Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz (AgrarOLkG)
Mit der Richtlinie (EU) 2019/633 vom 17. April 2019 ("UTP-Richtlinie") ist erstmals EU-weit ein einheitlicher Mindestschutzstandard zur Bekämpfung von unlauteren Handelspraktiken eingeführt worden. Dadurch sollen solche Praktiken eingedämmt werden, "die mit hoher Wahrscheinlichkeit negative Auswirkungen auf den Lebensstandard der landwirtschaftlichen Bevölkerung haben".
In Deutschland ist die UTP-Richtlinie durch das Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz ("AgrarOLkG") umgesetzt worden, das am 9. Juni 2021 in Kraft getreten ist. Das Gesetz wird durch die Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Verordnung („AgrarOLkV“) ergänzt. Das AgrarOLkG verbietet in seinem Teil 3 die Ausnutzung des wirtschaftlichen Ungleichgewichts zwischen dem Käufer und dem Lieferanten durch unlautere Handelspraktiken. Im Oktober 2023 wurde das AgrarOLkV evaluiert. Am 26. Juni 2024 wurde über die Reformierung des AgrarOLkG im Bundestag beraten.
Wer wird durch das AgrarOLkG geschützt?
Das Gesetz schützt „kleine“ Lieferanten der Lebensmittellieferkette vor „großen“ Käufern. Lieferanten sind vor allem die Primärerzeuger. Käufer sind vor allem die Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels. Weiterverarbeiter oder Zwischenhändler können, je nachdem ob sie von vorgelagerten Stufen kaufen oder an nachgelagerte Stufen verkaufen, als Lieferant beziehungsweise als Käufer auftreten. Sie sind daher nicht nur vom Gesetz geschützt, sondern müssen dieses auch selbst beachten. Das Gesetz gilt jedoch nur unter zwei Bedingungen:
- Zum einen müssen zwischen beiden Vertragsparteien Agrar-, Fischerei-, oder Lebensmittelerzeugnisse verkauft werden. Dabei beschränkt sich das Verkaufen nicht nur auf Kaufverträge im engeren Sinne, sondern erfasst zum Beispiel auch den Vertragsanbau. Nicht erfasst ist dagegen der Verkauf an Verbraucher oder das Spenden von Lebensmitteln.
- Zum anderen muss der Lieferant geringere Umsatzerlöse erzielen als der Käufer. Dabei wird ein Umsatzvergleich zwischen beiden Vertragsparteien anhand pauschalierter Umsatzstufen durchgeführt. Erzielt ein Lieferant beispielsweise mehr als zehn Millionen Euro, aber weniger als 50 Millionen Euro Umsatz im Jahr, ist er gegenüber allen Käufern, die einen Umsatz von mehr als 50 Millionen Euro haben, geschützt. Insgesamt gibt es fünf solcher Umsatzstufen. Die fünfte Stufe sieht vor, dass Lieferanten bis zu einem Umsatz von 350 Millionen Euro gegenüber Käufern geschützt sind, deren Umsatz über 350 Millionen Euro liegt.
Welche unlauteren Handelspraktiken verbietet das AgrarOLkG?
Das AgrarOLkG setzt einen Rahmen für fairere Verhandlungen zwischen „kleineren“ Lieferanten und „großen“ Käufern von Agrar-, Fischerei- und Lebensmittelerzeugnissen, indem es unlautere Handelspraktiken verbietet. Unter unlauteren Handelspraktiken sind Vertragsklauseln und Verhaltensweisen zu verstehen, die in Geschäftsbeziehungen zwischen großen Käufern und kleineren Lieferanten als unfair anzusehen sind, weil sie zum Beispiel bestimmte Kosten oder Risiken des Käufers in unzulässiger Weise auf den schwächeren Lieferanten verschieben.
Es ist jedoch nicht jedes von Lieferanten als unfair empfundene Handeln gesetzlich verboten. Das AgrarOLkG legt einen abschließenden Katalog mit verbotenen Vertragsklauseln und Verhaltensweisen fest.
Neben diesen verbotenen Handelspraktiken, erfasst das Gesetz auch Vereinbarungen, die grundsätzlich fair und ausgewogen sein können, wenn und weil beide Partner davon profitieren. Dies betrifft vor allem Vereinbarungen, mit denen sich Lieferanten an den Kosten für die Vermarktung ihrer Produkte durch den Käufer beteiligen. Für solche Vereinbarungen sieht das Gesetz ein Transparenzgebot (§ 20 und § 21 AgrarOLkG) vor, das heißt: Die Beteiligung des Lieferanten an Vermarktungskosten des Käufers ist nur dann erlaubt, wenn sie klar und eindeutig vereinbart ist und einen spezifischen Bezug zu den Produkten des betreffenden Lieferanten hat (so müssen beispielsweise die Produkte des Lieferanten in dem Werbemedium, an dessen Kosten er sich beteiligt, auch tatsächlich beworben werden).
Hinweisgebersystem
Wie können sich Lieferanten gegen unlautere Handelspraktiken wehren? Lieferanten, die von unlauteren Handelspraktiken betroffen sind, können sich an die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) wenden und auf Verstöße hinweisen, einen konkreten Sachverhalt schildern oder eine Beschwerde einreichen. Lieferanten, die sich dabei nicht mit ihrem Namen offenbaren möchten, können das anonyme Hinweisgebersystem der BLE nutzen oder ihren Verband darum bitten, die Meldung abzugeben.
FAQs
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sowie die Bundesanstaltung für Ernährung und Landwirtschaft stellen Fragen und Antworten zum Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz - AgrarOLkG bereit.