IHK-Umweltdienst - Juli 2024

Die IHK informiert Sie monatlich über die aktuellsten Themen im Umwelt- und Energiebereich.

Abfallwirtschaft

Welche Unternehmen fallen unter das neue Einwegkunststofffonds-Gesetz?

Drei Gruppen von Unternehmen fallen unter das Einwegkunststofffondsgesetz von 2023 und müssen dessen Vorgaben aktuell bereits beachten.
Es gilt für:
  1. Hersteller (oder Importeure) bestimmter Produkte: Feuchttücher, Luftballons, Tabakprodukte und ab 2026 zusätzlich Feuerwerkskörper
  2. Hersteller (oder Importeure) bestimmter kunststoffhaltiger Verpackungen: Bestimmte Lebensmittelbehälter (für „to-go-Lebensmittel“), Getränkebehälter (zum Beispiel Flaschen und Tetrapacks), Getränkebecher und leichte Kunststofftragetaschen (zum Beispiel für Obst)
  3. Befüller von Tüten und Folienverpackungen mit Lebensmittelinhalt, der dazu bestimmt ist, unmittelbar aus der Tüte oder der Folienpackung heraus verzehrt zu werden und keiner weiteren Zubereitung bedarf
Bei den oben genannten Punkten a. und b. sind also die tatsächlichen Kunststoff-Produzenten oder Importeure gemeint, zum Beispiel ein Hersteller von leeren Getränkebechern für Kaffee (und nicht der Betreiber eines Kiosks oder eines Kaffeeautomaten). Dagegen wird beim oben genannten Punkt c. nicht der Hersteller einer leeren Tüte oder Folie angesprochen, sondern aufgrund der bewusst gewählten Formulierung „mit Lebensmittelinhalt“ der Befüller, der zum Beispiel als Kinobetreiber Popcorn in Kunststofftüten abfüllt und verkauft. Diese Fälle c. übersteigen die Fälle a. und b. voraussichtlich in etwa um das Zehnfache! Der Gesetzestext, der in seiner Anlage 1 die betroffenen Produkte genauer definiert, wurde im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Viele weitere Informationen finden sich auf einer Internetseite des Umweltbundesamts. Betroffene Unternehmen müssen sich bis spätestens Ende 2024 auf der ebenfalls vom Umweltbundesamt gestalteten Plattform „DIVID“ registrieren. In 2025 müssen sie dann erstmals Daten über ihre im Jahr 2024 insgesamt in Verkehr gebrachten Mengen vorlegen, welche die Grundlage für die neuen Zahlungs-Verpflichtungen in den Einwegkunststoff-Fonds sind. Aus dem Fonds werden dann den Kommunen unter anderem deren Kosten für die korrekte Entsorgung von weggeworfenen Verpackungen und Produktresten erstattet („Littering“). Die besagten Mengenmeldungen müssen durch externe Wirtschaftsprüfer bestätigt werden. Diese Prüfpflicht entfällt bei pfandpflichtigen Einweggetränkeverpackungen generell und bei sonstigen betroffenen Produkten unterhalb einer Bagatellgrenze von 100 Kilogramm pro Jahr. Allerdings entfällt nur die besagte Prüfpflicht, das heißt die Pflicht zur Registrierung, Mengenmeldung und Abgabenzahlung gilt für alle oben angesprochenen Unternehmen, auch bei geringeren Mengen. Damit entstehen leider neue Kosten und viel neue Bürokratie!
Die Höhe der Abgabesätze wurde im Oktober 2023 in einer zugehörigen Verordnung festgelegt. Wer die Registrierung beziehungsweise Datenmeldung versäumt, muss mit hohen Bußgeldern rechnen und unterliegt einem Vertriebsverbot.

Ressourceneffizienz

Kreislaufwirtschaft als Chance?

