Green Deal und Innovation: Chancen für Unternehmen
Mit dem Green Deal strebt die Europäische Kommission ein von der Ressourcennutzung entkoppeltes Wachstum an, bis 2050 sollen keine Netto-Treibhausgasemissionen mehr freigesetzt werden. Hier finden Sie eine Übersicht ausgewählter Ziele sowie damit verbundener Chancen und Risiken für Unternehmen.
Was ist der europäische Green Deal?
Die EU-Kommission bezeichnet den Green Deal als Antwort auf die existenziellen Bedrohungen durch Klimawandel und Umweltzerstörung. Europa soll bis zum Jahr 2050 Klimaneutralität erreichen, zudem soll die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft erhalten beziehungsweise gesteigert werden. Nachhaltigkeit wird hierbei im Zusammenspiel ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte betrachtet.
Die konkret angestrebten Maßnahmen zur Erreichung der Ziele reichen von Regulierung und Normung über Investitionen und Innovation oder den Dialog mit den Sozialpartnern bis hin zu internationaler Zusammenarbeit. Ein treibender Faktor sollen Innovationen sein, nicht Verzicht und Verbote.
Welche Branchen betrifft der Green Deal?
Laut Mitteilung der Europäischen Kommission sollen alle Wirtschaftssektoren einen Beitrag leisten, unter anderem durch folgende Maßnahmen:
- Investitionen in neue, umweltfreundliche Technologien
- Innovationen in der Industrie
- Einführung umweltfreundlicherer, kostengünstigerer und gesünderer Formen des privaten und öffentlichen Verkehrs
- Dekarbonisierung des Energiesektors
- Erhöhung der Energieeffizienz von Gebäuden
- Zusammenarbeit mit internationalen Partnern zur Verbesserung weltweiter Umweltnormen
- Nachhaltiges Finanzwesen
Mittel- bis langfristig dürfte nahezu jedes Unternehmen auf unterschiedlichsten Ebenen von den Auswirkungen des Green Deal betroffen sein, beispielsweise in Form von Effizienzanforderungen bei Anschaffungen oder Baumaßnahmen, durch Nachhaltigkeitsanforderungen an Produkte oder Verpackungen, durch veränderte Kostenstrukturen bei Energie und Rohstoffen oder durch veränderte Anforderungen bei der Entwicklung von Produkten und Anlagen.
Wie geht es bei der Umsetzung weiter?
Beim Green Deal handelt es sich um eine weitreichende strategische Klammer, unter der eine Vielzahl politischer Zielsetzungen, Maßnahmen und Weichenstellungen zusammengefasst ist. Der zugehörige Aktionsplan umfasst nicht abschließend beispielsweise
- Eine neue EU-Strategie zur Anpassung an den Klimawandel
- Eine Strategie für eine intelligente Sektorenintegration
- Eine Initiative „Renovierungswelle“ für den Bausektor
- Eine Industriestrategie für eine saubere und kreislauforientierte Wirtschaft
- Vorschläge für Rechtsreformen im Bereich Abfallwirtschaft
- Eine Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität
- Eine Nachhaltigkeitsstrategie für Chemikalien
- und vieles mehr
Mit den einzelnen Maßnahmen ist wiederum ein umfangreiches Verfahren aus Entwürfen für neue Vorschriften, der Einbindung von Interessengruppen im Zuge öffentlicher Konsultationen sowie aus Beschlussfassungen verbunden.
Am Beispiel der zum Jahresende 2020 veröffentlichten Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität lässt sich die weitergehende Konkretisierung der Ziele und Maßnahmen erkennen. Die Strategie enthält eine Reihe von Leitinitiativen wie beispielsweise die Förderung der Nutzung emissionsfreier Fahrzeuge und erneuerbarer Kraftstoffe, Überlegungen zur CO2-Bepreisung oder Rahmenbedingungen für die Entwicklung neuer Technologien und Dienste. Aus diesen Zielsetzungen ergeben sich wiederum Anpassungen im Zuge der Überarbeitung von Vorschriften, thematische Schwerpunkte bei verschiedenen Förder- und Forschungsprogrammen oder auch Maßnahmen rund um den 5G-Ausbau.
