Betroffene Unternehmen überprüfen und analysieren die gemäß Artikel 9 der VO zusammengetragenen Informationen und alle sonstigen einschlägigen Unterlagen. Auf der Grundlage dieser Informationen und Unterlagen führen die Unternehmen eine Risikobewertung nach Artikel 10 der VO durch, um festzustellen, ob die Gefahr besteht, dass die relevanten Erzeugnisse, die in Verkehr gebracht oder ausgeführt werden sollen, nichtkonform sind. Die relevanten Erzeugnisse dürfen weder in Verkehr gebracht noch ausgeführt werden, es sei denn, die Risikobewertung ergibt, dass kein oder nur ein vernachlässigbares Risiko dahin gehend besteht, dass die relevanten Erzeugnisse nichtkonform sind. Sofern die Bewertung nach Artikel 10 der VO kein vernachlässigbares Risiko ergeben hat, sind von Unternehmen vor dem Inverkehrbringen geeignete Maßnahmen zur Risikominderung nach Artikel 11 der VO zu ergreifen.
Der Umfang der Sorgfaltspflichten in Rahmen der Verordnung ist von der Rolle des Unternehmens abhängig.
Mit unserer interaktiven Checkliste können Sie prüfen, ob Sie von der EUDR-Verordnung betroffen sind und, wenn ja, welcher Rolle Ihr Unternehmen im Rahmen der Verordnung zugeordnet wird.
Quelle: IHK Südlicher Oberrhein, IHK Würzburg-Schweinfurt, BLE