Eine Transformation der deutschen Wirtschaft zur "Kreislaufwirtschaft" bewerten viele Unternehmen als vorteilhaft für das eigene Geschäft – aber nur unter den richtigen Rahmenbedingungen. Das geht aus einer Befragung der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) hervor. An der Erhebung beteiligten sich 2.000 Betriebe aus allen Branchen und Regionen. Mehr als die Hälfte davon sehen in der Umstellung des eigenen Betriebes generell eine Chance. "Unternehmen erhoffen sich durch die Transformation konkrete Vorteile gegenüber der Konkurrenz", berichtet der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks. Hierzu zählen der Befragung zufolge Einsparungen bei Materialkosten sowie eine gesteigerte Unabhängigkeit und Resilienz in den Lieferketten. Auch ein möglicher Imagegewinn bei Kunden und Mitarbeitern spielt eine Rolle. Vier von zehn Betrieben hoffen, hierdurch neue Kunden gewinnen zu können.

Klimaschutz

Neue Vorgaben durch die EU-Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten

Unternehmen müssen die Einhaltung einer neuen EU-Verordnung „EU/2023/1115 über entwaldungsfreie Lieferketten“ („EUDR“) vorbereiten, die ab 30. Dezember 2024 zu erfüllen sind. Einen guten Überblick über die Verordnung und Hilfestellungen für betroffene Unternehmen veröffentlicht zum Beispiel die IHK Würzburg-Schweinfurt-Mainfranken.
Wir bitten jedoch alle Betroffenen, sich primär an ihre IHK vor Ort zu wenden. Auf folgende Punkte und offene Fragen sei ergänzend besonders hingewiesen:
  1. Betroffen sind nicht nur der Import in die EU hinein und der Export aus der EU heraus, sondern auch die Produktion und der Vertrieb innerhalb der EU (zum Beispiel eine Papierproduktion, obwohl das dafür verwendete Holz ausschließlich in europäischen Wäldern gewachsen ist)!
  2. Welche Erzeugnisse aus den sieben betroffenen Rohstoffen konkret unter die EUDR fallen, wird im Anhang I der EUDR anhand von Zoll-Nummern (KN-Nummern, Kombinierte Nomenklatur) aufgelistet auf den Seiten 243 bis 246 hier im EU-Amtsblatt L 150 vom 09. Juni 2023: Verordnung - 2023/1115 - DE - EUR-Lex (europa.eu)
  3. Alle Unternehmen sollten deshalb sorgfältig prüfen, ob ihre Produkte unter eine der KN-Nummern in Anhang I fallen oder stattdessen anderen KN-Nummern zuzuordnen sind. Alle geltenden KN-Nummern findet man im EU-Amtsblatt (auf 1100 Seiten) oder beim Statistischen Bundesamt in einer Suchmaschine. Dort kann zum Beispiel mit Suchworten ermittelt werden, ob es andere KN-Nummern gibt, die das eigene Produkt besser beziehungsweise genauer beschreiben. Die Auswahl der zutreffenden KN-Nummer liegt in der Verantwortung des Unternehmers.
  4. Mittelfristig könnte der Geltungsbereich der Verordnung auf weitere Ökosysteme (zum Beispiel Grünflächen, Feucht- und Torfgebiete) und/oder weitere Rohstoffe (zum Beispiel Mais) beziehungsweise Erzeugnisse ausgeweitet werden. Denn Artikel 34 der EUDR enthält entsprechende Prüfaufträge für die EU-Kommission für Folgeabschätzungen und gegebenenfalls Gesetzgebungsvorschläge, zunächst schon bis 30. Juni 2024 und dann bis 30. Juni 2025.