Die jeweiligen Rechtsvorschriften erlangen zu gegebener Zeit entweder unmittelbar Geltung oder werden auch in Deutschland in nationales Recht umgesetzt. Neben Effizienz- oder Emissionsanforderungen sind beispielsweise auch Sicherheitsanforderungen für Produkte, Maschinen und Anlagen zu erwarten, beispielsweise im Kontext neuer Technologien, Energieträger oder digitaler Lösungen. Neben thematisch ausgerichteten EU-Förderprogrammen werden beispielsweise auch bestimmte landesspezifische Förderprogramme aus EU-Mitteln gespeist, so dass verschiedene Förderprogramme Anreize zur Entwicklung oder Anwendung neuer Technologien schaffen werden. Mit der zunehmenden Verbreitung innovativer Technologien wird sich Normungsbedarf ergeben. An der entsprechenden Normungsarbeit können Unternehmen aktiv mitwirken. Spätestens bei der Anwendung von Normen mit dem Ziel der Erreichung von Sicherheits-, Effizienz- oder Umweltzielen ergibt sich dann eine breite Anwendung von und Betroffenheit durch Normen.
Chancen nutzen und Risiken vermeiden
Wie jede umfangreiche Veränderung birgt der Green Deal eine Vielzahl von Chancen und Risiken insbesondere auch für Unternehmen. So prognostizieren Studien beispielsweise, dass durch die Elektrifizierung von Industrieprozessen zusätzlicher Strombedarf entsteht. Bei PKW und LKW setzt bereits der Wandel hin zu neuen Antriebstechnologien und Kraftstoffen ein. Durch weitergehende Digitalisierung von Produktion und Logistik können Warenströme in Echtzeit überblickt und Effizienzgewinne erzielt werden. Auch in einer industriellen Bioökonomie werden große Potenziale gesehen. Weiter gestärkte finanzielle Anreize für Renovierungen lassen einen erhöhten Bedarf an verschiedenen Baustoffen und –leistungen erwarten.
Je nach Produkt- und Dienstleistungsportfolio, Kostenstrukturen, Lieferketten, Innovationsfähigkeit und weiteren Faktoren ergeben sich alleine aus diesen wenigen Beispielen ganz unterschiedliche unternehmensindividuelle Auswirkungen. Ein hoher Energieeinsatz in der Produktion würde bei steigenden Kosten, Dokumentations- und Meldepflichten eine Belastung darstellen, während die Substitution eines Rohstoffes durch einen biobasierten Stoff bei Vorliegen entsprechender Kundenanforderungen oder gesetzlicher Vorschriften einen weltweiten Innovationsvorsprung mit sich bringen könnte. Während Bedarfe an effizienter Gebäudetechnik naheliegen, sind am Beispiel der „Renovierungswelle“ auch Chancen durch digitale Planungs-, Koordinierungs- oder Service-Lösungen ebenso denkbar wie im Bereich effizienter und nachhaltiger Baumaschinen. Neue Transport- oder Speicherlösungen (zum Beispiel für Wasserstoff) bringen Innovationspotenziale von Werkstofftechnologien über Sensorik oder Steuerungstechnik bis zum Maschinen- und Anlagenbau mit sich.
Wie kann ein Unternehmen sich aktiv vorbereiten?
Angesichts des starken Fokus auf Innovationen und Investitionen sind zur aktiven Vorbereitung auf Auswirkungen des Green Deal verschiedene Instrumente des Innovationsmanagements und zur Entwicklung von Geschäftsmodellinnovationen anwendbar. In unseren Leitfäden finden Sie hierzu umfangreiche Informationen.
Großes Potenzial bietet erfahrungsgemäß die systematische Beobachtung von Strategie- und Richtlinienentwürfen auf der EU-Website sowie zu gegebener Zeit entweder die aktive Mitwirkung bei der Normungsarbeit oder zumindest die Beobachtung von Normentwürfen. Teilweise lassen sich Trends oder geplante rechtliche Vorgaben auf diese Weise mehrere Jahre im Voraus erkennen. Im Detail können sich bis zum Beschluss neuer Rechtsvorschriften zwar noch erhebliche Änderungen ergeben, jedoch können durch Abgleich mit technologischen Trends, Patentrecherchen, Studien, wissenschaftlichen Veröffentlichungen, eigenem Know-how sowie weiteren Elementen häufig wertvolle Impulse für die Ausrichtung der Innovationsstrategie abgeleitet werden. Bei ausreichendem zeitlichen Vorlauf können Forschungsprojekte angestoßen, Mitarbeitende qualifiziert und strategische Kooperationen eingeleitet werden.
Neben der Umsetzung eigener Förderprojekte kommt möglicherweise auch die Beteiligung an einem Projektkonsortium zu einem innovativen Forschungsvorhaben in Frage. Bei verschiedenen Förderprogrammen bieten die jeweiligen Projektträger beziehungsweise Ansprechpartner teilweise Unterstützung bei der Suche nach Mitwirkungsmöglichkeit in Konsortien. Darüber hinaus bietet auch die strategische Zusammenarbeit mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen Chancen. Beispielsweise über die Initiative Team Wissenstransfer können Sie Kooperationsanfragen an tausende Professoren in der internationalen Bodenseeregion richten.