  5. Holz ist einer der sieben betroffenen Rohstoffe und war bisher in der EU-Holzhandelsverordnung (EU) Nr. 995/2010 geregelt. Diese wird durch die EUDR ersetzt, aber letztere betrifft mehr Holzprodukte als die bisherige Regelung. Deshalb gilt folgende Unterscheidung:
    • Falls ein Holzerzeugnis nicht unter die alte Verordnung fäll, gilt ab Ende 2024 die neue Verordnung, falls es dort in Anhang I genannt wird.
    • Falls ein Holzerzeugnis schon unter die alte Verordnung fällt und nach dem 30. Juni 2023 erzeugt wurde oder dieses Jahr noch erzeugt wird, gilt bis Ende 2024 die alte Verordnung und ab Silvester 2024 die neue.
    • Falls ein Holzerzeugnis schon unter die alte Verordnung fiel und schon vor dem 29. Juni 2023 erzeugt wurde, gilt aufgrund einer mehrjährigen Übergangsfrist bis Ende 2027 die alte Verordnung und ab Silvester 2027 die neue.
  6. In folgender IHK-Auflistung werden alle Holzerzeugnisse aus Anhang I genannt und dabei die neu betroffenen Holzerzeugnisse fett markiert: 
  7. Die in Anhang I beim KN-Code 4415 formulierte Ausnahme für Holzverpackungen gilt nach allgemeiner Lesart nur dann, wenn diese Holzverpackungen mit anderweitigen Erzeugnissen befüllt sind (zum Beispiel Import einer Maschine in einer Holzkiste). Sie gilt dagegen nicht für den Import oder die Herstellung leerer Verpackungen, die dann als Verpackungsmaterial verkauft werden, das heißt in diesen Fällen ist die Verordnung zu beachten.
  8. Die besagte Ausnahme für Holzverpackungen mit Waren darin gilt offenbar nicht für Verpackungen aus Karton oder ähnlichem, da KN-Code 4819 unter die Verordnung fällt und derartige Waren beschreibt und hier keine entsprechende Ausnahme für Verpackungen mit Ware darin formuliert ist.
  9. Die EUDR unterscheidet sprachlich etwas unglücklich zwischen „Marktteilnehmern“ und Händlern (obwohl diese umgangssprachlich sicherlich auch „am Markt teilnehmen“). Entscheidend ist laut den EUDR-Begriffsbestimmungen, dass „Marktteilnehmer“ jeweils die ersten in der EU-Lieferkette sind, das heißt sie bringen betroffene Rohstoffe oder betroffene Erzeugnisse erstmals in der EU in Verkehr (durch Import oder eigene Herstellung). Dagegen sind „Händler“ niemals die ersten in der EU-Lieferkette, sondern die zweiten oder nachfolgenden Unternehmen. Außerdem sind nur die Händler von in der Verordnung genannten Erzeugnissen betroffen, also nicht die Händler von Erzeugnissen mit anderer KN-Nummer und auch nicht Händler der sieben Rohstoffe (letzteres ist eventuell ein redaktionelles Versehen). Rohstoff-Importeure in die EU sind dagegen eindeutig Marktteilnehmer und damit betroffen.
  10. Bei Händlern wird unterschieden, ob sie kleine beziehungsweise mittlere Unternehmen („KMU“) oder „Nicht-KMU“ (also größer) sind, was im Hinblick auf die ihnen zugeordneten Pflichten wichtig ist. Außerdem wird für Kleinst- und kleine Unternehmen (also nicht für mittlere und nicht für größere) eine zusätzliche halbjährige Frist eingeführt, das heißt sie müssen die Pflichten nicht ab 30. Dezember 2024, sondern ab 30. Juni 2025 einhalten.
  11. Kleine und mittlere Unternehmen werden durch den Verweis auf die Richtlinie 2013/34/EU wie folgt definiert:
    • Kleine Unternehmen unterschreiten min. zwei der folgenden Grenzen: 50 Mitarbeiter, Bilanzsumme 6 Millionen Euro, Nettoumsatzerlöse 8 Millionen Euro;
    • Mittlere Unternehmen unterschreiten min. zwei der folgenden Grenzen: 250 Mitarbeiter, Bilanzsumme 20 Millionen Euro, Nettoumsatzerlöse 40 Millionen Euro
  12. Eine der Kernforderungen der EUDR an Importeure ist die Einhaltung praktisch aller Rechtsvorschriften im Ursprungsland. Dies kann in der Praxis wohl kaum lückenlos erreicht werden, weshalb es vermutlich auf eine Flut von gegenseitigen „Bestätigungen“ hinausläuft, deren Verlässlichkeit zweifelhaft sein dürfte.
  13. Gemäß Artikel 29 der Verordnung wird ein dreistufiges System zur Bewertung aller Staaten beziehungsweise von deren Landesteilen eingeführt (geringes, normales, hohes Risiko). Die EU-Kommission soll bis spätestens 30. Dezember 2024 eine Liste sowohl der Länder oder Landesteile veröffentlichen, die ein geringes Risiko aufweisen als auch eine Liste der Regionen, die ein hohes Risiko aufweisen. Alle anderen Gebiete gelten dann als Gebiete mit normalem Risiko. Es wird jedoch befürchtet, dass die EU-Kommission diese an sich selbst gesetzte Frist evtl. nicht einhalten wird. Dann greifen die Vereinfachungen aus Artikel 13 („vereinfachte Sorgfaltspflicht“) vorerst nicht, da sie nur für offiziell veröffentlichte Gebiete mit geringem Risiko anwendbar sind.
  14. Eine denkbare Alternative zu diesem dreistufigen System wäre für Holz und Holzerzeugnisse vielleicht gewesen, nur Importe aus Wäldern mit anerkannten Zertifizierungen (zum Beispiel FSC, PEFC) zu gestatten. Dies allein genügt aber leider nicht, um die wesentlichen Vorgaben der Verordnung zu erfüllen, denn gemäß Artikel 10 („Risikobewertung“) sind mögliche vorhandene Zertifizierungen nur eins von vierzehn zu berücksichtigenden Kriterien.
  15. Laut Artikel 33 der EUDR wird die EU-Kommission bis zum 30. Dezember 2024 ein Informationssystem für die Registrierung, die Sorgfaltserklärungen, deren Referenznummern et cetera. etablieren (also ein neues Internet-Portal). Aktuell besteht dieses System leider noch nicht; vermutlich wird es erst ziemlich knapp vor dem genannten Termin betriebsbereit sein. Wie Unternehmen dann trotzdem schon ab 30. Dezember 2024 alle Vorgaben erfüllen können sollen, bleibt hierbei leider unklar.
  16. Insbesondere alle Importeure benötigen Geodaten gegebenenfalls in einer solchen Vielzahl, die nicht realisierbar erscheint, insbesondere im Hinblick auf die Datenverfügbarkeit. Die oben genannte Homepage enthält dazu unter „Hilfe für Unternehmen“ einige Links. Aber es scheint keine Datenbank zu geben, in die man zum Beispiel GPS-Ortsangaben eingibt und dann gezielt die notwendigen „Entwaldungs-Informationen“ erhält.
Insgesamt erscheint die Verordnung zwar gut gemeint im Hinblick auf den Schutz des Regenwalds, aber sehr schlecht gemacht und teilweise weder praktikabel noch zumutbar. Insofern ist auf Kulanz nicht nur von Seiten der Behörden, sondern auch innerhalb der Lieferketten zu hoffen, damit sich Unternehmen nicht gegenseitig überfordern.

Betrieblicher Umweltschutz

Umweltstatistik-Gesetzesänderung zu Berichtspflichten über Verpackungen

Das Statistische Landesamt führt derzeit eine statistische „Vollerhebung“ bei allen Unternehmen durch, die verpackte Waren mit gewerblicher Zielgruppe in Verkehr bringen. Anlass dafür sind die Änderungen des Umweltstatistikgesetzes im Jahr 2022 und jüngst am 15. Mai 2024. Der neue Gesamttext des Umweltstatistikgesetzes ist online abrufbar.

Verpackungs-Berichtspflichten

Mit der vorangegangenen Änderung des Umweltstatistikgesetzes (UStatG) zum 1. Januar 2022 wurden amtliche Erhebungen zur Erfassung von Verpackungs- und Einwegkunststoffprodukten eingeführt. Diese waren notwendig geworden, um verschiedenen europäischen Berichtspflichten nachkommen zu können. Hersteller beziehungsweise Inverkehrbringer von „nicht systembeteiligungspflichtigen Verpackungen“ müssen sich deshalb seit dem 1. Juli 2022 bei der Zentralen Stelle Verpackungsregister registrieren lassen (für Hersteller beziehungsweise Inverkehrbringer von systembeteiligungspflichten Verpackungen galt diese Vorgabe schon seit 2019). Da der Registrierungsprozess bis Jahresende 2022 noch nicht hinreichend fortgeschritten war, wurde die vorgesehene Vollerhebung für das Berichtsjahr 2022 ausgesetzt. Sie wird deshalb aktuell für das Jahr 2023 durchgeführt, wofür § 5a Absatz 3 Satz 2 UStatG (sowie Absatz 7) entsprechend geändert wurden. Die nächste Vollerhebung findet dann in zehn Jahren statt; dazwischen wird jährlich eine Stichprobe der Unternehmen abgefragt. Weitere Änderungen im Umweltstatistikgesetz betrafen
  • Angaben zu passiv gefischten Abfällen
  • Bewertung der Wasserverluste bei der Trinkwasserbereitstellung (Vorgabe der EU-Trinkwasserrichtlinie bis 12. Januar 2026) bei Wasserversorgern mit mindestens 3,65 Millionen Kubikmeter Wasserabgabe pro Jahr
  • Geokoordinaten der Klärschlammaufbringungsflächen in der Landwirtschaft
  • Unfälle beim Umgang mit und bei der Beförderung von wassergefährdenden Stoffen (Reduzierung um ein Merkmal)
  • Streichung der jährlichen Erhebung aller Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (§ 9 Absatz 4 und 5 UStatG)
  • methodische Weiterentwicklung der Erhebung der Wasser- und Abwasserentgelte (neu in § 7 Absatz 5 und 6 anstelle von § 11 Absatz 2)
  • Erhebungsmerkmale der Zentralstatistik der laufenden Aufwendungen für den Umweltschutz

REACH

Änderung der TRGS 900 mit Arbeitsplatzgrenzwerten

Am 17. Juni 2024 wurde zum wiederholten Mal eine Änderung der Technischen Regel Gefahrstoffe Nr. 900 (TRGS 900) veröffentlicht, welche die in Deutschland geltenden Arbeitsplatzgrenzwerte auflistet. Die dreiseitige Änderung betrifft zum einen Asphalt und Bitumen (Grenzwerte und Fristen). Zum anderen werden wie üblich in Anhang 3 und Anhang 4 einige Stoff-Einträge geändert oder ergänzt oder gestrichen. Betroffen sind unter anderem amorphe Kieselsäuren, Schwefeldioxid und Tetrahydrofuran. Der Änderungstext ist zwar nicht im offiziellen Verkündungsorgan, dem Gemeinsamen Ministerialblatt Nr. 21, aber auf der Homepage der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin abrufbar; dort findet sich auch die aktuelle Gesamtfassung der TRGS 900.

Strengere Vorgaben für den Verkauf von biozidhaltigen Produkten

Verkäufer von Holzschutzmitteln, Insektiziden und vielen weiteren Produkten, die Biozide enthalten, benötigen ab Januar 2025 eine spezielle Sachkunde und müssen in bestimmten Fällen so genannte Abgabegespräche mit ihren Kunden führen. Dies schreibt die hier abrufbare Biozidrechts-Durchführungs-Verordnung vor, deren Paragraphen 10 bis 13 ab 1. Januar 2025 anzuwenden sind. In § 11 Abs. 2 werden die Themen des „Abgabegesprächs“ aufgelistet, das sich offenbar nicht beim Kassenvorgang „so nebenher“ erledigen lässt, sondern etwas mehr Zeit benötigt (Anwendung, Alternativen, Gefahren, Maßnahmen, Lagern, Entsorgen, Verhalten bei Unfällen…).

Für bestimmte Produktarten: Abgabegespräch bei allen Kunden

Das Abgabegespräch ist zwingend für folgende drei Produktarten:
  • Produktart 14 „Rodentizide“ (Produkte zur Bekämpfung von Mäusen, Ratten und anderen Nagetieren durch andere Mittel als Fernhaltung oder Köderung),
  • Produktart 18 „Insektizide, Akarizide und Produkte gegen andere Arthropoden“ (Produkte zur Bekämpfung von Arthropoden (zum Beispiel Insekten, Spinnentiere und Schalentiere) durch andere Mittel als Fernhaltung oder Köderung) sowie
  • Produktart 21 „Antifouling-Produkte“ (Produkte zur Bekämpfung des Wachstums und der Ansiedlung von bewuchsbildenden Organismen (Mikroben und höhere Pflanzen- und Tierarten) an Wasserfahrzeugen, Ausrüstung für die Aquakultur und anderen im Wasser eingesetzten Bauten).
Für die drei oben genannten Produktarten gilt außerdem, dass sie nicht im Selbstbedienungsbereich angeboten werden dürfen und dass sich der Verkäufer vergewissern muss, dass der Käufer zu der in der Zulassung genannten Verwenderkategorie gehört (zum Beispiel „geschulter berufsmäßiger Verwender“).
Dies gilt ausdrücklich auch bei Online- oder Versandverkauf. Eine pauschale Ausnahme für Käufe durch gewerbliche Nutzer der Produkte gibt es bei den oben genannten drei Produktarten nicht.

Für andere definierte Produktarten: Abgabegespräch nur bei Privatkunden

Anders sieht es bei den folgenden drei Produktarten aus, für die allgemein ebenfalls Abgabegespräche vorgeschrieben sind, welche jedoch entfallen können, wenn dem Verkäufer bekannt ist oder der Käufer ihm bestätigen kann, dass der Käufer die Produkte gewerblich nutzen will:
  • Produktart 7 „Beschichtungsschutzmittel“ (Produkte zum Schutz von Beschichtungen oder Überzügen gegen mikrobielle Schädigung oder Algenwachstum zwecks Erhaltung der ursprünglichen Oberflächeneigenschaften von Stoffen oder Gegenständen wie Farben, Kunststoffen, Dichtungs- und Klebkitten, Bindemitteln, Einbänden, Papieren und künstlerischen Werken),
  • Produktart 8 „Holzschutzmittel“ (Produkte zum Schutz von Holz, ab dem Einschnitt im Sägewerk, oder Holzerzeugnissen gegen Befall durch holzzerstörende oder die Holzqualität beeinträchtigende Organismen, Insekten einbegriffen) sowie
  • Produktart 10 „Schutzmittel für Baumaterialien“ (Produkte zum Schutz von Mauerwerk, Verbundwerkstoffen oder anderen Baumaterialien außer Holz gegen Befall durch Schadmikroorganismen und Algen).
Außerdem kann es für Produkte entfallen, die im vereinfachten EU-Biozid-Zulassungsverfahren zugelassen wurden.

Abgabegespräch auch bei Online-Verkauf

Im Fall von Online- oder Versand-Verkauf muss das besagte Abgabegespräch zuvor telefonisch oder per Videoübertragung nachweisbar erfolgen.

Sachkunde der abgebenden Person

Auf Seiten des Verkäufers benötigen die Personen, die die Abgabe, die damit verbundenen Überprüfungen und das Abgabegespräch durchführen, eine spezielle Sachkunde. Zu deren Definition verweist § 13 der Biozidrechts- Durchführungsverordnung auf drei andere Vorschriften, wobei jeweils betont wird, dass jene Sachkunde ausdrücklich auch Biozid-Themen bzw. die betreffenden Produktarten umfassen muss.
Diese Details sind geregelt

Selbstbedienungsverbot

Das oben genannte Selbstbedienungsverbot gilt außerdem auch für Produkte, bei denen dies im Rahmen ihrer biozidrechtlichen Zulassung so festgelegt wurde. Es gilt nicht für Biozidprodukte, die im vereinfachten Zulassungsverfahren zugelassen wurden. Zum vereinfachten Zulassungsverfahren und ähnlichen Fragestellungen finden sich Informationen beim REACH-CLP-Biozid-Helpdesk.
Quelle: IHK Südlicher-Oberrhein